Dänemarks Asyl-Reformen machen Eindruck auf Politiker von CDU und FDP

Auch in Deutschland beginnt eine Diskussion über verbesserte Abschiebungen und Asylzentren vor den Grenzen der EU – wie sie Dänemark ins Spiel bringt. Einen weitgehenden Vorschlag machte Ex-FDP-Generälin Linda Teuteberg.

IMAGO / Future Image
Linda Teuteberg, FDP-MdB

Das dänische Modell könnte vielleicht doch schneller als gedacht Schule in Europa machen. Nachdem die sozialdemokratische Minderheitsregierung von Mette Frederiksen mehrere gewichtige Reformen zum Themenbereich Asyl, Migration und gegen Parallelgesellschaften vorgelegt hat, kam bald Kritik von Sozialdemokraten und Grünen aus verschiedenen Ländern, doch vor allem vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und der EU. Der UNHCR-Vertreter für Skandinavien und das Baltikum, Henrik Nordentoft, hielt das Gesetz für »unvereinbar mit den Prinzipien der internationalen Flüchtlingszusammenarbeit«. Gibt es so etwas wie eine internationale Zusammenarbeit in Sachen Flucht? In dem Fall hätte das zuständige UN-Kommissariat viel zu tun.

Doch es gab auch positive Reaktionen: Bei seinem Blitzbesuch in Dänemark bezeichnete der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) die Maßnahmen als einen möglichen »Impulsgeber für Europa«. Vor allem die Asylzentren außerhalb der EU standen da im Brennpunkt, aber auch die verstärkten Bemühungen um Abschiebungen nach Syrien. Hier müsste auch die europäische Diplomatie ins Spiel kommen, die in dieser Hinsicht zu lange geschwiegen hat. Die österreichische Regierung ist derzeit dabei, zusammen mit Partnerländern auf dem Westbalkan für Abweisungen und effizientere Abschiebungen in Drittstaaten zu sorgen.

Nun also Deutschland. Was könnte da kommen? Zum einen ist klar, auch wenn man es wegen Corona und EM noch nicht so richtig bemerkt hat: In Deutschland ist Wahlkampf. Da darf man sich eigentlich nicht über pointierte Äußerungen von Politikern wundern. Allerdings geben die traurigen Ereignisse in Würzburg und Wien auch Anlass genug, um einmal grundsätzlich über das bundesdeutsche Aufenthaltsrecht und Asylsystem zu sprechen.

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In der Bild-Zeitung haben nun zwei Politiker aus CDU und FDP laut über vermehrte Abschiebungen und Asylverfahren außerhalb der EU nachgedacht. Der baden-württembergische CDU-Innenpolitiker Axel Fischer sagte der Bild, dass man »die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber deutlich verbessern« müsse. Das ist ein CDU-Mantra seit Jahren, zumal da es von SPD-regierten Bundesländern oft heißt, sie seien bei der Abschiebung weniger zupackend als andere. So sind die drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen sicher überrepräsentiert, was den Anteil ausreisepflichtiger Ausländer (mit und ohne Duldung) angeht. Doch auch in Nordrhein-Westfalen sieht es nicht viel besser aus. Niedersachsen und Bayern stehen zwar etwas besser da, nehmen sich aber gegenseitig nicht viel.

Insgesamt gibt es wohl um die 290.000 Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Die Zahl ist seit Jahren etwa konstant, wie die Diakonie Deutschland weiß. Da aber nur wenige abgeschoben werden (laut Bild nur etwa ein Dreißigstel in jedem Jahr; 2020: 10.800 Personen), muss es viele Legalisierungen und vielleicht einige freiwillige Rückreisen geben. In dänischen Ausreisezentren steht den Migranten nur das Nötigste zur Verfügung. Die Unterkünfte sind »bewusst Minimalstandard«. So will man die Ausreisepflichtigen an ihre Pflicht erinnern. Daneben stehen großzügige Beihilfen zur Verfügung, die den neuen Anfang im Heimatland um einiges erleichtern sollten.

 FDP für Asylzentren in Drittstaaten?

Überraschend weit folgt Linda Teuteberg (FDP) dem dänischen Vorbild in Sachen Asylzentren. In ihrem Programm fordert auch die FDP »ausreichend Abschiebehaftplätze« und die »konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht« in Deutschland. Teuteberg geht darüber hinaus, wenn sie »faire Vorprüfungen« von Asylanträgen in »Drittstaaten vor den EU-Außengrenzen« fordert. Das sei »ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung«. Oder das wäre er, denn in Deutschland steht ein solcher Schritt wohl nicht an. Und was sagt eigentlich das FDP-Wahlprogramm zu solchen Ideen? Nichts! Allerdings finden sich einige Aussagen zu den angeblich illegalen Zurückweisungen (»Pushbacks«) im Mittelmeer, an denen auch Frontex beteiligt sein soll. Diese seien »sehr ernst zu nehmen«.

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Ob solch eine Rhetorik am Ende zum wirksamen Grenzschutz durch eine vergrößerte Frontex-Agentur beiträgt, ist fraglich. Eigentlich zerreißt man so die EU-Grenzschutzagentur, bevor sie überhaupt vernünftig gegründet wurde. Linda Teuteberg setzt in diese grünfreundliche Lyrik nur ein magentarotes Ausrufezeichen, von dem man noch sehen muss, ob es Folgen für die Programmatik ihrer Partei haben wird.

Die AfD übernahm eine Position von Otto Schily

Der Bundestagsabgeordnete der AfD, Roman Reusch, schlug schon 2018 die Unterbringung krimineller Ausländer in Zentren außerhalb der EU vor: »Das wird Geld kosten, aber sicher deutlich weniger, als diese Leute hier kosten. Und vor allem: Niemand kommt in unserem Land durch diese Leute mehr zu Schaden.« Damit wäre der inneren Sicherheit »massiv gedient«. Dabei verwies Reusch auf das Stockholmer Programm von 2007 und die darin vorgeschlagene Drittstaatenlösung, zu deren Anhängern in Deutschland auch der ehemalige Innenminister Otto Schily (SPD) gehörte.

Für den Grünen-Renegaten Schily war schon 1999 »das Boot voll« und die »Grenzen der Belastbarkeit durch Zuwanderung« erreicht. In jenem Jahr gab es 138.319 neue Asylbewerber, wie der Cicero sich erinnerte. Im April 2004 setzte Schily dann die Festlegung sicherer Drittstaaten im EU-Rahmen durch, wodurch Zurückweisungen an der Grenze möglich wurden. Im Sommer desselben Jahres forderte Schily auch Asylzentren (»Aufnahmeeinrichtungen«) in Nordafrika. »Schily wollte Marineschiffe im Mittelmeer patrouillieren lassen, um Flüchtlingsboote aufzuspüren und die Insassen anschließend nicht etwa nach Europa, sondern in eben jene Lager an der nordafrikanischen Küste zurückzubringen«, schrieb die Welt später darüber. Moralisch anstößig konnte Schily das nicht finden, Migranten mit Schutzbedarf könnte man ja immer noch in der EU aufnehmen. Doch aus diesem Vorschlag wurde bekanntlich nichts.

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Kommentare ( 99 )

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mrgalak
2 Jahre her

Ich möchte übrigens noch mal sehen, ob die dänische Regierung ihren Ankündigungen auch konkrete Taten folgen lassen wird. Es fängt schon damit an, dass Länder bereit sein müssen, Erstaufnahmeeinrichtungen auf ihrem Territorium zuzulassen.

Alf Egner
2 Jahre her

Nie und nimmer. Das ist nur für den braven deutschen Wähler. Und der fällt auch wieder reihenweise drauf rein. Sieht man ja auch an den Umfragen der FDP. Es gibt Äußerungen der FDP, die denen an Deutschlandverachtung in nichts nachstehen. Aber das rafft der Wähler einfach nicht.

Konservativer2
2 Jahre her

Tja, das, was Schily damals wollte, ist heute RÄÄÄÄCHTS – aber immer noch richtig.

Boris G
2 Jahre her

„Und was sagt eigentlich das FDP-Wahlprogramm zu solchen Ideen? Nichts!“ Ja, so ist es. Bei den Schicksalsentscheidungen der letzten Jahre stand die FDP immer für Grenzenlosigkeit (Euro, Europa, Rettung der Südländer, totale Personenfreizügigkeit, usw. usw.). Immerhin durften einmal sogar die Mitglieder über diesen Kurs abstimmen. Sie haben sich gegen ein „Germany first“ entschieden. Eher folgt die SPD dem Vorbild ihrer skandinavischen Schwesterparteien, als dass die FDP die Masseneinwanderung von Armutsprekariat aus aller Welt stoppt.

mrgalak
2 Jahre her

Der letzte Satz wird höchstwahrscheinlich wieder geschrieben werden: „Doch aus diesem Vorschlag wurde bekanntlich nichts.“

Engelbogen
2 Jahre her

Ich würde mich von dem Wort Asyl gänzlich verabschieden und zwischen Kriegsflüchtlingen mit begrenztem Aufenthaltsrecht, Sozialtouristen ohne Aufenthaltsrecht und Kriminellen die sofort abzuschieben sind unterscheiden.

Menschen die aus fremden Kulturen kommen, haben nicht das Recht nach unseren Gesetzen behandelt zu werden. Sie müssen sich den Gesetzen des eigenen Kulturkreises stellen.

Das mag hart klingen, aber stellen wir uns vor das ein Deutscher der Kinder vergewaltigt in Afghanistan Asyl bekommt, weil das dort nicht strafbar ist.

leonaphta
2 Jahre her

Welcher Geist in diesem ehamals unseren Lande herrscht, merke ich, wenn ich gerade lese, der Mörder von Würzburg bekäme von der UNABHÄNGIGEN Justiz den besten Strafverteidiger , Herrn Dr. Schrepfer zugeteilt, der im Auftrag des Justizministeriums in der Referendarausbildung tätig sei. Ich verstehe das so, daß der Wink von Minister Seehofer, der somalische Mörder sei nicht intrigiert, nein: integriert worden, ernst genommen und eine partielle Wiedergutmachung initiiert wurde, Wallasch hat es gestern kommentiert. Das ist 170 000 Lichtjahre vom Politiksystem Dänemarks entfernt.

Grumpler
2 Jahre her

Es haut mich doch immer wieder vom Hocker, wieviel mehr Vorschläge (Schilys Ansatz) und Umsetzungsversuche (Agenda 2010, Hartz-Reformen) ausgerechnet unter der letzten rot-grünen Regierung (Schröder, Fischer) aufgeboten wurden, als unter den Nachfolgeregierungen unter schwarzer (CDU/CSU) Beteiligung. Wer jetzt dort in vergleichbare Richtungen vorstößt, ist nach Meinung eines Studienabbrechers mit nachfolgender berufspolitischer Tätigkeit und 40jähriger „Sitzungserfahrung“ in Brüssel ein „Krebsgeschwür“… Das muß man mal sacken lassen. 😀

Ist „Annalena“ eigentlich bewußt, für welchen Job sie sich letzendlich gerade bewirbt? Regenbogenponystreicheln oder möglichst wenig vom grünen Programm umsetzen?

Last edited 2 Jahre her by Grumpler
pcn
2 Jahre her

Wahlkampfgeschwätz einer Partei, die mit dem Fall Kemmerich ihr gespanntes Verhältnis zu ihren eigenen liberalen Idealen bewiesen hat. Solch eine Partei kann man mit gesundem Menschenverstand nicht wählen, geschweige denn ob ihrer Unterwürfigkeit zu Merkel noch für voll nehmen.

Last edited 2 Jahre her by pcn
amendewirdallesgut
2 Jahre her

Wir wissen sie lügen , sie wissen daß sie lügen ,
wir wissen daß sie wissen sie lügen , sie wissen daß wir wissen daß sie wissen sie lügen und sie lügen weiter , Alexander Solchenizyn
Solange aus der Lüge keine Konsequenz entspringt bleibt`s auch dabei !