Deutschland 2045: Teurer Klimaplan – Kernkraft als günstigere Option

Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein. Eine neue Studie zeigt: Ohne Kernkraft wird es teurer. Die geplanten Gaskraftwerke könnten hohe Kosten und CO₂-Emissionen verursachen. Von Wolfgang Kempkens

IMAGO / teamwork

Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein. Klimagase werden dann entweder nicht mehr emittiert oder durch Gegenmaßnahmen aufgefangen – so der Plan der jetzigen Bundesregierung, vielleicht auch der nächsten. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen zahlreiche Wind- und Solarkraftwerke gebaut werden, obwohl sie bereits jetzt jeweils weit mehr Strom erzeugen können, als Deutschland überhaupt verbraucht – jedenfalls dann, wenn die Wetterverhältnisse für die jeweilige Kraftwerksart ideal sind. Ansonsten sollen Erdgaskraftwerke die Lücken füllen, die später auf Wasserstoff umgerüstet werden.

Die „erneuerbaren Energien“, zu denen auch Wasserkraft und Biomassekraftwerke zählen, haben im vergangenen Jahr bereits die 50-Prozent-Marke deutlich überschritten. Ist das Ziel also leicht erreichbar? Könnte man meinen – hätte die Bundesregierung bereits das eine oder andere Erdgaskraftwerk auf den Weg gebracht. Weil das nicht passiert ist, muss die Kohle noch lange einspringen, denn die Kernkraftwerke sind ja passé.

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Das war ein Fehler, so die internationale Umweltorganisation WePlanet mit Sitz in Brüssel. Als noch alle Kernkraftwerke in Betrieb waren, sparten sie in Deutschland pro Jahr rund 150 Millionen Tonnen CO₂ ein. Heute wäre es deutlich weniger, weil sich der Strommix in Richtung „erneuerbare Energien“ verschoben hat. Doch ein paar Dutzend Millionen Tonnen CO₂ könnten es immer noch sein.

WePlanet unterscheidet sich von nahezu allen anderen Umweltschutzorganisationen, weil sie sich zur Kernenergie bekennt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das international agierende Consultingunternehmen Quantified Carbon (QC) in London in einer von WePlanet beauftragten Studie auch die Kernenergie als Option für eine Stromerzeugung mit minimalen Emissionen im Jahr 2045 berücksichtigt hat. Das zweite Szenario sieht die Stromerzeugung mit allen anderen Möglichkeiten der emissionsfreien Energiegewinnung vor – plus Erdgaskraftwerke. Netto-Null ist nach der QC-Studie nicht möglich, weil bis 2045 nicht genügend Wasserstoff zur Verfügung stünde, sodass die Gaskraftwerke noch weitgehend mit Erdgas betrieben werden müssten. QC geht dabei davon aus, dass die Emission einer Tonne CO₂ dann 250 Euro kostet.

Das Ergebnis: Beides ist möglich, doch die Version, die Kernenergie einschließt, ist billiger. Das verwundert zunächst, weil der Bau neuer Kernkraftwerke – wie in Flamanville, Frankreich – weitaus teurer geworden ist als ursprünglich geplant. Zudem ging das dortige Kraftwerk erst im vergangenen Jahr mit zwölf Jahren Verspätung ans Netz. Doch von solchen gravierenden Verzögerungen geht WePlanet nicht aus, zumal es weltweit genügend Beispiele dafür gibt, dass Kernkraftwerke deutlich günstiger und schneller gebaut werden können, insbesondere in China. QC rechnet mit Investitionskosten von 7.000 Euro pro Kilowatt, was den realen Kosten des jüngsten finnischen Kernkraftwerks Olkiluoto entspricht – bei dem es zwar zu Kostensteigerungen kam, jedoch nicht so gravierend wie in Flamanville.

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Im Szenario „ohne Kernenergie“ fallen vor allem die Kosten für zahlreiche neue Gaskraftwerke und Stromspeicher ins Gewicht, die die wetterbedingten Lücken überbrücken müssen. QC geht davon aus, dass in diesem Szenario Windgeneratoren an Land und auf See 50 Prozent und Solarkraftwerke 28 Prozent des Bedarfs erzeugen. Den Rest decken Wasserkraft, Biomasse, Erdwärme und Erdgaskraftwerke. Letztere müssen im Extremfall – also bei Dunkelflaute ohne Sonne und Wind – bis zu gut 90 Prozent der Versorgung übernehmen, es sei denn, Nachbarländer wie Frankreich, die Schweiz, die Slowakei, die Ukraine und Schweden mit Atomstrom sowie Norwegen mit Wasserkraft springen ein. Die Kosten je Megawattstunde (MWh) lägen bei 105 Euro, die Netzausbaukosten pro MWh bei 8,5 Euro. Die CO₂-Emissionen lägen bei 45 Kilogramm pro MWh – 2023 lag der Wert für Deutschland laut Umweltbundesamt noch bei 380 Kilogramm.

Im Szenario mit Atomkraft würde Deutschland 2045 rund 43 Prozent seines Stroms in Kernkraftwerken produzieren. Denkbar wäre es, die sechs kürzlich stillgelegten Kraftwerke wieder hochzufahren, die eine Leistung von rund acht Gigawatt haben. Dadurch würden Kapazitäten im Stromnetz für den Ausbau der „erneuerbaren Energien“ frei, da Strom nicht in großen Mengen über weite Strecken von Nord nach Süd transportiert werden müsste. Der Neubau von Kernkraftwerken mit einer Leistung von acht Gigawatt würde stolze 60 Milliarden Euro kosten, während die Ertüchtigung der alten Kraftwerke für den jahrelangen Weiterbetrieb nur einen Bruchteil davon ausmachen würde. Allerdings ist der Rückbau einiger dieser Anlagen bereits beantragt oder genehmigt.

Fast 50 Gigawatt Kernenergie müssten laut den QC-Beratern allerdings neu gebaut werden. Diese Kraftwerke sollten gut regelbar sein, um als Lückenfüller einspringen zu können, denn 34 Prozent des Stroms sollen auch in diesem Szenario aus Windkraftwerken an Land kommen – auf Offshore-Windkraft will QC verzichten – und elf Prozent aus Solarenergie. Wasserkraft, Biomasse, Geothermie, Gaskraftwerke sowie Brennstoffzellen könnten den restlichen Bedarf decken. Die Stromversorgung in diesem Szenario wäre verlässlicher, und die Kosten lägen bei 82 Euro pro MWh, die Netzausbaukosten pro MWh bei 0,7 Euro. Dies liegt unter anderem daran, dass in diesem Szenario 70 Prozent weniger Erdgas benötigt würde. Die CO₂-Emissionen pro MWh betrügen nur 17 Kilogramm – gut 60 Prozent weniger als im Szenario ohne Kernenergie.

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Kommentare ( 35 )

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Retlapsneklow
11 Tage her

Dass bei Beobachtungen festgestellt wurde, dass CO₂ immer der Termperatuerhöhung folgte, ist kein Beweis, dass es nicht auch umgekehrt sein kann. Außerdem ist damit nicht auszuschließen, dass CO₂ zu den sonstigen Gründen für Erwärmung noch einen zusätzlichen Erwärmungsbeitrag leisten kann.

Wenn Bayern München eine Saison lang alle Spiele gewinnt, ist es auch kein Beweis, dass es nur gewinnen kann.

Tatsächlich gibt es einen Beweis, dass zusätzliches CO₂ nicht mehr Treibhaus bewirken kann, der geht aber anders. Das galt schon bei 280ppm.

Es wäre wünschenswert, wenn Argumentationen wissenschaftlichen Denkweisen genügen würden. „Horoskopdenken“ reicht nicht.

Last edited 11 Tage her by Retlapsneklow
Reinhard Peda
11 Tage her

Ja, ja die Klimakathastrophe und das Treibhaus-Erde- Szenario:
Klimakatastrophe – Wikipedia
Treibhaus Erde – Wikipedia
Im Winter kalt und im Sommer wärmer als 30 Grad. Und wo bleiben die „Rückkopplungseffekte“ samt Kipppunkten? Selbst bei 40 Grad wollen und werden sich keine Kipppunkte einstellen!
Was soll ich machen, wenn der Glauben größer ist als das Nachdenken? Also zahlt weiter die CO2 Steuer, anstatt die koruppten Demokratiefeinde abzuwählen.

BKF
11 Tage her

KKWs sind zwar eher als Grundlastkraftwerke geeignet, aber auch bei starkem Ausbau der volatilen Energielieferanten wären sie sehr sinnvoll, wenn man an der Wasserstoffwirtschaft festhält, da man dann eine hohe Grundlast zur Erzeugung des benötigten Wasserstoffs für ganz Deutschland hätte, wenn man sich da nicht wieder von Importen abhängig machen will.

Britsch
11 Tage her

Man kann nicht oft genug in erinnerung rufen, daß CO² für den Klimawandel verantwortlich ist ist eine der größten Lügen, Märchen unserer Zeit. Erdbohrkjerne zeigen eindeutig daß der Anstig von CO² immer der Erhöhung der Temperatur gefolgt ist und nicht umgekehrt, Wie „Klimaideologen und Gläubige“ verbreiten. Dies ist aber nur eine Bewiesene Tatsache, die Beleght, da´ß das CO² die Ursache ist. Man sollte dagen die So genannten Erneuerbaren naturwissenschaftlich / technisch Qualifiziert näher betrrachten, was die für schäden Verursachen und zur Folge haben einfach Irre das ganze. Diejenigen , die behaupten „Schützer“ zu sein sind die Größten Schädiger von Mensch… Mehr

HPs
11 Tage her
Antworten an  Britsch

Das ist dummes Geschwätz.
Wir sind heute in der JETZTZEIT und nicht in der Erdgeschichte.
Der CO2 Partialdruck in der Atmosphäre (420ppm, +2ppm/a steigend, ) ist heute viel höher als der in den Ozeanen (280ppm).
Die Ozeane sind eine CO2-SENKE, der Anstieg in der Atmosphäre resultiert aus anthropogenenen Emissionen, und ist nicht Folge einer ominösen Erwärmung.

Retlapsneklow
11 Tage her
Antworten an  HPs

Begründung stimmt!
Zumal sowieso klar ist, dass wir durch Verbrennung das CO₂ von 280ppm auf 400ppm gebracht haben. Das ist eine Steigerung von immerhin 43% in kurzer Zeit.

Wenn das Meer keine CO₂-Senke wäre, hätten wir noch mehr CO₂ in der Atmosphäre. Wir haben ja Wirtschaftsdaten und können ausrechnen, wie viel anthropogenes CO₂ wirklich ausgestoßen wurde.

Nur, das Klima ändert sich trotzdem nicht deshalb, weil das CO₂ gar nicht mehr Treibhauseffekt als 100% (Rückstrahlabsorption) bewirken kann.

Last edited 11 Tage her by Retlapsneklow
Britsch
10 Tage her
Antworten an  HPs

Es ist also dummesd Geschwätz, daß laut untersuchungen anhand von Bohrkernen naschgewiesen wurde daß in der Vergangenheit der Anstieg des C=² gehaltes in der Luft immer einer Erwärmung folgte und nicht umgekehrt? Ist es auch dummes Gesdchwätz, daßKlimamodelle (zumindest alle die mir beklannt sind) nach denen, die Entwicklung der Zukunft propagiert wird auf die verghangenheit angewendent falsch sind? In der Vergangenheit sich das Klima anderst entweickelt hat als das es sich nach den Klimamodellen entwickeln, verhalten hätte müssen? Ist es z.b. auch dummes Geschwätz, daß Windräder Windstzrüme abbauen, erheblich abbauen je größer und je mehr es sind? Die Bildung und… Mehr

eschenbach
11 Tage her

Frage eines unbedarften Laien an die Experten: Immer wieder wird auf Studien (z.B. vom Fraunhofer-Institut) verwiesen, die Kostenvergleiche anstellen, bei denen die Kernkraft schlecht und die Windkraft -Überraschung!- sehr gut abschneidet. Berücksichtigten diese Studien die immensen Kosten der neuen Infrastruktur (Stichwort Nord/Ostlink), die ja nur im Zusammenhang mit der Energiewende anfallen, sowie die Aufwendungen für den Stromzukauf bei Flauten bzw. die Verluste, die entstehen, wenn überflüssiger Strom zu teilweise negativen Preis verhökert werden muss? Würde dann die Windkraft immer noch so toll abschneiden?

Last edited 11 Tage her by eschenbach
VolkerV
11 Tage her
Antworten an  eschenbach

Nein eben nicht. Die Ergebnisse basieren auf dem Börsenpreis nach Subvention (EEG gibt es noch und ist steuerfinanziert). Die Netzentegelte spiegeln die Integrationskosten wieder. Darin sind Netzausbau und Pufferung enthalten. Diese sind aufgrund des Ausbaus derr Windkraft erdrückend hoch.

VolkerV
11 Tage her

1. Müssen wir Klimaneutral werden? Ich denke, das Ziel ist irgendwie sbgedroschen.

2. Die entscheidende Frage zur Alternative ohne Kernkraft ist vom Autor nicht einmal berührt worden: Wo kommt das Gas her? Aus USA, über weite Wege mit den LNGs? Aus Katar? Oder aus Russland?

3. Ich persönlich glaube nicht an Wasserstoff, da sich der Strompreis aufgrund der zweifachen Elektrolyse vervierfachen würde.

Fazit: Die Variante ohne Kernergie ist nicht zuende gedacht.

P.Schoeffel
11 Tage her

Verfehlt ist an dem Thema Energieversorgung vor allem eines:
Daß die Politik ihre Finger drin hat.
Ziel muß es sein, möglichst ALLE Vorschriften in die Tonne zu treten, ALLE Subventionen und Abnahmegarantien zu streichen, die Bundesnetzagentur zu schließen und die Enegiewirtschaft machen zu lassen.
Von Energieerzeugung und -Verteilung versteht man dort am meisten. Und den Strompreis regelt dann ein Markt unter Konkurrenzbedingungen. Eine bessere Alternative gibt es nicht.

bfwied
11 Tage her

Der Tenor all dieser von der Regierung unterststützten, wenn nicht finanzierten, NGOs u. deren „Studien“ ist, dass die gesamte Energieversorgung über Wind, PV, Bio u. ein bisschen Wasserkraft und Lieferungen von anderen funktionieren würde. Bez. der Stromlieferungen: s. die Wut Schwedens, Norwegens, weil die dt. Ignoranz deren Strompreise uns Unbezahlbare hochtrieb. Das Gerede von Stromspeichern, ein Problem sein 120 Jahren, das nur ein wenig geschmälert werden kann, aber das heisst es schon seit 20 Jahren. Allwöchentlich werden Durchbrüche gemeldet – und dann begraben. LiIo-Akkus, die besten, haben im Schnitt eine Kapazität von 0,15 kWh/kg!!! Vielleicht wird ihre Brennbarkeit, die zu… Mehr

Greif
11 Tage her

Die Erwartung, überschüssigen Wetterstrom in Speichern beliebiger Technik puffern zu können, dürfte alleine an der Tatsache scheitern, dass für die seltenen Gelegenheiten dazu eine Masse an Aufnahmekapazität installiert sein müsste, die diesen spontanen Anfall auch kurzzeitig aufzunehmen vermag; Elektrolyse oder Batterieladen dauern aber; was mit Sicherheit genauso unwirtschaftlich sein dürfte, wie die nur zu 1/5 ausgelastete installierte Windmühlenleistung.

Aegnor
11 Tage her

Dass die „Lösung ohne Kernkraft“ möglich sei, halte ich für ein Gerücht. Die im Szenario erwähnten 78% des Stromes aus Wind & Sonne, würden eine Verx-fachung der bereits installierten Anlagen bedeuten, denn die 78% stellen ja den Durchschnittswert dar und nicht den Wert den diese Anlagen unter optimalen Wetterbedingungen bereitstellen. Allein die Gaskraftwerke, welche die 90% in der Dunkelflaute bereitstellen sollen, aber den Rest Zeit auf Sparflamme operieren und dabei ständig hoch- und runtergefahren werden müssen, verursachen riesige Kosten. Umso mehr, wenn sie mit Wasserstoff laufen sollen. Wenn das kommt, ist die deutsche Industrie endgültig tot, was wiederum bedeutet, dass… Mehr

bfwied
11 Tage her
Antworten an  Aegnor

Es geht einfach nicht, wir bräuchten mehr als 1 Windmühle pro qkm in ganz D., wobei im Süden sowieso nur wenig Wind weht, es also überhaupt nichts nützt, u. bei Windstille, tja, kein Strom. Für jeden Flügel braucht man derzeit noch nur 5 Balsaholzstämme – haben die Grünen früher doch verdammt(!!!) – die Dinger sind nicht recyclebar und sehr giftig u. durch die Glas- u. Kohlefasern gefährlich. Niemand weiß wohin damit!
So macht man aus purer Dummheit ein ganzes Land kaputt.