Hilfe, eine Opposition fällt aus!

Über die Gesundheit ist die Freiheit in Gefahr, doch kaum einen im Bundestag interessiert‘s. Auch nicht die Partei, die sich "Freie Demokraten" nennt. Christian Lindners FDP ist als Opposition seit Wochen ein Totalausfall. Kein Wunder, dass sie in Umfragen absackt.

imago images / ZUMA Wire
Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP

Angela Merkels Bundesregierung fällt in Tateinheit mit den Ministerpräsidenten willkürliche und höchst zweifelhafte Beschlüsse zur Bewältigung der Corona-Krise, ohne die sogenannten Volksvertreter, die Parlamentarier, zu fragen. Das scheint die Opposition kaum zu stören, und natürlich fallen als Kritiker auch noch die meisten Medien aus.

Trotz aller Vorsicht in der Corona-Krise geht es um nicht mehr und nicht weniger als um eine intensive und anhaltende Einschränkung der Grundrechte der Bürger. Der Bundestag hatte zwar in einer Art Nottagung den ersten Schritten von Bund und Ländern zugestimmt, aber unter anderen Voraussetzungen als heute. Die freiheitseinschränkenden Sondermaßnahmen sollten vor allem wegen einer befürchteten Überlastung von Krankenhäusern und Arztpraxen gelten. Doch das ist bis heute nicht der Fall. Die am 27. März nach anderthalbstündiger Diskussion vom Bundestag beschlossene Änderung des Infektionsschutzgesetzes zentralisiert die jetzigen Notstandsbefugnisse. Das Gesetz sieht bis heute keine Befristung vor. Der Bundestag habe die Feststellung wieder aufzuheben, „wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind“. Das ist alles, kritisiert der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate. Für ihn ist die Corona-Epidemie eine Gefahr für die Demokratie.

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Die Länderparlamente ebenso wie das Bundesparlament, die ja eigentlich die Stimmen des Volkes vertreten sollen, werden dieser Tage bei der Festlegung von Verlängerung und Lockerung der rigiden Corona-Maßnahmen durch Bund- und Länderführungen erst gar nicht mehr gefragt. Schon gar nicht, auf welcher Grundlage offenbar willkürliche Entscheidungen getroffen werden, wie das Verbot von Großveranstaltungen bis 31. August, ohne eine Größe zu nennen. Was spricht gegen Fußballspiele mit ohnehin wenig Publikum in den Regionalligen oder darunter? Warum wird dieses Datum festgelegt und nicht der 31. Juli? Wieso darf ein großer Biergarten mit begrenztem Publikum und nur zwei Personen pro Tisch nicht öffnen? Wieso sind Zoobesuche oder Museumsgänge jedoch erlaubt? Warum darf ein Geschäft mit mehr als 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche nicht öffnen, wenn es seine Fläche auf 800 Quadratmeter – wie festgelegt – beschränkt? Wenn das alles nicht Willkür ist, was dann?!

Corona ist auch eine Gefahr für Freiheit und Demokratie

Denn ganz vorn steht auch die berechtigte Befürchtung, wenn Staat und Regierung in einer Krisenlage erst einmal symbolisch die Daumenschrauben anziehen, werden sie hinterher meist nicht mehr gelockert.

Grund genug für eine Opposition, die Alarmglocken zu läuten. Doch bei der FDP haben große Teile der Führung den Knall nicht gehört oder wollen es nicht. Die AfD wird von den Medien ohnehin seit Wochen als Opposition ausgegrenzt, darf nicht zu Wort kommen. Die Grünen meckern nur, wenn ihre Klimabeschlüsse durch die Corona-Krise in Gefahr geraten. Die Linke alias PDS alias SED findet zentrale staatliche Lenkung, gelernt ist gelernt, aus eigener Tradition schon immer gut.

Über die Gesundheit ist die Freiheit in Gefahr, doch kaum einen interessiert‘s. Christian Lindners FDP ist als Opposition seit Wochen ein Totalausfall. Sie liegt im Umfrage-Schnitt von election.de zu Recht bei nur noch 5,8 Prozent. Kein Wunder, angesichts der schwachen Replik auf die aktuellen Corona-Beschlüsse und ihre angedeuteten Lockerungen.

„Die Öffnungsperspektive ist gut – Vorsicht sowieso“, applaudiert FDP-Chef Lindner via Twitter, und fragt zaghaft nach: „Aber wäre bei Handel, Gastronomie und Bildung nicht etwas mehr möglich, wenn Schutzkonzepte vorliegen?“ Die Regierung sollte jedenfalls wöchentlich prüfen und nicht erst Ende April. Von einer anhaltenden Einschränkung der Grundrechte, von einem Diktat der Regierung ohne Rückendeckung des Parlaments ist keine Rede beim Vorsitzenden einer „freiheitlichen Partei“.

„Tiefgreifende Einschnitte in bürgerliche Freiheiten“

Lediglich Lindners Bundesvorstandsmitglied Torsten Herbst aus Sachsen spricht das aus, was ein Oppositionschef im Bund auch tun müsste: „Über die Fortsetzung der tiefgreifenden Einschnitte in bürgerliche Freiheiten und individuelle Rechte darf nicht mehr allein die Sächsische Staatsregierung entscheiden. Es ist höchste Zeit, dass der Sächsische Landtag als Gesetzgeber öffentlich debattiert und über weitere grundrechtseinschränkende Maßnahmen beschließt“, kritisiert Herbst die von Bund und Ländern angekündigten Regelungen.

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„Ein Leben in Freiheit. Mit Corona.“
Denn der derzeitige Zustand greife „tief in das Leben jedes Bürgers, jedes Unternehmens und der Gesellschaft ein.“ Mehr noch: „Verfassungsmäßige Grundrechte wie die Freiheit der Person, Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit, Unverletzlichkeit der Wohnung sind durch Ankündigungen von Ministerpräsidenten und Kabinettsbeschlüsse außer Kraft gesetzt worden.“ Bürger wurden aktuell mehr oder weniger in ihren Wohnungen kaserniert, der Aufenthalt an der frischen Luft beschränkt, an Bundesländergrenzen wie nach Mecklenburg-Vorpommern wäre die Freizügigkeit komplett ausgesetzt. Wer in Sachsen allein auf einer Parkbank sitzt, machte sich bereits strafbar. Für Herbst und einige wenige Bundestagsabgeordnete sind das Zustände, die dem Grundgesetz widersprechen.

Neben Herbst übte auch Lindners Stellvertreter Micheal Theurer in Tichys Einblick Kritik an der Krisenpolitik der für die Medien sakrosankten Kanzlerin. Er geißelte auch das Festhalten an den geplanten Energiepreiserhöhungen als „Gift für Wirtschaft und Arbeitsplätze“. Aber das war es dann schon.

Anstatt die US-Kritik an der chinafreundlichen WHO-Politik zu unterstützen, fällt ausgerechnet die FDP als deutsche Opposition Amerika in den Rücken. Natürlich, weil es gegen den Lieblingsfeind der EU-Kommission und Einheits-Medien geht – US-Präsident Donald Trump. Er hatte es gewagt, Amerikas Zahlungen an die WHO zu stoppen, weil China als Verursacher einer weiteren Virus-Krise Druck auf die Gesundheitsorganisation der UNO ausübe und Fakten hinterm Berg halte. So betreibt als scheinbare Opposition die Linksausgabe derer von Lambsdorff auch noch Regierungspropaganda für das Kanzleramt. In Manier des Bundesaußenministers fordert der in den eigenen Reihen höchst umstrittene Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff, dass Deutschland einen Teil der nun ausfallenden Zahlungen der USA an die WHO übernehmen sollte. Es geht hier um bis zu 500 Millionen Euro.  

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Selbst in der Unionsfraktion widersprechen da Parlamentarier heftig. Schließlich kritisieren auch Japan, Indien und Australien die WHO für ihre China-Hörigkeit. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer findet anders als Lambsdorff Trumps WHO-Kritik berechtigt. Fischer stört ebenfalls „die China-Hörigkeit der WHO-Führung“. Sie reiche soweit, dass ein für die Pandemie-Bekämpfung wichtiges Land wie Taiwan mit seinen Erfahrungen und Erkenntnissen bis heute auf Druck der chinesischen Staatsführung nicht Mitglied der WHO sein darf.

Davon will der regierungsfreundliche FDP-Lambsdorff jedoch nichts wissen, wie seine einseitige Trump-Kritik beweist.

Fragen, die noch gestellt werden müssen – nur von wem?

Zum Schluss bleiben noch Fragen, die weder von der Opposition noch von den Mainstream-Medien an die Regierung gestellt werden:

Warum hat Kanzlerin Merkel Deutschland auf eine solche Pandemie nicht vorbereitet, obwohl das Bundesgesundheitsministerium in ihrer Regierungszeit einen „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“ am 3. Januar 2013 in der Bundestagsdrucksache 17/12051 mit einer „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ – wie jetzt der Fall – veröffentlicht hat?

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Frau Merkel, Sie hatten am 26. März gesagt, dass man bei einer Verdoppelung der Infektionen in „Richtung zehn Tage“ wieder langsam zur Normalität zurückkommen könnte. Heute liegt die Verdoppelung sogar erst bei 25 Tagen, doch von Normalität ist bei Ihnen keine Rede mehr?

Warum kritisiert die Bundesregierung die Informationspolitik Chinas nicht und fordert Fakten zum Virusausbruch in Wuhan?

Warum wird die chinesische Hygiene und Lebensweise nicht kritisiert, wie das Essen von Tieren wie Fledermäusen, die immer wieder Viruswellen wie SARS in der Welt auslösen?

Ja, und was passiert in Deutschland bei der nächsten schlimmen Grippewelle wie 2017/18 mit geschätzt über 25.000 Grippetoten und fast vier Millionen Arztbesuchen wegen Grippe-Erkrankungen? Wird dann auch der gesellschaftliche „Lock down“ eingeleitet?

Wenn die Bürger im Abflauen der Corona-Epidemie dann den Wirtschaftseinbruch, den Verlust von Arbeitsplätzen und die Bedrohung ihrer Existenz erst einmal direkt erleben, kann die Stimmung umschlagen. Doch wie wird dann mit Kritikern an der politischen Lage und den Verantwortlichen umgegangen? Die bürgerlichen Grundrechte sind bereits angegriffen. Viele werden wohl erst dann merken, wie viel Freiheit sie bereits verloren haben.

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Kommentare ( 117 )

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Peter Gramm
4 Jahre her

Herr Bahr sitzt heute im Vorstand der APK (Allianz Private Krankenversicherung). Rein zufällig und ein Ausdruck seiner völligen Unabhängigkeit während seiner politischen Tätigkeit als Gesundheitsminister. Darüber, welche Interessen er dort vertreten hat kann man trefflich spekulieren. Der Bürger muß alles glauben was ihm da vorgesetzt wird.

Franz Ludwigsburger
4 Jahre her

Die 25.000 Toten sind nicht notwendigerweise Grippetote, sondern nur eine Exzessmortalität, die man der Grippewelle statistisch zugeordnet hat, weil diese ein plausibler Grund sein könnte. Wirklich gezählt wurden ca. 1.500 Tote. Und dies in einem Zeitraum von mindestens 6 Monaten. Soviel Ehrlichkeit sollte sein.

schwarzseher
4 Jahre her

Wann, bitteschön, war die FDP eine wirkliche Opposition?

Sonny
4 Jahre her

Die Medienverlage in Deutschland glauben, dass sie die Macht haben, alles zu steuern. Und zum Teil würde ich denen auch recht geben, weil dem Michel eben sehr leicht etwas einzureden ist, wenn man sich einig ist und Micheline alles nur laut und lange genug mit Schlagzeilen um die Birne haut. Unsere Regierungsparteien richten ihren Blick fast ausschließlich auf die von den MSM vorgegebene Richtungen, um ihre (scheinbare?) Macht zu behalten, dass beste Beispiel hierfür ist merkel und ihre 180-Grad-Wende-Bauchentscheidungen. Sind unsere Regierungsparteien also nur „nützliche Idioten“? Oder sind sie doch mehr die Auftraggeber der MSM? Schaut man sich das Geflecht… Mehr

Hadrian17
4 Jahre her

Wir gestalten im Moment die „große Blaupause für eine wirkliche Katastrophe. Die kommt nämlich, wenn das verursachende Virus nicht auf „Hygienemaßnahmen“ reagiert, weil es gegen Seife, Alkohol und sonstige Desinfektion unempfindlich ist, sich nicht nur durch aufzufangende „Tröpfchen“ verbreitet und eine Impfung dagegen in weiter Ferne liegt. In einem solchen Fall hülfe dann wirklich nur „Wegschliessen“ der Bevölkerung, bis der Sturm vorüber ist. Bayern und einige andere Länder sind da jetzt, etwas ungestüm erscheinend, vorgeprescht, hatten – und haben – aber auch allen Grund dazu. Die Popularität, der Markus Söder jetzt teilhaftig wird, zeigt, das die Bevölkerung da sehr wohl… Mehr

H. Reich
4 Jahre her

Zustimmung. Aber fairerweise sollte das Interview mit Jörg Meuthen nicht vergessen werden, welches auch über TE hinaus medial Beachtung fand und für die weitere Ausrichtung der AFD wohl nicht ganz unwichtig war.

Sani58
4 Jahre her

“ Kein Wunder, dass sie in Umfragen absackt.“
Aber Blau sackt noch viel mehr ab. Zumindest in den Umfragen und hunderttausende Familien Michaels glauben es, oder begrüßen es.
…Denk ich an Deu…. .

A Maier
4 Jahre her

Lindner und seine FDP sind als Oppositionspartei ein Totalausfall. Offensichtlich wartet er, dass er noch einmal zum Zug kommen darf und an die großen Töpfe gelangt.

Pitt Arm
4 Jahre her

Mein „Lindner-Moment“ war der Thüringen-Rückzieher. So wie Linder da zu Kreuze gekrochen ist, ein Trauerspiel, was für ein Jammerlappen (allein die Art und Weise). Die FDP ist viel zu links, die singen das gleiche Lied, wie alle Linientreuen. Beispiele: Frau Strack-Zimmermann. Habe ich mal zur Thüringen-Wahl im Radio gehört. Hörte sich an wie eine Abgeordnete von „Die Linke“, grausam. Auch schlimm: Konstantin Kuhle. Der war mal bei n-tv und hat sich mit dem glaub Geschäftsführer der Grünen politisch fast umarmt, als es um Seenotrettung ging. Nur der Moderator war gefühlt noch linker als die anderen beiden. FDP ist unwählbar, das… Mehr

Winni
4 Jahre her

Die FDP ist in etwa eine Oppositionspartei wie es die LDPD in der DDR war. Es gibt im Bundestag nur zwei Oppositionsparteien, die diesen Namen verdienen, die Linke und die AfD. Letztere wird inhaltlich totgeschwiegen und gleichzeitig diffamiert. Beibt also nur noch die Linke und deren absurde Inhalte mit denen man sich beschäftigten muß. Daraus folgt: Alles was man beschließt ist alternativlos. Woraus wiederum folgt, daß dieses Land weiter vor die Wand gefahren wird, beschleunigt durch den Corona-Turbo.