Irre Zustände beim FC Bayern München

Der FC Bayern ist Deutscher Meister. Aber nur, weil die anderen Vereine nicht wollten. Währenddessen spielt sich beim Rekordmeister eine Posse ab, die ihresgleichen sucht. Über gekränkte Eitelkeiten und über einen Verein, der mit sich selbst zu kämpfen hat. Von Samuel Faber

IMAGO / Ulrich Wagner
Herbert Hainer, Präsident, und Jan-Christian Dreesen, neuer Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, München, 28. Mai 2023

Wahrscheinlich war dieser Spieltag der spannendste finale Tag in der Geschichte der Bundesliga. Zumindest seit 1999, als der 1. FC Nürnberg tatsächlich noch abstieg, obwohl Torverhältnis und Punkte eindeutig für den Club sprachen. Und als sich Radiomoderator Günther Koch „vom Abgrund“ meldete, eine Formulierung, die in die Annalen des Sportjournalismus einging, hatten Fans des Vereins aus Franken tatsächlich am Morgen bereits die Dauerkarten für die 1. Bundesliga im Briefkasten, obwohl sie in der Saison 1999/2000 in der zweiten Liga spielen mussten.

Fast ein Vierteljahrhundert später, am 27. Mai 2023 wurde der FC Bayern Deutscher Meister. Elf Mal in Folge und 32 Mal insgesamt gewann der unangefochtene Rekordmeister die silberne Schale. Im Parallelspiel traten die Dortmunder, die mit zwei Punkten vor Bayern die Tabelle anführten, zu Hause gegen Mainz an. Nach einem 0:2 Rückstand und einer unterirdischen Leistung der Borussen drehten sie das Spiel und es stand am Ende 2:2. Zu spät, denn die Münchner bezwangen den 1. FC Köln mit 2:1; mit einem Tor von Musiala kurz vor dem Ende.

Salihamidžić reagierte professionell

Ein Herzschlagfinale sondergleichen, aber auch ein Finale der Mittelmäßigen. Während man den Eindruck gewinnen muss, dass die anderen Vereine mit Ausnahme der Bayern gar nicht Meister werden wollten, schlich sich beim Rekordmeister recht früh in der Saison der Schlendrian ein. Sie gaben, völlig untypisch für die Münchner, Partien aus der Hand, in denen sie zunächst führten und spielten am Ende unentschieden, wenn sie nicht sogar verloren. Dortmund profitierte zunächst. Doch am Ende scheiterten sie gegen Mainz an der eigenen Courage.

Sportlich betrachtet ist die Bundesliga für dieses Jahr damit beendet. Der FC Bayern wird wie immer Meister, die anderen Vereine haben dazu offenkundig keine Lust. Doch die Entlassungen von Sportvorstand Hasan Salihamidžić und vor allem Vorstandschef Oliver Kahn haben für Wirbel gesorgt. In der Pressekonferenz vom 28. Mai erklärte Präsident und Aufsichtsratschef Herbert Hainer den Ablauf so: Am vergangenen Donnerstag sei Salihamidžić über die Entlassung informiert worden. Dieser hätte professionell reagiert und hatte die Bitte, dass er am Samstag beim Spiel und bei der anschließenden Abschlussfeier dabei sein wollte, um sich von Trainer und Mannschaft zu verabschieden. Dies bejahte Hainer.

Ein Weltverein lässt Professionalität vermissen

Ganz anders verlief laut dem Präsidenten das Gespräch mit Oliver Kahn. Man sei sich offenkundig so uneinig geworden, dass Hainer vorschlug, sie würden das Gespräch auf den nächsten Tag verschieben, wenn sich die Gemüter dann beruhigt hätten. Am Freitag war die Atmosphäre dann wohl ähnlich unterkühlt, sodass man sich über die weitere Vorgehensweise nicht einigen konnte. Am Samstag dann wurde der FC Bayern von Oliver Kahn in Kenntnis gesetzt, der ehemalige Welttorhüter würde am Samstag nicht im Stadion sein, denn ihn ereilte eine Sommergrippe.

Dem Schauspiel nicht genug, ließ Kahn in sozialen Medien verlauten, der Verein hätte ihm untersagt, im Stadion und bei der anschließenden Feier anwesend zu sein. Dies bestritt Präsident Hainer mit dem Verweis, er könne die Abfolge der Gespräche beweisen. Das klingt nicht nur nach Kindergarten, es ist de facto Krabbelgruppen-Niveau. Die Fans schütteln den Kopf, die Gegner der Bayern spotten. Und beide haben damit Recht.

Der FC Bayern ist eine Weltmarke. Innerhalb von zehn Jahren hat der Verein seine Mitarbeiterzahl auf 1000 verdoppelt. Zum Vergleich: Vizemeister Borussia Dortmund kommt auf lediglich rund 500 Mitarbeiter. Die Bilanzsumme des Rekordmeisters beträgt rund 730 Millionen Euro, das ist ungefähr so viel wie die Volksbank Franken eG. Die Münchner sind längst kein Provinzclub mehr, falls sie jemals einer waren. Sie sind ein Weltkonzern, eine Aktiengesellschaft mit Anlegern, die ein Mindestmaß an Professionalität einfordern. Doch diese Professionalität lässt der Verein seit einiger Zeit vermissen.

So wird es nichts mit dem Gewinn der Champions League

Ist das Machtvakuum nach dem Abgang von Rummenigge und Kahn nie erfüllt worden? Zu dem Schluss kann man kommen. Oliver Kahn wirkte, obwohl er für die Bayern so lange zwischen den Pfosten stand, als Vorstandschef wie ein Fremdkörper. Und Salihamidžić? Immerhin war er sechs Jahre beim Verein beschäftigt, zu Beginn noch als Sportdirektor. Aber auch ihm kann man vorwerfen, dass viele Transfers, die zu „Brazzos“ Haupttätigkeit gehörten, nicht einschlugen. Den Abgang von Lewandowski konnte man niemals kompensieren.

Neben der Behauptung, ob man den polnischen Rekordtorschützen überhaupt ersetzen kann, ergibt sich die Frage, wie es im Verein nun weitergeht. Ein Nachfolger steht immerhin bereits fest. Der bisherige Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen wird neuer Vorstandsvorsitzender. Wer die Nachfolge des Sportvorstandes Salihamidžić antritt, ist bisher noch nicht geklärt. Die Bayern müssen sich entscheiden: Möchten sie ewig ein Weltverein mit Provinzgemüt bleiben, oder wollen sich die Münchner endlich aus ihrer eigenen Infantilität emanzipieren?

Während die Spieler Leon Goretzka und Manuel Neuer die “One-Love-Binde” der Nationalmannschaft aufschwatzten, verlieren Vorstände die Kontrolle über ihre Contenance und verhalten sich wie eine Diva, der gerade ihre Hauptrolle genommen wurde.

So erntet man weder Respekt, noch gewinnt man die Champions League.

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Kommentare ( 56 )

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Julischka
11 Monate her

Mich hats amüsiert, denn am Morgen kam durchs Radio, dass quasi die gesamte Stadt Dortmund voller Fans und die Gastronomie aufs Feiern vorbereitet ist, auch hier in Bayern gibt’s einige Dortmund-Fans, die sich auf den Weg gemacht haben und dann kam es doch anders! Das zeigt wie dumm es ist etwas zu feiern obwohl es noch garnichts zu feiern gibt! Deshalb liebe Deutsche, stellt euch für viel Geld die Wärmepumpe vor die Hütte, für den „Kampf gegen den Klimawandel“! Wer wohl diese „Meisterschaft“ gewinnen wird!?

Sonny
11 Monate her

Die gesamte Bundesliga hat im Vergleich zu anderen europäischen Ländern verloren. Mag Bayern München auch erneut glücklicher Sieger der (internen) Meisterschaft geworden sein, haben sich die Leistungen jedoch insgesamt verschlechtert. Im internationalen Vergleich hat Bayern München keine Chancen mehr, genauso wenig wie jeder andere, deutsche Bundesligaverein. Die Politisierung des Fußballs hat vielen auch die Lust am Fußballgeschäft insgesamt genommen. Die Nachwuchsförderung und deren festgesetzte Schwerpunkte kranken ebenfalls an (auch moralischen) Ansprüchen, die insgesamt nicht erfüllt werden oder nicht mehr erfüllt werden wollen. Eine Regenbogen-Armbinde ist wichtiger, als guten Fußball zu spielen. Da wird schon offensichtlich, wo der Hase im Pfeffer… Mehr

Karl R.
11 Monate her

Chaos pur, Trainer entlassen, Vorstandsvorsitzenden entlassen, Sportvorstand entlassen, Ikonen wie Gerland vertrieben usw.. Und die die das zu verantworten haben Rummenigge und Hoeneß kommen jetzt wieder zurück. Ich war mal grosser Fan vom FCB und auch Hoeneß, aber seitdem Hoeneß gegen die AFD gehetzt hat und gegen Impfgegner, ist der Verein für mich erledigt. Sollen sie doch in die 4. Liga absteigen, mir wurscht.

D. Ilbert
11 Monate her

Mag sein, daß der FC Bayern momentan wenig professionell geführt wird. Was nicht heißt, er sei finanziell erfolglos. Eigenes Stadion und Schuldenfreiheit – selbst größte Investitionen können mittels des Festgeldbestandes beglichen werden. Unter Hoeneß und Rummenigge, Ikonen des sportlichen Erfolgs, stellte sich auch der geschäftliche und finanzielle Erfolg ein. Sie verbanden Geschäftssinn mit „Gschaftlhuberei“ und Nähe zu den Fans. Und die beiden dachten, mit einem Nachfolgegespann das sich ebenfalls aus ehemaligen Spitzenspielern rekrutiert, dieses „mia san mia“ zementieren zu können. Die Idee war gut, scheiterte aber an den Ausführenden. Weder Kahn noch Salihamidzic konnten die Fans so berühren, wie Hoeneß… Mehr

Luckey Money
11 Monate her

Ich habe vor Jahren meine Jahreskarte nicht mehr verlängert. Im Besonderen hat mich gestört, wie sie Kimmich in der „Impfgeschichte“ vor den Bus gestoßen haben. Auch seine Kollegen haben geschwiegen. Nicht verwunderlich. Ich würde gerne wissen, wie viele Millionen der FCB erhalten hat, um bei der Plandemie mitzumachen. Wenn ich an die Vorstände denke, die in einem leeren Stadion mit einer Staubpartikelfilter Maske saßen., sorry einfach nur erbärmlich. Was mich schon länger an der Bundesliga stört, ist der Steuervorteil, den die Vereine genießen, aber eines der Spiele wird, im freien TV gezeigt. Volle Vermarktung und dann noch Steuergelder. Und zu… Mehr

gast
11 Monate her

Als würde dieses Gerumpel unter Millionären einen normalen Menschen interessieren. Wenn uns nicht die GEZ abgepresst würde, müssten die mit ihrem Gehalt auch ein wenig runterschrauben.
Früher habe ich schon die Fußball WM geschaut und die Daumen gedrückt. Heute gehe ich Wetten ein, welches Zeichen wird Neuer setzen, sollte er wieder krabbeln können. Wir sind uns einig, er wird sich irgendwo festkleben. Meine Widersacher wetten, er tut das am Tor. Aber das wäre ja völlig blöde und somit votiere ich: er wird sich am Ball festkleben.

voll wach
11 Monate her

Mal ehrlich. Früher ging´s in deren – woken – Sinne weniger bunt zu. Dafür wurde mehr Leistung, Einsatz, Kampfgeist an den Tag gelegt. Heute sehe ich Weicheier, Diven, Schöngeister, Dummsabbler, Duckmäuser und ewige Talente. Ich sage nur:“ die Spielerinnen und Spieler liebe Zuschauerinnen und Zuschauer“. Sorry, aber mir wird´s beim Zuschauen heutzutage schlecht.

Peter Klaus
11 Monate her

Der FCB ist alles nur keine „Weltmarke“. Wie kommt man überhaupt darauf? Der FCB ist ausschliesslich in der deutschsprachigen „Provinz“ zu Hause,
da helfen auch keine „Büros“ in den USA oder China (gibts diese noch?). Fussball-Weltmarken sind ManU, FC Liverpool, Barcelona und Real Madrid. Wenn diese Vereine spielen dann stellen sich auf der anderen Seite unseres Planeten Menschen einen Wecker, um kein Spiel zu verpassen oder wenn der FC Liverpool ein Freundschaftsspiel in Melbourne hat, dann sind mal ganz schnell 80.000 australische Fans im Stadion und zwar nicht diese von der Heimmannschaft.

Last edited 11 Monate her by Peter Klaus
Marco Mahlmann
11 Monate her

Der FC Bayern hat genau zwei Probleme: 1. das Genöle und Gekeife der Bayern-Hasser und Bayern-Neider, die selbst nichts auf die Reihe kriegen und sich bei der kleinsten Gelegenheit ein Ei darauf pellen, dem FC Bayern irgendeine Unfähigkeit bzw. zur Not irgendeine Unmoral vorzuhalten; 2. trotz aller Erfolge die intrensische Motivation, die Gier, das Verlangen nach Erfolg aufrechtzuerhalten. Die Entlassung von Kahn und Salihamidzic war konsequent und richtig; die Art und Weise fair und menschlich. Daß Kahn ungehalten war, ist ärgerlich; inzwischen hat er ja schon wieder versöhnlich gesprochen, und die Bayern werden mit Kahn schon irgendetwas neues Gemeinsames aufbauen.… Mehr

K. Berkmann
11 Monate her

Warum so negativ? Der letzte Spieltag war doch extrem unterhaltsam. Und dass beim FC Hollywood ab und zu die Fetzen fliegen, gehört eben zu einer guten Show.