Merkel belehrt den Bundestag: „Es nützt nichts, den ganzen Tag zu kritisieren.“

In Ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag war von Angela Merkels "Bitte um Verzeihung" und der in manchen Medien so viel gelobten "Fehlerkultur" nichts mehr zu hören. Auch die EU-Impfstoff-Bestellung sei richtig gewesen.

IMAGO / Christian Thiel
Angela Merkel bei der Regierungserklärung im Bundestag am 25.3.2021

Wer geglaubt hatte, dass die Kanzlerin, da sie nun einmal angefangen hat mit dem Benennen von Fehlern, dies nun auch jenseits der gestern zurückgenommenen „Osterruhe“ kultivieren würde, sah sich heute nach ihrer Regierungserklärung im Bundestag getäuscht. Der größte, zentrale Fehler ihrer Corona-Politik, wurde von ihr schon in den ersten Sätzen pauschal verneint: „Bei allen Beschwernissen“ – mit diesen ist wohl der Impfstoffmangel gemeint – „es war richtig, auf die gemeinsame Beschaffung und Zulassung von Impfstoffen durch die Europäische Union zu setzen.“

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Und zur Begründung reicht ihr, die ihre gesamte Lockdown-Politik stets als Kampf um das Leben der Bürger darstellt, die Behauptung, man würde sonst „den Binnenmarkt in seinen Grundfesten erschüttern.“ Das ist natürlich sachlich purer Unsinn, da die Impfstoffbestellung und -verteilung durch staatliche Akteure schließlich kein Marktprozess ist. Und davon abgesehen: Ist dieser Binnenmarkt für Merkel also mehr wert als das Leben und die Gesundheit derjenigen, die aufgrund mangelnden Impstoffs erkranken und womöglich sterben? Offenbar ja.

Vermutlich hat sie auch ganz vergessen, dass sie selbst noch vor wenigen Tagen nach dem jüngsten Impfgipfel, eine Beschaffung und Zulassung des russischen Impfstoffs im nationalen Alleingang in Aussicht stellte.

Nach der Bitte um Verzeihung:
Merkel zeigt keine tätige Reue – also heuchelt sie
Das Problem sei, so behauptet die Kanzlerin dann, nicht die gemeinsame Bestellung, sondern wieviel Impfstoff in der EU produziert werden könne. Dass in der EU aber Impfstoff für Nicht-EU-Länder offenbar munter produziert wurde, weil die früher und besser bestellt hatten, spielt für Merkel keine Rolle. Hat sie nicht gelesen, dass AstraZeneca in einem italienischen Lager 29 Millionen Impfdosen für Großbritannien zurückhielt?

Aber das war nicht die letzte Absurdität – oder sollte man besser sagen: Dreistigkeit? – in dieser Regierungserklärung.

„Je mehr wir testen, desto weniger müssen wir einschränken“, sagte sie. Aber das stimmt ja gerade nicht, sofern die Regierung an ihrer sturen Kopplung der Einschränkungen an die Inzidenz festhält und diese weiterhin nicht mit der Zahl der Getesteten verrechnet.

Immerhin sagte Merkel aber auch noch etwas Zutreffendes. Die Pandemie habe „gravierende Schwachstellen im Funktionieren unseres Gemeinschaftswesens offengelegt.“ Sie stach dann von den Mängeln bei der Digitalisierung der Verwaltung. Pflegte die Kanzlerin tatsächlich eine vorbildliche „Fehlerkultur“, hätte sie statt solcher Details auch die tatsächlich gravierendste Schwachstelle benannt: Sich selbst und ihre Regierung.

Aber um diesen Gedanken gar nicht erst aufkommen zu lassen, und deutlich zu machen, was sie von dem Parlament, in dem sie da gerade sprach, und solchen lästigen Einrichtungen wie einer freien, kritischen Öffentlichkeit eigentlich hält, stellte Merkel klar: „Es nützt nichts, den ganzen Tag zu kritisieren.“


 

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Kommentare ( 107 )

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giesemann
3 Jahre her

Bei der Rede merkt mensch, welche Routine die BKlerin hat in Sachen Chuzpe.

giesemann
3 Jahre her

Der Oster-Lock diente ohnehin nur der Vorbereitung des Ramadan: Der beginnt am 13. April, wehe die Inzis sind dann so hoch, dass unsere liebe Frau BKlerin was gegen die machen muss – DAS gäbe Zoff, Coronarinfarkt. Wo die doch eh schon heftig auf Intensiv herumliegen. Mit den vielen angeborenen Herzfehlern, dank Inzucht. Es bleibt spannend bis spahnend. Schaumermal. Dann sehmerscho.

moorwald
3 Jahre her

Frage an Radio Eriwan: Muß man inkompetent und etwas wirr im Kopf sein, um Mitglied einer deutschen Regierung zu werden? – Im Prinzip: Nein. Aber sagen Sie das um Gotteswillen nicht weiter!

Juergen P. Schneider
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Alternativ: Im Prinzip: Nein. Aber es erleichtert die Sache ungemein.

moorwald
3 Jahre her

Nicht kritisieren, keine Schuld zuweisen, nach vorn schauen – das könnte euch so passen!

Last edited 3 Jahre her by moorwald
Kassandra
3 Jahre her

Die Chemie-/Pharmaindustrie nicht vergessen. Hinsichtlich „Interessen“ erwähnte ein Informatiker-blogger auch den Verdacht, dass sich inzwischen so etwas wie „Söldner“ mitten unter uns befinden könnten.
Hier wird in den Medien nämlich gar nicht beschrieben, dass der Attentäter, der in den USA 10 „weiße!!!“ Menschen erschoss, ein Syrer war. Auch nicht beschrieben wird, dass der Supermarkt ein Koscherer gewesen sein soll.
Dass der Plan für die größte neu zu bauende Moschee in der EU in Straßburg veröffentlicht wurde erfährt man auch eher in Polen als bei uns: https://twitter.com/RedPilledPoland/status/1374736276876886017
Und der Brand von Notre-Dame jährt sich im April.

Jan
3 Jahre her

„Die Pandemie habe „gravierende Schwachstellen im Funktionieren unseres Gemeinschaftswesens offengelegt.“

Aha. Und wer hatte 16 Zeit, diese Schwachstellen auszubessern? Wozu regiert sie eigentlich?

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Jan

Wenn man weiß, dass das Aufarbeitungspapier nach H1N1 unbeachtet in Schubladen verschwand, bleibt einem nur, den Kopf ob so viel Unverfrorenheit zu schütteln. Und wenn man zudem weiß, dass Stephan Kohn nach seinen öffentlich gemachten Vorschlägen ebenfalls auf ein Abstellgleis bugsiert wurde ist es Chuzpe, so zu agieren wie die Uckermärkische.
Und wenn dann noch klar wird, dass es in Österreich wie bei uns ein geleaktes Panikpapier gibt, mit dem sie alle, die nicht aufpassen, in Hysterie treiben, weiß man, dass sie alle, die da mitmachen, vor Gericht müssen.

jansobieski
3 Jahre her

Es gilt die Weisheit, „wer zu gehen hat und nicht gehen will, der muss gegangen werden“. Im Falle dieser Person muss die Kanzlerschaft nahtlos in einen großen Strafprozess münden.

Juergen P. Schneider
3 Jahre her
Antworten an  jansobieski

Das wäre wünschenswert. Aber hier gilt halt der Ausspruch von Thomas Sowell (US-amerikanischer Ökonom): „Es gibt kaum etwas Dümmeres und Gefährlicheres, als wichtige Entscheidungen in die Hände von Leuten zu legen, die keinen Preis dafür bezahlen müssen, wenn sie sich geirrt haben.“ Regierungsmitglieder können ein noch so gigantisches Desaster anrichten, man wird sie niemals dafür haftbar machen können. Amtsträgerhaftung greift gelegentlich mal bei niederen Chargen in der Verwaltung. Die so genannte „Verantwortung“ eines Ministers ist keine, weil sie ja ohnehin nur verbal übernommen wird. Konsequenzen hat sie heute für keinen Minister oder Kanzler mehr. Die Zeiten, wo man „seinen Hut… Mehr

giesemann
3 Jahre her

Der Knackpunkt: Manche wollen „das Virus besiegen“ – das aber geht prinzipiell nicht. Mensch kann sie höchstens am Wachstum/Vermehrung hindern, wie Bakterien auch. Impfen ja schon, da wo es geht – Grippeviren gehören nicht dazu. Speziell Coronaviren sind seit 1935 bekannt, sie sind und waren immer dabei in dem Mix, der die saisonalen Grippen verursacht. Ein Ausweg werden bestimmte Virostatika sein, kommt schon noch, Geduld. Derzeit gilt: Wer gefährdet ist und Angst hat, der bleibt zu Hause, die anderen verhalten sich wie bei jeder Grippewelle auch: Fühlen sie sich unwohl, Telefon, krank melden, ins Bett, Tee mit Rum, basta. Im… Mehr

MeHere
3 Jahre her
Antworten an  giesemann

Denke aber unsere Variante kommt aus dem Labor … daher auch die Panik …

elly
3 Jahre her

Der Zyniker Schäuble brachte es auf den Punkt: „Man muss diese Frage und Antwort auseinandernehmen. Maischberger fragt, ob der Staat seine Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgern verletzt und dadurch vermeidbare Todesfälle provoziert habe. “ (…) „„Den Preis muss man zahlen, wenn man Europa stärker will.“ Der Preis, das hatte Maischberger gesagt, waren zusätzliche, vermeidbare Todesfälle. Und warum muss man diesen Preis zahlen? Um Europa zu stärken, so Schäuble. “ https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/schaeuble-maischberger-impfen-europa/

MeHere
3 Jahre her

Doch es nützt zu kritisieren, denn es gibt mehr als genügend Gründe hierfür – seit 2012 geht es den Bach hinunter …