Landesaufnahmebehörde Niedersachsen: 20-30 Prozent der Bewohner zur Impfung bereit

Zumindest unter neu angekommenen Migranten scheint die Abneigung gegen eine Corona-Impfung tatsächlich sehr weit verbreitet, wie die niedersächsische Landesaufnahmebehörde bestätigt. Einfach Broschüren zu übersetzen, dürfte daran wenig ändern.

picture alliance / dpa | Sebastian Gollnow

Eine Reihe von Medien von RTL bis Welt will eine Impf-Abneigung bei Migranten entdeckt haben. Was steckt wirklich dahinter? Ein Gespräch mit einer Pressesprecherin der Landesaufnahmebehörde in Niedersachsen ergibt zunächst folgendes Bild: Etwa 20-30 Prozent der Bewohner von Aufnahmestellen würden eine Impfbereitschaft signalisieren. Aber ist das vergleichsweise weniger als die einheimische Bevölkerung oder jene Migranten, die bereits dezentral untergebracht wurden oder schon länger hier leben?

Eine Vergleichszahl liefert die Pressesprecherin gleich mit: Die Bereitschaft des Personals bzw. der Mitarbeiter der Landesaufnahmebehörde sich impfen zu lassen, liegt bei über neunzig Prozent. Wichtig ist es der Sprecherin zu erwähnen, dass die Argumente der Migranten gegen das Impfen denen der einheimischen Skeptiker ähnlich wären. Es gäbe allerdings auch bestimmte Sonderfälle, so wie jener populäre irakische Arzt, der gegenüber Landsleuten und Muslimen via Internet scharfe Warnungen vor dem Impfen ausspreche und dem unter den Bewohnern der Landesaufnahmestelle einige gedanklich folgen würden.

Dazu erwähnenswert sicher auch eine Reihe von Imamen – auch international – die schon Anfang 2020 ihren Gläubigen erklärt hatten und teilweise noch erklären, Corona-Erkrankungen nach Infektionen träfen nur die Ungläubigen oder wären gar Strafe für bestimmte Verhaltensweisen gegenüber Muslimen.

Überraschend ist, dass solche Erstaufnahme-Einrichtungen die Impfreihenfolge betreffend lediglich Priorität zwei haben, worauf die Pressesprecherin ebenfalls hinweist. Das gelte beispielsweise auch für Frauenhäuser. Um Priorität 1 zu erhalten, reicht beispielsweise eine weitverbreitete Schildrüsenerkrankung bereits.

Die Sprecherin der Niedersächsischen Landesaufnahmebehörde erzählt, dass die bekannten Corona-Fälle hauptsächlich bei Neueinreisen festgestellt würden und hier speziell bei solchen Asylbewerbern, die aus griechischen Lagern kommen würden. Die Zustände dort könne man sich so hier kaum vorstellen.

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Zwei Mal werde nach Ankunft in den Unterbringungen getestet. Für die dann positiv getesten Personen gäbe es spezielle Separierungsbereiche. Bisher sei es noch nicht vorgekommen, dass die gesamte Einrichtung unter Quarantäne gestellt wurde. Seit Anfang der Epidemie habe es noch keinen einzigen Fall eines positiv getesten Bewohners gegeben, der deshalb in ein Krankenhaus verlegt werden musste. Die allermeisten der positiv Getesteten seien sowieso asymptomatisch gewesen.

Insgesamt seien bisher 395 nachgewiesene Infektionsfälle gemeldeten worden. Wie schon gesagt, vorwiegend aus griechischen Lagern kommend. Ist das eine hohe Zahl? Zur Einordnung: In einer Aufnahmeeinrichtung leben durchschnittlich 2.500 Personen. Diese wechseln ungefähr im Turnus von zwei bis drei Wochen, was aufs Jahr gerechnet wohl eine sechsstellige Zahl ausmacht. Einige Wenige blieben auch über einen längeren Zeitraum.

Weitere Corona-Fälle wurden festgestellt, als Kinder aus der Aufnahmeeinrichtung zur Schule gingen und dort getestet wurden, genau so, wie es mittlerweile vorgeschrieben ist. Auch die Handwerkskammer hätte einen weiteren Fall gemeldet, als dort ebenfalls Auszubildende bzw. Helfer aus der Einrichtung getestet wurden.

Mittlerweile haben sich zu diesem Thema auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und auch die Migrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz geäußert, beide sehen große Herausforderungen darin, bei Migranten für die Impfung zu werben. Spahn findet das auch deshalb besorgniserregend, weil Menschen mit Migrationshintergrund häufiger in sozial und wirtschaftlich schwierigen Situationen leben würden, was sie einem höheren Infektionsrisiko aussetze.

Der Tagesspiegel nennt die Zahl von 500.000 Berlinern, die ihrer Impfeinladung nicht nachkommen wären. Wie viele Migranten darunter sind oder Menschen mit Migrationshintergrund, ist nicht bekannt. Die Berliner Integrationsbeauftragte erwähnt nur „Zweifel, Ängste und Fragen.“

Sind Migranten also zu einem großen Teil Impfkritiker oder stehen den Querdenkern nahe? Auf entsprechenden Demonstrationen ist davon nichts zu bemerken. Jedenfalls kehren Demonstranten dort nicht explizit einen Migrationshintergrund hervor.

Falko Liecke, CDU-Gesundheitsstadtrat in Berlin-Neukölln, weiß gegenüber dem Tagesspiegel mehr zu berichten: Örtliche Ärzte berichteten ihm „übereinstimmend, dass insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund einer Impfung gegen Covid-19 sehr skeptisch gegenüber stehen.“ Die Bundesregierung kommt zu einer ähnlichen Einschätzung auf Basis von Rückmeldungen aus den Ländern.

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Interessant und auf besondere Weise auch brisant ist noch eine weitere Beobachtung: Bisher wird immer darauf verwiesen, dass Migranten überproportional oft „systemrelevante“ Jobs ausführen würden in der Pflege, Logistik, Einzelhandel oder der Lebensmittelindustrie. Da gäbe es immer wieder Ausbrüche mit hohen Ansteckungsraten, weiß die Berliner Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial. Migranten arbeiteten seltener im Home-Office und würden öfter den öffentlichen Nahverkehr benutzen.

Dieser Sachverhalt wird oft im Zusammenhang mit einer Impfträgheit der Migranten genannt. Aber müssten nicht gerade Menschen in diesen Tätigkeiten auch deshalb ein besonders Interesse an einem umfangreichen Schutz inklusive Impfen haben, um nicht nur sich selbst, sondern vor allem ihr Publikum nicht zu gefährden? Erinnern wir uns: 90 Prozent der deutschen Mitarbeiter, die in der Landesaufnahmebehörde arbeiten, wollen sich impfen lassen oder wurden schon geimpft.

Die Aussage der Sprecherin der Landesaufnahmebehörde, wonach die Ablehnung bei neu angekommenen Migranten auf ähnlichen Argumenten wie bei einheimischen Impfgegnern beruhe, legt nahe, dass diese nicht aus einem Defizit an Information handeln, sondern ihre Ablehnungsentscheidung aktiv und bewusst treffen. Man müsste also nicht nur informieren, indem man Broschüren übersetzt, sondern bereits abgeschlossene Entscheidungsprozesse aktiv durchbrechen, wenn man wirklich und ernsthaft will, dass Migranten eine höhere Impfbereitschaft zeigen.

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Kommentare ( 28 )

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28 Comments
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Schwabenwilli
2 Jahre her

„Dazu erwähnenswert sicher auch eine Reihe von Imamen – auch international – die schon Anfang 2020 ihren Gläubigen erklärt hatten und teilweise noch erklären, Corona-Erkrankungen nach Infektionen träfen nur die Ungläubigen oder wären gar Strafe für bestimmte Verhaltensweisen gegenüber Muslimen“

Mehr bedarf es nicht zu wissen.

Endlich Frei
2 Jahre her

Das sind auch unsere Erfahrungen – Impfen ist nur für alte weiße Männer und Ungläubige
Aber Kalkutta ist ja nicht ohne Grund Kalkutta – man muss nur genug davon einladen um Wirtschaft und Volksgesundheit in den Boden zu rammen.

Paul Brusselmans
2 Jahre her

Diese Leute dürften nach GG und EU-Recht gar nicht da sein. Sie hinterlassen eine Hypothek für die kommende Generation, aufgrund systematischen Gesetzbruches, spätestens seit 2015. Das läuft auf einer ganz anderen Ebene als die Klimadiskussion mit 2% Anteil am Gesamtausstoss an Co2. Der Jugend von heute werden somit Millionen kulturfremder Sozialhilfeempfänger hinterlassen. Was nun Herr Harbarth?

JamesBond
2 Jahre her

Es wird alles zu Migranten verschwiegen was geht. In Kassel war die Erstaufnahme einer der wesentlichen Infektionstreiber: https://rp-giessen.hessen.de/pressemitteilungen/111-positive-corona-f%C3%A4lle-erstaufnahmeeinrichtung-kassel-niederzwehren
Im HSK ist im westlichen Teil regelmäßig eine höhere Inzidenzrate auffällig (mehr Muslime als im Ostkreis).
Die zahlen werden jetzt in NRW wieder durch die Decke gehen, nachdem Holland öffnet, wegen des bekannten massiven Marokkanischen Reise- und Einkaufstourismus – waren dann bestimmt die Ostwestfalen.

Thomas Nagel
2 Jahre her

Liebe Migranten, wenn ihr schon mal da seid, lasst uns gemeinsam die autoritär-kommunistischen Verbrecher entmachten, damit dieses Land wieder frei sein kann.

Sonny
2 Jahre her
Antworten an  Thomas Nagel

Hübscher Apell, aber dass wird nichts nützen. Dieses „autoritär-kommunistische System“ hat den Migranten so dermaßen viele Vorteile verschafft, dass die sich doch nicht den Ast absägen, auf dem sie sitzen.

Mikmi
2 Jahre her

Ich würde mich gerne impfen lassen, bin aber noch nicht an der Reihe.
Jeder Migrant, der in Deutschland aufgenommen wird und hier schon lebt, muss geimpft werden, sich auf unser GG berufen mit allen Vorteilen, da steht auch was vom Schutz der hier lebenden.
Von Freiheiten für geimpfte reden, sollte man erst, wenn alle die geimpft wurden, die es auch wollen.

Aqvamare
2 Jahre her

 20-30 Prozent der Bewohner von Aufnahmestellen“ hier muss man aber auch mal richtig stellen, auch bei den entsprechenden Umfragen unter Deutschen ist die direkte Impfbereitschaft auch nur zwischen 30-35%.

Dann kommen immer 25-30% der Gruppe „ich könnte mir eventuell später eine Impfung vorstellen“, und bei der veröffentlichten Pressenachricht wird aus 30-35% direkte Impfbereitschaft, plötzlich 60% Impfbereitschaft.

Die Zahlen in der Annahmestelle bewegen sich somit nahe der Gesellschaftlichen Realität.

Es gibt schon Gründe, warum die Regierung plötzlich auf „weichen Druck“ setzt, um die Menschen zur Impfung zu zwingen, wie zum Beispiel Party, Restaurant und Co. nur für geimpfte.

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Aqvamare

Geimpfte und Gesundete. Wobei mir unklar ist, wie der Nachweis für Letztere geführt werden soll.

Last edited 2 Jahre her by Kassandra
Sonny
2 Jahre her

Geben Sie mir einen Impfstoff, der ausreichend getestet wurde, nicht gesundheitlich bedenklich ist und vor allem tatsächlich wirksam gegenüber Ansteckungen für mich selbst und meine Mitmenschen. Dann würde ich mich auch impfen lassen. Aber so einen Impfstoff gibt es (noch) gar nicht. Viele Menschen hier lassen, oft wider besseres Wissen, die Impfung über sich ergehen, um sich ein Stückchen Freiheit von der Regierung zurück gewähren zu lassen und nicht aus der Überzeugung heraus, dass dies eine gute Sache ist. Ein weiterer großer Teil der Geimpften wurde schlicht dazu gezwungen, nämlich von seinem Arbeitgeber. Entweder läßt du dich impfen oder Tschüs.… Mehr

Mikmi
2 Jahre her
Antworten an  Sonny

Nicht geimpfte Mitarbeiter eines Pflegeheims haben den Virus ist Heim geschleppt, mehrere Tote! Über 70% der Mitarbeiter wollten sich nicht impfen lassen, aber arbeiten in einem Heim(Schutzbefohlene), wie müssen sich die Mitarbeiter fühlen, sind sie doch jetzt für die Toten verantwortlich?

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Mikmi

Es ist bisher vollkommen unklar, ob Geimpfte nicht ansteckend sein können: https://baernerbaer.ch/baern/es-wurden-einzelfaelle-gehypt-um-angst-zu-generieren/

Mikmi
2 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Beda Stadler, „Stellung bezieht. Seine provokativen Thesen, in der Titelformulierung oft ironisch zugespitzt“ und darauf berufen sie sich?
In diesem Heim wurde nachgewiesen, das der Mitarbeiter die Bewohner angesteckt hat!

HerrschendeLeere
2 Jahre her

Die Migranten in den Aufnahmezentren sind jung, und sie haben vielfach Gefahren durchstanden, die größer sind als Corona für gesunde junge Menschen. Kein Wunder, dass sie sich weniger für die Impfung interessieren.
Was die skeptische Einstellung der schon länger hier lebenden Migranten angeht, kann man über die Motive nur mutmaßen. Könnte etwas mit gesundem Menschenverstand zu tun haben, denn die autochthone Landbevölkerung ist fast genau so skeptisch.

H. Krueger
2 Jahre her

Da werden also auch die Migranten unter den Test- und Impf-Verweigerern, und somit ohne Besitz des geplanten „digitalen- oder Papier-Impfpasses“, die derzeit eingeschränkten Grundrechte nicht vollständig zurückerlangen können.
Folglich besteht allerdings die reale Gefahr, dass sie sich diesbezüglich als Minderheit diskriminiert oder, noch schlimmer, rassistisch ausgegrenzt fühlen. Da es soweit auf keinen Fall kommen darf, muss dies schon im Ansatz verhindert werden!
Deswegen wäre es doch z.B. eine akzeptable Lösung, ihnen den Impfpass umgehend, d.h. ohne wenn und aber, ehrenhalber zuzuerkennen und auszuhändigen.

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  H. Krueger

Es ist ja nun beweisbar nicht so, dass die Klientel nicht besseren Zugang zu gut gemachten „amtlichen“ Dokumenten hätte, als der Durchschnittsdeutsche.
So ein „Impfpass“ wird da keine große Hürde darstellen – nehme ich an.