In Ägypten soll der 20-Punkte-Plan für Gaza abgesegnet werden

Das vielversprechende Bild einer friedlichen Zukunft in Nahost, das seit der Präsentation des 20-Punkte-Planes vor einer Woche in Washington kursiert, hat noch viele ungeklärte Stellen.

picture alliance/AP Photo | Uncredited

Pecunia non olet, Geld stinkt nicht – das wussten schon die alten Römer, als sie Steuern auf Latrinen erhoben. Im Nahen Osten riecht das Geld neuerdings nach dem beliebten Rosenwasser. Denn acht muslimische Staaten, von den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Türkei bis Indonesien haben erstmalig gemeinsam mit den USA und Israel einem 20-Punkte Gaza-Friedensplan zugestimmt, der in diesen Tagen Wirklichkeit werden könnte.

Das Werk trägt den Namen Donald J. Trumps, der selbst den Vorsitz im neu zu gründenden „Friedensrat“ übernehmen will. Aber der Deal-Macher heißt Jared Kushner, der 44-jährige Schwiegersohn des US-Präsidenten. Wichtigster Partner auf arabischer Seite ist Muhamad Bin Salman, das regierende Oberhaupt Saudi-Arabiens. Die Dollars, die Kushner in Riad, Doha und Abu Dhabi für seine Fonds bereits eingesammelt hat, werden in zwei- bis dreistelligen Milliarden-Beträgen gehandelt. Eine Politikversion, die vieles bisher Dagewesene in den Schatten stellt.

Geld bewegt die Welt, ist eine altbekannte Weisheit. In den letzten Jahrzehnten waren Finanzmittel wesentliche Voraussetzung für Kriege in Nahost. Der 7. Oktober 2023 steht dafür als blutiges Symbol. Es waren vor allem die Öl-Milliarden des Iran, die Tod und viel Leid auf beiden Seiten gebracht haben. Jetzt sollen Dollars Frieden bringen. Alle sollen daran beteiligt werden. Die einen mehr, die anderen weniger. Mehr die USA, der Trump-Clan, Israel und die arabischen Länder, die dem Trump-Lager nahestehen. Israel hat, wie Friedrich Merz im Juni richtig erkannt hat, „die Drecksarbeit für uns alle“ gemacht. Aber der Bundeskanzler hat daraus keine wirksamen politischen Schlussfolgerungen gezogen und von einem Waffenboykott gesprochen. Deshalb werden die Bundesrepublik und die EU – wenn überhaupt – in den nächsten Jahren in Nahost eher am Katzentisch sitzen und an die Einzahlkasse gebeten werden.

Trump sprach noch im Februar von einer zukünftigen „Golden Riviera“ in Gaza. Damals allerdings noch ohne Palästinenser, die er von dort weghaben wollte. Inzwischen hat er dazugelernt. Die Palästinenser dürfen, sollen bleiben. Sonst hätte er den Deal mit den arabischen Partnern nicht unter Dach und Fach bekommen. Die Palästinenser haben auch eine Aufgabe in dem Friedenskonzept, der im Kern ein kaum versteckter Immobiliendeal ist. In den nächsten Jahren werden Bauarbeiter benötigt. Da kommen die zwei Millionen Gaza-Bewohner für Aufräumarbeiten und den geplanten Bau von Touristenhotels und Luxuswohnungen gerade recht.

Bis das alles in Bewegung kommt, muss noch Einiges geschehen. Hamas muss dem Plan zustimmen, vor allem die 48 lebenden und toten Geiseln an Israel übergeben. Gleichzeitig soll das Schießen und Bomben in Gaza ein Ende nehmen. 1.950 palästinensische Gefangene sollen laut Plan aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden, sobald die Geiseln ausgehändigt sind. Israels Armee wird sich dann auch schrittweise zurückziehen, auf eine vereinbarte Linie rund einen Kilometer hinter einem Zaun, der den Küstenstreifen von Israel trennt. Bis dahin will Israel auch noch in Gaza geringfügig Kontrolle behalten. Die Grenzregion ist für den jüdischen Staat auch eine Kornkammer, in der 50.000 Menschen leben.

In den nächsten Tagen fallen im ägyptischen Urlaubsort Sharm El Sheikh am Roten Meer die Würfel. Angereist sind Kushner und der offizielle Verhandlungsleiter der USA, Steve Witkoff, dessen Familie zufällig auch eine milliardenschwere Immobilienfirma betreibt. Neben ihm sitzt der Gesandte Benjamin Netanyahus im Rang eines Ministers, Ron Dermer. Er hat bereits angekündigt, dass er nach Beendigung der Verhandlungen zurücktreten wird. Es wird gemunkelt, dass der 54-jährige Diplomat, der in Florida aufgewachsen ist, ins Geschäftsleben wechseln will. Es gibt aber auch konkrete Hinweise, dass er sich für eine Nachfolge Netanyahus im Amt des Ministerpräsidenten interessiert.

Auf der anderen Seite des virtuellen Tisches unter Vermittlung Ägyptens, Katars und der Türkei werden die letzten noch lebenden Hamas-Repräsentanten unter Leitung von Khalil al-Hayya Platz nehmen, wie eine saudische Quelle berichtet. Hier gibt es Erkenntnisse, dass Hamas dem 20-Punkte-Friedensplan zustimmen will, aber nur unter gewissen Bedingungen. Ein Ja-Aber lehnen die USA und Israel ab. Hamas wird versuchen, auch in Zukunft eine Rolle in Gaza zu spielen. Genau das will Israel verhindern und wird dabei auch von arabischer Seite unterstützt. Denn auch die arabischen Nachbarstaaten – insbesondere Ägypten – sind an einem Gaza-Streifen mit Hamas-Einfluss wenig interessiert.

Ein entscheidender Streitpunkt ist auch, ob es in der Region in Zukunft einen „Palästinensischen Staat“ geben wird. Im Friedensplan stehen Formulierungen, die eine derartige Auslegung erlauben. Netanyahu hat das in seiner TV-Ansprache an das Volk nach seiner Rückkehr aus Washington glasklar abgelehnt. Im Herbst 2026 sind in Israel Wahlen angesetzt. Nicht nur Netanyahu weiß: keine Partei, die für einen „Palästinensischen Staat“ eintritt, hat Chancen, den nächsten Regierungschef zu stellen.

Das vielversprechende Bild einer friedlichen Zukunft in Nahost, das seit der Präsentation des 20-Punkte-Planes vor einer Woche in Washington kursiert, hat noch viele ungeklärte Stellen. Netanyahu hat es in Anwesenheit von Trump so formuliert: „Wir werden den Friedensplan auf die leichte oder die schwere Weise durchsetzen. Aber wir werden ihn durchsetzen“. Dahinter versteckt sich eine massive Vernichtungsdrohung, die Trump mit den Worten unterstrichen hat: „Die Hölle wird losbrechen“.

Seine Pressesprecherin, Karoline Leavitt, hat den Friedensplan diplomatischer umschrieben: beide Seiten müssen unzufrieden den Verhandlungstisch verlassen. Zufrieden sind aber jetzt schon diejenigen, die den Friedensplan als Immobiliendeal sehen und betreiben. Die Kassen sind jedenfalls voll.

In der Gesamtplanung des zukünftigen Nahen Ostens bleiben China, Russland, Nordkorea und der Iran unerwähnt. Diese Staaten-Gruppe, die der westlichen Welt und ihren liberal-demokratischen Werten ablehnend gegenübersteht, wird nicht tatenlos zusehen, wie die USA, Israel und acht arabische Staaten die Nahost-Welt neugestalten.

In dieser Woche beginnt in Israel das siebentägige Laubhüttenfest, das auch an den Auszug aus Ägypten erinnert und ein Erntedankfest ist. Netanyahu hat die Hoffnung verbreitet, dass die lebenden Geiseln noch während des Festes in ihre „Hütte“ heimkehren. Der Verhandlungsort Sharm El Sheikh in Ägypten, wo in diesen Tagen die Entscheidung fällt, könnte nicht symbolträchtiger sein.

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Kommentare ( 42 )

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John Stier
1 Monat her

„Wir werden den Friedensplan auf die leichte oder die schwere Weise durchsetzen. Aber wir werden ihn durchsetzen“. Dahinter versteckt sich eine massive Vernichtungsdrohung, die Trump mit den Worten unterstrichen hat: „Die Hölle wird losbrechen“.

Diese menschenverachtende Einstellung ist typisch für die USA und Israel. Davon lässt sich kein Palästinenser mehr beeindrucken.

Freigeistiger
1 Monat her

Trump macht das schon richtig, man muß die Leute bei ihren tatsächlichen, also materiellen Interessen packen. Wahrscheinlich ist auch für die Hamas ein gutes Stück Kuchen vorgesehen, zumindest für deren Führer.
Ob das gelingt, wird man sehen, aber wenn, alle Achtung. Auf jeden Fall hat er eine starke Allianz mit arabischen Staaten zustande gebracht, der sich die Hamas wohl beugen wird. Aber schaun wer mal.

Last edited 1 Monat her by Freigeistiger
Haba Orwell
1 Monat her

Die heldenhaften IDF haben im Kampf um „unsere Demokratie“ im Libanon beinahe irische Terroristen besiegt: https://tkp.at/2025/10/06/weiter-angriffe-auf-un-friedenstruppen-im-libanon-durch-israel/ > „… Den Berichten zufolge begannen die Drohnenangriffe gegen 11:30 Uhr, wobei eine Granate 30 bis 40 Meter von den irischen Friedenstruppen entfernt abgeworfen wurde. Die zweite Granate wurde 20 Minuten später abgeworfen und explodierte über ihnen …“ (Per Definition sind sämtliche militärische Gegner des friedlichsten Landes des Planeten Terroristen.) > „… Die UNIFIL hat Israel aufgefordert, Angriffe auf oder in der Nähe ihrer eigenen Streitkräfte oder in der Nähe von Angehörigen der libanesischen Armee einzustellen. In der Erklärung wurde betont, dass solche Angriffe… Mehr

John Stier
1 Monat her
Antworten an  Haba Orwell

Als wenn Aufforderungen und Resolutionen die interessieren würden. Sie verstehen nur die Sprache die sie selbst sprechen.

Haba Orwell
1 Monat her

Böses Medium gestern: „Persönliche Garantie: Trump verspricht arabischen Ländern, Israel wird keinen neuen Krieg beginnen“. > „… Netanjahu drängte darauf, dass der Plan die Möglichkeit einer Wiederaufnahme der Kämpfe vorsieht, falls die Hamas gegen die Vereinbarungen verstößt. Die Vertreter Trumps erklärten jedoch unmissverständlich, dass man „aufhören sollte, nach Schlupflöchern zu suchen“. …“ Tricksen, wie es nur geht.., > „… US-Präsident Donald Trump hat im Rahmen der Vorschläge zur Beendigung der Kampfhandlungen im Gazastreifen den arabischen Ländern persönlich garantiert, dass Israel keinen neuen Krieg beginnen werde, berichtete die Zeitung Financial Times (FT) unter Berufung auf Quellen. …“ Zum FT-Artikel gibt es… Mehr

John Stier
1 Monat her
Antworten an  Haba Orwell

Die Frage ist nur ob Bibi dem Donald gehorcht oder umgekehrt.

Barbarossa
1 Monat her

Alles ist eine einzige Augenwischerei. Angenommen, es kaeme eine Einigung ueber Frieden zustande. Wuerde das den Menschen in Gaza helfen? Es waere eher eine Grabesruhe über Ruinen und Leichen. Die wichtigste Frage wird in keinem der sogenannten „Friedensplaene“ beantwortet: Naemlich „Was kommt dann?“ Das Geschwafel ueber eine oestliche Riviera kann man vergessen. Es beginnt schon damit, dass es keinen Friedensvertrag geben kann. Weil ein „richtiger“ Krieg nicht statt gefunden hat. Also ein Waffengang zwischen (zwei) Staaten. Einen Staat Palaestina aber gibt es nicht und wird es auch niemals geben, wenn man Netanjahus Worten glaubt. Wer soll also Frieden schliessen?

Haba Orwell
1 Monat her
Antworten an  Barbarossa

> Einen Staat Palaestina aber gibt es nicht und wird es auch niemals geben, wenn man Netanjahus Worten glaubt.

Jeder ist ersetzbar. Man kann nicht ewig den Einheimischen eigene Staatlichkeit verweigern, welche Einwanderer haben dürfen.

Bambu
1 Monat her

„Israel hat, wie Friedrich Merz im Juni richtig erkannt hat, „die Drecksarbeit für uns alle gemacht.“ Wie wahr.
Wenn daraufhin nicht eine logische Reaktion erfolgte, dann liegt das wohl daran, dass Deutschland lieber Blödsinn und andere Staaten Politik machen.

tiptoppinguin
1 Monat her

Ich wünsche mir, daß die Hamas den Plan mit zu vielen Aaaabeeers platzen läßt.

Falls der Plan doch angenommen werden sollte, dann könnten sich ja die Türken einbringen. Nach dem Wiederaufbau Deutschlands in den Jahren nach 1963 durch türkische Gastarbeiter steht Gaza bestimmt nach zwei Wochen wieder.

Westfale
1 Monat her

Alles falsch, weil sinnlos.

Auf der einen Seite Araber, auf der anderen Seite Israelis.

Aber das sind sie nicht.

Es sind im jeweils eigenen Verständnis Muslime und Juden.
Zwei, auch hier wieder im eigenen Verständnis, „Auserwählte Völker“.

Juden 9 Millionen (theoretisch), umgeben von Muslimen 150 Millionen, im weiteren Umkreis deutlich mehr.
Auf muslimischer Seite eine schrankenlose Vermehrung.

Es ist mehr als bedauerlich, aber mit der Gründung des Staates Israel wurde sein Untergang in die Wege geleitet.

Da helfen weder „palästinensische Baubrigaden“ noch die „jüdische A-Bombe“.

Es kommt wie es kommen muß.

Haba Orwell
1 Monat her
Antworten an  Westfale

> Es ist mehr als bedauerlich, aber mit der Gründung des Staates Israel wurde sein Untergang in die Wege geleitet. Etliche deutschen Rabbiner haben im 19. Jahrhundert vor dem Projekt gewarnt. Ich ziehe ja nicht dorthin, wo meine Vorfahren vor 200-300 Jahren gelebt haben – wo die vor 2000 Jahren waren, weiß ich nicht mal. Bei der großen Vermischung vielleicht sogar ein paar in Judäa, das spielt in praktischen Entscheidungen keine Rolle. (*) Werden die USA jeden aufnehmen, der aus Nahost wegziehen will? (*) Die Vorfahren meiner Frau kamen aus Ostpolen, wo es gebietsweise bis zu 1/3 Juden gab –… Mehr

Last edited 1 Monat her by Haba Orwell
K.Behrens
1 Monat her

Dank Herr Rosenberg für den Zwischenstand. Was erwartet uns in Deutschland, Fotos der jüngsten Aufmärsche zeigen Frauen in typischer Landestracht ganz vorne. Wovon die in Deutschland leben, möglicherweise beantwortet „from the River to the see“ Chalil al-Haja als islamischer Terrorist direkt aus Katar? Während dessen überlegt das infantile Puppenhaus im Berliner Reichstag erstmal ganz in Ruhe, die Wehrpflicht für alle ab 18 Jahren zu installieren, das kann dauern. Übrigens las ich noch nirgends irgendeine Kritik von Seiten Israel an Deutschland von wegen historischer Schuld. Denn im Gegensatz zu Deutschland ist Israel mit Schutzbunkern, Iron Dome und IDF bestens vorbereitet und… Mehr

beccon
1 Monat her

Wenn die Hamas Großkopferten am Immodeal beteiligt sind, werden sie bald die dicksten Freunde mit den Israelis sein.

Moses
1 Monat her
Antworten an  beccon

Sie irren sich gewaltig. HAMAS hatte nie Interesse (und Notwendigkeit), Gaza zu entwickeln. HAMAS und fast alle Gaza Bewohner wollten eigene Staat nie. Genauso war es Kampf um den Territorium. Es ging immer nur um die Vernichtung vom Judenstaat.
Was Geld angeht, bekamen diese Terroristen Milliarden als Hilfe für Entwicklung und Verkauf von umsonst zugeschickte unzählige Tonnen von Humanitärer Hilfe.