Rechnungshof wirft Lindner Verschleierung der Haushaltslage vor

Der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller wirft Finanzminister Christian Lindner vor, die Schuldenbremse zu unterlaufen und die Finanzlage zu verschleiern. Er kritisiert „viele Nebenhaushalte und eine immer kreativere Buchführung“.

IMAGO / Christian Spicker
Christian Lindner (Bundesminister der Finanzen, Vizekanzler, FDP) während der Sitzung des Deutschen Bundestags am 25.11.2022 in Berlin

Der Bundesrechnungshof hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeworfen, die wahre Haushaltslage des Bundes zu verschleiern. Anders als behauptet werde Lindner im kommenden Jahr die Schuldenbremse doch verletzen, sagte Präsident Kay Scheller dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgabe). Nach Berechnungen des Rechnungshofs sei die für 2023 geplante Schuldenaufnahme mit fast 107 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie die offiziell ausgewiesene Neuverschuldung von knapp 46 Milliarden Euro. Einen so hohen Wert lasse die im Grundgesetz verankerte Schuldenregel nicht zu. „Die Regierung unterläuft die Schuldenbremse“, sagte Scheller. Aufgabe der Regierung sei es, die Haushaltslage offen und ehrlich darzustellen.

„Stattdessen verschleiert sie die Lage. Viele Nebenhaushalte und eine immer kreativere Buchführung sorgen für Intransparenz“, kritisierte der oberste Rechnungsprüfer. Das gelte auch für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der für die Energiepreisbremsen noch in diesem Jahr Schulden von 200 Milliarden Euro aufnehmen kann.

„Eine Schuldenaufnahme auf Vorrat widerspricht allen Haushaltsregeln“, so Scheller. Nötig sei, bei den Ausgaben zu priorisieren und an anderer Stelle zu sparen. Er verlangte zudem den Abbau von Subventionen: „Wer die Zukunft gestalten will, muss sich von Finanzhilfen trennen, die einfach nicht mehr in die Zeit passen“, sagte Scheller.

Seit Jahren passiere beim Thema Subventionsabbau aber nichts. „Zwar lässt das Finanzministerium Subventionen wissenschaftlich evaluieren, setzt dann aber die Ergebnisse nicht um. So darf es nicht weitergehen“, beklagte er.

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Auch in den Sozialversicherungen, die vom Bund mit mehr als 150 Milliarden Euro pro Jahr unterstützt werden, forderte Scheller Reformen. „Die Lösungen liegen teilweise schon seit Jahren auf dem Tisch: Leistungen kürzen oder höhere Beiträge oder länger arbeiten sind die Stellschrauben“, sagte er. Das erfordere aber unpopuläre Entscheidungen. Hier müsse die Regierung endlich handeln. „Das Problem lässt sich nicht durch aussitzen lösen“, so der oberste Rechnungsprüfer.

Auch Lindners Pläne für eine „Aktienrente“ und die Reform des Beschaffungswesens bei der Bundeswehr kritisierte der oberste Rechnungsprüfer.

Er hält die geplante Aktienrente für „bedenklich“, weil das Volumen von zehn Milliarden Euro deutlich zu klein sei, um die Rentenversicherung spürbar zu entlasten. „Aber mein eigentlicher Kritikpunkt: Wird die Aktienrente über Schulden finanziert, zahlen am Ende diejenigen die Zeche, die eigentlich entlastet werden sollen, nämlich die künftigen Generationen“, so Scheller. „Damit ist überhaupt nichts gewonnen“, fügte der oberste Rechnungsprüfer hinzu.

Der Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) wirft Scheller vor, noch immer nicht für einen effizienten Einsatz der Gelder aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr gesorgt zu haben. „Damit die Mittel aus dem Sondervermögen wirken können, muss das Verteidigungsministerium Prozesse und Strukturen für das Beschaffungswesen straffen“, sagte er. Obwohl der Rechnungshof regelmäßig auf Mängel hingewiesen und Vorschläge vorgelegt habe, sehe er bei dieser Frage „keine großen Fortschritte“, sagte Scheller und warnte: „Ohne Veränderungen wird sich die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr trotz der zusätzlichen Milliarden nur wenig verbessern.“ Geld allein sei nie ein Erfolgsrezept. „Die 100 Milliarden Euro in ein schwerfälliges System zu geben, macht wenig Sinn.“

(DTS Nachrichtenagentur)

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Kommentare ( 25 )

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mth
1 Jahr her

Das wollte Linder bestimmt erst nicht – also das „verschleiern“. Bis es ihm rot/grün solange gesagt hat bis er es dann doch macht.

Karl Napp
1 Jahr her

„Eine Schuldenaufnahme auf Vorrat widerspricht allen Haushaltsregeln“

Schulden sind (Sonder)Vermögen und Krieg ist Frieden. Orwellsche Zustände. Gerhard Stoltenberg würde sich im Grabe umdrehen. Und FJ Strauß erst recht.

Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Respekt vor dem letzten aufrechten Beamten-Mohikaner vom Bundesrechnungshof. Er wird wie die Bundesverfassungsrichter, Bundesverfassungsschützer, Wirtschaftsweisen, Wirtschaftsministeriumsmitarbeiter und Co bald durch einen nibelungentreuen Linken ersetzt werden. Und das weiß er vermutlich auch.

Brauer
1 Jahr her

Wir wissen, sie lügen. Sie wissen, sie lügen. Sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Und trotzdem lügen sie weiter.

Brauer
1 Jahr her

Die Lindner FDP ist so unehrlich geworden, sie ist wie linksrotgrün, unwählbar!

Old-Man
1 Jahr her

Es gab vor gaaaanz vielen Jahren einen „Heilsbringer“, dem wurde der Weg beim Einzug mit Palmwedeln ausgelegt.
Bei diesen „Heilsbringern“ der Transformation werden es hoffentlich 80cm lange „Hickorystöcken“ sein, mit denen man ihren „Auszug“ begleiten wird!!.

Ja, Christian, wer sich mit Hunden ins Bett legt, der darf sich danach nicht über Flöhe im Pelz wundern!.
Lindner wird zum Verräter an der liberalen Idee, aber es kümmert ihn nicht, er hat das Lügen und betrügen der rot/grünen voll über nommen!.

Michael Palusch
1 Jahr her

„Die Lösungen liegen teilweise schon seit Jahren auf dem Tisch: Leistungen kürzen oder höhere Beiträge oder länger arbeiten sind die Stellschrauben“ Der Mann scheint nicht ganz bei Trost! Seit Jahren schon werden die Leistungen gekürzt, Beiträge erhöht und länger gearbeitet. Auffallend ist, dass dem guten Mann die Plünderung der Sozialsysteme durch immer mehr Leistungsempfänger keine Erwähnung wert ist. Stattdessen schlägt er politisch korrekt vor, die Einzahler länger zur Kasse zu bitten um ihnen dann dafür die Auszahlungen zu kürzen. Auch interessant, dass „Sondervermögen“ zählt er offenbar auch nicht zu den bösen Schulden, moniert nur die undurchsichtige Verteilung. Dafür bricht er… Mehr

Klaus D
1 Jahr her

150 Milliarden Euro….100-Milliarden-Euro…..107 Milliarden Euro……46 Milliarden Euro…..WIR haben es doch! So haben WIR für Merkels flüchtlinge seit 2015 um die 200 mrd euro ausgegeben….rechnet man alles zusammen geben wir für asylanten, geduldete, flüchtlinge und hier lebende arbeitslose/kriminelle ausländer um die 50 mrd euro im jahr aus…..mindestens!

Evero
1 Jahr her
Antworten an  Klaus D

Wenn Sie Bärbock fragen, dann eine „Investition in die Zukunft“. Fragt sich nur für wen? Es ist für mich klar erkennbar, dass sich Rot-Grün mit den unfiltrierten Massen von Sozialhilfeempfängern aus aller Welt skrupellos wie sie sind, nur neue Wähler organisieren. Wer denen den Lebensunterhalt finanzieren muss, ist klar. Das ist nicht nur der Weg in den Kommunismus, das gibt massenhaft Schwerkriminalität, wenn der Wohlstand schwindet und die galoppierende Inflation dem Schuldenmachen des Bundes (Gelddrucken der EZB) ein Ende setzt.

Waldorf
1 Jahr her

Solange das BVerfG mitspielt, kann der BRH mahnen oder kritisieren wie er will. Erst wenn das BVerfG den als Gesetz zu erlassenden Bundeshaushalt kippt, käme Bewegung ins System, nur ist das mittlerweile wenig wahrscheinlich. Das Merkel-Junker-System des Regierens im Faktischen, kreativ vorbei an Recht, Gesetz und Verfassung, in blumige zeitgeistige Worthülsen verpackt, ist langjähriger, bundespolitischer Standard geworden, spätestens seit 2008. Wir haben keine effektive Gewaltenteilung mehr, keine effektiven Checks and Balances, die Züge sind abgefahren und kehren ohne immensen äußeren Druck, nackte Sachzwänge etc. auch nie mehr zurück. Zu „praktisch“ für den „Politikbetrieb“ sind die Vorteile der Meta oder Quasi-Demokratie,… Mehr

GP
1 Jahr her

Und? Was ist daran bemerkenswert? Die Energielage sowie die Sicherheitslage und die mRNA Folgeschäden werden doch auch verschleiert – unter aktiver Mithilfe der Leitmedien. Warum sollte es also bei der Finanzlage anders sein? Nur wer lügt wird gewählt….