Der Dilettantismus regiert auch bei der Cannabis-Legalisierung

Das gelb-grüne Lieblingsprojekt der Legalisierung von Cannabis könnte scheitern, weil es laut Expertise des Bundestags EU-Recht bräche.

IMAGO / Aton Chile
Cannabis-Pflanze

Die geplante Legalisierung nicht nur des Konsums und Kaufs, sondern auch der Produktion und des Vertriebs von Cannabis war im vergangenen Jahr während der Anbahnung der Ampel-Koalition sicherlich das Thema, bei dem sich die neue Führungsgruppe der FDP um Christian Lindner als besonders besonders fortschrittlich und besonders grünenfreundlich inszenierte. Es ging dabei wohl auch darum, eine Art Friedenspfeife zwischen den sich einst spinnefeind gegenüberstehenden Parteien zu zelebrieren.

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Lindner selbst wollte sein tiefes Verständnis für die Nachfrager legalen Haschisch- und Marihuana-Genusses demonstrieren, indem er im Mai auf Twitter den unter Cannabis-Konsumenten gebräuchlichen Begriff „Bubatz“ verwendete. Er werde oft gefragt „Wann wird Bubatz legal?“, und er „würde sagen: Bald“. Wenn es ihm ums Twitter-Aufsehen ging, so war er damit erfolgreich. Allerdings zeigte Lindner auch hier, dass das Thema nicht wirklich sein oder der FDP originelles ist. Lindners Frage hatte sich schließlich zuvor als Meme auf Twitter schon etabliert und außerdem hatte der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir den Szene-Begriff schon zuvor twitternd verwendet. Bei ihm war das angesichts vorangegangener öffentlicher Bekenntnisse – er hatte sich schon 2014 neben einer Cannabis-Pflanze auf seinem Balkon filmen lassen und das als „sanftes, politisches Statement“ bezeichnet – glaubwürdiger.

Umso peinlicher ist nun die Nachricht, die die Nachrichtenagentur DPA und das Redaktionsnetzwerk Deutschland heute verbreiten: Die geplante Cannabis-Legalisierung – der Bundesdrogenbeauftragte, Burkhard Blienert (SPD), hatte einen Gesetzentwurf für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres angekündigt – verstößt laut Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags im Auftrag des CSU-Gesundheitspolitikers Stephan Pilsinger gegen EU-Recht: Der EU-Rahmenbeschluss von 2004 fordere, dass EU-Staaten unter anderem das Herstellen, Anbieten, Verkaufen, Liefern sowie Ein- und Ausführen von Drogen unter Strafe stellen – wenn diese vorsätzlichen Handlungen ohne entsprechende Berechtigung vorgenommen wurden. Zudem müsse das vorsätzliche, unberechtigte Anbauen unter Strafe gestellt werden. Zu den „Drogen“ wird demnach auch Cannabis gezählt. Auch in den Niederlanden wird nur der Kauf und Verkauf kleiner Mengen Cannabis toleriert, grundsätzlich legal ist er nicht.

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Die Ampel-Koalition bleibt also konsequent auf ihrem Kurs der Amateur-Politik. Nicht nur in der Verteidigungspolitik mit ihrer ahnungslos über Panzer daherredenden Ministerin Lambrecht und in der Energiepolitik mit Habecks abstruser Kernkraft-Reserve und vermurkster Gasumlage! Man dilettiert auch auf Politikfeldern, für die man ganz besondere Kompetenz beansprucht, munter drauflos, verspricht Dinge, über deren Realisierbarkeit man sich zuvor offenbar wenig fundierte Gedanken gemacht hat.

Für Lindners und Özdemirs Bubatz-Legal-Koalition bleiben also wohl zwei Optionen. Erstens: einfach Expertise und europäisches Recht ignorieren, drauflos legalisieren und es darauf anlegen, dass sich jemand in Brüssel oder sonstwo bequemt, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Die Unionsparteien werden womöglich bis dahin ohnehin auch in der Drogenpolitik auf den Grünen-Kurs eingeschwenkt sein – wie in gesellschaftspolitischen Fragen seit langem eingeübt. Oder zweitens: die niederländische Variante kopieren. Dann entgehen der Bundesregierung allerdings die erhofften Steuereinnahmen aus dem legalisierten Cannabis-Geschäft – und Özdemir muss seine vollmundige Ankündigung eines „großflächigen Hanfanbaus“ als neues Geschäftsfeld für Landwirte wieder einkassieren. Im selben Interview, in dem Özdemir das ankündigte, hatte er übrigens auch „Ramschpreise“ für Lebensmittel geklagt. Die niedrigen Preise für Agrarprodukte seien ein Problem. Das war am 26. Dezember 2021, vor dem Ukraine-Krieg zwar, aber die Teuerungsrate für Lebensmittel war längst deutlich angestiegen auf über 3 Prozent.

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Kommentare ( 23 )

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Chrisamar
1 Jahr her

Louis Armstrong konnte sich seinen nahezu lebenslange Cannabis Konsum erlauben. Allerdings schwächte er damit sein Herz. Die Ärzte erteilten ihm darum das Verbot weiterhinTrompete zu spielen. Mit 69 verstarb er schließlich an einem Herzinfarkt. Regelmäßiger Cannabis Konsum macht allerdings nicht aus jedem einen Louis Armstrong…Für den größten Teil der Cannabis Konsumten führt Kiffen ins soziale Abseitz und in finanzielle Not. Über physische und psychische mögliche Schäde durch den Konsum, möchte ich hier nicht dozieren. Uruguay hat einen Weg zur legalisierung von Cannabis gefunden. Uruguay allerdings hat eine weitgehend homogene Bevölkerung. Auch leben dort nur 3,93 Millionen Menschen und ein großer… Mehr

jopa
1 Jahr her

Es ist den D seit Mutti Tradition, daß Gesetze nach Inkrafttreten wegen handwerklichem Murks mehrfach geändert werden mußten. Warum soll sich bei ihren Epigonen was ändern? Vörwärts immer, rückwärts nimmer.

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat 1: „Oder zweitens: die niederländische Variante kopieren. Dann entgehen der Bundesregierung allerdings die erhofften Steuereinnahmen aus dem legalisierten Cannabis-Geschäft“ > Erst einmal: Obwohl auch ich auch aufgrund gemachter Erfahrung für eine Legalisierung bin, sage ich trotzdem auch hier mit Blick auf die „entgangenen Steuereinnahmen für den Staat“, dass man doch wieder mal sieht das vor der Moral das Geld kommt. Und was nun die „niederländische Variante kopieren“ betrifft, so gibt es hier in Dummland zwar keine sog. Coffee-Shops, dennoch werden bei uns doch schon längst -abhängig vom Bundesland- Kleinmengen toleriert. Was es dann meiner Meinung nach dann doch auch… Mehr

Chrisamar
1 Jahr her
Antworten an  Manfred_Hbg

Afghanistan war das erste Land der Welt, welches sich zu 100% aus dem Anbau und dem Handel mit Drogen finanziert. An dieser Stelle verlinke ich zumArtikel des „Rolling-Stone“: https://www.rollingstone.de/drogenstaat-afghanistan-wie-heroin-ein-land-regiert-698857/3/ Inzwischen finanziert sich der Jemen ( Qat ) ebenfalls über den Anbau und den Handel mit Drogen und weitere Länder werden folgen. https://www.handelsblatt.com/politik/international/drogenprobleme-im-jemen-durstig-und-toedlich/2968672.html Denn der Drogenmarkt ist die Drittgrößte Marke weltweit. Mit dem Drogenanbau und dem Drogenhandel generiert man schneller und unendlich viel mehr Geld, als würde man z.B. Weizen oder Hirse anbauen. Wer sein Geld noch immer zum Dealer seines Vertrauens trägt, weil er glaubt, er habe ein Recht auf… Mehr

AlNamrood
1 Jahr her

Es gab schon vor Monaten eine Anfrage des Bauernverbandes bzgl was und wie viel gebraucht wird, wie die Rahmenbedingungen aussehen werden etc. Antwort kam keine. Die Regierung hat nichts. Es gibt keinen Plan. Die versprochene Legalisierung ist eine Nebelkerze und wird nicht passieren. Die Grünen locken schon seit Jahrzehnten mit diesem Versprechen die geistig eh etwas matschigen Wähler.

Ich möchte dass Cannabis entkriminalisiert wird, aber nicht so.

vinkd
1 Jahr her

Benötigen wir wirklich neue Gesetze zu Drogen. Wenn ich die Ergebnisse der Ampel anschaue, stelle ich fest, dass das alles nur unter voller Dröhnung geschehen konnte.

Markus Gerle
1 Jahr her

Dass die CDU/CSU jetzt eine Regelung der EU aus den 70ern hervorkramt, ist allerdings auch peinlich. Es interessiert sich doch auch sonst kaum ein Land der EU für die Regeln eben dieser Organisation. Und weitaus wichtigere Regelungen wie die no-bailout Regelung interessierte die Politik in Deutschland auch nicht. Die eigentliche Motivation für ein Verbot von Cannabis wird insbes. von der CSU nicht genannt und kommt auch hier in der Diskussion nicht vor. Dabei wäre eine ehrliche Debatte doch mal hilfreich. Daher hier mal meine Gedanken zu dem Thema: Deutschland hat eine sehr große, aber kleinteilige Alkoholindustrie, an der der Staat… Mehr

Schoenberg
1 Jahr her

Das dämliche Hasch wollen die Grünen doch nur legalisieren, weil viele von ihnen selbst kiffen und die Partei auf Stimmen eher unpolitischer junger Wähler schielt. Ich gönne den Kiffern ihren Rausch, schließlich bin ich im Gegensatz zu den Grünen kein Puritaner, und beim allgemeinen Grad der Verblödung insbesondere der Schüler kommt es auf ein bisschen Hasch oder Suff auch nicht mehr an. Aber es ist doch wieder nur so ein Lifestyle-Projekt. Medizinisch nötig wäre in Deutschland tatsächlich flächendeckend eine bessere Schmerztherapie für zahlreiche Erkrankungen – nicht nur palliativ. Das würde kaum was kosten, aber interessiert die Politik nicht, denn dafür… Mehr

Andreas aus E.
1 Jahr her
Antworten an  Schoenberg

Die „Grünen“ haben das Haschthema, weil sie – populistisch – auf Stimmen der Jungwähler hoffen. Daß Dauerkifferei tatsächlich nicht sonderlich gesund ist, insbesondere in Phasen der Hirnentwicklung (womit auch Lernen gemeint ist, das geht nämlich bekifft nicht so gut), ist denen doch völlig egal. Aber ich als „alter Sack“ will mir da nichts vorschreiben lassen, es ist ja ohnehin wurscht. Auto fahre ich nicht, und ob ich nun besoffen oder begast meinen Waldspaziergang mache, oder gar nüchtern, geht Obrigkeit nichts an. Palliativ ist das Zeug sowieso perfekt. Schmerz wird davon ja nicht weniger, aber weniger wichtig. Das so zum medizinischem… Mehr

hoho
1 Jahr her
Antworten an  Andreas aus E.

Sie haben absolut Recht. Ich bin alt und bin dafür Marihuana zu legalisieren. Es geht dem Staat gar nichts an was ich zu mich nehme oder nicht nehme. Die Kinder sollten geschützt werden. Die Warnungen können dazu kommen. Alles andere ist nicht nötig. Dass manche Drogen auch auf dem letzten Weg zB bei todkranken helfen ist nur die Tatsache. Als mein Onkel am Sterben an Lungenkrebs war, hat er keine Schmerzmittel bekommen, um nicht Süchtig zu werden. Der Staat hat ihn also von der Sucht geschützt. Er ist nach der Monate langen Quälerei dann nicht süchtig gestorben. Das ist doch… Mehr

Schoenberg
1 Jahr her
Antworten an  hoho

Die „böse“ Pharmaindustrie hat schon längst die Sucht-Gefährlichkeit vieler Opioid-Präparate entschärft, indem sie ihnen den Opiat-Antagonisten Naloxon beimengt, was dann nur noch einen therapeutischen Nutzen zulässt. Das schließt einen Missbrauch (auch Suizid) nicht nur aus, sondern macht diese Medikamente für Süchtige völlig unbrauchbar, sogar gefährlich. Naloxon etwa löst bei einem Heroinsüchtigen sofortige Entzugserscheinungen aus, weshalb in der Packungsbeilage davor gewarnt werden muss. Trotzdem gibt es diese sehr guten Schmerzmittel nur auf Betäubungsmittel-Rezept. Das ist ein völlig unnötiger bürokratischer Aufwand und für alle Beteiligten inklusive Hausarzt eine psychologische Barriere (Betäubungsmittel=Junkie) mit dem Ergebnis, dass diese Mittel dann eher nicht verschrieben werden,… Mehr

Albert Pflueger
1 Jahr her

„wenn diese vorsätzlichen Handlungen ohne entsprechende Berechtigung vorgenommen wurden“-
Hier liegt der Schlüssel: Kontrolle! Was ist eine Berechtigung? Nun, ein Führerschein z.B. berechtigt zum Autofahren. Das bedeutet, nicht jedermann ist von vornherein berechtigt, sondern er bedarf einer staatlichen Genehmigung. Die kann von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, einem Sachkundenachweis etwa, oder, um im Beispiel zu bleiben, dem Besuch einer Fahrschule.
Ich sehe da allenfalls ein bürokratisches Problem.

Andreas aus E.
1 Jahr her

Bubatz? Nie gehört. Gras, Kiffe, Kraut, Polle, auch „Chocolate“ in der Straßendealersprache und natürlich die „offiziellen“ Bezeichnungen, und wer besonders „cool“ sein will, verwendet Begriffe aus dem Amerikanischen, aber „Bubatz“ ist wohl so ein Hauptstadtwort angegrünter Politiker, welche sich vermeintlicher Jugend anbiedern wollen. Einerlei. Es handelt sich bei Cannabis sativa um eine spätestens seit letzter Eiszeit heimische Pflanze, das Verbot ist Blödsinn und sollte dringendst aufgehoben werden. Der einzig vernünftige Vorschlag, der je von „Grünen“ gekommen ist. Und übrigens: Natürlich ist die Kifferei nicht unbedenklich. Wahrscheinlich aber würde nach kurzem Boom das Interesse auf Normalmaß schrumpfen, wenn das Zeug ganz… Mehr

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her

Das verstehe ich nicht. Wieso ist es relevant, was die EU sagt? Die sagt viel, wenn der Tag lang ist. „Zu den „Drogen“ wird demnach auch Cannabis gezählt.“ Ja und, wer zählt das dazu? Wen interessiert es? Hieß es nicht auch mal Verschuldung dürfe nur 60% des BIP oder so betragen und die Neuverschuldung nicht über 3% liegen? Wenn wir schon locker flockig die Verträge brechen, um Abermillionen Muselmanen nach Europa zu schleusen, und wenn das keinerlei Konsequenzen hat, wieso soll dann die Cannabislegalisierung ein Problem sein? Wenn Griechenland die Bilanzen fälscht, um den Euro zu bekommen, und danach „gerettet“… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Alexis de Tocqueville