Abtreibungsinitiative floppt bei EU-Bürgern

Eine europäische Bürgerinitiative zur EU-weiten Finanzierung von Abtreibungstourismus erhält nur mäßige Unterstützung. Das Anliegen ist nicht nur aus der Perspektive von Lebensrechtlern problematisch – und geht an den Bedürfnissen der EU-Bürger vorbei.

picture alliance / NurPhoto | Klaudia Radecka

Ende 2024 zeichnete sich ab, dass angesichts der zu erwartenden Mehrheiten nach der vorgezogenen Bundestagswahl die von SPD, Grünen und Linken angestrebte Legalisierung von Abtreibung wahrscheinlich keine realistischen Aussichten auf Erfolg mehr haben würde.

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Die Reaktion auf diese Erkenntnis war ein Trauerspiel in Sachen Demokratiebewusstsein der Politeliten: So schnell wie möglich sollte durchgepeitscht werden, was an den Grundfesten des Grundgesetzes rüttelt, und nicht nur aus ethischer, sondern auch aus juristischer Sicht problembehaftet ist. Selbst die Instrumentalisierung des bereits abgewählten Bundestags wurde in Erwägung gezogen, und blieb bis kurz vor knapp eine reale Drohkulisse – nicht nur für Menschen, die Abtreibung ablehnen, sondern auch für alle, die in dieser Frage liberale Ansichten vertreten, aber Wert darauf legen, dass demokratische Prozesse nicht nur dem Wortlaut, sondern dem Sinn gemäß gewahrt bleiben.

Allerdings üben nicht nur in Deutschland Abtreibungsbefürworter Druck aus, um möglichst restriktionsfreie Abtreibung zu ermöglichen, und das größtenteils unter Verhinderung sachlicher Debatten, die negative Folgen für Kinder, Mütter, Familien und die gesamte Gesellschaft einbeziehen: Über das Reizwort „Selbstbestimmung“ werden sämtliche medizinischen und sozialen Probleme, die mit Abtreibung einhergehen, weggewischt, nicht nur die als abstrakt empfundenen ethischen Bedenken.

Kampagne will Souveränität der EU-Staaten unterlaufen

Auch eine europäische Bürgerinitiative hat nun zur Unterschriftensammlung aufgerufen, um die Europäische Union dazu zu verpflichten, EU-weit „sichere und zugängliche Abtreibungen für alle zu gewährleisten“. Die Initiative „My voice my choice“ fordert, „dass die EU eine Gesetzgebung verabschiedet, die einen finanziellen Mechanismus schafft, mit dem die Mitgliedstaaten, die sich freiwillig dieser Politik anschließen, eine sichere Abtreibungsbehandlung für all jene gewährleisten können, die keinen Zugang dazu haben“.

Ein etwas nebulöses Anliegen, das im Grunde auf „Abtreibungstourismus“ hinausläuft: Wer in Polen keine Abtreibung bekommt, soll sie auf Kosten des EU-Bürgers anderswo durchführen lassen können.

Man muss kein Lebensrechtler sein, um diesen unlauteren Versuch, Subsidiarität und die Souveränität der EU-Staaten in diesen Belangen zu unterlaufen, abzulehnen: „Die Europäische Kommission hätte unter Beachtung der EU-Verträge diese Initiative gar nicht erst zulassen dürfen“, so Cornelia Kaminski, Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V., in einem Statement, in dem sie die Zurückweisung der Forderungen anmahnt.

Undurchsichtige finanzielle Verstrickungen

Hinzu kommt, dass die Initiative ein mittlerweile altbekanntes Problem sichtbar macht: undurchsichtige Finanzstrukturen inklusive staatlicher Querfinanzierung bei „zivilgesellschaftlichen“ Akteuren und NGOs.

Kaminski bezeichnet die Finanzierung der Initiative als „bedenklich“. Sie legt dar, was „Recherchen des European Center for Law and Justice ergaben: Demzufolge flossen Gelder „auch aus europäischen Steuertöpfen. Direkte finanzielle Unterstützung aus der EU erhielten 19 Unterstützerorganisationen (…)“. Kaminski erläutert auch die Verbindungen zwischen „My voice my choice“, Planned Parenthood und der EU: So wird die Initiative von der Slowenin Nika Kovač vertreten, die ihrerseits eine Organisation gegründet hat, die unter anderem von der Open Society Foundation und von International Planned Parenthood gefördert werde. Deren europäischer Zweig IPPF European Network wiederum wird von der EU mitfinanziert: Zwischen 2022 und 2025 mit immerhin 3,2 Millionen Euro.

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Auch hier also finden sich komplexe finanzielle Verflechtungen – wie jene, die im Zuge des NGO-Skandals in Deutschland zumindest kurz den Weg in die Schlagzeilen fanden, nun aber unbehelligt weiterhin ihre Wirkung entfalten können.

Derartige Intransparenz lässt Zweifel daran aufkommen, inwieweit es sich bei solchen Kampagnen um Ausdruck des Bürgerwillens handelt, und nicht viel mehr um Demokratiesimulation, im Zuge derer mit hohem finanziellem Engagement gesellschaftliche Entwicklungen im Sinne einiger weniger Aktivisten und im Interesse bestimmter Akteure gesteuert werden sollen. Immerhin sollte die Einrichtung der europäischen Bürgerinitiativen echte Mitbestimmung im notorisch undurchsichtigen Brüsseler Betrieb ermöglichen – es stellt sich die Frage, ob es sich hier wirklich um eine von den Bürgern getragene Initiative handelt.

Großzügig finanzierter Aktivismus – getarnt als Bürgerwille

Diesbezüglich weist Kaminski gegenüber der Tagespost darauf hin, dass „My voice my choice“ trotz der massiven Förderung und der im Vergleich durch soziale Medien erleichterten Werbung für das Anliegen, deutlich hinter dem Erfolg der One of us-Initiative zurückbleibt. Diese hatte sich vor gut zehn Jahren für den rechtlichen Schutz von Embryonen eingesetzt, und somit für Achtung der Würde und Integrität jedes Menschen, gleich in welcher Phase seiner Entwicklung er sich befindet.

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Diese bislang größte Initiative konnte 1,9 Millionen Unterzeichner gewinnen, unter deutlich schwierigeren Umständen. Kaminski verdeutlicht dies in ihrem Gespräch mit der Tagespost: „Die meisten Unterschriften wurden tatsächlich an Ständen in der Innenstadt, in Kirchengemeinden und auf Veranstaltungen gesammelt, ganz ohne massenweise Verbreitung über die sozialen Medien. (…) Getragen wurde die Bürgerinitiative von Tausenden ehrenamtlich engagierten Bürgern, die ohne reichen Geldsegen durch „philanthropische“ Stiftungen auskommen mussten, (…).“ Trotz der logistischen und finanziellen Vorteile sammelte „My voice my choice“ 1,2 Millionen Unterschriften bis zum Stichtag – trotz Erfüllung des Quorums lediglich mäßige Unterstützung, die durchaus darauf hindeutet, dass das aktivistische Streben nach möglichst breiter Implementierung von Abtreibung von den EU-Bürgern weder als dringliche Notwendigkeit noch als anzustrebendes Ziel betrachtet wird.

Es ist auch schwer zu vermitteln, warum angesichts einer im Verhältnis „reichen“ Staatengemeinschaft, die sich allerdings in einer demografischen Krise befindet, nicht vielmehr die Förderung von Familien und Schwangeren in Notsituationen oberste Priorität genießen sollte. Mütter- und kinderfreundliche Politik wird von den entsprechenden Aktivisten jedoch nie thematisiert, obwohl sie der Lebensrealität der Mehrzahl der EU-Bürger weit näherkäme.

Für die deutschen Lebensrechtler, die sich am 3. Mai in München unter dem Motto „Gemeinsam für das Leben“ zu einem „Marsch für das Leben“ versammelt haben, ist die im Vergleich laue Akzeptanz der EU-weiten Abtreibungskampagne in jedem Fall eine gute Nachricht.


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Kommentare ( 6 )

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Mausi
1 Monat her

„um die Europäische Union dazu zu verpflichten, EU-weit „sichere und zugängliche Abtreibungen für alle zu gewährleisten“.“ Genau das sollte es nicht geben. Jede NGO kann sich um Spenden der Bürger bewerben, aber nicht um finanzielle Unterstützung durch Steuergelder. Ich empfinde es als unverschämt, dass dem Ausgeben von Steuergeldern keine Grenzen gesetzt sind. In dem Augenblick, in dem es andere Möglichkeiten (Ob erfolgreich oder nicht) gibt, zu Geld zu kommen, sollte der Staat ausfallen. Ich kann immer nur wiederholen: Es wird auf allen Ebenen bei immer mehr Themen die Abstimmung mit den Füßen verhindert. Stattdessen entscheiden staatliche Stellen und regierende Politiker.… Mehr

Last edited 1 Monat her by Mausi
Dr. Gregor Gaida
1 Monat her

Wer in der heutigen Zeit (und damit meine ich mindestens die letzten 50 Jahre) ungewollt schwanger wird, der braucht auch keine Hilfe. In Ausnahmefällen wie nach einer Vergewaltigung, etc. haben die Frauen meine volle Unterstützung.

Felix Dingo
1 Monat her

Was wir nicht schaffen, nämlich Abtreibungen zu verbieten, werden die Muslime in die Tat umsetzen.
Denn mit der Errichtung des Kalifats Deutschland wird es Schluss mit lustig sein.
In Islam sind Abtreibungen strengstens verboten.

siebenlauter
1 Monat her

Der vorgeburtlichen Kindstötung Wort und Portemonnaie zu leihen, ist definitiv unterirdisch. Zum Morden pochen Linke auf einmal aufs Eigentum. Und vertieren gleichzeitig die Menschen zum deterministischen Triebwesen, das nicht verzichten kann. Hier passt wirklich nichts zusammen – und es wundert das lautstarke Geschrei der so von Widersprüchen Geplagten nicht wirklich.

Montesquieu
1 Monat her

Ich werde nie verstehen, warum sich größtenteils lesbische Frauen so vehement für unkontrollierte Möglichkeiten zum Infantizid einsetzen. Da ist ein Knacks dahinter.

Raul Gutmann
1 Monat her

Durch die Corona-Impfkampagne der Linken hat sich ihr feministisch-individueller Slogan „My Body – my Choice“ als das erwiesen, was Reaktionäre vermuteten. Eine Lüge, um die Familie als Kern der bürgerlichen Gesellschaft zu zerstören.
Ein Mann verteidigt stets seine (angetraute) Frau mit seinem Leben. In Gottvertrauen, Amen.