Macron und Merkel wollen »gemeinsam« gegen die Delta-Variante »vorgehen«

Diese Volte war unvermeidlich: Niedrig-Impfland fürchtet sich vor Hoch-Impfland. Die Delta-Variante, von deutschen Boulevard-Medien als neue »Killermutante« willkommen geheißen, hat bereits strenge Regeln für Reisende in Frankreich und Deutschland gebracht. Nun soll der tourismustreibende Süden unterworfen werden. Doch mit der Super-EU wird es wohl auch auf diesem Wege nichts werden.

IMAGO / Political-Moments

RTL schleuderte es einem auf das Smartphone-Display: Die »Angst vor der Delta-Variante« gehe um. Angela Merkel und Emmanuel Macron warnen – jetzt auch gemeinsam! – vor der angeblich hochinfektiösen Variante des nicht mehr so neuen Coronavirus. Das ist also die Meldung, die ein Staatsbesuch in unseren Tagen erzeugt. Es war übrigens der »erste physische Empfang eines ausländischen Gastes im Bundeskanzleramt« (ntv), den Macron absolvieren durfte.

Der Anteil der Delta-Variante am deutschen Krankheitsgeschehen könnte sich bald »dramatisch erhöhen, glaubt man Virologen«, raunt RTL maliziös dazu. Ein wichtiger Nachsatz. Das wirkliche Corona-Geschehen betrifft übrigens heute laut Bundesregierung 29.600 positiv Getestete oder, wenn mich meine Mathematik nicht trügt, 0,036 Prozent der Deutschen. Man rechne das einmal auf seinen Landkreis um und überlege sich dann, wieviele von ihnen wirklich krank werden. Dagegen »grassiert« die Variante auch schon in Deutschland, wenn man französischen Medien glauben mag.

Tatsächlich hatte das RKI die britischen Inseln schon Ende Mai zum »Virusvariantengebiet« ernannt, eine Ehre, die sonst nur außereuropäischen Gefilden wie Brasilien, Südafrika oder Namibia zuteil wird. Auch Frankreich hat sich vor den Briten abgeschirmt, obwohl das gerade im Norden des Landes den Tourismus verhagelt. Bis zu 90 Prozent der Gäste kommen dort von der Insel, viele Hotels schlossen ganz.

So kam es also zur dieser neuen, »gemeinsamen« Marschrichtung »im Kampf gegen die Mutante«. Das ist wirklich etwas ganz Neues zwischen Deutschland und Frankreich, neuer als das Coronavirus. Die »Killermutante« (nicht mein Wort, sondern das von RTL) ist schuld. Tatsächlich handelt es sich aber nur um die Neuauflage des alten Unterwerfungsfeldzugs der beiden »Motoren« Europas gegen die kleineren EU-Mitglieder.

Zweiter Akt: Die Unterwerfung der Bürger

Unterworfen werden sollen aber auch die kritischen Bürger in beiden Ländern: In Frankreich wie in Deutschland sei die Lage derzeit »trügerisch ruhig«. So verkauft man einen aufziehenden Sturm. Den sollte man aber zumindest irgendwo am Horizont erkennen und nicht einfach herbeiphantasieren. Karl Lauterbach wusste das alles schon länger. Er verdient sich seine Nebeneinkünfte in letzter Zeit ja praktisch nur mit diesen beiden Worten von der »trügerischen Ruhe« der Untertanen.

Corona aus dem Labor?
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Die steigenden Zahlen aus dem Vereinigten Königreich sollen so den Takt vorgeben. Doch halt: Wie war das mit den Hospitalisierungen im glücklichen Britannien? Sie sind auf einem Tiefststand angelangt, obwohl die »indische« Delta-Variante dort längst vorherrschend ist. Das will man sich also ersparen, ebenso wie Nordirland die britischen Würstchen, die ja wirklich keinen guten Ruf haben.

Vor dem – gemeinsamen – Essen im Kanzleramt sagte Macron: »Deutschland und Frankreich haben relative strenge Regeln wegen der Ausbreitung in Großbritannien erlassen.« Man hat also Regeln erlassen, nicht »sich gegeben«. Hier spricht der Obrigkeitsstaat, den man in Frankreich traditionell noch unverhüllter erleben darf als hierzulande. Die Realität ist die – gemeinsame – gleiche. In Deutschland bestehen die strengen Regeln übrigens aus zwei (unverkürzbaren) Wochen Quarantäne für Einreisende aus Großbritannien.

Super-EU oder Super-Brexit?

Am kommenden Donnerstag und Freitag kommt dann der EU-Gipfel, auf dem es auch wieder eine »gemeinsame Marschrichtung aller EU-Staaten« geben soll. »Ob das allerdings klappt, ist mehr als fraglich«, mit diesem Satz traf das RTL-Newsteam ausnahmsweise den Nagel auf den Kopf. Denn auf die strengen Anti-UK-Regeln haben vermutlich nicht alle Lust, vor allem nicht die Südländer, die den Briten in dieser Jahreszeit Strandblick und Caipirinhas verkaufen. Für unsere Kanzlerin ist das laut RTL »ein Unding«. Ökonomisch handeln mitten in der ständig beschworenen angeblich katastrophalsten Pandemie der Weltgeschichte?

Doch Moment mal, die Katastrophe ereignete sich ja eigentlich nicht in deutschen Krankenhäusern. Denn von indischen, sogar von einst belgischen oder bergamaskischen Verhältnissen waren wir hierzulande immer weit entfernt. Die Katastrophe fand in unserer heimischen Wirtschaft statt. Wie ärgerlich, dass die UK-Exporte in die EU im März um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen sind, während die britischen EU-Einfuhren um vier Prozent zurückgingen. In den Rest der Welt exportierten die Briten gar 30 Prozent mehr als noch im März 2020. Das britische Handelsdefizit schrumpft laut dem Bericht der Finanz- und Zollbehörde. Sind das Zeichen für eine Super-EU? Wahrlich nicht, aber für die ersten Vorteile des Brexits.

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Kommentare ( 74 )

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Wolf Koebele
2 Jahre her

Eher: Wilhelm Tell und die hohle Gasse bei Küßnacht!

olympos
2 Jahre her

Die kaputte EU, in ein Bild

T. Ruebsal
2 Jahre her

Die sollen uns einfach mit diesem Blödsinn langsam in Ruhe lassen. Nicht einmal die größten Coronaverfechter glauben mittlerweile noch an ein Todesvirus. Die Einzigen, die ab Herbst vielleicht die berühmte A-Karte gezogen haben, sind die bis dato doppelt Geimpften. Dann spielen die jahreszeitlich aufkommenden Viren ein lustiges Spiel gegen anfällige Immunsysteme. Aber die dabei über den Jordan gehen, wird man sicherlich einer neuen Mutante zuordnen, gegen die … richtig … wieder geimpft werden muss. Alles soooo lächerlich nur noch.

Dr. Slonina
2 Jahre her

Und zwar persönlich werden diese beiden großartigen Kämpfer für Recht und Ordnung das in die Hand nehmen. Mit der MP im Anschlag wird jedes Delta-Virus, das unsere Grenzen bedroht, sofort unschädlich gemacht.

Robert Tiel
2 Jahre her

Auf wa kursiert ein Video, in dem Steffen Seibert eine moralingesäuerte Rede hält, sich bei allen bedankt, die sich an die Regeln halten und wie wichtig es sei, Maske zu tragen, Abstand zu halten, es komme auf wirklich jeden Einzelnen an, dass er zB nicht in Gruppen im Park feiert.
Dazu werden Bilder vom G7 Gipfel gezeigt, wie sich die Vertreter maskenfrei amüsieren, mittendrin in der feiernden Menge im Garten, ohne Maske, ohne Abstand – Steffen Seibert.

H. Priess
2 Jahre her

Heute bei ET: Falsche Basis für Maßnahmen190.000 PCR-Tests ausgewertet: Ansteckungsgefahr mit COVID-19 nicht belegt. In Peru grassiert die Lambda-Variante wobei dort die meißten schon geimpft sind aber es keine Übersterblichkeit gibt. Daß die Franzmänner und die Kartoffeln gegen die Briten zusammenhalten ist klar. Die lassen keine Gelegenheit aus sich für den Brexit zu rächen, anders kann ich das nicht sehen. Ich bin überzeugt, wir werden die nächsten Lockdowns erleben. Daß das Spähnchen gerne etliche Restriktionen beibehalten will ist klar dazu muß die Vermummung weiter in Kraft bleiben und für die Kinder extra angefertigte Masken angekauft werden. Der Herbst wird böse,… Mehr

Last edited 2 Jahre her by H. Priess
nachgefragt
2 Jahre her

Eine Korrelation ist noch lange keine Kausalität. Dass mit dem Sommer, dem Aufenthalt der Massen im Freien, der damit einhergehenden Körpereigenen Produktion von Vitamin D die Infektionszahlen runtergehen, ist eine Korrelation. Dass dies aber in Ländern passierte, wo zuvor schon Verdachtsfälle hohe Vitamin D Medikationen erhielten, lässt bereits eine Kausalität vermuten. Dass dort, wo trotz Sonne aber mit Lockdown und Ausgangssperren, die Infektionszahlen hoch blieben, macht eine Gegenteilige Theorie praktisch unplausibel. Dass in Deutschland nach wie vor Infizierte KEINE spezifische ärztliche und medikamentöse Versorgung, nicht einmal hoch dosiertes Vitamin D oder Ivermectin, erhielten, das zeigt, dass die Inkaufnahme schwerer Folgen… Mehr

Robert Tiel
2 Jahre her

Es geht um die Vorstellungen, die der transhumanistische Herr Schwab mit seinem WEF pflegt. Die Corona-Pandemie eignet sich hervorragend, um alte Verhaltensstrukturen, Konsumgewohnheiten, Gesellschaftsstrukturen zu ändern und in neue zu überführen.
Die Pandemie bedient sich irriger Zahlen und falscher Statistikinterpretationen.

Oliver Koenig
2 Jahre her

Mein Arzt heute morgen (Routineuntersuchung): Wollen Sie sich nicht gegen Corona impfen lassen? Meine Antwort: Nein danke, möchte ich nicht. Er: Aber ich kann Ihnen sofort einen Termin anbieten, wir bekommen im Moment viel Biontech, aber wenn Sie einen anderen Impfstoff wollen, geht das auch. Ich: vielen Dank, aber ich möchte gar keinen. Er: wollen Sie sich denn nicht gegen die neuen Mutationen schützen? Ich: ich warte bis zur Omega-Mutation (letzter Buchstabe des griechischen Alphabets). Er: wir sind aber schon bei Kappa! Ich: ähh, ich muss jetzt gehen, habe noch einen anderen Termin. An alle, die glauben, bei der „Delta-Mutante“… Mehr

Rachel
2 Jahre her

Und von Indien – wir eininnern uns, vor ein paar Woche große Katastrophe – hört man nichts mehr. Die Corona-Zahlen sind stark rückläufig. Obwohl Herkunftsland der ach so gefährlichen Delta-Variante.
Aber Europa steht deshalb die große Katastrophe bevor. Schon klar….
Das wäre dann schon die vierte imaginierte Killermutante, nach der britischen, südafrikanischen, brasilianischen. Kurz gab es mal die vietnamesische, die ist aber schnell wieder verschwunden.
Wollen die das jetzt noch die restlichen 22 Buchstaben des griechischen Alphabets durchspielen ?
Aber das Schlimme ist: Die depperte Bevölkerung glaubts….. 🙁

Last edited 2 Jahre her by Rachel