Neuester Anlauf zur Chatkontrolle gescheitert

Nachdem die Niederlande ankündigten, die Chatkontrolle nicht zu unterstützen, ist die Sperrminorität gegen die Verordnung vorläufig wieder gesichert. Die umstrittene Chatkontrolle verschwand von der Tagesordnung, könnte allerdings bereits nächste Woche wieder ins Spiel gebracht werden.

picture alliance / CHROMORANGE | Michelangelo Oprandi

Sah es kürzlich noch danach aus, dass die Sperrminorität gegen die Chatkontrolle in der EU wackeln könnte, hat die ungarische Ratspräsidentschaft nach der Ankündigung der Niederlande, bei der Abstimmung nicht für die Verordnung zu stimmen, die Chatkontrolle wieder von der Tagesordnung genommen. Mit dem Entschluss der Niederlande steht vorerst wieder die benötigte Sperrminorität, die ungarische Ratspräsidentschaft kündigte jedoch an, weitere Gespräche mit den Mitgliedstaaten zu führen, um doch noch einen Konsens zu erreichen. Bereits beim Treffen der Justiz- und Innenminister am 9. und 10. Oktober könnte die Chatkontrolle wieder auf der Tagesordnung stehen.

Kritiker der Verordnung zeigten sich daher nur vorsichtig optimistisch. „Dass die Chatkontrolle von der Tagesordnung genommen wurde, zeigt, dass eine aktive digitale Zivilgesellschaft in allen EU-Staaten nötig ist, um das Gesetz zu verhindern“, so Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs. Dennoch scheint der vermehrte Druck der vergangenen Wochen gegen die Chatkontrolle Wirkung zu zeigen. Erst kürzlich hatten mehr als 300 Wissenschaftler auch vor dem neuesten Entwurf der Ungarn gewarnt. Auch die Gesellschaft für Informatik (GI), die Internationale Dachorganisation der Informatik-Gesellschaften Council of European Informatics Societies (CEPIS) sowie das Forschungszentrum Informatik (FZI), eine Initiative des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums und der Uni Karlsruhe, liefen Sturm gegen den neuesten Vorstoß zur Durchsetzung der Verordnung.

Aber nicht nur Digital- und Grundrechtsorganisationen, auch der niederländische Geheimdienst AIVD übt scharfe Kritik an der Chatkontrolle, da die geplanten Anordnungen für Anbieter von Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation ein zu großes Sicherheitsrisiko darstellen würden. Das angedachte Client-Side-Scanning auf Endgeräten würde ein „zu großes Sicherheitsrisiko für die digitale Widerstandsfähigkeit der Niederlande darstellen“, erklärte der niederländische Justizminister David van Weel. Laut AIVD würde die „Einführung einer Scan-Anwendung auf jedem Mobiltelefon“ ein komplexes und umfangreiches System darstellen, das Risiken für die digitale Belastbarkeit mit sich brächte.

Unterstützung bekommt die niederländische Position dabei sogar von der Opposition. GroenLinks (Grüne) und PvdA (Partei der Arbeit) plädierten ebenfalls für einen evidenzbasierten Ansatz, der Privatsphäre schütze und Kindesmissbrauch wirksam bekämpfe. Das immer wieder vorgebrachte Argument lautet, dass die bei der Chatkontrolle zum Einsatz kommende Technik ungeprüft und fehleranfällig sei. Der Massenüberwachung der europäischen Bevölkerung würde somit Tür und Tor geöffnet.

Deutschland ist einer der vehementesten Gegner der Chatkontrolle. Justizminister Marco Buschmann meinte, die Chatkontrolle habe „in einem Rechtsstaat nichts zu suchen“. Auch der EU-Abgeordnete Moritz Körner von der FDP richtete eindringliche Worte an die Kommission, sie müsse „endlich erkennen: wenn man ein totes Pferd reitet, sollte man absteigen“. Die Position Deutschlands bleibe in der Hinsicht deutlich: „Massenhaftes und anlassloses Scannen privater Kommunikation ist ein massiver und ungerechtfertigter Eingriff in die Privatsphäre“, so Buschmann.

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Kommentare ( 9 )

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joly
2 Monate her

Unsere vdL weiß genau warum sie die Chatkontrolle will – für alle nur nicht für sich. Bisher ist sie ja allen Kontrollen durch Löschung ihrer emails auf PC und Smartphone umgangen.

Simplicissimus
2 Monate her

Der Moloch Brüssel und seine feuchten Überwachungsträume, gerne auch mit Zwangskamera im Schlafzimmer.

Manfred_Hbg
2 Monate her

Zitat: “ Erst kürzlich hatten mehr als 300 Wissenschaftler auch vor dem neuesten Entwurf der Ungarn gewarnt“ > Ich bin ein büttel überrascht das ausgerechnet Orban und die Ungarn für die digitale (Massen-)Überwachung sind. Was ist der Anlaß dafür? Haben (auch) die Ungarn etwa nicht schon genug Überwachung während deren Sowjetzeit erlebt oder diese schon wieder vergessen?🤔 Und zu diesem undemokratischen Moloch von EU-Brüssel mit seinen vor allem grünwoken Pseudodemokraten und NGO’s kann ich mich immer nur wiederholen und sagen, dass ich !dieses! EU-Brüssel zutiefst ablehne und das !dieser! „Laden“ inkl EuGH(usw) und dortiger NGO’s und Lobbyisten abgeschafft gehört. #germanyfirst… Mehr

Eddy08
2 Monate her

Am Ende kommt es so wie bei den Strafzöllen für EAutos aus China. Scholz stimmt für die Ruhe im Volk dagegen und die EU macht es trotzdem, somit ist die EU (in Form von Superursel)schuld und nicht die arme Bundesregierung. Die reibt sich die Hände und der Wähler macht sein Kreuz an demokratischer Stelle.

LadyGrilka55
2 Monate her

Wenigstens in diesem Punkt vertritt Buschmann eine Position, die sich mit dem (ehemaligen) Profil der FDP als Freiheitspartei vereinbaren lässt.

Teiresias
2 Monate her

EU-Kommission im Einklang mit US-Big-Tech und Big-Money sind sicher die treibenden Kräfte dahinter, die Zustimmung Ungarns dürfte im Zusammenhang mit der Freigabe der EU-Gelder für Ungarn stehen.

Alles ist nur noch Druck, Erpressung, Lobbyismus und Korruption.
So kommen sie von Abstimmung zu Abstimmung dem Ziel der Einführung ihres Überwachungstools immer näher.

Das einzige, was in Brüssel garantiert gar keine Rolle spielt, sind die vitalen Interessen der Völker Europas.

LadyGrilka55
2 Monate her
Antworten an  Teiresias

Wir brauchen

ERSTENS den schnellstmöglichen Dexit.

ZWEITENS die Auflösung der völlig entarteten EU und die Gründung einer neuen Europäischen Union der souveränen Nationalstaaten, in der es vorrangig um wirtschaftliche Zusammenarbeit geht wie in der alten EWG – aber ohne Dirigismus und Bevormundung. Die letzte Entscheidung über alles bleibt bei den Nationalstaaten.

Den undemokratischen, intransparenten, immer übergriffigeren Monsterkraken, zu dem die aktuelle EU mutiert ist, braucht niemand, denn er schadet den Bürgern Europas immens.

Die jetzige EU muss weg!

Zaha
2 Monate her

Wir erleben hier eine wahnsinnige Vermischung. Nationalsozialismus soll mit Kommunismus unter einen Hut gebracht werden… Scheint den großteil der Wähler hart zu verwirren.

Zumindest ich kann mir Stimmen für alles Andere als AfD jedenfalls nicht mehr anders erklären.

Wilhelm Roepke
2 Monate her

Freiheit oder Sozialismus? Es hat sich in 100 Jahren nichts geändert, Herr Orwell.