Deutschland auf Katastrophenlagen weiter nicht vorbereitet

Wie das Gesundheitsministerium auf Anfrage mitteilte, wurden die Ziele beim Aufbau der dafür vorgesehenen Nationalen Reserve Gesundheitsschutz (NRGS) verfehlt. Diese war im Juni 2020 noch von der schwarz-roten Regierung beschlossen worden.

Foto: Bundesgesundheitsministerium (über dts Nachrichtenagentur)
Die Bundesregierung ist offenbar nicht ausreichend auf neue Pandemien und andere Katastrophenlagen vorbereitet (dts Nachrichtenagentur). Wie das Gesundheitsministerium der „Welt am Sonntag“ auf Anfrage mitteilte, wurden die Ziele beim Aufbau der dafür vorgesehenen Nationalen Reserve Gesundheitsschutz (NRGS) verfehlt. Diese war im Juni 2020 noch von der schwarz-roten Regierung beschlossen worden.

Sie soll sicherstellen, dass Deutschland in Notlagen etwa bei Masken und Medikamenten nicht mehr von überteuerten Lieferungen aus dem Ausland abhängig ist. Vorgesehen war ein mehrstufiger Plan: Im ersten Schritt sollten Masken und Schutzausrüstung bevorratet werden, die aus der Pandemiezeit übrig geblieben sind, im zweiten Schritt sollte die Reserve mit Gütern wie Arzneimitteln und Medizinprodukten aufgestockt werden, produziert von hiesigen Unternehmen. Die Menge muss demnach ausreichen, um den Gesundheitssektor einen Monat lang zu versorgen.

In der dritten Phase, die für 2023 geplant war, sollte der Dauerbetrieb beginnen, und fortan sollten Produktionskapazitäten für ein halbes Jahr vorgehalten werden. Doch nach fast drei Jahren befindet sich der Aufbau der Reserve nach Angaben des Hauses von Minister Karl Lauterbach (SPD) noch immer in Phase eins. „Für die Phasen zwei und drei wurden bislang keine Haushaltsmittel für die weitere Konzeptionierung sowie mögliche Beschaffungen zugewiesen“, teilte ein Sprecher mit.

Bisher seien 245 Millionen Masken eingelagert, die zu Beginn der Pandemie beschafft wurden und bis Ende 2023 haltbar sind, zum Teil auch bis zum Jahr 2026. Dass der Aufbau der Reserve nicht weiter fortgeschritten ist, verwundert. Das Ministerium hatte bereits 2021, damals unter Ressortchef Jens Spahn (CDU), knapp 750 Millionen Euro in Phase eins für das Programm ausgegeben.

Das geht nach Recherchen der „Welt am Sonntag“ aus der Haushaltsrechnung des Bundes hervor. Ob und was bislang über Schutzmasken hinaus bevorratet wird, will das Ministerium allerdings nicht mitteilen. Der Sprecher erklärte lediglich, die Reserve sei noch nicht vollständig angelegt, weil benötigtes zusätzliches Geld fehle: „Das Bundesministerium für Gesundheit hatte für die Jahre 2022 sowie 2023 jeweils 250 Millionen Euro an Haushaltsmitteln angemeldet sowie für die Folgejahre ab 2024 ff. jeweils 50 Millionen Euro.“

Diese Mittel seien „für die Warenbevorratung sowie das Vorhalten von Produktionskapazitäten und Warenneuproduktion“ vorgesehen. Das Bundesfinanzministerium habe aber die Freigabe im Oktober 2022 abgelehnt. Im Hause von Finanzminister Christian Lindner (FDP) weist man die Verantwortung zurück: Den Ressorts stehe es im Zuge der Haushaltsaufstellung grundsätzlich frei, „entsprechende Prioritäten zu setzen“.

Vom Technischen Hilfswerk, das drei NRGS-Lager betreibt, ist nur zu erfahren: Anfang 2021 wurden für den Aufbau der Logistikzentren 42 Millionen Euro bereitgestellt. Der gesundheitspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Tino Sorge (CDU), findet es ein „Armutszeugnis, dass sich die Ampel in dieser Frage offensichtlich wieder selbst blockiert“. Er fordert dringend Aufklärung darüber, wofür die 750 Millionen Euro ausgegeben wurden.

„Für Karl Lauterbach steht die nächste Pandemie oft schon vor der Tür, gleichzeitig kümmert er sich aber viel zu wenig um die nötige Vorsorge.“ Die Bundesregierung habe mittelständische Firmen animiert, eine inländische Produktion aufzubauen. Nun blieben die in Aussicht gestellten Aufträge aus.

„Bei der nächsten Krise werden wir die Schutzausrüstung wieder aus China einkaufen“, so Sorge. Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, hält es für „komplett fahrlässig, die Prävention wieder links liegenzulassen“. Mit Blick auf die Absage des FDP-geführten Finanzministeriums sagte Vogler, die Kanzlerpartei SPD lasse sich beständig „vom kleinsten Koalitionspartner am Nasenring durch die Manege führen“.

Karsten Klein, FDP-Obmann im Haushaltsausschuss, mahnte indes zur Zurückhaltung. Bevor Gelder für die nächste Phase des Aufbaus der Reserve Gesundheitsschutz bereitgestellt würden, sei „zuerst der Bedarf zu ermitteln“, und es seien „Alternativen zu einer physischen Bevorratung zu prüfen“. Im Übrigen liege die primäre Zuständigkeit für den Katastrophenschutz nicht beim Bund, sondern bei den Ländern.

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Kommentare ( 20 )

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WildBoarHunter
1 Jahr her

Wer war schon auf diese Regierung vorbereitet?

thinkSelf
1 Jahr her

Ich verstehe das Problem nicht. Das Land lebt nun schon seit 30 Jahren mit der maximal möglichen Katastrophe. Und die besteht aus seinen „Eliten“ in Politik, Verwaltung, Justiz und Wirtschaft.
Weshalb der einzig sinnvolle Katastrophenschutz darin besteht diese zu entfernen. Was aber nicht passieren wird da sich die Kartoffel nur in der Katastrophe wohl fühlt.

SB
1 Jahr her

Auf eine reine Test-Pandemie, bei der Gesunde und Symptomlose mit einem für diesen Zweck nicht vorgesehenen PCR-Verfahren „getestet“, jedes positive Ergebnis zum „Fall“ umgedeutet und die so produzierten Fälle ohne Not kumuliert werden, um daraus „Inzidenzen“ zu generieren, ist wohl kein Staat der Welt adäquat vorbereitet. Ausnahmezustand vorprogrammiert (und vielleicht gewünscht?). Ja, die Gain-of-Function- Forschung sollte weltweit geächtet werden. Aber wir dürfen uns jetzt auf keinen Fall, den WEF- und WHO-Plänen gemäß, in diese angebliche „Neue Normalität“ drängen lassen, in der uns ab jetzt alle zwei, drei Jahre eine „Pandemie“ drohen soll. Die letzte schwere Pandemie, die diesen Namen auch… Mehr

St.Elmo
1 Jahr her

Wird denn auch sichergestellt das die Medikamente und Medizinprodukte rechtzeitig vor Ablauf der Haltbarkeit an Apotheken und oder Krankenhäuser weiterverkauft werden, statt sie nach Ablauf thermisch zu verwerten?

Cethegus
1 Jahr her

Deutschland auf Katastrophenlagen weiter nicht vorbereitet
Tja, wie hätte man sich auch auf diese Regierung vorbereiten können….

dienbienphu
1 Jahr her

Eine neue Pandemia könnte mit einem deutlich gefährlicheren Virus daherkommen. Tatsächlich wäre dies ein „Fortschritt“ im Rahmen der Gain-of-Function-Forschung (Virus aus dem Labor).

Leider sind wir aber nicht nur auf Pandemien äußerst schlecht vorbereitet. Naja, die Dinge laufen irgendwie und das scheint der Bevölkerung zu reichen. Was ich so erlebe im Alltag ist den allermeisten Menschen alles dermaßen egal. Von Problemen wollen sie nichts wissen.

Judith Panther
1 Jahr her

Fängt TE jetzt auf den letzten Metern auch noch an, Pandemie-Panik zu schüren? Das Einlagern von Masken anzumahnen, deren völlige Nutzlosigkeit sich doch wirklich langsam herumgesprochen haben sollte? Die Menschheit hat bisher ohne Pandemievorsorgemaßnahmen überlebt während die „Pandemie“-Maßnahmen nichts anderes gebracht haben als noch mehr Krankheit, unermeßlichen Schaden, Tod und Verderben.
Das einzige, was uns vor weiteren „Pandemien“ dieser Art schützen kann ist, die Produktion von Biowaffen und Gain-of-Function-Forschung zukünftig mit dem Tode zu bestrafen.

ludwig67
1 Jahr her

Dieses Clownland ist auf gar nichts mehr auch nur ansatzweise vorbereitet.
Außer natürlich auf die Weltrettung.
Militärisch: 0
Katastrophenschutz: 0
Infrastruktur: 0
Wohnungsbau: 0
Altersvorsorge: 0
Gesundheit: 0
Energieknappheit: 0
Nahrungsmittelknappheit: 0
Seewege offenhalten: 0

Man könnte die Liste endlos fortführen. Versäumnisse der letzten 30 Jahre kumulieren zu einem gigantischen Scherbenhaufen.

Endlich Frei
1 Jahr her

Weder für Katastrophenlagen noch für seine militärische Bedrohungslage als NATO-Mitglied besteht irgendein Gefühl in der Regierung.
Dabei reicht z. B. ein Angriff auf ein NATO-Partner – und schon werde die wenigen Dutzend Panzer aus Deutschland verlagert – die hiesige Bevölkerung steht dann „nackt“ da.

Paul Brusselmans
1 Jahr her

Nein natürlich nicht. Als es um den Schutz deutscher Infrastruktur von europäischem Interesse in der EU-Kommission ging, herrschte seinerzeit gepflegtes Desinteresse. Man muss halt Prioritäten setzen, und das ist die Umverteilung der Schatzsuchenden auf andere Länder ohne Schatz. Deutschland federführend, Modell, das war einmal. Mittelmässigkeit mit Trend zum vollständigen Abstieg. Scholz, Habock sind unabhängig ihrer potent:Iellen pol:Itischen Or:Ientierung nur peinlich auf :Internationalem Parkett. Blackrock sollte Deutschland übernehmen und san:Ieren. Heute bedarf es keines Bombenteppiches. Selbstzerstörung und vulnerable Infrastruktur reichen aus. Hat schon jemand überlegt, was passiert, wenn die Flugsicherung durch Hacking ausfällt bei ca 1000 Flugzeugen in der Luft? Nasdrowje… Mehr

Thorsten Lehr
1 Jahr her
Antworten an  Paul Brusselmans

? Erstmal gar nichts! Die Großluftfahrt enroute ist Dank TCAS quasi selbstseparierend. ? Etwas schwieriger wird es bei Dreckswetter im Terminal-Bereich, aber auch hier kracht nicht gleich alles ineinander…..?