CDU-Kandidat gewinnt im linken Lichtenberg – für die Linke im Bundestag wäre jetzt Schluss

Mit einem denkbar knappen Vorsprung gewinnt ein CDU-Direktkandidat in einer linken Hochburg. Wäre nicht die Abgeordnetenhauswahl, sondern die Bundestagswahl in Berlin wiederholt worden, säße die Linkspartei nicht mehr im Bundestag.

IMAGO / Dirk Sattler

Plötzlich kommt es wieder auf jede einzelne Stimme an: Im Berliner Bezirk Lichtenberg hat Dennis Haustein (CDU) bei der Wiederholungswahl gegen die Vertreterin der Claudia Engelmann (Linkspartei) gewonnen. Nur zehn Stimmen trennen die Kandidaten.

Die Auszählung hatte sich verzögert, weil in Lichtenberg 466 Briefwahlunterlagen verspätet aufgefunden wurden. Zuerst hatte man wegen einer vermeintlichen Stimmengleichheit den Gewinner auslosen wollen. Dann kamen weitere CDU-Stimmen zutage, weswegen der Bezirkswahlausschuss Haustein zum Sieger kürte.

Berliner Wahlwiederholung
Mehr abgegebene Stimmen als Wähler
Freilich: Engelmann will das Ergebnis nicht anerkennen. Sie fordert eine erneute „Kontrollzählung“ für den gesamten Wahlkreis. Die Sache ist also noch nicht durch. Neun Tage nach der Berlin-Wahl kann die Stadt immer noch kein Endergebnis vorzeigen. Die Feststellung des amtlichen Endergebnisses ist auf den 27. Februar datiert.

Der Wahl-Krimi unterstreicht neuerlich, dass angebliche Pannen und Ungenauigkeiten mandatsrelevant sind. Dass ordentlich geführte Protokolle unumgänglich sind. Und dass schon wenige fehlende Wahlstimmen darüber entscheiden können, wer im Parlament sitzt. Das alles hatten Medien und Politik behauptet, bevor sich TE selbst ein Bild bei der Untersuchung der Wahl 2021 machte. Am Ende summieren sich „Kleinigkeiten“ eben doch.

Und es bestätigt wieder einmal eine Ahnung, die viele Wähler seit der Chaoswahl am 26. September 2021 haben. Eine Partei, die bei einer Bundestagswahl nicht die 5-Prozent-Hürde überspringt, steht aus guten Gründen unter Beobachtung. Und zwei dieser Direktmandate hat die Linkspartei in Berlin gewonnen: eines davon in Lichtenberg mit Gesine Lötzsch, das andere in Treptow-Köpenick mit Gregor Gysi.

Nicht nur das Mandat in Lichtenberg stünde bei einem erneuten Wahlgang auf der Kippe. Denn der Südosten Berlins ist seit dem 12. Februar schwarz (26 Prozent). Vier der sechs Wahlkreise gehören nunmehr der CDU. Von der rot-roten Dominanz sind nur noch Erinnerungen übrig. Fraglich, ob der populäre Gysi sich allein gegen diesen Trend behaupten kann.

Im Bundestag geht es demnach nicht nur um den Verbleib einzelner Abgeordneter, sondern den einer ganzen Fraktion. Flöge die Linke bei einer Wahlwiederholung raus, würde auch der gesamte Bundestag verkleinert – mit Auswirkungen auf alle Parteien. Verständlich, dass also nicht nur die Linke ein Interesse am Status quo hat.

Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin:
Wahlprüfungsbeschwerde von TE beim Bundesverfassungsgericht eingegangen
Statt einer kompletten Wahlwiederholung findet daher ein erneuter Urnengang nur in 17 Prozent der Wahllokale statt. In den kritischen Wahlkreisen Lichtenberg und Treptow-Köpenick sind das nur 6 Urnenwahlkreise und 3 Briefwahlkreise bzw. 4 Urnenwahlkreise und 2 Briefwahlkreise. Das ist keine Wahlwiederholung – sondern ein Wahlschauspiel. Stichprobenwahlen, um das eigene Gewissen zu beruhigen.

Für den Wähler (nicht nur in Berlin) ist es blanker Hohn. Statt Vertrauen zurückzugewinnen, wird es neuerlich erschüttert, weil der Verdacht nicht ausgeräumt werden kann, dass der eigene Posten mehr gilt als die Bewahrung des eigenen Postens. Die Wahlprüfungsbeschwerde, die TE gegen diesen Vorgang eingelegt hat, liegt in Karlsruhe vor.

Sollte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zustimmen, dass die gesamte Bundestagswahl in Berlin wiederholt werden muss, könnte das ein politisches Erdbeben auslösen, das weit über den Verlust einer roten Hochburg hinausgeht.


In eigener Sache: Roland Tichy, Herausgeber von TE, hat eine Initiative gegründet, um die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einzuklagen. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird von Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau im Namen von zwei Tichys-Einblick-Lesern geführt. Die Finanzierung hat „Atlas – Initiative für Recht und Freiheit“ übernommen.

Die von TE eingereichte Wahlprüfungsbeschwerde ist dem Bundesverfassungsgericht am 5. Januar per Fax und am 7. Januar per Brief zugegangen. Am Donnerstag, dem 26. Januar, hat das Gericht den fristgerechten Eingang bestätigt und der Beschwerde ein Aktenzeichen (2 BvC 15/23) gegeben.

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Kommentare ( 30 )

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Demokratius
1 Jahr her

Sosehr ich das auch erhoffe – ich glaube nicht an die Zustimmung des BVG zur Wahlwiederholungin Berlin. Dieses Gericht hat unter dem Vorsitz von Herbarth eine völlig neues, dem Zeitgeist entsprechendes Demokratie- und Verfassungsverständnis entwickelt.

G
1 Jahr her

Das verspätete „Auftauchen“ von Stimmen hat Methode. In den USA haben in umkämpften Wahlkreisen in von Demokraten regierten Staaten auch Auszählungen wochenlang gedauert und es kamen immer wieder verspätet Wählerstimmen ans Tageslicht. Man braucht Zeit, um zu fälschen, jedenfalls in den USA. Bei uns ist das natürlich undenkbar. Ich bin gespannt, ob in Lichtenberg erneut Stimmen auftauchen, das Ergebnis ist ja nicht so wie es sein soll.

s.Braun
1 Jahr her

Man kann mit Recht behaupten, daß Berlin zu blöd zum auszählen ist ! Abgesehen davon, wenn`s so bleibt wie es ist, sind die Linken endlich Geschichte !

Biskaborn
1 Jahr her

Der CDU Wegner, Gewinner der Wahl, ist bester Freund eines Grünen Politikers in Berlin, man versteht sich gut. Welche Vorahnung leiten wir daraus ab? Schwarz- Grün ist wohl kaum auszuschließen, neben dem ganz großen Favoriten RRG.

Maultasche ohne Fuellung
1 Jahr her

Könnte man Dummheit in Energie umwandeln,hätten wir in Berlin bereits eine Kernschmelze.

Die Dummheit ist die sonderbarste aller Krankheiten.Der Kranke leidet niemals an ihr. Aber die anderen leiden.

Klaus D
1 Jahr her

Ja schön! Bringt uns nur nix denn nach 16 jahren Merkel wissen wir doch das es die CDU nicht besser bzw in manchem sogar noch schlimmer macht siehe massenzuwanderung die wir ja der CDU zu verdanken haben.

bfwied
1 Jahr her

Eigentlich müsste, nach allem, was bekanntgeworden ist, die gesamte Wahl, sowohl in Berlin als auch die Bundestagswahl, wiederholt werden, und zwar unter internationaler Aufsicht, wozu auch die Auszählung gehören müsste.
Deutschl. ist offensichtlich schon zu einem Staat geworden, wie man es aus der 3. Welt kennt – Schmuh, Nepotismus-Freunderlswirtschaft, Willkür mit ideologischer Verblendung.

Juergen Waldmann
1 Jahr her
Antworten an  bfwied

Das wäre nach der gefälschten Wahl 2021 so völlig richtig , die Linken wehrten sich zu Recht gegen die Wahlwiederholung . Es muss Bundestagswahl und Landtagswahl wiederholt werden , beide wurden gefälscht ! Die Linke hatte geahnt , dass sie aus dem BT fliegt , leider wurde nur eine Wahl wiederholt .

Takeda
1 Jahr her

Leider ist mein Vertrauen in Karlsruhe, nahe dem Nullpunkt. Denn leider ist es so, daß nicht nur die Politik für einen massiven Vertrauensverlust verantwortlich ist. Politik, Justiz und am schlimmsten, die Journos der Deutschen Qualitätspresse, sind so dermaßen verkommen, daß man es nicht mehr bemessen kann.

Da es sich um Wahlbetrug mit Vorteil für Linke handelt, wird Merkels Mann schon wissen, wie man damit umgeht.

Micci
1 Jahr her

„Sollte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zustimmen … könnte das ein politisches Erdbeben auslösen “

Genau vor solchen Vorfällen schützt die von Merkel dort installierte „Harbarth-Sicherung“!

Ist so ähnlich wie diese kleinen Porzellan-Körper im Haushalt:
Die „Schmelzsicherung“ schützt dagegen, dass das Haus abbrennt.

Und die „Harbarth-Sicherung“ schützt dagegen, dass Bullerbü abbrennt!

Michael Palusch
1 Jahr her

Es geht noch weiter…
Treptow-Köpenick 2 / Wahlbezirk 236

  • Wähler: 713
  • Gültig: 298
  • Ungültig: 4
  • Differenz: 411

Friedrichshain-Kreuzberg 3 / Wahlbezirk 304

  • Wähler: 762
  • Gültig: 461
  • Ungültig: 7
  • Differenz: 294

Spandau 2 / Wahlbezirk 212

  • Wähler: 483
  • Gültig: 293
  • Ungültig: 3
  • Differenz: 187
Haedenkamp
1 Jahr her
Antworten an  Michael Palusch

Sind Wähler jetzt „Wähler“ oder Nicht-Wähler? Wie kommt die Differenz zustande?