Hannelore Kohl und Manipulationen, die sich wiederholen

Die ARD-Dokumentation über Hannelore Kohl hat Peter Hahne zutiefst berührt. Hochaktuell: Gezeigt wird an diesem Fall, wie Medien Wirklichkeit verfälschen - und Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust gesteht Manipulationen ein.

imago Images

Gerade ist die ARD-Sendung über Hannelore Kohl zu Ende. Man sitzt noch fassungslos vor dem Bildschirm, auf dem plötzlich ein völlig unbekanntes Gesicht auftaucht: der Vorsitzende des DGB zum Tag der Arbeit. Worthülsen, die an einem vorbeirauschen. Die Dokumentation über Hannelore Kohl (und natürlich ihren Mann und ihre Söhne) — das kann keinen unberührt lassen. Auch mich nicht. Ich bin froh, es wegen der von Merkel verhängten Islolationshaft allein geschaut zu haben. Die Tränen wären etwas zu viel gewesen für „Zuschauer“. Deshalb ein paar spontane Gedanken:

Ich habe diese ganze Kanzler-Ära hautnah miterlebt. Auch privat. Spiegel und Süddeutsche meinten es damals als existenzvernichtende Häme (das Gegenteil trat ein!), für mich war es ein Ritterschlag: „Peter Hahne ist der Lieblingsmoderator der Kohls.“ Und dennoch habe ich nie den Vorwurf gehört, ich hätte in der Zeit der Spendenaffäre unsachlich, parteiisch oder gar Kohl-verherrlichend berichtet und kommentiert. So wie es heute fast nur noch von jeglicher Distanz befreite Hofberichterstatter der Corona-Ära gibt. Zahllose „Schalten“ in dieser Zeit im ZDF sind Beweis, dass es geht, Persönliches und Berufliches, Sachliches und Emotionales zu trennen.

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Apropos Spendenaffäre: Hier wird der bewegende, tief schürfende und dieser großartigen Frau gerecht werdende ARD-Film am deutlichsten. Die Söhne Kohls, die sonst offen über alles reden, sogar mit viel Humor gewürzt, verweigern nur einmal die Antwort: Was Hannelore Kohl wirklich über Angela Merkel gedacht und geäußert hat … Das sagt mehr als tausend Worte. Die Machtübernahme via FAZ-Artikel und das Vernichten und die Sippenhaft der ganzen Familie Kohl waren eiskalt. Mit dieser Vorgeschichte ist es nicht allzu schwer, die heutige eiskalte Situation der Zerstörung von Arbeitsplätzen, von Existenzen, Familien und der Gesundheit der wahren Opfer, der Bürger, einzuordnen und zu verstehen.

Das sind eben alles nur unvermeidliche Kollateralschäden. Für Hannelore Kohl war es jedoch nicht nur eine ominöse „Lichtallergie“, darin offenbart der Film für Insider nichts Neues. Es ist dennoch gut, das auch einmal öffentlich zu hören und ein für allemal festzuhalten: Es war auch diese Eiseskälte, die die Mutter zweier Söhne in den Tod trieb. „Wo sind unsere Freunde, denen wir immer geholfen haben? Warum hat nicht einer gesagt: Lasst doch die Frau und ihre Kinder in Ruhe?“ Das alles in einer Partei mit dem „C“ im Namen. Unfassbar! Hannelore Kohl wurde öffentlich und ohne jegliche Verteidigung im geistigen Umfeld von Merkel und Co als „Spendenhure“ bezeichnet, wurde auf der Straße angespuckt.

Noch bitterer der sachlich vorgetragene Vorwurf der Kohl-Söhne gegen die Journaille vor zwanzig Jahren: „Die Medien unterstellten unserer Familie fast alles.“ Alles, was jetzt weinerlich daherkommt von diesen damaligen Schreibtisch- und Kameratätern, sind Krokodilstränen. Nichts sonst. Wo bleibt das posthume Schuldbekenntnis, das man doch von anderen immer fordert. Wo die Bitte um Vergebung?!

Vieles aus der Hannerlore-Kohl-Doku wäre der Erwähnung wert. Alles richtig dargestellt, kann ich aus allernächster Nähe nur bestätigen. Dieser tapferen, intelligenten und sympathischen Frau ist zu recht ein Denkmal gesetzt worden. Ohne Häme, ohne die übliche Überlegenheits- und Verachtungsattitüde der richtenden Links-Journalisten, für die diese normale Bürgerlichkeit der Familie Kohl bis heute ein Grauen ist und bleibt. Gefehlt hat mir dennoch wenigstens ein Nebensatz des Autors Aust, dass er an all dem Hass, dem vernichtenden Spott über die Kohls (Barbie und Birne) geistig nicht unbeteiligt war, auch an dem gezeigten Aufmarsch „Enteignet Springer“ oder dem Spott über den „Cowboy-Schauspieler Reagan“, der sich im Nachhinein – wie Helmut Kohl auch – als großer Staatsmann entpuppte, der zur richtigen Zeit das Richtige tat.

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Was bei mir ewig hängen bleiben wird – und was ich als Höhepunkt dieser historischen Dokumentation empfinde: Die Söhne sprechen offen darüber, wie sehr der Hass des 68er Mobs und dessen terror-kriminellen Arms, die Baader-Meinhof-Bande, der Familie zugesetzt hat. Körperlich, seelisch und was das normale Alltagsleben betraf. Sippenhaft für einen Vater, der sich dem ganzen Spuk widersetzte und im Nachhinein ja recht behielt. Unter den Rädelsführern des allzu oft gewalttätigen Aufstandes gegen das verhasste „System Kohl“ waren heutige hohe Polit-, Medien- und Kirchenfunktionäre. Ich könnte viele Namen nennen.

Diese Heuchler und Pharisäer wollen natürlich nie dabei gewesen sein. Ähnlich wie bei der Wiedervereinigung: Kohl wurde niedergemacht als Naivling aus der Pfalz, heute will jeder schon immer auf der richtigen Seite gestanden haben. Das traf Hannelore Kohl am schwersten: Sie wollte als Leipzigerin die Einheit, sie war mit ihrem Mann völlig d‘ accord. Ja, sie wollte unbedingt sehen, wie der letzte russische Panzer Potsdam verließ. Diese Frau hat es fast umgebracht, wenn Salonlinke von Oskar Lafontaine bis zu sozialistisch-sozialisierten Bischöfen die Deutsche Einheit als Fantasterei bezeichneten. Noch schlimmer die von Kohls verhasste (ja: verhasste!) EKD: Das alles sei eine Lebenslüge, sei purer Revanchismus und unchristlicher Antikommunismus.

Für Hannelore Kohl, die mit nur zwölf/dreizehn Jahren das Opfer traumatischer Vergewaltigungen durch russische Soldaten wurde, war dieser Schmerz über diese Art von Vernichtungsfeldzug gegen ihren Mann das Allerschlimmste. Er, der ihren eigenen Traum zu verwirklichen begann. Ohne Hannelore Kohl hätte es dieses beherzte Engagement von Helmut Kohl so nicht gegeben.

Es stimmt: alles ist Biografie. Auch die große Politik. Auch diese ARD-Dokumentation, deren Autor Aust in gewisser Weise Abbitte geleistet hat für all die Verachtung, die man im Dunstkreis des Spiegels in der damaligen „journalistischen“ Arbeit Hannelore und Helmut Kohl entgegengebracht hat. Es ist also viel mehr als „nur“ das Leben der Kanzlergattin, die die Autoren geboten haben. Für den (späten) Respekt gegenüber der Lebensleistung der Kohls: Respekt!


Peter Hahne

 


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Kommentare ( 77 )

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Kurz-Gegner
3 Jahre her

@Denis Diderot: Lesen Sie die Doku https://wiedervereinigung.bundesarchiv.de/dokumente.html. Gebraucht z.B. bei medimops erhältlich (Suche nach „Hanns Jürgen Küsters“). Kohl war für die POLITISCHE EU, ließ sich aber von Mitterrand & Co. erfolgreich hinhalten und sagte die Währungsunion zu, im naiven Glauben, daraus werde sich die politische Einheit entwickeln. Das jedoch war NIE die Intention der Franzosen (und wie sich heutzutage beweist von vornherein eine Illusion besonders der Deutschen). Um die Bedenken der Franzosen (die bei anderen als Mitterrand noch größer waren) gegen die Dominanz Deutschlands aufgrund der starken DM zu zerstreuen und sich so deren Zustimmung für die Wiedervereinigung zu sichern,… Mehr

DELO
3 Jahre her

Lieber Herr Hahne, es macht einen Mut und Zuversicht, daß es noch Leute wie Sie gibt! Der „letzte Rest vom alten Gefecht“, Menschen, die sich noch an die gute, alte Bundesrepublik erinnern können und diese Erinnerungen auch charaktervoll ausdrücken können. Ein damaliges Land, für das es sich lohnte, die verhasste Ostzone, von Dummköpfen „Deutsche DEMOKRATISCHE Republik“ genannt, per „Repubikflucht“ zu verlassen. Unter Aufgabe von allem, was man hatte. Bereut habe ich es auch 35 Jahre später noch zu keiner Sekunde. Die Ära Kohl war sicherlich für Deutschland in ihrer Gesamtheit zwiespältig, aber im richtigen Moment wußte Kohl – möglicherweise auch… Mehr

Pauline G.
3 Jahre her

Ich habe diese Dokumentation über Hannelore Kohl nicht gesehen – aber ich erinnere mich gut an die Zeit der Hetze gegenüber Kohl und das Ende/den Tod seiner Frau. Diese Hetze war typisch deutsch – so wie man es von „politisch-korrekten“, besserwisserischen Deutschen erwarten kann/muss! Die Hetze hörte erst auf mit dem Tod von Hannelore Kohl. Das ist mir noch deutlich in Erinnerung. Es war, als hätten diese selbstgerechten Schreier plötzlich bemerkt, dass sie zu weit gegangen waren! Hannelore Kohl hat den Preis dafür bezahlt! Diese Hetze konnte man auch im Fall von Ch. Wulf (ich bin kein Anhänger von ihm)… Mehr

Angelo Teodoro Maialino
3 Jahre her

Es gibt so viele Sachen, die ich Helmut Kohl vorwerfe. Aber in zwei Sachen hat er genau richtig gehandelt.

– Als die Ärzte ihr Lied „Hannelore“ rausbrachten, mit der Zeile „und Helmut Kohl schlägt seine Frau“, hat das Helmut Kohl mit so etwas wie „nicht satisfaktionsfähig“ bewertet. Ein großer Unterschied zu Gerhard Schröder zum Thema gefärbte Haare.

– Johannes Kerner hatte mal Helmut Kohl im Gespräch und hat ihn zwei mal nach Einzelheiten zu Hannelore gefragt. Das zweite mal sagte Kohl so etwas wie „Sie können noch drei mal fragen. Ich antworte nicht.“

Gerro Medicus
3 Jahre her

Sehr geehrter Herr Hahne, ich schätez Sie sehr als einen der wenigen Journalisten, die heute noch diese Bezeichnung zu Recht verdienen. Ich kann auch verstehen, warum Sie die Ära Kohl so beurteilen, wie Sie es tun. Ich selbst habe die Ära Kohl miterlebt, da war ich in den besten Jahren. Für mich war Kohl ein Mensch, der viele Schattenseiten hatte, allerdings natürlich auch einige helle. Seine Verstrickungen in den Spendensumpf kamen ja nicht von ungefähr. Die Affäre um Leuna/Buna/Elf Acquitaine und die Treuhand – bis heute ungeklärt. Seine Weigerung, die Spender zu nennen – sie hat bis heute die Aufklärung… Mehr

Frau U.
3 Jahre her

Die CDU ist ein korrupter Haufen (siehe Selbsttötungen in Hessen), die sich Deutschland zur Beute gemacht hat und glaubt über den Gesetzen zu stehen! Kohl war das Symbol. Nicht umsonst, hat er und Schäuble die EntSEDfizierung verhindert und mit der Übernahme „demokratischen Aufbruch“ die Stasi-Kirchenfunktionären und deren Töchter wie Merkel oder KGD salonfähig und politiktauglich gemacht und damit Deutschland & EU zerstört!
Der Leipzigerin Hannelore Kohl und dem Hallenser Genscher verdanken wir die deutsche Einheit!

Denis Diderot 2018
3 Jahre her

Den Film habe ich nicht gesehen, weil ich kein ÖR-Fernsehen sehen mag. Der Artikel hat mich aber neugierig gemacht. Vielleicht schaue ich ihn zusammen mit meiner Frau noch an. Bei allem, was man von Kohl halten kann und darf – die Familie anzugreifen, ist die totale Kriegsführung, welche unsere Sozialisten schon immer ausgezeichnet hat, seien sie braun, rot oder grün. Wer Götz Alys „Unser Kampf 1968“ gelesen hat, weiß, dass dessen jüdische Professoren in den 68ern die Wiedergänger der Nazis sahen (das scheint die Redaktion der „heute-show“ in Bezug auf die Enkel der 68er ja jetzt auch zu bemerken –… Mehr

Johann Thiel
3 Jahre her
Antworten an  Denis Diderot 2018

Tja, wenn das hier so weitergeht, wird die Mittelschicht so oder so bis 80 arbeiten und zahnlos in Armut sterben. Aber es ist ihre ureigenste Entscheidung. Es gibt Alternativen. Genau wie Sie, will ich Herrn Goergens These bezüglich des unreformierbaren Parteienstaates nicht wahrhaben. Es fehlt m.E. nur das konservative Gegengewicht. Die Idee das Land zweizuteilen ist zwar reizvoll aber unrealistisch. Besser wäre, wenn sich die CDU, die Sie m.E. immer noch viel zu positiv beurteilen, aufteilt, wenn es da überhaupt noch etwas zu teilen gibt. Oder es schafft jemand aus der CDU Merkel endlich abzulösen und outet sich erst danach… Mehr

Denis Diderot 2018
3 Jahre her
Antworten an  Johann Thiel

Klar ist meine Vision unrealistisch, Herr Thiel. Wie schwierig es ist, eine konservative Kraft zu etablieren, zeigt die AfD, die wir wohl beide in den Bundestag gewählt haben und die dort ein sehr belebendes Element ist. Meines Erachtens hat sie gute Arbeit geleistet. Es ist vor allem „die Mitte“, die glaubt, es gäbe eine Mitte. Es gibt sie nicht. Es gibt Menschen, die – Gleichheit – Solidarität – Umverteilung – staatliche Eingriffe in die Wirtschaft bevorzugen. Sie wählen SED, SPD, Grüne und teilweise auch CDU und im Osten auch AfD. Es gibt Menschen, die – Freiheit – Eigenverantwortung – Grundversorgung… Mehr

Johann Thiel
3 Jahre her
Antworten an  Denis Diderot 2018

Meine volle Zustimmung, vielen Dank für die treffende Situationsbeschreibung. Freud mich sehr, dass Sie den Verlust des christlichen Glaubens und seine Fehlinterpretation erwähnen, ein wie ich denke allgemein bewusst verdrängter Faktor. Aber auch im übrigen sind wir uns völlig einig, und dass es nächstes Jahr spannend wird, stimmt allemal.

Sonny
3 Jahre her

Was Helmut Kohl angeht, bin ich zwiegespalten, aber mit der heutigen Sichtweise auf Hannelore Kohl bin ich sehr einverstanden. Das bedauernswerteste an allem war, dass Kohl die Ablösung für Schmidt war. Inwieweit er da Agitator bei der FDP war, weiß ich nicht, aber schuldlos war er mit Sicherheit nicht. Wann wird denn die Stasi-Akte Kohls endlich freigegeben (oder ist sie es schon?). Auch was die diversen Vorwürfe z.B. in Bezug auf die Spendenaffaire angeht, bin ich weit davon entfernt, eine Reinwaschung vorzunehmen. Die SPD unter Schmidt und Brandt war eine andere als später oder heute. Ich bin überzeugt, dass die… Mehr

Denis Diderot 2018
3 Jahre her
Antworten an  Sonny

Sonny Die Schmidt-Jahre werden verherrlicht. Zu Unrecht. Seine nutzlosen Konjunkturprogramme bilden immer noch den Sockel unserer Staatsverschuldung. Sein Kampf gegen die RAF war allerdings herausragend. Man hätte härter gegen die Sympahtiesantenszene vorgehen müssen. Heute fallen deren Kinder über uns her. Nach der Wahl 1980 ist er an seinen innerparteilichen Gegnern, den STAMOKAPS, gescheitert. Er hat es später so gedreht, als sei es der Nato-Doppelbeschluss gewesen, den er mitgestaltet hat, um atomare Landminen in Deutschland zu verhindern. Richtig ist, dass es in Richtung Staatswirtschaft ging. Als dann Hussein den Iran überfiel und der Ölpreis durch die Decke schoss, in Folge der… Mehr

Aufgewachter
3 Jahre her

Aus heutiger Sicht war Kohl einer der besten Bundeskanzler die wir hatten, mit ihm wäre 2015 nicht zum Fiasko für unser Sozialsytem geworden, auch FFF hätte nicht diesen Einfluss nehmen können. Omas würde im ÖR nicht als Umweltsäue und Nazisäue diffamiert worden. Um nur ein paar Punkte zu nennen.

Johann Thiel
3 Jahre her

Kohl war ein unglücklicher Kanzler, in vielerlei Hinsicht. Er hätte es niemals werden dürfen, denn er hat Deutschland in keine gute Zukunft geführt.