FDP – die neue APO? Denn sie wissen nicht, was sie tun…

Man reibt sich schon ein wenig die Augen, wenn man FDP-Chef Christian Lindner geradezu davon schwärmen hört, dass seine FDP nicht mehr im Bundestag ist. Zitat Nr. 1: „Der Rauswurf aus dem Bundestag hat der FDP gut getan“. (Huffington Post). Zitat Nr. 2: „APO hat auch Vorteile. Wir sind so unabhängig wie niemals zuvor in unserer Geschichte.“ (Cicero). Nun ja, der „Trümmermann“ der Freien Demokraten versucht natürlich, das Beste aus seiner Situation zu machen. Dabei kokettiert Lindner gern mit dem Begriff der „Außerparlamentarischen Opposition (APO). Nicht wenige FDP-Politiker bezeichnen ihre Partei ebenfalls als APO. Das soll wohl etwas rebellisch klingen, vor allem aber sehr liberal. Hat die APO doch nach landläufiger Meinung die Bundesrepublik angeblich vom „Muff der Adenauer-Jahre“ befreit. Das hält jedoch einer näheren Betrachtung nicht stand. Die APO, die in erster Linie aus protestierenden Studenten bestand, machte vor allem zwischen 1967 und 1974 von sich Reden. Damals war Willy Brandt zuerst Außenminister (bis 1969) und anschließend Kanzler einer SPD/FDP-Koalition. Adenauer war da schon lange nicht mehr im Amt.




Ebensowenig scheint die junge Garde an der FDP-Spitze nicht zu wissen, dass die APO genau das Gegenteil einer liberalen Opposition außerhalb des Parlaments war. Auch wenn es „die“ APO eigentlich gar nicht gab, sondern aus vielen Gruppen und Sekten – von Linksliberalen bis zu von Ostberlin finanzierten Kommunisten – bestand, so gab es doch einen gemeinsamen Nenner: Die APO hielt die parlamentarische Demokratie für nicht reformfähig und lehnte das Konzept der pluralistischen Gesellschaft ab. Für ihre Wortführer war die BRD schlichtweg faschistisch und die demokratischen Strukturen nur Fassade („Kapitalismus führt zu Faschismus“).

APO steht für die meisten, die diese Zeit miterlebt haben, für die Verharmlosung der Verbrechen des Stalinismus, für die Verherrlichung von Mao und Ho-Tschi-Minh (Rudi Dutschke: „Die Kulturrevolution ist unser Vorbild“), für Blindheit gegenüber Mauer und Stacheldraht. Mit liberalen Ansichten unvereinbar war auch die APO-Strategie, eine umfassende Demokratisierung, eine „Basisdemokratie“, zu fordern, andersdenkende Minderheiten aber auszugrenzen. Wer anderer Meinung war, wurde niedergebrüllt und war an manchen Hochschulen einem autoritären Gesinnungsterror ausgesetzt. Professoren, die vor der APO nicht kuschten, kamen oft nicht mehr zu Wort, wurden öffentlich gedemütigt und bloßgestellt. Die Mischung aus Intoleranz und Größenwahn, die viele APO-Führer auszeichnete, trug durchaus faschistoide Züge.

Das Schlimmste an der APO war aber ihr Verhältnis zur Gewalt als Mittel der Politik. Die Einstellung, „Gewalt gegen Sachen“ wäre ein demokratisches Mittel, führte zum blanken Terror und mündete in einer breiten Blutspur. Es ging relativ harmlos los: Druckereien wurden blockiert, um die Auslieferung nicht genehmer Zeitung zu verhindern. Dann eskalierte der Terror der Straße: Erst brannten Zeitungen, dann Fahrzeuge, dann ein Kaufhaus, dann Menschen. Die aus der APO hervorgegangene RAF startete „im Namen der Demokratie“ eine Orgie der „Gewalt gegen Menschen“: Entführungen, Morde, Hinrichtungen.

Christian Lindner und seine Mitstreiter sind natürlich über jeden Verdacht erhaben, Minderheiten ausgrenzen und Andersdenkende unterdrücken zu wollen. Aber sie sollten gerade deshalb überdenken, ob sie sich weiterhin als APO bezeichnen wollen, um rebellischer zu erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind. Diejenigen, die mit der APO überwiegend Positives verbinden, wählen heutzutage eher Grün oder Die Linke, sind aber keine potentiellen FDP-Wähler.




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