Die Angst vor dem Leben

„Der Sturm auf die Sprache gilt in der Gendertheorie als eine der zentralen Offensiven auf die Gesellschaft zum Zwecke ihrer radikalen Umgestaltung, die gern Emanzipation genannt wird“, so Klaus-Rüdiger Mai. Nach dem Angriff auf unsere Sprache und Kultur von höchster Ebene Grund genug, einen Text zu bringen, der aus einer Zeit stammt, als noch über Genderfragen gestritten wurde.

IMAGO / Christian Ohde

Das Buch, in dem diese Sätze stehen, heißt zurecht Hass spricht. Am genauesten findet sich in diesem Text der Urantrieb von Butlers Denkens, ihrer Theoriebildung: Es ist der Hass. Der Hass auf den Feind. Der Feind ist der Unterdrücker, ist der Mann.

Conclusio

Wir haben gesehen, wie das Konzept einer gendersensiblen Sprache aus der Ideologisierung des Strukturalismus in Gestalt des Poststrukturalismus und des Dekonstruktivismus hervorgegangen ist und durch den totalitären Anspruch des Marxismus dynamisiert wurde. Theoretisch lässt sich der Genderismus und dessen Sprachkonzept nur unter der Verabschiedung der Wirklichkeit als Spiel der Diskurse, als der Tanz der Geschichten und Geschichtchen, als fiktionales Format begründen. Die Behauptung, dass auch das Geschlecht (sex) ein soziales Konstrukt ist und es noch dazu konstituiert wurde als Mittel der Zwangsheterosexualisierung, lässt sich naturwissenschaftlich nicht verifizieren, dafür aber eindeutig falsifizieren. Es stellt sozusagen das geozentrische Weltbild des Genderismus dar. Weil aber die gendersensible Betrachtung von Texten über keine konsistente wissenschaftliche Begründung und Grundlage verfügt, ist die gendersensible Betrachtung als sachfremd und theoretisch ungesichert abzulehnen.

Linguistisch unstatthaft ist die Behauptung, dass grammatikalisches und biologisches Geschlecht identisch wären. Nicht nur, dass die These der Sprachgeschichte widerspricht, müssten gleiche Worte in unterschiedlichen Sprachen das gleiche Geschlecht aufweisen, wenn grammatikalisches und biologisches Geschlecht zusammen fielen. So ist bspw. nach dieser Vorstellung die Tatsache, dass der Mond im Deutschen männlich, im Französischen weiblich und die Sonne im Französischen männlich, im Deutschen aber weiblich ist, nicht zu erklären, denn sowohl Sonne und Mond könnten dann nur ein und zwar identisches Geschlecht besitzen.
Wenn Sprache als System, als langue zudem Repräsentation von patriarchalischer, von männlicher Herrschaft ist, müssten die Symbole der Herrschaft auch männlich sein, also der Schwert, der Krone, der Szepter.

Die Vorstellung gerade mit Blick auf das generische Maskulinum, dass Frauen als Männer assoziiert werden, ist insofern falsch, weil die Assoziationen nicht über die Sprache, sondern über die persönlichen Erfahrungen abgerufen werden. Ob Bäcker, Erzieher, Lehrer usw. mit Frauen oder Männer assoziiert werden, hängt davon ab, ob der Assoziierende in den betreffenden Berufsgruppen stärker auf Frauen oder auf Männer gestoßen ist. Kitaerzieher würde ich beispielswese mit Frauen assoziieren, während sich bei Lehrern keine geschlechtsspezifische Assoziation bei mir einstellt.

Der Soziologe Ruud Koopmans zeigte, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und in den USA die Minderheitenrechte auf Kosten der Rechte der Mehrheit ausgeweitet worden sind und immer weiter ausgeweitet werden. Die Mehrheit der Bevölkerung empfindet das zunehmend als Verdrängung, als positive Diskriminierung, als Heimatverlust. Die Mehrheit sind diejenigen, über die Judith Butler so kaltschnäuzig schreibt, denen diese Entwicklung „angst macht“ und die ihre „konventionelle Grenzen verteidigen“, bzw. gesichert sehen wollen, es sind diejenigen, die in den Kirchen die Majorität bilden, die den größten Teil an Kirchensteuer entrichten, die sich in der Gemeinde engagieren, die Familien gründen, Kinder großziehen, den Staat und die Kirche am Laufen halten, deren Werte explizit christliche Werte sind.

In der Gemeindearbeit würde die „gendersensible Betrachtung von Texten“ kontraproduktiv bis schädlich sein und eher den Trend zum Kirchenaustritt, zum Unbeheimatet-fühlen in der eigenen Kirche verstärken. Jedes Zeitalter besitzt seinen eigenen großen Obskurantismus, der Obskurantismus der 21. Jahrhunderts ist der Genderismus, die Gender-Ideologie. Sie trägt nichts zur Emanzipation bei, sondern führt selbst zur Unterdrückung. Ihre totalitären Momente und ihre Ideen des unversöhnlichen Kampfes erbte sie vom Marxismus.

Gerade die Kirche der Freiheit darf sich nicht zum Gehilfen einer Ideologie machen, die nicht die Freiheit im Blick hat. Eine Kirche, die sich von Luthers sola scriptura herleitet, hat erst recht nicht an der scriptura herumzubasteln, bis sie zeitgeistigen Erwägungen entspricht. Sie muss die Texte der Bibel ernstnehmen, was auch bedeutet, die Aussagezeit, die Zeit, in der die Text entstanden sind, ihre kommunikative Situation respektieren, denn sie gehört genuin und strukturell zu den Texten. Die eigentliche Herausforderung besteht doch nicht darin, die Texte zu mir und zu meiner ideologischen Befindlichkeit herunter zu ziehen, sondern mich zu bemühen, die Höhe der Texte zu erreichen.

Mit dem Gendern der Gottesdiensttexte würde man sich vom Glauben verabschieden und dafür der Ideologie die Kirchentür öffnen, statt Christentum würde in der Kirche ein Wohlfühlprotestantismus herrschen, der jetzt schon Christen aus der Kirche treibt.
Und letztendlich stellt doch das Gendern von Texten, der Versuch, Texte ideologisch auf Linie zu bringen, eine große Einfalt, eine Angst vor dem Glauben, wenn es sich um christliche Texte handelt, und im allgemeinen eine Angst vor der wahren Vielfalt, vor dem Leben dar.

Niemand soll und darf wegen seiner sexuellen Orientierung oder seines Geschlechts diskriminiert werden, doch es wird dabei bleiben, dass die Liebe und die Ehe zwischen Mann und Frau das Fundament der Gesellschaft und der Kirche bildet. Niemand soll diskriminiert werden, doch die Liebe und die Ehe zwischen Mann und Frau ist als Leitbild der Gesellschaft und der Kirche zu respektieren, denn: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 24 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

24 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
bfwied
1 Jahr her

Exzellter Text. Chapeau! Nur: Der Mensch, ein Ebenbild Gottes!? Er müsste ein erbärmlicher Gott sein! Nein, wir im Westen, insb. in D., sind auf dem steil absteigenden Ast, da die allermeisten sich einreden lassen, dass sie von Grund auf böse sind, ein Begriff, unter dem sich alles, was negativ ist oder sein könnte, subsumiert. Es ist die Lust zu zerstören, wie es die Menschheit schon von Anbeginn an machte, indem sie ohne Not und Sinn Kriege entfesselte, riesige Reiche schuf, indem sie, wie Alexander d. G. oder später die Römer oder wie das 3. Reich oder wie heute Russland, andere… Mehr

bkkopp
1 Jahr her

Der philosophische und sprachwissenschaftliche Hintergrund des Genderismus ist alles andere als leichte Kost. Es ist deshalb unverändert verblüffend, warum dieser Obskurantismus so viel Zustimmung und Raum gefunden hat. Die ganz große Mehrheit der heutigen Anhänger des Genderismus, und der doktrinären Identitätspolitik, verstehen den theoretischen Überbau überhaupt nicht. Mir ist auch nur sehr teilweise plausibel, wie und warum sich dieser Obskurantismus mit der Anti-Diskriminierungsbewegung der Homosexuellen verknüpft hat. Es kann nicht bestritten werden, dass es sehr lange Zeit eine gelegentlich auch gewalttätige, aber immer sehr bigott-bösartige Diskriminierung von Homosexuellen gab, für die das Stonewall Inn/Christopher Street, aber auch der deutsche Strafrechtsparagraph,… Mehr

Magdalena
1 Jahr her

Was wir heute erleben, scheint mir eine Steigerung dessen zu sein, was Stefan Zweig bereits vor 100 Jahren beobachtete und als „Perversion“ und „eine Art Irrsinn“ bezeichnete, der „im Sturz aller Werte“ die bürgerliche Gesellschaft erfasst habe. Auch damals war es angesagt, „sogar gegen den Willen der Natur, gegen die ewige Polarität der Geschlechter“ zu rebellieren. In seiner „Welt von Gestern“ berichtet Zweig von den Berliner Transvestitenbällen, wo „Hunderte von Männern in Frauenkleidern und Frauen in Männerkleidern unter den wohlwollenden Blicken der Polizei tanzten“. „Homosexualität und Lesbierinnentum … wurden große Mode.“ Verwirrung wurde offenbar auch damals schon durch die Verhunzung… Mehr

eschenbach
1 Jahr her

Der Hass auf den Feind: Das ist nicht nur Butlers „Urantrieb“, sondern der der gesamten identitätslinken Community. Dieser Hass auf die „ekelhafte weiße Mehrheitsgesellschaft“, gepaart mit extremer Selbstgerechtigkeit, führt zu einem geradezu irren Aktivismus, dessen Hauptelement die Schikane zu sein scheint. Denken Sie an die Debatten um Stadtwappen, um Straßen- und Ortsnamen, um Mohrenköpfe und Zigeunerschnitzel etc. Eine Chance hat dieser Wahnsinn nur, wenn die Medien vom gleichen Geist erfüllt sind. (Ein wieder mal sehr eindrucksvolles Beispiel bot z.B. jüngst die Sportreporterin Sabine Hartelt, die während der CHIO- Woche in Aachen in diesem konservativen Ambiente penetrant und fortgesetzt vor sich… Mehr

dgu
1 Jahr her

Ich habe alle 5 Seiten gelesen, verstanden davon schätzungsweise ein Drittel. Jetzt weiß ich, dass dies ein Buchauszug war, eines Buches, welches ich als Pragmatiker und Ingenieur nicht unbedingt lesen würde. Aber ich würde mir wünschen, dass der Autor seine Ausführungen zusammenfasst und kürzt auf das Wesentliche, weil ich es für überaus wichtig erachte, so etwas zu wissen und auch zu verbreiten (z. B. als Status in WA). Das kann ich mit diesem Artikel leider nicht machen, da meine Bekannten da schon nach der ersten Seite aufhören würden zu lesen. Bitte – Herr Mai – vielleicht können Sie es ermöglichen,… Mehr

Manfred_Hbg
1 Jahr her
Antworten an  dgu

Es geht mir ähnlich wie Ihnen weshalb ich mich Ihrer Bitte anschließen möchte. Obwohl ich im Grunde überhaupt nicht der Typ bin um solche -für mich- „intellektuellen Fachdebatten“ zu führen/lesen, habe auch ich alle fünf Seiten durchgelesen und davon noch weniger als Sie verstanden. Andererseits denke ich aber auch, dass es bei diesem Gender-Gaga eigentlich nur eine ideologisierte Minderheit ist die ohne Wissenschaft und Beweise „gewaltsam“ ihre Ideologien und Hirngespinste für eine neue Gesellschafts- u/o Weltordnung durchsetzen wollen und das es wegen den fehlenden Beweisen und wissenschaftlichen Belegen deshalb auch egal ist was diese Gender-Freaks durch die Gegend posaunen und… Mehr

a.bayer
1 Jahr her

Intellektuell weniger anspruchs- aber dennoch durchaus wirkungsvoll wäre eine Reaktion a la „Layla“: „Es reicht! Geht uns bloß nicht weiter auf den S…“ Manch einem Philosophen mag Allgemeinverständlichkeit ein Gräuel sein, da ich aber unterstelle, dass selbst die große Mehrheit der veganen Lastenfahrradbesitzerinnen robust vorgetragene Statements eher versteht als die sehr filigranen von Derrida und Frau Butler, ist gegen schlichte „Argumentationshilfen“ nichts einzuwenden.

Hueckfried69
1 Jahr her

Ich bin ein einfacher Mann, und nach der Seite 3 habe ich es aufgegeben. Wenn mich jemand fragen würde: „Warum gibt es heutzutage Gendersternchen? Und warum früher nicht?“ dann könnte ich ihm natürlich Ihren Text nahelegen. Ich selbst hätte sonst möglicherweise einfach zur Erläuterung von Begriffen wie „Degeneration“; „Dekadenz“ oder „Verhaltensstörung“ gegriffen. Wie ich weiß, klappt das auch!

Andreas aus E.
1 Jahr her
Antworten an  Hueckfried69

Ging mir ähnlich. Sehr interessante Ausführungen, aber doch arg anstrengend.
Ich sprang dann zur Conclusio und entwickelte meine einfache Zusammenfassung in einem Begriff: Schwachsinn.
Womit natürlich nicht Mais Text gemeint ist, sondern dieser Genderspracheunfug.

Rueckbaulogistik
1 Jahr her

Gendern macht nicht nur sichtbar, sondern spaltet, so wie das helle, weiße Licht gespalten werden muss, um den Regenbogen zu erzeugen.
Besieht man sich die sogenannte „Regenbogenfahne“ genauer, fällt auf, dass in der heute üblichen neueren Fassung die Farbe Grün fehlt, es sich also um eine Buntstreifenfahne handelt.
Zwar wird ein praktischer Grund für das Fehlen bei Wikipedia angegeben, aber dort ist auch die Zuordnung der Farben nachzulesen.
Ausgerechnet die „fehlende“ Farbe Grün steht für NATUR.
Die Buntstreifenfahne lässt also genau das weg, was natürlich ist, und damit entlarvt die Bewegung sich selbst.

Drangtonne
1 Jahr her

Dahinter steckt ein ganz einfaches Problem: Wie sollen sich diese Leute (ich erspare mir die Aufzählung der diversen Abkürzungen) denn vermehren, wenn nicht durch Gehirnwäsche, Propaganda und Übernahme der Jugend. „Hab ich die Jugend, hab ich die Welt“ hat einer gesagt, der heute gefürchtet wird. Die Genderer sollten genauso gefürchtet werden

Last edited 1 Jahr her by Drangtonne
Kassandra
1 Jahr her

Ich glaube ja immer noch, dass die vorgenommene Spaltung eine ganz andere Spaltung vorbereitet: die in Allein-Gläubige und Dschizya-zahlende Ungläubige.
Ataman lässt grüßen.
Deshalb haben sie die Moslems damals aus AlAndalus vertrieben.

Schwabenwilli
1 Jahr her
Antworten an  Kassandra

Jeder der sich mit dem Konstrukt der „Rechtgläuben“ befasst weiß das es so kommen wird. Übrigens der Libanon ist ein sehr gutes Beispiel dafür aus der jüngeren Geschichte.
Und Spanien ist für mich ein leuchtendes Symbol das man es schaffen kann, diese Religionsrassisten wieder los zu werden.