Selbst wenn heute beschlossen würde, den Atomausstieg rückgängig zu machen, hieße das nicht, dass morgen wieder Kernkraftwerke ans Netz gingen: Infrastruktur und Kompetenz fehlen. Aber Söder hängt sein Fähnchen in den Wind: 2023 verhinderte er die Abschaltung des Kernkraftwerkes Isar 2 nicht. Jetzt fordert er eine Rückkehr zur Kernenergie.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder will in der Wirtschaft und Energiepolitik eine radikale Wende. Sollten CDU/CSU Regierungsverantwortung übernehmen, so Söder gegenüber dem Handelsblatt, würde Deutschland neue Gaskraftwerke bauen und „eine eigene Gasförderung prüfen, anstatt von teurem Fracking-Gas aus den USA abhängig zu werden“. Ohne Kernkraft werde es nicht gelingen, den industriellen Wohlstand zu halten, so Söder weiter.
Der Energiebedarf werde in Zukunft durch KI, Digitalisierung und E-Mobilität enorm steigen. „Darauf müssen wir uns einstellen und das geht eben nicht nur mit Sonne und Wind.“
Bestehende Meiler zur Erzeugung von Kernenergie sollten reaktiviert werden, so Söder wörtlich.
Erstaunliche Worte aus München. Doch reichlich spät, zu spät. Söder weiß, dass eine Diskussion über Kernkraft derzeit eine rein rhetorische Veranstaltung ohne jeglichen Realitätsbezug ist. Der Zug ist erst einmal abgefahren; Trittin, Fischer und deren Spießgesellen haben gründliche Arbeit geleistet und für einen rigorosen Fadenriss gesorgt. Es reicht nicht, ein Kernkraftwerk aufzubauen oder die Vorhandenen wieder funktionsfähig zu machen. Dazu sind hochqualifizierte Fachleute für das Fahren eines Reaktors notwendig, die zu einem großen Teil weg sind.
Es braucht Fachleute, und nicht zuletzt Aufsichtsbehörden, die Verantwortung für die Überwachung tragen, sowie zertifiziertes Wartungspersonal. Es gibt nicht einmal genügend ausgebildete und zugelassene Schweißer, die Rohre und Gefäße in einem Reaktor schweißen können und dürfen. Ein Grund übrigens für die deutliche Verzögerung beim Bau des Kernkraftwerkes Hinkley Point in Großbritannien. Es ist nicht so, wie sich das eine durchschnittliche grüne Fachkraft ausmalt, dass nach Beschluss das Kraftwerk am nächsten Tag läuft.
Kompetenz also ist weg. Und das in einem Land, in dem wesentlich Kernkraft erforscht und deren Nutzung entwickelt wurde – von den Kreisläufe in der Nutzung des Brennstoffes bis hin zum Recycling. Vermutlich würden neue Reaktoren von russischen oder chinesischen Herstellern gekauft und teilweise sogar betrieben werden müssen, sollte in Zukunft unter massivem Energiemangel die Nutzung der Kernkraft beschlossen werden.
Söder sind gleichwohl Rufe nach Kernkraft nicht verborgen geblieben.
Immerhin weist er darauf hin, dass auch in Deutschland noch gewaltige Mengen an Gas unter der Oberfläche schlummern, die auf lange Jahre hinaus alle benötigte Energie liefern könnten. Einstweilen stellen sich der Ausbeutung noch zahllose Initiativen entgegen, die im gleichen Atemzug wenig gegen immer mehr Windräder haben.
„Wir können auch mit Partnerländern wie Frankreich und Tschechien kooperieren und uns einen privilegierten Zugang zu Kernenergie sichern“, so Söder. Langfristig sei „der Bau eigener kleiner Reaktoren der nächsten Generation an bestehenden Standorten denkbar“. In jedem Fall müsse Energie wieder deutlich günstiger sein, als sie es heute ist, so Söder heute.
Er hätte Anfang 2023 nur sagen müssen, dass das Kernkraftwerk Isar 2 in Bayern in Betrieb bliebe und wird nicht stillgelegt würde: Dann wären wahre Spezialisten wie Manfred Haferburg und Klaus-Dieter Humpich nicht umsonst vor dem Aus von Isar 2 eigens nach München gefahren, um Söder, Aiwanger & Co ins Gewissen zu reden und zu versuchen, sie noch von der endgültigen Abschaltung abzubringen. Vergebens – wie wir heute wissen. Das Politpersonal ist beratungsresistent.
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„2023 verhinderte er die Abschaltung des Kernkraftwerkes Isar 2 nicht“. Könnten Sie vielleicht noch erklären, wie er das hätte verhindern können? „Energiepolitik ist in D Teil der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Die Energiepolitik wird von der → Bundesregierung in Abstimmung mit den Ländern formuliert“, bpb. Wie stimmt sich denn eigentlich der Bund mit den Ländern ab?
Natürlich ist es illusorisch zu glauben, dass innerhalb von 5 Jahren wieder Kernkraft Energie produziert. Dennoch, ein Umdenken ist dringend geboten, man muss mal anfangen, sonst leben wir in 50 Jahren in Erdhöhlen und freuen uns, wenn die Sonne mal scheint. Der planerische Vorlauf, die Schaffung der personellen und technologischen Kompetenzen, damit kann man nicht früh genug anfangen. Haferburg & Humpich beschreiben das in ihrem Buch sehr gut. Das Angebot der Hardware ist weltweit vorhanden, man muss quasi nur wählen, was man will bzw. braucht. Dann müssen die Genderlehrstühle durch Lehrstühle für Kernphysik ausgetauscht werden. In 10 Jahren könnte man… Mehr
Es wurden in den letzten Jahren alle Lehrstühle abgeschafft, die irgendwie das Thema Kernphysik beinhalteten, um den deutschen Michel ja nicht mehr in Versuchung zu führen, irgendwas in dieser Richtung zu versuchen. Stattdessen wurden hunderte Lehrstühle im Bereich Gender, Diversität, Soziologie, Antirassismus- (=Rassismus), Postkolonialismus (=Kolonialismus) usw. installiert, deren Absolventen sich darin üben, an nutzlosen, vom Staat zwangsvorgeschriebenen Beauftragtenstellen nutzlosen Bürokratismus zu zelebrieren und der Wirtschaft das Leben zur Hölle zu machen. Diese Leute wären in anderen, sinnvollen Positionen nicht überlebensfähig und würden dem Bürgergeld anheim fallen. Allein aus diesen Gründen werden wir auch nach einem wirklichen Regierungswechsel sehr, sehr lange… Mehr
Wenn er schon die Tschechei erwähnt und Rohstoffe: Im Erzgebirge gäbe es auch Lithumvorkommen (im Mineral Zinnwaldit, da weiß man auch gleich wo das vorkommt am Namen), aber so im Detail befaßt sich wohl ein Politiker nicht mit Rohstoffen und deren Lagerstätten.
Was Söder will und nicht will, weiss Söder, am Morgen beim Gang zum Lokus, wohl auch noch nicht so genau. Meist ergibt sich dies so im Verlauf des Tages, je nach Opportunitäten und Tagesform. Vor zwölf Jahren, nach Fukushima, konnte dem Söder der Atomausstieg nicht schnell genug gehen, jetzt ist einfach das Gegenteil der Fall. Da schätze ich die Irren von den Grünen und sonstigen Sozialisten für ihre Konstanz im Wahnsinn, denen sind nicht nur ihre Wähler Wurst, sondern auch alle anderen scheissegal. Hier zählt nur der „Klimaschutz“ und die Einsparung des Vorreiters Deutschland von unglaublichen 0.36% des weltweiten CO2-Ausstosses.… Mehr
Ein großes Industrieland braucht die Atomkraft, die uns zuverlässig, ausreichend und preiswerten Strom liefert. Wenn die Grünen erst mal weg sind bauen wir wieder viele große und kleine hochmodern Atomkraftwerke, unterirdisch gekoppelt mit Dual-Fluid-Reaktoren und BD-1200 Reaktoren mit denen es keinen Atommüll mehr gibt. Gebaut wird in jedem Bundesland so viel oder so große Atomkraftwerke wie gebraucht werden. Dann sparen wir auch die teuren Stromleitungen von Nord nach Süd, die nicht mal in 30-50 Jahren fertig wären. Also fangen wir an Atomkraftwerke und auch Thorium-Reaktoren zu bauen. Motto: „Wer nicht anfängt, wird nie fertig“. Wichtig ist, dass die Grünen auf… Mehr
Wir machen uns die Welt wie es gefällt und da ist keine Konstante zu erkennen und es geht zu wie auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten und deswegen kann man diese Typen von heutigen Politikergenerationen nicht mehr für voll nehmen und ihr Geschwätz ist wie Schall und Rauch und deswegen nur noch die AFD, denn was soll man denn von Leuten halten, die ihre Ansicht wie dreckige Wäsche wechseln um kurz frisch zu erscheinen um anschließend wieder in die alte Leier zu verfallen und damit zu beweisen, daß ihnen das reine Hemd schnuppe ist, wenn man im Inneren unsaubere Gedanken hegt.
Ich mag den Söder noch weniger als Baerbock oder Habeck. Die beiden haben wenigstens Prinzipien, die ich nicht teile, aber man weiß was sie wollen und sie bleiben auch standhaft dabei. Söder hingegen ist ein prinzipienloser Mensch. Genauso wie Merkel es war, die je nach Gazettenlage Politik gemacht hat. Was dabei raus gekommen ist, sieht man jetzt.
Ich muß immer an das Lied „Wellenreiter“ von BAP denken wenn ich etwas Neues von Söder lese.
Aber viele andere Lieder von BAP werden auch gerade wieder sehr aktuell, auch wenn sich Herr Niedecken gerade auf der „richtigen Seite“ wähnt, weil er nicht erkennt wie die „anständigen Kämpfer gägen Rrrääächts tatsächlich ticken.
Den einzigen Nutzen, den ich im grenzenlosen Oportunismus des Herrn Söder sehe wäre der, daß er die undemokratische und idiotische Ausgrenzung zur AfD aufgibt. Merz tut sich da schwer, auch wenn er dies inzwischen wollte, wegen der starken Merkel Fraktion in der CDU, für Söder und die CSU sollte der Richtungswechsel kein Problem sein.