Mit „Selbstberauschung“ allein kommt die SPD nicht ans Ziel

Zum ersten Mal unter Angela Merkel gibt es in einem Land einen Regierungswechsel pro CDU. Mit Kiel käme die CDU wieder auf 5 Regierungschefs (Hessen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt); dazu noch ein CSU-Regent in Bayern.

© Adam Berry/Getty Images

War Kiel die Endstation für den Schulz-Zug? Schon auf der Fahrt nach Saarbrücken hatte das Gefährt, das die SPD scheinbar unaufhaltsam ins Kanzleramt zu bringen schien, unter Antriebsschwäche gelitten. Jetzt kam er mit schwerem Getriebeschaden ins Ziel. Das heißt noch lange nicht, dass die SPD den Kampf ums Kanzleramt bereits wieder aufgeben müsste. In den vier Monaten bis September kann noch genauso viel passieren wie in den drei Monaten seit der Ausrufung von „Sankt Martin“ zum Superman der Politik.

Die CDU im hohen Norden, von den meisten Medien längst abgeschrieben, hat am Sonntag dazugewonnen. Die SPD dagegen, schon vor 5 Jahren nur zweiter Sieger, ist deutlich unter die 30-Prozent-Marke gerutscht. Man könnte auch sagen: Die Schulz-SPD ist auf Gabriel-Niveau geschrumpft. So schnell kann es gehen, wenn eine Partei – angefeuert von den meisten Medien – sich an sich selbst berauscht, die Wähler aber nicht erreicht.

Wie schon an der Saar hat das Schulz-Thema „ Gerechtigkeit“ an der Schlei ebenfalls nicht gezogen. Die CDU hat mit der Inneren Sicherheit dagegen die richtige Karte gezogen. Zu ihrem Glück spricht kaum noch jemand davon, wer den Kontrollverlust an den deutschen Grenzen im Herbst 2015 zu verantworten hat. Hinzu kommt: Die Weigerung der rot-grün-blauen „Dänen-Ampel“, illegale Zuwanderer aus Afghanistan abzuschieben, hat ihr viele wohlwollende Kommentare eingebracht, aber offenbar keine Stimmen. Sie wurde abgewählt.

Für die CDU-Wahlkämpfer an Rhein und Ruhr bedeutet das kräftigen Rückenwind aus dem hohen Norden. Die SPD und ihr Kanzlerkandidat werden es dagegen schwer haben, ihre eigenen Truppen für die letzte, entscheidende Woche vor der NRW-Wahl am nächsten Sonntag zu mobilisieren. An der Saar hat die Aussicht auf Rot-Rot Unionswähler mobilisiert und Teile des SPD-Anhangs abgeschreckt. Auch ein „Weiter so“ war in Schleswig-Holstein kein Konjunkturprogramm für SPD und Grüne. Selbst die Grünen mussten trotz ihres angesehenen Spitzenkandidaten Robert Habeck leichte Verluste hinnehmen, wenn auch auf hohem Niveau. Dabei darf man nicht vergessen, dass die ehemaligen Wähler der marginalisierten Piraten eigentlich das Grünen-Potential vergrößert haben. Die Misere der Bundespartei strahlt eben ins ganze Land aus. Das lässt auch die nordrhein- westfälischen Grünen schwarzsehen.

An den Rändern nichts Neues. Ganz rechts sammelt die heillos zerstrittene AfD genügend Wutwähler ein, um ins 12. Landesparlament einzuziehen. Ganz links scheitert Die Linke zum xten-Mal in einem westdeutschen Flächenstaat. Die umbenannte SED bleibt eben eine Ost-Partei, die im Westen nur in Hamburg, Bremen und im Lafontaine-Land an der Saar auf mehr als 5 Prozent kommt. Mit Verelendungsparolen allein lassen sich eben in Zeiten guter Konjunktur und hoher Beschäftigung keine Wahlen gewinnen, schon gar nicht in „Edel-Konkurrenz“ zu einem Martin Schulz in der Rolle des „Rächers der Enterbten“.

Die CDU erlebt an diesem Sonntag ein ganz besonderes Gefühl. Zum ersten Mal während der Kanzlerschaft von Angela Merkel kann sie in einem Land einen Regierungswechsel herbeiführen. Mit Kiel käme die CDU wieder auf 5 Regierungschefs (Hessen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt); dazu noch ein CSU-Regent in Bayern. Zum Vergleich: 1998, bei der Abwahl Helmut Kohls, hatte die CDU/CSU noch 6 Ministerpräsidenten gestellt. Theoretisch ist auch eine „Ampel“ aus abgewählter SPD, Grünen und der gestärkten FDP möglich. Sollten die Freien Demokraten in Kiel jedoch Rot-Grün im Amt halten, könnte das viele bürgerliche Wähler abschrecken, im Herbst die FDP zu wählen.

Betrachtet man die Ergebnisse von Kiel und Saarbrücken zusammen mit den aktuellen Umfragezahlen für den Bund, lässt sich eine gewisse Normalisierung konstatieren: Die CDU/CSU hat sich von ihrem durch die Flüchtlingspolitik verursachten Tief zum Teil erholt, ist aber von der alten Stärke weit entfernt. Die SPD kommt – vom Gabriel-Malus befreit – bundesweit auf Werte, die ihrer Rolle in der Großen Koalition gerecht werde, aber keineswegs auf eine Wechselstimmung hindeuten. Es bleibt also dabei: Eine Zweier-Koalition im Bund wird nicht möglich sein – von Schwarz-Rot einmal abgesehen. Für die SPD hingegen bleibt nur die Hoffnung auf Rot-Rot-Grün. Nur wissen die Genossen, dass sie darüber nicht sprechen dürfen – jedenfalls nicht vor dem Wahltag.

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Kommentare ( 103 )

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gmccar
6 Jahre her

Der Trick mit den 16 -Jährigen hat doch auch beim VdB in Ö geklappt. Solange verzögern, bis die in der Schule vom grünsozialistischen Lehrer linksindoktrinierten Schulkinder auch wählen durften und schon klappts. Wenn dann 4-Jährige Enkel nach den „Nachrichten“ im Kinderkanal fragen warum die AfD böse ist, weiß ich, das der Mann mit dem Sichelfuß auferstanden ist.

Schwabenwilli
6 Jahre her

Nochmal, Schulz ist der komplette Antikandidat. Er neigt zum Jähzorn, seine Phrasen sind hohl und ausgelutscht und, am schlimmsten, er sieht Sch….. aus. Die Hälfte der Wähler*innen sind Frauen, was glauben sie warum der Schönling Macron die Wahl gewonnen hat? sein Wahlprogramm hätte aus einem Käsekuchenrezept bestehen können, er wäre immer noch vor le Pen gelandet.
Es ist so einfach.

Kalle Wirsch
6 Jahre her

Ist mir auch aufgefallen. – Uebrigens mit groesster Genugtuung. – Sein Lebensmotto ‚Ich bin der Gute und alle Andersdenkenden sind die Boesen‘ – Der macht ja selbst bei euphorischer Hoechststimmung ein Gesicht, als haette ihm einer in die Suppe ge…….

gmccar
6 Jahre her
Antworten an  Kalle Wirsch

Der hat ein Verfahren am Hals.Killary hat ihne verklagt, weil er mit seiner Haustürwerbung in den USA ihren Wahlsieg verhindert hat.
Wer Satire findet, darf sie behalten.

Volker Richter
6 Jahre her

Es ist schon überraschend, wie sehr intelligente Menschen immer wieder vorgekaute Phrasen übernehmen. In Schleswig Hollstein ist die AfD vieles, aber garantiert nicht rechts. Der dortige Ansatz entspricht dem der politischen Mitte von nicht mal zehn Jahren. Die Darstellung einer total zerstrittenen AfD ist ebenfalls nicht richtig. In Köln haben wir schlicht nur eines abarbeiten wollen, nämlich unser Wahlprogramm. Das ist in bemerkenswerter Disziplin und hoher demokratischen Durchführung auch gelungen. Die meisten Punkte waren vorab bereits durch die Mitglieder abgestimmt, wir alle hatten entsprechende Unterlagen erhalten und dann quer diskutierend ohne Streit Punkt für Punkt abgestimmt. Es gab nicht einen… Mehr

Rufus
6 Jahre her
Antworten an  Volker Richter

Gelungener, sachlich fundierter Insiderpost !

Ich würde mich freuen, wenn ich hier mal einen nichtböswilligen, faktenbasierten Aufsatz zur AFD als Autorenbeitrag lesen dürfte.
HMV´sche Lobeshymnen auf die CDU reißen mich wahrlich nicht mehr vom Hocker.

Reiner Doderer
6 Jahre her

Placebo-Schulz wird von der Realität eingeholt. Nicht nur die Rüge des EU-Parlaments, sondern auch die Gurkentruppe und Miesepeter wie Stegner zeigen das reale Bild und die Glaubwürdigkeit einer SPD, an der längst der Zahn der Zeit nagt und nicht nur der Lack ab ist, sondern bereits der Rostfraß mächtig nagt. Warum die CDU ausgerechnet mit „innere Sicherheit“ punktet, also ein Problem, das diese CDU selbst verschuldet hat, wirft kein gutes Bild, in Sachen gesunder Menschenverstand, auf den Norden. Hat man es nicht begriffen, oder will man es nicht wahr haben, was die CDU unter Merkel angerichtet und zu verantworten hat?… Mehr

Illusionslos
6 Jahre her
Antworten an  Reiner Doderer

Jemand der die Spaßbadpleite in Würselen auch noch gegen den Willen der Bürger zu verantworten hat, hat noch obendrein die Frechheit sich als Kanzlerkandidat hinzustellen. Jeder Mensch mit Charakter hätte sich nach der Millionenpleite, die das Volk nun bezahlen muss , so sehr geschämt, dass er sich nicht mehr um öffentliche Ämter beworben hätte.
Die Menschen in Würselen waren gegen das Spaßbad und haben im nachhinein bewiesen, dass sie den gesünderen und besseren Menschenverstand besitzen als dieser Möchtegern-Kanzler.

Heinz
6 Jahre her

Bevor HMV vor Glück platzt, zu seiner Erinnerung: Die CDU in S-H fuhr ihr bisher drittschlechtestes Ergebnis ein.

Ansonsten gilt weiterhin: Den deutschen Selbstzerstörungslauf, den halten Wahlen ganz bestimmt nicht auf.

Liberaler64
6 Jahre her

Ausgerechnet die CDU, die durch die gesetz- und verfassungswidrige Zulassung der unkontrollierten Masseneinwanderung überhaupt erst den Verfall der öffentlichen Sicherheit herbeigeführt hat (und deren Landesinnenminister in den von ihr regierten Ländern die Polizei „kaputtgespart“ haben), spielt sich nun als „Hüterin der Sicherheit“ auf – und kommt auch noch durch damit.

Eigentlich sollte die innere Sicherheit ein ureigenes Thema der AfD sein – aber anstatt die CDU auf diesem Feld vor sich herzutreiben, ist sie nur mit sich selbst beschäftigt.

Traurig.

Pe Wi
6 Jahre her

Na und? Was ändert es an der Sache. Ob nun SPD oder CDU? Alles eine Soße. Dazu kommt noch eine gleichgeschaltete FDP. Also, alles wie gehabt, gleiche Stoßrichtung, gleiche Politik, aber die Menschen in SH wollten es so. Bitteschön. Jedem das Seine. Wenn sie weiter linksgrüne Politik haben wollen, sollen sie auch schön damit untergehen. Viel Vergnügen. Ich würde an Ihrer Stelle nicht jubeln, Herr Müller-Vogg. Das Wahlergebnis ist nicht zum Jubeln angelegt. Und was bringt es, dass sich die CDU stabilisiert hat? Es ist wie der Reissack in Indien. Der No-Return-Point ist vielleicht schon da oder wir stehen kurz… Mehr

Elmar Knobel
6 Jahre her

„Ganz rechts sammelt die heillos zerstrittene AfD genügend Wutwähler ein, um ins 12. Landesparlament einzuziehen.“
Ach hören sie doch endlich auf mit dem langweiligen Drusch!
In der AfD sammelt sich der Aufstand der Intelligenz gegen die Dummheit!

Ernie
6 Jahre her

“Optimisten kalkulieren um die 10.000 Minusstimmen für die
Sozialdemokraten pro Talkshow-Auftritt von Stegner. Nie wirken
Rechtspopulisten sympathischer, als wenn der Kastenschädel aus
Bordesholm/Kreis Rendsburg-Eckernförde neben ihnen sitzt und ein Gesicht
macht, als habe er ein Stück Gammelfleisch im Mund“

Diese Beschreibung von Stegner fand ich unter google. Möge die SPD diesen Sympathieträger als Wahlkampfhilfe in sämtliche Talkshows schicken..