Ist das Aus vom Verbrenner-Aus in Sicht?

EU-Kommissionschefin von der Leyen macht eine Kehrtwende und will das Verbrenner-Verbot prüfen: Referenzwerte zeigen, dass die Emissionen eines Elektro-Autos nicht mehr automatisch null sind. Experten wiesen schon längst darauf hin.

IMAGO / Xinhua

Übersponnene Klimaziele, die Experten kritisch sehen, aber trotzdem durchgedrückt werden: Dafür kennt man die die Europäische Union. Dass ihre Ziele doch nicht so gut funktionieren, wie ursprünglich gedacht, merken sie trotzdem irgendwann. Und dann wird es peinlich für sie. Denn sie wurden ja von den besagten Experten gewarnt.

So haben einige Experten, wie der Professor für Maschinenbau Thomas Koch, das angedachte Verbot von Verbrenner-Motoren schon früh kritisiert: Sie hielten es beispielsweise für falsch, dass die EU-Kommission den Elektro-Autos automatisch eine Kohlenstoffdioxidbilanz von null Gramm zugewiesen hat. Zuletzt hatte eine Studie des „Vereins Deutscher Ingenieure“ (VDI) gezeigt, dass Elektroautos der Kompaktklasse erst ab einer Laufleistung von 90.000 Kilometern klimafreundlicher sind als Verbrenner.

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Nun scheint es auch die EU kapiert zu haben, dass ihre Berechnungen zur Elektro-Mobilität etwas utopisch waren: Wie die österreichische Zeitung „Krone“ berichtet, wolle die EU nun die gesamte Emissionsbilanz betrachten. Das ergab eine Abstimmung in Brüssel am Montag. Dabei hatte die EU ihr Verbrenner-Aus ab 2035 bereits beschlossen. Eigentlich.

Deutschland hat sich den Beschluss der EU zu Herzen genommen – wie so oft voreilig und von Klimawahn bestimmt. So setzte die Autoindustrie einen Großteil der Produktion auf Elektro-Mobilität um und die Ampel bezuschusste den Kauf von Elektro-Autos mit Steuergeldern. Doch die neuen Überlegungen der EU-Kommission bedeuten für die Autoindustrie, dass ein elektrischer Antrieb nicht mehr automatisch die klimafreundlichste Art ist: „Krone“ liegt ein Referenzdatenblatt vor, in dem die EU festlegt, wie der Kohlenstoffdioxid-Gehalt der zum Aufladen nötigen Elektrizität angerechnet wird, „inklusive der Verluste bei der Übertragung und Umwandlung“. Im Klartext heißt das, dass die Emissionen für ein Elektroauto dann auch offiziell nicht mehr null, sondern vom Strommix abhängig sind, schreibt Focus.

Laut „Krone“ steht aber noch mehr hinter diesem Paradigmenwechsel der EU: Die EU will sich demnach davor schützen, dass die selbst gewählte „Electric-Only“-Strategie den Chinesen in die Karten spielt. Denn die verfügen über entscheidende Vorteile in der Elektro-Branche: Sie sitzen auf wichtigen Rohstoffen und können günstiger produzieren als die EU. Die Gefahr besteht also, dass China den europäischen Markt der Elektro-Mobilität überrollt und die europäische Autoindustrie plattmacht. Das möchte die EU offenbar verhindern. Sogar Ursula von der Leyen.

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Autoindustrie im Zangengriff: Elektro-Autos aus China – Verbrennerverbot aus Brüssel
Die EU-Kommissionschefin sagte am Montag: „So soll sichergestellt werden, dass es Offenheit für Technologien und Wahlmöglichkeiten für Verbraucher gibt.“ Auch das sind ganz neue Töne aus Brüssel, denn bisher hatten die Politiker nur eine Ausnahme für ihr Verbrenner-Verbot vorgesehen: Neuwagen mit strombasierten „E-Fuels“, die in der Strombilanz dann „klimaneutral“ wären. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die durch elektrische Energie aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt werden. Autos, die ausschließlich mit solchen E-Fuels fahren, sind allerdings noch gar nicht auf dem Markt. Während die EU bisher also nur solche Technologien setzte und den Autoherstellern Strafen auferlegte, wenn die ihre „Klimaziele“ nicht erreichen, meint von der Leyen nun: Die Industrie müsse auch weiterhin wählen können, in welche „Mobilität der Zukunft“ sie investiert.

Focus meint trotz dieser Kehrtwende, dass die Kritiker des Verbrenner-Verbots noch nichts gewonnen haben, weil die EU noch nicht fixiert habe, wie die neuen Berechnungsmethoden in die Flottenbilanz der Hersteller einfließen können. Und es sei noch unklar, ob es sich für die Hersteller lohnen würde, etwas anderes außer Elektro-Autos zu produzieren. Dabei klingen von der Leyens Worte wie eine Kapitulation: Sie kündigt an, dass in zwei Jahren die dann aktuelle Lage grundsätzlich auf EU-Ebene bewertet werde. Sie betont, es werde vergessen, dass es bis 2026 ohnehin eine Bestandsaufnahme und Überprüfung des Gesetzes geben würde. Die EU wolle sich dann einen „Zwischenstand“ einholen, welchen realen Beitrag das Elektro-Auto geleistet hat, um die Emissionen zu reduzieren.

Während von der Leyen einen Rückzieher macht, aber die Branche noch in Ungewissheit lässt, ob auf ihre Worte auch Taten folgen, berichtet „Euractiv.com“ von einem geleakten Wahlprogramm der europäischen Volkspartei (EVP), bei der von der Leyen Präsidentin ist. Laut „Euractiv.com“ steht in diesem Programm für die anstehende Europawahl im Juni, dass die konservativen Politiker das Verbrenner-Verbot aktiv stoppen wollen: „Wir lehnen eine Verbotspolitik – wie das Verbot von Verbrennungsmotoren – ab und werden sie auch so schnell wie möglich revidieren“, heißt es in dem Dokument.

Für die Europawahl möchte von der Leyen Spitzenkandidatin und dann wieder EU-Kommissionschefin werden. Dafür versucht sie sich offenbar Wähler zu sichern. Denn die Verbotspolitik stößt bei weiten Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung. Diese Kehrtwende der EVP zeigt erneut, dass der „Klimaschutz“ seinen Höhepunkt erreicht hat und nun allmählich Bedeutung verliert.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat laut Automobilwoche Medienberichte über ein angeblich diskutiertes Aus des Verbrenner-Endes in Europa dementiert.

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Kommentare ( 49 )

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MaximilianMueller
1 Monat her

Ich kenn mich mit EU Politik nicht so aus. Kann mir mal jemand erklären, wieso eine Merkelvertraute, die seit Jahren linke Politik in Brüssel macht, von Konservativen zur Kommissionschefin gewählt werden sollte? Ich versteh das ehrlich nicht

Marc Greiner
1 Monat her

Das genügt nicht. Wir brauchen ein Ende der „Klimapolitik“. Ersatzlos streichen.
Ausserdem will die nur noch eine weitere Periode an der Macht bleiben.

Siggi
1 Monat her

Von der Leyen hält Merkels Vorstellungen am leben. Mal sehen, wie stark die Einflüsse aus der Uckermark noch sind.

Resultant
1 Monat her

Man sollte ehrlich genug sein, um zuzugeben, daß das „Verbrennerverbot“, als Frau von der Leyen es in Angriff nahm, dem Willen der (verblendeten) Mehrheit der Europäer entsprach.

Peter W.
1 Monat her

VdL’s „wirken“ zieht eine Schneise der Vernichtung durch Europa. Eigentlich müssten längst Untersuchungsausschüsse und Staatsanwälte gegen diese schrecklich inkompetente Frau ins Feld ziehen. Was da bei näherer Betrachtung wohl alles an Tageslicht kommen würde. Genau das ist aber ihre Stärke.
Zu viele in der EU und D haben ihre klebrigen Finger in lichtscheuen Aktivitäten.

Micky Maus
1 Monat her
Antworten an  Peter W.

Das stimmt, zuviel Günstlinge und Postenhascher hat die Flintenuschi bereits um sich gescharrt. Damit scheint ihre Wiederwahl schon relativ gesichert. Eventuell dagegen sprechende Vorfälle werden wie damals schnell beseitigt (Löschen präkerer Mails usw.) Immer schön nach dem Motto: „Die Hand die mich füttert, beiß ich nicht“ und dies ist mittlerweile in Europa leider zur Gewohnheit geworden.

joker13
1 Monat her

Ahhh. Jetzt kurz vor der Wahl im September soll der Verbrenner doch noch weiter leben dürfen. Geniale Idee. Wie kommt das denn plötzlich? Und wieder fallen die Leute reihenweise drauf rein. Kein Wunder daß sich nix ändert ..

Mausi
1 Monat her

Verbrenner-Aus für die EU: Wie hätte das funktionieren sollen? Der Balkan ohne Verbrenner? Die eisigen Nordländer mit Batterieautos? M. E. hat das Ganze nur dazu gedient, Ds Automobilindustrie zu schaden. Die Bewertung des E-Autos am sauberen oder nicht sauberen Strom festzumachen, ist auch ein wunderbarer Gedanke. Strom auf dem Balkan sauber? Nein. Also Verbrenner dürfen weiterhin fahren? Und in D mit seinen virtuellen Stromspeichern wird dann behauptet, unser Strom komme übers gesamte Jahr nur von Sonne und Wind, also bei uns Verbrennerverbot und stattdessen E-Autos? D ist auf lange Zeit wirtschaftlich und bildungsmäßig tot, es lebe der EUR.

stebu
1 Monat her

Das ist doch Wahlpropaganda, daß das Verbrenner Verbot kassiert werden soll und schon gar nicht von einer wieder gewählten UvdL. Wo sollte denn der getäuschte EU-Bürger bei einem Bruch dieses Versprechens denn klagen? Beim europäischen Gerichtshof?

Apfelmann
1 Monat her

Der Verbrenner ist tot. Da gibt es kein Zurück. Es wird absehbar keinen synthetischen Kraftstoff geben den man sich leisten kann. OilPeak kommt bald, keiner will das tote Pferd weiter reiten. Fossile Kraftstoffe müssen nun mal weg. Wasserstoff ist zu teuer und ineffizient. Ich sehe hier kein Weg vorbei am EAuto. Es sei denn jemand erfinden mal schnell nen Kaltfusionsreaktor fürs Auto oder etwas in der Art.

Donostia
1 Monat her
Antworten an  Apfelmann

Hätten wir Marktwirtschaft würde ich sagen wir lassen es den Markt regeln. Leider haben wir eine Ideologie- Planwirtschaft die so tut als hätten wir Marktwirtschaft. Deshalb auch immer der Politikerverweis „Der Markt hat versagt“.

Don Didi
1 Monat her
Antworten an  Apfelmann

Au Contraire, Mon Ami. Das Elektroauto ist tot. Bereits seit 1910. Denn da wurde es durch den wesentlich besseren Verbrenner ersetzt. Jeder Versuch, diese Technologie wiederzubeleben (u.a. MAN Busse in den 70ern, CitySTROMer in den 80ern, CitySTROMer 2 in den 90ern, E-Autos und E-Busse in den letzten 10 Jahren), ist kläglich gescheitert. Da sich die Naturgesetze, insbesondere die der Physik und Chemie weder in den letzten 200 Jahren, noch in den nächsten 200 Jahren geändert haben, wird das auch in Zukunft nichts. Elektroantriebe finktionieren ausschließlich dort, wo der Motor per Kabel mit einem permanenten Stromerzeuger verbunden ist. Sei es Diesellock,… Mehr

martin ruehle
1 Monat her

Vor der Wahl ist vor der Wahl und nach der Wahl wird alle nur noch schlimmer …!
Nicht von diesem koruppten Haufen blenden lassen.

Diese EU ist nicht mehr reformierbar !