Bettina Gaus beim Königsschach zwischen Baerbock und Habeck

Eine zärtlichere Aufforderung, von einer Kanzlerkandidatur zurückzutreten, gab es noch nie.

IMAGO / Metodi Popow
Robert Habeck und Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen

Eine zärtlichere Aufforderung, von einer Kanzlerkandidatur zurückzutreten, gab es noch nie. Bettina Gaus eröffnet ihr grünes Kanzlerschach im Spiegel mit diesem Zug:

Es ist kühn, ohne jede Regierungserfahrung ins Kanzleramt einziehen zu wollen. Aber das kann – vielleicht – gelingen, wenn ein hinreichend großer Teil der Bevölkerung sich nach einem Kurswechsel und einem politischen Neuanfang sehnt. Das war die große Chance für Annalena Baerbock. Sie musste nur etwas, ein einziges Kleinod schützen: nämlich die eigene Glaubwürdigkeit.
Dieses Kleinod ist verloren gegangen.

— Robin Alexander (@robinalexander_) June 10, 2021

Aber gegen den zweiten Gaus’schen Schachzug verblasst selbst der erste:

Wenn Annalena Baerbock so klug ist, wie viele glauben, dann zieht sie sich zurück und sagt sinngemäß: Blöde, kleine Fehler von mir gefährden derzeit, dass wir das verwirklichen können, was uns allen am meisten am Herzen liegt. Nämlich unsere Politik, vor allem den Kampf gegen den Klimawandel. Um unsere Chancen zu maximieren, übergebe ich den Stab an Robert. Und wünsche ihm alles, alles Gute.
Reaktion? Stehende Ovationen. Annalena Baerbock hätte ihr Eigeninteresse hinter die Interessen der Partei, des Landes und der Welt gestellt. Sie wäre von da an eine Ikone. Und könnte alles werden, vielleicht sogar irgendwann Kanzlerin, falls Robert Habeck es nicht schaffen sollte. Die große Geste würde das, was bisher war, überstrahlen.

Und dann beendet Gaus das Spiel mit einer Rochade, bei der sie selbst nichts falsch machen kann. Sie wirft keinen König um, sondern setzt einen aufs Feld:

Aber dazu müsste die Kandidatin den Schritt zurück ins Glied eben erst einmal wagen. Ich glaube nicht, dass sie das tun wird. Und deshalb heißt der nächste Kanzler Armin Laschet.

Da soll keiner sagen, es gäbe keine mehr im Journalismus, die schreiben könnten.

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