Friedrich Merz stellt seinen Wunschzettel für die Wirtschaftspolitik vor

CDU, CSU und SPD haben sich im Koalitionsausschuss auf ein “Sofortprogramm” geeinigt. Es soll vor allem den freien Fall der deutschen Wirtschaft stoppen. Allerdings ähnelt es noch eher einem Wunschzettel - weil ein entscheidender Punkt fehlt.

IMAGO

Der 22. Tag der Regierung Friedrich Merz (CDU) hatte es in sich: Am Morgen legte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Kabinett Gesetzesentwürfe zur Begrenzung der Einwanderung vor. Am Abend einigten sich die drei Koalitionspartner auf ein Paket, das die stagnierende bis schrumpfende Wirtschaft wieder in Gang bringen soll. Das “Sofortprogramm” enthält zwar fast nur Vorschläge, auf die sich CDU, CSU, und SPD ohnehin schon in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt hatten. Doch aus der Wirtschaft kommen erleichterte Stimmen, die das Programm als ersten richtigen Schritt feiern.

Das Programm ist mehr als Agenda zu verstehen. Als Absichtserklärung. Die schwarz-rote Koalition möchte diese Punkte direkt angehen. Möglichst noch bis zur Sommerpause. Allerdings fehlen bisher belastbare Entwürfe. Sodass die einzelnen Punkte inhaltlich nur in ihrer Richtung zu bewerten sind. Zum einen fehlen die wichtigen Details, die mitunter aus einer guten Idee ein fatales Gesetz machen. Vor allem aber gibt es bisher keine konkrete Finanzierung. Erst nächsten Monat, wenn Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) seinen Entwurf für den Haushalt vorgelegt hat, lässt sich realistisch sagen, was die neue Regierung bewegen kann. Stand jetzt handelt es sich eher um einen Wunschzettel des Team Merz.

Auf dem Wunschzettel von Schwarz-Rot steht: Die Koalition möchte die Stromsteuer senken ebenso wie die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. Zudem will Schwarz-Rot Elektroautos steuerlich fördern und flexiblere Arbeitszeiten ermöglichen. Demnach könnten Arbeitnehmer künftig zu Stoßzeiten – auch offiziell – länger als elf Stunden an einem Tag arbeiten.

Zudem möchte die Regierung Merz das Investieren erleichtern. Höhere und längere Möglichkeiten zur Abschreibung von Investition stehen ebenso auf dem schwarz-roten Wunschzettel wie das Streichen von Regeln im Bau-, Umwelt- und Vergaberecht sowie ein Aufholen des Rückstands in der Digitalisierung der Verwaltung. Zudem soll der Staat selbst die Möglichkeiten zum Investieren auf Schuldenbasis nutzen, die CDU, CSU und SPD in Zusammenarbeit mit den Grünen und den Linken durch das Aufweichen der Schuldenbremse geschaffen haben.

Zudem sind Punkte auf dem Wunschzettel gelandet, die nichts mit der Förderung der Wirtschaft zu tun haben – etwa der leichtere Abschuss von Wölfen. Obendrein will die schwarz-rote Koalition das Wahlrecht zurücknehmen, das die Ampel beschlossen hat. Dieses Recht sorgte im Februar dafür, dass Kandidaten nicht in den Bundestag einziehen konnten, obwohl sie vom Bürger direkt gewählt wurden – während Kandidaten wie Katrin Göring-Eckardt (Grüne) ihren Platz im Parlament und ihre Diät behielten, obwohl sie in Erst- und Zweitstimme deutlich unter fünf Prozent blieben.

Dominiert wird der Wunschzettel aber von dem Wunsch, den Absturz der Wirtschaft zu stoppen. Die ist zwei Jahre in Folge geschrumpft und das Wirtschaftsministerium sowie die Berater der Bundesregierung sagen für dieses Jahr eine Stagnation voraus. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) indes geht von einem Schrumpfen von 0,5 Prozent aus. Die DIHK hatte auch in den beiden vergangenen Jahren bereits vor einem Schrumpfen gewarnt, als das Ministerium unter Robert Habecks (Grüne) Führung noch Wachstum von über einem Prozent versprach.

Das aktuelle Paket macht der Kammer Hoffnung. DIHK-Präsident Peter Adrian spricht von einem „ersten Schritt”. Fordert aber mehr. Wobei wichtig sei, dass die Entscheidungen “klar und schnell” fielen: “Denn die Politik muss das verloren gegangene Vertrauen in der Wirtschaft zurückgewinnen.” Dabei dürfe die schwarz-rote Koalition nicht in den Irrtum verfallen, staatliche Investitionen könnten private ersetzen: “Das Gros der insgesamt 900 Milliarden Euro an jährlichen Investitionen in Deutschland stemmen zu fast 90 Prozent die privaten Unternehmen und Haushalte.” Die Koalition dürfe sich auch nicht zu viel Zeit nehmen mit der Umsetzung des Programms, sagt Adrian, denn “die Gefahr eines dritten Rezessionsjahr ist real.” Ähnlich bewertet Tanja Gönner nun das von der neuen Regierung vorgestellte Programm. Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie sagt: “Es ist gut und wichtig, dass die Bundesregierung noch vor der Sommerpause konkrete Vorhaben für die Wirtschaft auf den Weg bringen will.”

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Kommentare ( 45 )

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WGreuer
1 Monat her

Die Hauptursache für den Absturz der Wirtschaft wird nicht angegeangen: der völlig unsinnige und wissenschaftlich längst widerlegte Klimawahn, die Energiewende, die CO2 Bepreisung und damit die Besteuerung der Luft und aller Energie. Von den ganzen anderen Ursachen wie verfehlte (und durch die masenmigration faktisch verunmöglichte) Bildung, die verwokung der Universitäten und die damit einhergehende Verdummung der Studenten, der Strom der Abiturienten in die Geschwätzwissenschaften, die gesellschaftliche Verdammung der technischen Errungenschaften und die damit einhergehende Technikfeindlichkeit, der allgemeine Verrottung der Infrastruktur und natürlich, die exzessive Bürokratie durch EU und die deutschen Behörden. Ich glaube daher nicht, dass die (theoretisch geforderten und… Mehr

Dieter Rose
1 Monat her

Mal was ganz Neues: der Weihnachtsmann kommt im Sommer. Dass der sich nicht mal die Finger verbrennt!

wackerd
1 Monat her

Wenn man die letzten kleinen Prozente einer zweistellig, aber schon asymptotisch wachsenden Wirtschaft noch erzielen möchte, kommt man vielleicht auf die Ideen von Merz. Aber um die von der Merkel-Regierung und der Ampel ruinierte deutsche Wertschöpfungswirtschaft zu sanieren, braucht man ganz andere Hebel. Die sind jedoch mit den linken, roten und grünen Strippenziehern, an deren Fäden Merz marionettenhaft hängt und Kanzler spielen darf, nicht drin.

GR
1 Monat her

Selbst wenn jetzt alles richtig gemacht würde (also Umkehrung der gesamten Politik der letzten 20 Jahre) würde das nichts bringen, weil das Vertrauen zerstört ist. Ich z. B. fühle mich mittlerweile sehr unwohl, Geld auf einem Konto in der EU zu haben, geschweige denn andere Assets. Also kommt investieren wie z. B. eine Wohnung kaufen nicht in Frage. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Und der Deutsche ist notorisch sozialistisch, d. h. neidhammelig, und wählt entsprechend. Als junger Mensch, der etwas erreichen will, würde ich mich den saugenden Parasiten entziehen. Denn die sind in der Mehrheit.

GefanzerterAloholiker
1 Monat her

Warum ich dem Kanzler kein Wort glaube ? Weil jedes seiner Worte irrelevant bleibt. Wieso? Energiepreise zu hochKeine Rohstoffe zu billigsten Preisengrundsätzlich auch keine Rohstoffe, die nicht von China und BRICS kontrolliert werdenBildung liegt bei den Ländern und die Analphabetenquote ist bereits 4 mal so hoch, wie zu Kaisers Zeiten. Der Mangel an Bildung wird vom Kanzler nicht einmal als existentielle Bedrohung beachtet.Innere Sicherheit ist vollständig aufgelöst. Der Kanzler hat nicht einen einzigen Ansatz.Neuverschuldung ist bei 50 Mrd: der Kanzler hat mir noch nicht gezeigt, wie er die schwarze 0 erreichen will. Auch anders gedacht, erkenne ich keine sinnhafte Investition.… Mehr

Last edited 1 Monat her by GefanzerterAloholiker
Siggi
1 Monat her

Man merkt doch jetzt schon, was für ein Blender der ist. Redet und redet und nichts davon ist belastbar, noch ernst gemeint. Auch diese Regierung wird nur weitere verbrannte Erde hinterlassen, weiteren Schulden, weitere Probleme und weitere Migranten. Die Grenz-Show, die gerade in den gewogenen Medien abgezogen wird, ist lächerlich. Rechtfertigen und als Erfolg verkaufen, sollen uns das dann die schöngerechneten Zahlen. Tatsächlich wird der Zustrom genauso weitergehen, wie bisher, Warum sonst errichtet man überall noch neue Minigettos für die Kommenden. Berlin hat im Moment so viele Bauprojekte nur zur Finanzierung des Irrsinns. Noch vor Jahresende werden die Bürger erneut… Mehr

Peter Klaus
1 Monat her

Mit wieviel muss denn ein neues E-Auto gefördert werden, wenn es nach der 1. Leasingrückgabe auf dem Gebrauchtwagenmarkt nicht mehr vermittelbar ist? Frage für eine Hersteller-Leasingbank. Und gilt dies auch für die E-Autos des aktuellen Staatsfeindes Nr.1?

Last edited 1 Monat her by Peter Klaus
GefanzerterAloholiker
1 Monat her

Welche Standbeine hatte die Wirtschaft der BRD? Auto Chemie Maschinenbau Hier bestehen Abhängigkeiten untereinander und von Rohstoffen. Nicht der russ Föderation wurden die Beine unter dem Körper weggeschlagen, dass sie auf 30 Jahre nicht mehr laufen können.(Wortwahl von Baerbock). Sondern mit der BRD wurde das getan. Der Kanzler weigert sich, es einzusehen. Aber die deutschen Unternehmen investieren hier nicht mehr und lassen es hier absterben. Ihre Auslandsniederlassungen werden fortbestehen. Und die BRD ist von Steuern aus dem Ausland angewiesen. Der Kanzler hat gar keine Industrie mehr. Ob er aus Verlegenheit Rüstung betreibt? Weiß er nicht, dass die Ukraine gar keine… Mehr

November Man
1 Monat her

Wenn man selbst keine Ahnung von seinem Job hat, braucht man einen „Berater“. Bundesfinanzminister Klingbeil (SPD) hat den Ökonomen Jens Südekum zu seinem persönlichen Berater gemacht. Der 49-Jährige solle Klingbeil in „makroökonomischen Fragen“ beraten, teilte das Finanzministerium am Freitag mit. Als einer der Architekten des 500-Milliarden-Sondervermögens, also billige aber teure Schuldenmacherei, hätte Südekum höchste ökonomische Expertise bewiesen. Wie das Finanzministerium weiter mitteilte, wird Südekum ehrenamtlich und unabhängig arbeiten.
Von der üblichen horrenden Aufwandsentschädigung teilt das Finanzministerium nichts mit.

Siggi
1 Monat her
Antworten an  November Man

Die paar Millionen.

BK
1 Monat her

Die kleine GroKo scheint davon auszugehen, dass der Strom aus dem Ausland kommt und uns das Ausland alles liefern wird, wovon wir keine Ahnung haben oder selbst nicht mehr herstellen. E-Autos fördern und auf Restaurantpreise die Steuer senken, klingt nicht nach einem Konzept, mit dem das Land wieder auf die Beine kommt. Wenn das alles ist, was ihnen bis zur Sommerpause einfällt, dann sollte man der Regierung die Ferien streichen. Die Wahl ist nun bereits 96 Tage her und die Schonfrist für die neue Regierung vorbei.

Siggi
1 Monat her
Antworten an  BK

Die Schonfrist gilt bis zu den Neuwahlen im kommenden Frühjahr.