Herbst der Reförmchen: Lächerlich kleine Einsparung

Arbeitsministerin Bärbel Bas hat einen ersten Entwurf für die Reform des Bürgergelds vorgelegt. Es ist der Beleg dafür, dass die Regierung Friedrich Merz nicht viel von ihrer eigenen Politik erwartet – der “Herbst der Reformen” wird so zum Herbst der Reförmchen.

picture alliance/dpa/Reuters/Pool | Liesa Johannssen

Friedrich Merz (CDU) der Falschaussage zu überführen, ist keine schwere Aufgabe. In den Nachrichten des Staatsfernsehens fragte ihn der Journalist, wieso Merz denn die “Reform” des Bürgergelds als Erfolg bezeichne, wenn dabei nur “ein sehr kleiner Betrag” als Einsparung herauskomme – da seine Partei doch im Wahlkampf 30 Milliarden Euro Einsparung versprochen habe. Niemand habe die Absicht geäußert, 30 Milliarden Euro einsparen zu wollen und zu können. Der Niemand heißt Thorsten Frei, hat seinerzeit genau das in der Lanz-Show getan, leitet heute das Kanzleramt und ist damit Merz wichtigster Mitarbeiter.

Der Kanzler selbst hat dann im Vorfeld die SPD und deren Arbeitsministerin Bärbel Bas öffentlich unter Druck gesetzt, mit dem Bürgergeld müssten fünf Milliarden Euro eingespart werden. Wobei: Diese Formulierung war nun wiederum eine Falschaussage. Merz hat öffentlich ein Versprechen abgegeben, das er gewohnheitsmäßig gebrochen hat. Die SPD hat er höflich darauf hingewiesen, dass fünf eingesparte Milliarden Euro dufte wären. Doch die Sozialdemokraten haben den Kanzler gewohnheitsmäßig ignoriert und das Gegenteil gemacht. In dem Fall die Reform des Bürgergelds derart verwässert, dass schon der Begriff Reförmchen dafür ein Euphemismus ist.

Arbeitsministerin Bärbel Bas hat den Entwurf innerhalb der Regierung verschickt. Sie spart keine 30 Milliarden Euro ein, auch keine fünf Milliarden Euro – ja nicht einmal 100 Millionen Euro. Es sind 86 Millionen Euro. Nicht einmal 0,3 Prozent dessen, was der heutige Kanzleramtschef im Wahlkampf versprochen hat. Weniger als zwei Prozent dessen, was der Kanzler verlangt hat. Für andere wäre das wahnsinnig wenig. Friedrich Merz andererseits ist dem Halten eines Versprechens selten nähergekommen. Wobei der Bund nur in den ersten beiden Jahren mit dem Reförmchen Geld einspart. Schon in zwei Jahren wird das Bürgergeld, das bereits jetzt 52 Milliarden Euro im Jahr kostet, durch das Reförmchen sogar teurer.

Merz hat harte Strafen versprochen. Merz hat behauptet, dass die verkündeten Strafen tatsächlich hart seien. Es ist leicht, den Kanzler der Falschaussage zu überführen. Bas hat es mit dem Entwurf und der Einsparsumme getan. Die Formulierung der “Strafen” ließen aber auch auf nichts anderes schließen: Die Sachbearbeiter müssen Verweigerer erstmal erreichen, um eine “Vereinbarung” auszuarbeiten. Danach müssen die Empfänger drei Termine verpassen. Dann können die Sachbearbeiter die Leistungen streichen. Arbeitnehmer, wären schon nach dem ersten, spätestens nach dem zweiten mal entlassen, wenn sie ohne Grund nicht zur Arbeit erscheinen.

Also könnten. In dem Text über Friedrich Merz und das Bürgergeld-Reförmchen soll es keine weiteren Falschaussagen geben. Die Sachbearbeiter dürfen nämlich nur kurzfristig streichen – und das auch nicht vollständig. Der Sachbearbeiter muss obendrein erst einmal versuchen, den Empfänger zuhause aufzusuchen. Das ist schon bei berechtigten Empfängern eine Zumutung. Doch mittlerweile sind Fälle von Clans bekannt geworden, die systematisch Osteuropäer kurzfristig in Deutschland zur Arbeit anmelden – meist in 450-Euro-Jobs – um dann das Geld abzukassieren, auch wenn die eigentlichen Empfänger schon längst wieder in ihrer osteuropäischen Heimat sind. So wird das Aufsuchen zuhause für den Sachbearbeiter zu einer unüberwindbaren Hürde, das Bürgergeld fließt weiter an die Clans und die Regierung Merz spart nur einen “sehr kleinen Betrag”. Und selbst das nur zwei Jahre lang.

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Kommentare ( 20 )

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Nibelung
21 Tage her

Mit den Roten kann er derzeit noch Kanzler bleiben, bei den Blauen müßte er sich bereits unterordnen, mit der Aussicht, was die Demoskopen gerade abgeben haben, wo ihnen nur noch 4 Abgeordnete fehlen um den Bundestag zu domminieren. Damit wäre seine jüngste Aussage, die AFD als größten Gegner zu betrachten durchaus verständlich, was ihn aber vor dem Absturz auch nicht rettet, denn wenn er nicht aufpaßt sitzt er mit seiner Partei zwischen den Stühlen und in Äqypten hat man ja an der Sitzordnung gesehen, wie man ihn bereits international einschätzt und blamabler geht es nun wirklich nicht mehr, was tief… Mehr

Juergen P. Schneider
21 Tage her

Eine Laienspielschar regiert unser Land in Grund und Boden. Der Mehrheit der Wahlbürger scheint es nach wie vor zu gefallen.

Albert Pflueger
21 Tage her

Merz reimt sich nicht nur auf Scherz, sondern auch auf Schmerz. Ein Zufall? 😎

Peter Triller
22 Tage her

Friedrich Merz ist der Egon Krenz der gescheiterten BRD. Es fehlt noch der Schabowski und das Brandmauer-Regime bricht zusammen. Die CDU wird sich spalten und der vernünftige Teil kann dann mit dem vernünftigen Teil der AfD die radikalen Reformen einleiten, die erforderlich sind: Ende der Energiewende, Abschaffung des Asylgrundrechts, Durchsetzung einer Radikalreform oder Austritt aus der EU, Einstellung der Polit-Programme „Demokratie leben“ usw. Reduzierung der Steuern auf 25%, Halbierung des Öffentlichen Dienstes, Zerschlagung von ZDF und ARD. Direkte Demokratie. Verbot der Antifa und anderer linksterroristischer Organisation. Durchsetzung einer deutschen Leitkultur. Beendigung der Kriecherkultur ggü. dem Islam. Das ist die letzte… Mehr

Martin Mueller
22 Tage her

Nichts als Leerschwätzer bei CDU.
Und die SPD steckt im linksgrünen sozialistischen Sumpf fest.

Dr. Kari Koester-Loesche
22 Tage her

Sind die Sachbearbeiter derart eingeschüchtert, dass sie nicht wagen, einen Betrüger einen Betrüger zu nennen und aus eigenem Ermessen das Bürgergeld streichen? Dazu gehört allerdings, dass ihre Vorgesetzten ihnen konsequent den Rücken stärken – bis zum Minister. Es ist übrigens selbstverständlich, dass sich der Bittsteller um die Unterstützung zu bemühen hat, nicht umgekehrt. Was sind das denn für lächerliche Vorschriften!

Pieter Ries
21 Tage her

„Bittsteller“ ist ein Ansatzfehler. Das sind „Kunden“. Bekanntlich ist der Kunde König.
Zudem ist auch die „Verwaltung“ mit abgehalfterten Apparatschiks durchseucht. Deren einzige Aufgabe ist es für Linientreue zu sorgen.

Sterling Heights
22 Tage her

Gestern in extra 3: Statements der Politiker 30 Mrd,…. 1 Mrd. Dann Einblendung „Bares fuer Rares“ mit dem Händler mit hessischen Dialekt: Isch beginne mal mit achtzisch Euro…. 🤭

Alf
22 Tage her

Merz – Also wenn wir uns nicht mehr trauen, in einem Transfersystem, das in die falsche Richtung läuft, zehn Prozent einzusparen, dann versagen wir vor dieser Aufgabe.
Ihr könnt es nicht, das Versagen ist offensichtlich.
Ihr seid unfähig, das Land zu regieren.
Möge die Koalition der Wahlverlierer Ämter und Pensionsansprüche verlieren.
Die Einsparungen wären großartig.
Ihr könnt nicht mal die Sommerzeit abschaffen.

Martin Mueller
22 Tage her
Antworten an  Alf

Es fehlt Wille, Rückgrat, Mumm und Können.

Wir haben heute zu viele Versager in der Politik.

Mit diesen Typen wäre Deutschland nach 1949 nie auf die Beine gekommen

Rosalinde
22 Tage her

Wozu denn sparen?
Wozu haben wir denn den Klimaschutz? Damit kann eine Regierung ganz ohne nennenswerten Widerspruch noch ganz andere Steuern dem Pack aufbürden. Da kommt mit Sicherheit noch einiges. Zum 1.1.2026 steigt z.B. die CO2 Steuer um 25%. Und das dürfte erst der Anfang sein.

Nihil Nemo
22 Tage her

Vom Gespann Merz/Klingbeil (Flexibelchen&Sensibelchen) unter Führung des linkesten SPD-Flügels erwartet niemand, der bei Verstand ist, noch irgendwas Vernünftiges. Diese Regierung hat sich in Rekordzeit dekonstruiert. Weil eben nicht zusammenwächst, was nicht zusammengehört. In den CDU-Hinterzimmern grummelt es hörbar. Daniel Günther kann ja dann zu den Grünen wechseln.