NRW rief Pflegekräfte mit viel Willkommensgeld – doch wie viele blieben, weiß das Land nicht

Parallel zu den weiter offenen Grenzen fallen die neuen legalen Zuwanderungswege auf. In NRW will Schwarz-Grün mehr als tausend Pflegekräfte durch ein „Willkommensgeld“ angelockt haben. Aber wie viele am Ende blieben, weiß man nicht. Im Bund ist es ganz ähnlich mit der neuen „Chancenkarte“.

picture alliance / SvenSimon | Malte Ossowski/SVEN SIMON

Die Liste ist so bunt wie der Erdball: Ägypten, Albanien, Algerien, Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Bangladesch… Das sind nur die ersten im Alphabet von den rund 60 Ländern, aus denen Nordrhein-Westfalen seit dem 1. März 2024 Pflegekräfte angelockt haben will. Insgesamt seien so 1.256 Pflegefachpersonen aus dem Nicht-EU-Ausland dem Ruf der Landesregierung gefolgt. Das besagt die Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Vincentz (AfD).

1500 Euro gab es dafür, als Geschenk vom Land NRW – allerdings erst, nachdem „die Pflegefachpersonen den Weg der Anerkennung als Pflegefachperson in Deutschland durchlaufen haben“, wie in Berichten zu lesen ist.

Und NRW steht der AfD-Fraktion in der Tat zum Teil Rede und Antwort. Die „durchschnittliche Dauer des Anerkennungsverfahrens“ gibt sie laut dem statistischen Landesdienst IT.NRW mit nur 82 Tagen an, zumindest im Jahr 2023. Das ist recht flott. So schnell wird also aus der pakistanischen, paraguayischen, peruanischen oder philippinischen Pflegekraft (noch vier Herkunftsländer aus der Liste) eine deutsche Fachkraft in der Pflege, nach kaum drei Monaten. Mit den Sprachkenntnissen wird es da im allgemeinen noch nicht weit her sein.

Etwas anderes konnte die Landesregierung Nordrhein-Westfalen allerdings nicht sagen:, nämlich wie viele der so geförderten Pflegekräfte eigentlich zum Fragezeitpunkt noch im Lande waren. Hier war die Antwort einmal mehr das uniforme „Der Landesregierung liegen hierzu keine Daten vor“, das so oder so ähnlich durch viele Anfragen an Regierungen in Stadt, Land und Bund geistert.

Ja, mach nur einen Plan…

Deutsche Regierungen machen also Pläne, schreiben Fördergelder aus, führen Anerkennungsverfahren und faktische Weiterbildungen durch, aber das Ergebnis wird nicht evaluiert, bleibt unbekannt. Betrügerische Pflegekraft-Agenturen hätten leichtes Spiel, sie könnten ein Ring-Modell aufbauen, in dem die „Fachkräfte“ zunächst ein-, dann aber wieder ausreisen, um den persönlichen Profit zu maximieren. Vielleicht gibt es diese Ringe ja schon, man kann es nicht wissen.

Andere deuten diesen Antwortmodus aber noch anders: Der AfD soll nicht durch interessante Einblicke in den Verwaltungsalltag Futter gegeben werden. „Halt’s Maul, Nazi“, so könnte man Antworten wie diese unfreundlicher ausdrücken.

Und natürlich fehlt eigentlich noch eine Angabe: Wie viele Pflegekräfte kamen eigentlich aus welchem Land? Das hätte man als service-orientierte Landesregierung eigentlich gleich mitliefern können. Denn es wäre interessant, wenn dann vielleicht doch wieder ein Drittel oder mehr der Angelockten aus Asylherkunftsländern wie Syrien, Tunesien oder dem Irak kämen. Wir wissen es schlicht nicht, aber auch diese Länder stehen auf der Liste. Es bleibt also vieles unklar an dieser Fachkräfte-Einwanderung à la Schwarz-Grün im „Homeland“ NRW. Aber die eigentliche Frage könnte die sein, warum sich eigentlich in diesem Land niemand um Oma und Opa kümmern will? Denn das würde den Bedarf an Pflegekräften vermutlich deutlich reduzieren.

Merkwürdig ist außerdem eines an der Staatenliste aus der Antwort der Landesregierung. Das Willkommensgeld soll eigentlich für Personen aus Nicht-EU-Ländern sein. In der Liste finden sich aber auch die Niederlande, Rumänen und Deutschland! Man weiß offenbar Ausnahmen zu machen. Mindestens ein Antragsteller war außerdem „staatenlos“.

Chancenkarte: 10.000 Visa vergeben – wie viele blieben, unklar

In jedem Fall geht das Problem mit der in diesem Fall legalen Zuwanderung über Nordrhein-Westfalen hinaus. Bundesweit feiert die „Chancenkarte“ der Ampel bald ihren ersten Geburtstag. Eingeführt wurde sie am 1. Juni 2024. Seitdem wurden schon mehr als 10.000 Visa auf diesem Ticket vergeben, bis zum 9. Mai dieses Jahres genau 10.148.

Mit der Chancenkarte kann man auch ohne feste Stellenzusage einreisen, um dann in Deutschland nach einem Job zu suchen. In diesem Fall waren es vor allem Inder, die Anträge stellten und Visa erhielten, gefolgt von Chinesen, Pakistanern, Russen und Türken. Aber wiederum weiß keiner, ob sie wirklich eine Stelle in Deutschland gefunden haben und was aus ihnen geworden ist. So die Ergebnisse einer Analyse des (mit Steuergeld finanzierten) Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung, über die zuerst der Tagesspiegel berichtete. Merkwürdig, oder auch nicht: Wege nach Deutschland schaffen sie gerne. Aber ob es am Ende nutzt oder nicht, steht auf einem ganz anderen Blatt.

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Kommentare ( 53 )

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Juergen2
1 Monat her

Daten, die unschöne Ergebnisse zeigen könnten, werden von der Politik in der Regel gar nicht mehr erhoben oder sie werden geschützt.

Timur Andre
1 Monat her

Foren, Kommentare von ausländischen Fachkräften in den Bereichen Pflege, Technologie, Gastronomie etc.
Selbstbild und Fremdbild, es ist ernüchternd
Ja, es ist nicht viel besser anderswo, aber anscheinend doch, den die USA, Kanada, Australien stehen signifikant besser dar, selbst GB

K. Sander
1 Monat her

„In NRW will Schwarz-Grün mehr als tausend Pflegekräfte durch ein „Willkommensgeld“ angelockt haben.“ Was bedeutet denn das? Brauchen die überhaupt keine Pflegekräfte in den Ländern mehr?Und wenn die tausend Pflegekräfte hier angekommen sind, werden die auch älter. Dann brauchen wir wieder noch mehr Pflegekräfte. Vor ungefähr 10 Jahren hieß es noch, dass wir mehr Ärzte aus anderen Ländern holen sollen. Da habe ich mich mal informiert. Die haben dort pro 1000 Einwohner viel weniger Ärzte als in Deutschland. Brauchen die keine Ärzte in ihren Herkunftsländern? Das wurde 2007 bei Arte TV in der Sendung „Mit offenen Karten“ umfangreicher erklärt, wie… Mehr

Lesterkwelle
1 Monat her

In Kenya drillt eine österreichische Firma an mehreren Standorten Nurses fuer den Einsatz in D bis zum Bestehen des B1 Deutsch-Levels. Kostenpflichtig fuer die Kandidaten – 175 € . Die Nurses haben z. T. bereits Vertraege, der Flug wird vom Arbeitgeber bezahlt. Alle sind happy. Mal sehen, wie es in einem Jahr aussieht. Gleichzeitig wird in einem der Standorte ein Krankenschwesterdefizit von 1000 beklagt. Ich blicke ehrlich gesagt nicht mehr durch. Vielleicht schickt das Entwicklungsministerium deutsche Nurses als Lueckenfueller. Irgendwie absurd.

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  Lesterkwelle

Das wird über den Familiennachzug geregelt.

Bernd Bueter
1 Monat her

Das Ausländerzentralregister wusste es früher – seit Gruselguste Merkel nicht mehr

Innere Unruhe
1 Monat her
Antworten an  Bernd Bueter

Ausländer… das ist ja diskriminierend! Der gehört nicht zu uns… das muss man ändern…
Das Schlimme ist, dass viele Deutsche ins selbe Horn geblasen haben und meinten, einen Unterschied zwischen den Deutschen, deutschen Bürgern und Ausländern zu machen, sei fremdenfeindlich….
Schlimm ist das…

Kassandra
1 Monat her

Bei den Schweizern wollen sie auch nicht arbeiten – die „Ukrainer“: https://weltwoche.ch/daily/wer-findet-den-fehler-obwohl-sie-seit-drei-jahren-in-der-schweiz-sind-ist-in-genf-weniger-als-ein-drittel-der-ukrainer-mit-schutzstatus-s-erwerbstaetig/
Sind wir eigentlich vollkommen verblödet, das weiter mit uns machen zu lassen – und zu zahlen?

Bernd Bueter
1 Monat her
Antworten an  Kassandra

..ja

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  Kassandra

Nun, die einen sagen ja und die anderen sagen danke 😉

Kassandra
1 Monat her

Bevor man nun aber fragt, weshalb sich niemand um Opa oder Oma kümmern will stünde die Frage obenan, wie viele hier aus Fremdland aufgenommene Opas und Omas inzwischen unsere Krankenhäuser wie Pflegeheime nutzen dürfen – und den Mangel an ausgebildeten Kräften erst mit verursachen dürften? Und nach dem Kümmern können fragt auch keiner in einem Land, wo man ausreichend beschäftigt ist, sich um die eigene Gegenwart und Zukunft sorgen zu müssen – und gar keine Zeit bleibt, sich nach einer 40-Stunden Woche auch noch um vielleicht zudem entfernt wohnende Verwandte zu betreuen? Die Lage wird sich durch eingeflogene weitere Neubürger… Mehr

Zum alten Fritz
1 Monat her

Die Zahl die keiner kennt heißt Null. 0; 0,00; 0% von X = 0, total egal wie groß X ist.

Hypnos
1 Monat her

Ich arbeite im Krankenhaus und kann nur raten: Je bunter und vielfältiger die Fachkräfte dort, desto größer der Bogen, den man um ein Krankenhaus machen muss.

Hypnos
1 Monat her
Antworten an  Hypnos

Da kann ich Ihnen absolut beipflichten.

Innere Unruhe
1 Monat her
Antworten an  Hypnos

Arztpraxen meiden klappt auch von alleine. Meine KK sucht seit einem Monat nach einem Termin für mich.

Jenny
1 Monat her

„Aber die eigentliche Frage könnte die sein, warum sich eigentlich in diesem Land niemand um Oma und Opa kümmern will?“ Ich habe den Eindruck, dass sich ein Großteil der Generation Z in Deutschland um nichts mehr kümmern möchte, was irgendwie der Work- life- Balance entgegensteht oder anstrengend sein könnte. Das betrifft nicht nur Oma und Opa, sondern auch das Handwerk. Man möchte die bestmögliche Versorgung für Oma und Opa, möglichst nichts dafür zahlen, aber spitzenmäßige Pflegequalität. Wenn der Klempner erst in 3 Monaten kommt und zu teuer ist, dann mault die Elterngeneration herum, die genau diese Kohorte herangezogen hat. Den… Mehr

Timur Andre
1 Monat her
Antworten an  Jenny

Mit Ki und Robotic, wird Generation Z sich in einer Dekade mehrheitlich um nichts kümmern können. Was dann kommt…?