NGO-Schiff Sea-Watch-3 erneut in italienischem Hafen festgesetzt

Ist die Festsetzung eines Schiffes einer deutschen NGO Hafen Schikane oder durch die Feststellung akuter Mängel berechtigt? Jedenfalls sitzt die Sea-Watch-3 nun erneut fest, dieses Mal im Hafen von Augusta. Parallel laufen auf Sizilien Anklagen gegen 21 Crew-Mitglieder und Mitarbeiter von drei weiteren NGO.

IMAGO / ZUMA Wire
Sea Watch 3

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Festsetzungen solcher als Yachten angemeldeten Schiffe von Nichtregierungsorganisationen (NGO) auf dem Mittelmeer kontraproduktiv sind, wollte man diese Organisationen sanktionieren. Jedenfalls dort, wo es das Ziel solcher Festsetzungsaktionen ist, die Aufnahme von Menschen aus Schlauchbooten aus Schlepperhänden auf solche Yachten einzudämmen. Warum? Weil es nicht funktionieren kann, wo es weniger die Aktionen der NGOs selbst sind, die mutmaßlich die Spendenbereitschaft der Anhänger in die Höhe treiben, als vielmehr die Aufmerksamkeit nach einer Festsetzung der Schiffe in den Häfen.

Diese Schiffe werden festgesetzt wegen angeblicher technischer Mängel und/oder bürokratischer Versäumnisse und eben nicht grundsätzlich wegen ihrer Aktivitäten vor der libyschen Küste, die für den deutschen Bundesinnenminister „indirekt das Geschäft skrupelloser Schlepper betreiben“, wie es Horst Seehofer schon im Herbst 2019 formuliert hatte. „Shuttledienst“ nannte es der Minister gar und strebte dann aber doch einen Verhaltenskodex für private Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer an. Es ist diese Bigotterie, die den NGOs ihre Geschäfte leicht macht. Es wäre interessant zu wissen, in wie weit und ob dass Spendenaufkommen auch in die Höhe schnellte, als Seehofer seine fundamentale Kritik äußerte.

Am 21.März 2021 kam es also zu einer erneuten Festsetzung eines der Schiffe der NGOs. Sea-Watch selbst twitterte am Folgetag: „Seit letzter Nacht ist die #Seawatch3 in Augusta, Sizilien festgesetzt.“ Und mit einer Spur Sarkasmus heißt es weiter: „Wieder wird uns vorgeworfen, zu viele Menschen gerettet zu haben.“ Sea-watch spricht von einer Rettungslücke. Auch diese NGO besteht also weiter drauf, keine Verantwortung für die Ertrunkenen zu übernehmen.

Italien
21 NGO-Besatzungsmitglieder wegen Schlepperhilfe angeklagt
Weitere Twitter-Meldungen allerdings sind dahingehend verräterisch: So wird von einer Nigerianerin erzählt, die von der Open Arms, einem anderen NGO-Schiff, aufgenommen wurde. Und da heißt es: „Aminat floh von Nigeria nach Libyen.“ Dann kam sie nach Italien und später nach Deutschland. Aber was wollte sie in Libyen? Das nämlich bleibt die entscheidende Frage – denn die wenigsten der sich absichtsvoll in Seenot bringenden Afrikaner sind Libyer. Sie kommen im Wissen um die Schiffe der NGOs. Die Kausalität ist hier vollkommen unzweifelhaft.

Die Festsetzung von Schiffen in italienischen Häfen nennt Sea-Watch „politisch motivierte Hafenstaatkontrollen.“ Die Sea-Watch-3 wurde schon mehrfach festgesetzt, zuletzt im Juni 2020, das Schiff durfte später eine spanische Werft anlaufen um die beanstandeten Mängel am Schiff  beheben zu lassen. Im Februar 2021 wurde die Sea-Watch-3 von dort aus in den „Einsatz“ zurückgeschickt. Bei den folgenden fünf Aufnahmen von Menschen aus Schlauchbooten wurden nach Selbstauskunft (Internetauftritt der NGO) 363 Menschen an Bord genommen und in den Hafen von Augusta auf Sizilien gebracht.

Und eben dort wurde die Sea-Watch-3 jetzt festgesetzt. Die Vorwürfe gleichen sich auch dieses Mal. Beispielsweise technische Mängel bzw. mangelhafte Ausstattung, die nicht geeignet wären, mit diesem Schiff „zu viele Menschen zu transportieren“, wie eine Sea-Watch-Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur epd äußerte und damit von Tagesschau-Online zitiert wurde. Italien hatte bemängelt, dass das Schiff nur zur Beförderung von gut 20 Menschen entsprechend der maximalen Zahl der Crew ausgestattet ist.

Das ist deshalb interessant und dann tatsächlich politisch relevant, weil kein Land der Welt einem Schiff verbieten würde, mehr Menschen als für ein Schiff zugelassen aus Seenot zu retten, wenn Seenot besteht. Hier wird also gewissermaßen eine Art gewerblicher Shuttle-Service-Tätigkeit schon unterstellt. Wenn man sich bewusst in Seenot bringt, dann ist es keine mehr. Und dementsprechend kann man diese bewusst in Kauf genommene Pseudo-Seenot auch nicht bekämpfen.

Der italienische Rundfunk und die Küstenwache vermeldeten, dass ebenso der Vorwurf im Raum stehen würde, die Sea-Watch hätte im Hafen von Augusta Hydraulik-Öl abgelassen. Desweiteren seien im Rahmen einer Hafeninspektion an Bord des Schiffes „Mängel bei Brand- und Umweltschutzmaßnahmen“ festgestellt worden.

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Gegenüber Tagessschau kündigte die NGO mit Sitz in Berlin an, gegen die „Blockade“ wie sie es nennt, vorzugehen. Das Nachrichtenportal macht sich hier ein stückweit mit der NGO gemein, wo es da heißt, die italienischen Behörden würden regelmäßig Inspektionen „auf privaten Seenotrettungsschiffen“ vornehmen in dessen Folge es zur „Beschlagnahme oder Festsetzung“ kommen würde. Letzteres stimmt zwar sachlich, aber zum einen ist schon der Begriff „Seenotrettungsschiff“ mindestens umstritten, zum anderen sind solche Inspektionen in Häfen druchaus üblich und keineswegs nur auf NGO-Schiffe beschränkt, was hier aber suggeriert werden könnte. Immerhin ringt sich die Tagesschau noch zu diesem Nachsatz durch: „Die Rettungseinsätze der zivilen Organisationen im Mittelmeer sind politisch umstritten.“

Tage zuvor war übrigens auch die Sea-Watch-4, also das NGO-Schiff das der Noch-EKD-Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm organisiert hat und samt Spendenaufruf möglich machte, kurz vor der Sea-Watch-3 ebenfalls in einem sizilianischen Hafen festgesetzt worden. Die Begründung soll hier u.a. eine falsche Registrierung gewesen sein.

Hinzu kommt, dass aktuell 21 Crew-Mitglieder und Mitarbeiter weiterer NGOs in Sizilien vor Gericht stehen und ihnen bis zu zwanzig Jahre Haft drohen. Der Vorwurf lautet hier „Beihilfe zur illegalen Einwanderung.“ Die italienische Staatsanwaltschaft erhob Anklagen, denen vierjährige Ermittlungen vorausgingen. Die angeklagten Deutschen sind Mitglieder der NGO „Jugend rettet“, „Save the Children“ und „Ärzte ohne Grenzen.“ Die NGO-Schiffe sollen sich u.a. über Lichtzeichen mit Schleusern verständigt haben und diese zudem mit Rettungswesten ausgestattet haben. Soll heißen: Die sizilianischen Behörden wären angesichts der Schwere der Vorwürfe durchaus angehalten Schiffe vergleichbarer Organisationen energischer zu kontrollieren als sie es sonst getan hätten.

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Kommentare ( 46 )

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fatherted
3 Jahre her

Keine Angst…..sobald die „grüne KanzlerInnen“ an der Macht ist, wird es keine Flüchtlinge über das Meer mehr geben…dann gibt es Freiflüge aus humanitären Gründen…und zwar von überall her nach Deutschland. Bin mal gespannt wann dann die Zwangseinquartierungen bei den schwäbischen Grünenfans im übergroßen Einfamlienhaus stattfinden wird. Da wird es dann lange Gesichter geben, wenn die Tochter sich das Zimmer mit den Hilfesuchenden aus Nigeria teilen soll.

Andreas aus E.
3 Jahre her
Antworten an  fatherted

Die „Grünen“ werden sicher für sich und Ihresgleichen passende Ausnahmeregelungen etwickeln.

Fidgety-Feet
3 Jahre her
Antworten an  fatherted

Das ist noch nicht einmal übertrieben. Die Gesetze sollten noch bestehen, mit denen wurde in den 50ern Wohnraum für Flüchtlinge requiriert. Also nicht wundern, wenn das tatsächlich so abläuft.

Andreas aus E.
3 Jahre her

Aber 200 wieder abgeladen, das Geschäft läuft.

Roland Mueller
3 Jahre her

Es wäre mal wirklich interessant, zu erfahren, wer die „edlen Spender“ sind. Ich denke, die Schlepper-Mafia ist bei den Spendern mit an Bord, weil sie nicht das geringste Interesse am Ende der illegalen Schlepperei hat.

November Man
3 Jahre her

Dann aber nicht so wie letztes mal.Keine Rückforderungen mehr an Bürgen24. Januar 2019 Bürgen von Flüchtlingen müssen nun doch keine Zahlungen an die Bundesagentur für Arbeit leisten. Bund und Länder übernehmen die Kosten, wie Bundesarbeitsminister Heil mitteilte. Wer vor dem Jahr 2016 rechtlich falsch beraten worden sei oder für wen die Rückforderung eine besondere Härte darstelle, müsse nicht zahlen, sagte der SPD-Politiker. Die jetzt erzielte Einigung diene dem gesellschaftlichen Frieden. Dies sei eine gute Nachricht an alle, die Bürgerkriegsflüchtlingen geholfen haben, betonte Heil. Die Bundesagentur für Arbeit hatte Aufforderungen zur Zahlung der Unterhaltskosten an rund 2.500 Bürgen verschickt. Vielen war… Mehr

Konservativer2
3 Jahre her
Antworten an  November Man

Aha. Den Retter spielen, aber nicht wissen, was „bürgen“ bedeutet. Genauso stelle ich mir das vor. Eintreiben, aber dalli!

Kaltverformer
3 Jahre her

Danke für den Hinweis.
Meines Wissens wurde in österreichischen Medien natürlich nur von „Aktivisten“ berichtet, aber nicht über deren Herkunft.
Und ja.
Solange Kurz nicht bereit ist, tatsächlich gegen die illegale Immigration vorzugehen (dazu gehört vor allem, die Judikative wieder auf Kurs zu bringen, da sich dort Massenurteile eingeschlichen haben, die de facto ein Bleiberecht für alle darstellen), solange werden jeden Tag hunderte in die sozialen Netzwerke einwandern.
Die Türkisen verstehen offensichtlich nicht, welchen Schaden der ORF und die Auswahl von nicht geeigneten Personen in der Judikative, für das Land und speziell die ÖVP, darstellt.

Boudicca
3 Jahre her

Mit der triefende Arroganz des deutschen Weltrettungswahn, werden die Flüchtlinge einem von Corona gebeutelten Italien aufgehalst.

kasimir
3 Jahre her
Antworten an  Boudicca

Dafür arbeitet der deutsche Michel ja auch länger bis zu seiner Rente als der Italiener. Außerdem bekommen die Italiener per se eine höhere Rente ausbezahlt…auch da alimentiert D kräftig mit (siehe auch 750 Milliarden „Aufbau-Fond“).
Natürlich ist das mit den Schleppern aus Afrika ein Desaster und Italien (vor allem Sizilien) tut mir leid. Aber das geht ja nun schon seit etlichen Jahren. Italien kann und darf sich nicht auf die EU verlassen, was den Schutz seine Aussengrenzen angeht. Sie müssen das selbst veranlassen, notfalls gar keine Migranten mehr aufnehmen…

Andreas Koch
3 Jahre her
Last edited 3 Jahre her by Andreas Koch
DELO
3 Jahre her

Es wirkt einfach lächerlich, wie sich Europa von deutschen Verbrecherkartellen vorführen läßt (sorry, aber für mich ist Menschenhandel oder Beihilfe dazu Verbrechertum und nichts anderes). Diese Schiffe wurden zu nichts anderen gechartert, als junge Afrikaner dazu zu veranlassen, ihr Land zu verlassen, um nach Deutschland geschleust zu werden. Italien muß sich nun nach allen Himmelsrichtungen verbiegen, um Gründe zu finden, diesen Menschenhandel einzudämmen. Ein Rempler durch einen alten, ausgedienten Tanker auf hoher See könnte da durchaus weiterhelfen.

Positivsteuerung
3 Jahre her

Würde man nun eine Auswahl dieser festgenommenen Demonstranten zusammen mit den 12 kriminellen Afghanen in einem geschlossenen Abteil/Flieger nach Afghanistan schicken, damit die festgenommenen Demonstranten dort vor Ort ein soziales Jahr ableisten und Gutes tun und ihr Gewissen entlasten können, wie würde das deren Entscheidung, an weiteren Demonstrationen dieser Art teilzunehmen, beeinflussen?

elly
3 Jahre her

Hmmm, zu den Spenden. Wie alle NGOs, so ist auch der Verein Sea Eye nicht wirklich transparent, was die Einnahmen und Ausgaben anbelangt. Kein Geschäftsbericht nichts ist auf den Seiten des Vereins Sea Eye zu finden, alles lenkt sofort auf Spenden. https://sea-eye.org/ „Drei deutsche Bistümer spenden erneut für Seenotrettung …von den Erzbistümern München-Freising und Paderborn mit je 50.000 Euro bedacht, aus Trier mit 25.000 Euro. “ https://www.katholisch.de/artikel/28522-drei-deutsche-bistuemer-spenden-erneut-fuer-seenotrettungund schon sind 75.000€