Bis zu 10,1 Millionen in Kurzarbeit: Die Rückkehr der Massenarbeitslosigkeit ist nur verzögert

Der Arbeitsmarkt ist regelrecht eingebrochen. Allein die Kurzarbeit bewahrt Deutschland noch vor einer neuen Massenarbeitslosigkeit. Aber die ist befristet. Und die Krise wird bis Ablauf der Frist womöglich nicht beendet sein.

© Christof Stache/AFP/Getty Images

Nun sagt also auch der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, diesen Satz: “Die Corona-Pandemie dürfte in Deutschland zur schwersten Rezession der Nachkriegszeit führen.“ Mit dieser Feststellung, an der kaum noch ein Ökonom oder sonst wer zweifelt, leitet er seine dramatischen Nachrichten auf der Pressekonferenz ein: „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind erstmals in einem April gestiegen.“ Um 308 000 auf 2644000, also um 0,7 Prozentpunkte auf 5,8 Prozent. Sonst ist der April immer ein Monat sinkender Arbeitslosenzahlen, was der Vorjahresvergleich – plus 415 000 – verdeutlicht. 

Besonders deprimierend ist Scheeles Satz: „Und die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeitern ist regelrecht eingebrochen.“ Solche Worte aus Nürnberg ist man in Deutschland seit mindestens zehn Jahren nicht gewohnt. Einen so jähen Einbruch gab es in der Nachkriegszeit überhaupt noch nie. Im April waren 626.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 169.000 weniger als vor einem Jahr. Saisonbereinigt hat sich der Bestand der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen um 66.000 verringert. Das Ausbleiben von Stellenneumeldungen schlägt hier vornehmlich zu Buche. Der BA-Stellenindex (BA X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland – sank im April 2020 um 19 auf 94 Punkte. Er liegt damit 37 Punkte unter dem Vorjahreswert.

Und es wäre sicherlich noch sehr viel schlimmer gekommen, gäbe es für Unternehmen nicht die Möglichkeit der von der BA teilfinanzierten Kurzarbeit. Sie befindet sich nun auf einem noch nie dagewesenen Niveau. Im März und bis zum 26. April 2020 wurden bei den Agenturen für Arbeit 751.000 Anzeigen erfasst für insgesamt bis zu 10,1 Millionen Personen. Das heißt zwar nicht, dass diese Menschen schlussendlich auch alle kurzarbeiten werden. Nichts desto trotz ist das eine im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten nie da gewesene Zahl. Im gesamten „Krisenjahr“ 2009 gingen bei den Agenturen für Arbeit nur Anzeigen für 3,3 Millionen Menschen ein. 

Die Kurzarbeit ist für den Fall einer kurzen Rezession mit baldiger Wiederkehr des Aufschwungs eine kluge Einrichtung. Da Entlassungen und schließlich auch Wiedereinstellungen für Unternehmen ein kostspieliges und mühseliges Geschäft sind, wird die Institution von Arbeitgebern wie -nehmern gleichermaßen geschätzt. Sie galt als ein Hauptgrund dafür, dass Deutschland die Finanzkrise besonders schnell und relativ glimpflich verarbeitet hat. In der gegenwärtigen Coronakrise ist allerdings erstens das Ausmaß des realwirtschaftlichen Einbruchs viel größer als 2009 und zweitens die Erwartung, dass es V-förmig schnell wieder bergauf geht nichts weiter als eine Hoffnung, die die Konjunktur-Propheten verkünden. Die Verwerfungen sind schon jetzt so schwer, dass sie nicht einfach mit der Lockerung von politischen Quarantänemaßnahmen aus der Welt geschafft sind. 

Die Weltwirtschaft und die deutsche besonders standen auch vor der Corona-Krise schon am Ende eines langen Aufschwungs. Und dieser war nicht wirklich nachhaltig, sondern durch die Geldschwemmepolitik der meisten wichtigen Notenbanken und eine allgemeine Verschuldungstendenz sowohl privater als auch öffentlicher Haushalte befeuert. Für die ökonomischen Verwerfungen, die jetzt erst beginnen, sind nicht ausschließlich begründet durch das Coronavirus und die Maßnahmen dagegen, sondern durchaus struktureller Natur. 

Mittelfristig, also nach Ablauf der 12-Monatsfrist für die Kurzarbeit, werden wir uns wohl auch in Deutschland auf die Rückkehr der Massenarbeitslosigkeit, wenn auch hoffentlich nicht in dem Ausmaß wie in den 1980er Jahren und in Südeuropa, gefasst machen müssen. Und sie wird auf einen (Sozial-)staat treffen, der aufgrund exorbitanter Verschuldung, sinkender Steuereinnahmen und nicht zuletzt gesamteuropäischer Ansprüche auf „Solidarität“ an die Grenze seiner Belastbarkeit kommen dürfte.  

Unterstützung
oder

Kommentare ( 66 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

66 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
U.S.
4 Jahre her

Sie haben Recht, die Auflistung könnte kilometerlang werden:

(-) arabische Großfamilien Clans mit OK Kriminalität (Drogen, Rotlicht, Waffen-, Menschenhande, Schutzgeld)

(-) Massenschlägereien, Messerstechereien, Schiessereien

(-) JVAs überfüllt mit Menschen mit Migrationshintergrund

(-) Familien Nachzug aus allen Armutsregionen des gesamten Planeten

(-) Prozesse um Asyl, Hartz IV, Kindergeld,

(-) Mehrfach Identitäten

(-) vor den Zug „schubsen“

(-) deutsche Frauen und Mädchen als kostenlose Sexobjekte

(-) Kölner Domplatte

(-) Linke, Juso- Randale

(-) illegale Autorrennen in den Cities, Autoposer

(-) 2500 Kondolierende bei Begräbnissen führender Mitglieder arabischer Großfamilien Clans

heifrilot
4 Jahre her

Dafür retten wir den Süden Europas. Gut, dass wir so fleissig waren, länger arbeiten dürfen und die schwarze Null hatten.

Kassandra
4 Jahre her

Wenn man das in dem Artikel der Welt 2001 Beschriebene einbezieht, kann man erkennen, was die Uhr geschlagen hat: https://www.welt.de/kultur/history/article482001/Bekaempft-sie-bis-sie-Tribut-entrichten.html

Merkel und ihre Strippenzieher sind „ein Fehler“ im System.
Lustiger wird es nicht mehr – zumal welche bereits erkennen, dass sich unsere Lebensrealität der von Kabul angleicht.

Kassandra
4 Jahre her

Seltsam, dass die einen in so vielem und auch in ihren Reisen „beschränkt“ werden, während andere von wo auch immer sich durchgängig frei über wahrscheinlich mehrere „Grenzen“ hinweg bewegen dürfen.

Wieso wird das einfach so hingenommen?

Morgen, Samstag, 15:30 Uhr auf dem Wasen in Stuttgart – und anderswo in ganz Deutschland: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.kundgebung-in-stuttgart-tausende-bei-demo-fuer-grundrechte-erwartet.3539f339-429a-424b-bd6e-f82c9a585a83.html

Weiss
4 Jahre her

Hat Herr Altmeier zu den 30,3 Millionen Arbeitslosen in den USA und zu den Auswirkungen der Grossen Depression auf die BRD schon was gesagt ?

So viel Wirtschaftssachverstand wie in der Merkel-Regierung habe ich selten in meinem Leben angetroffen.

Weiss
4 Jahre her

In den USA haben wir seit dem gestrigen Donnerstag 30,3 Millionen Arbeitslose durch den Lockdown zu beklagen. Das ist ein gewaltiger Einbruch und das nur innerhalb von 6 Wochen: Week 6 of the Collapse of the U.S. Labor Market … https://wolfstreet.com/2020/04/30/week-6-of-the-collapse-of-the-u-s-labor-market/ Die Auswirkungen dieser Massenarbeitslosigkeit sind noch gar nicht so richtig abzuschätzen, ich gehe aber davon aus, dass viele Menschen davon schwer betroffen sein werden: Ganze Existenzen wird das ruinieren. Familien werden auseinanderbrechen, es wird zu hohen Scheidungsraten kommen. Millionen Menschen werden wohl obdachlos werden… Der Lockdown wird am Ende wohl mehr Tote als das Virus verursacht haben ? Die… Mehr

Jan
4 Jahre her

10, 1 Millionen in Kurzarbeit. Aber wer kann kontrollieren, ob im Home Office auch wirklich kurz gearbeitet wird? Es wird viele Mitnahme-Effekte geben, die Bundesregierung wird kein Interesse haben, jedem Einzelfall auf den Grund zu gehen. Schon wegen der aktuell guten Umfragewerte wird man da keinen Stunk beim Wähler machen. Läuft doch. Danach werden die Steuern erhöht und die meisten Michels werden Verständnis haben, dass der Staat wieder Geld braucht.

heifrilot
4 Jahre her
Antworten an  Jan

Ist doch logisch. Bei 80% Lohnersatz kann man für 20% fiktiven Verlust schon einiges nebenbei erledigen. Warum ist angeblich die überwiegende Mehrheit für dieses Einsperren? Wenn nicht so mit dem Geld umgegangen würde, würden die Leute wohl anders denken. Na ja, Ende des Jahres ist dieser Topf leer.

Cubus
4 Jahre her

Nicht zu vergessen, die Millionen Versorgungssuchenden, die in der letzten Zeit unseren Sozialstaat erreicht haben und noch erreichen werden ..
Nun rächt sich natürlich auch, wofür man bislang das Geld verschwendet hat, zum Beispiel die Energiewende ins Nirvana ..
Also entweder hier landen bald Untertassen von Außerirdischen und alles wird gut oder Armageddon naht ..

daldner
4 Jahre her
Antworten an  Cubus

Keine Panik. Solange diejenigen mit den Versorgungspöstchen im öffentlich-sozialen Sektor mit dem richtigen Parteibuch und einem Diplom im Kekse-Essen weiter in ihren Wohlfühlghettos ihren Urban-Gardening „Projekten“ nachgehen können, sich weiterhin darum balgen, wer die Neuankömmlinge zuerst ehrenamtlich betüdeln darf und von autofreien Kiezen träumen, wird alles, alles gut.
Erst, wenn die keine Knete mehr für fair gehandelte Unterwäsche haben, wird´s kritisch.

giesemann
4 Jahre her

Man sieht, der shutdown war und ist keineswegs umsonst – er ist lediglich vergebens, denn bezahlen müssen wir das auf alle Fälle. Wegen ein paar tausend alten Leuten, die vielleicht früher gestorben sind – das ist weiterhin völlig unklar – und weil wir nicht vorbereitet waren auf eine Pandemie mit billigem Schutzzeugs aus Papier. Für die Brennpunkte des Geschehens. Aus angeblichen Kostengründen für Lagerung etc. – frei nach dem Motto: G’schpart wird, egal was‘ koscht (die schwäbische Hausfrau). Zum Glück die Mitbewerber auch, sodass es darauf ankömmt, wer relativ am Glimpflichsten davon kommt. Schaumermal.

heifrilot
4 Jahre her
Antworten an  giesemann

Im Hangar 7 hatte gestern ein Teilnehmer eine an sich logische Vermutung. In Deutschland gab es bei der Grippewelle 2017/18 ca. 25.000 Tote, im Süden nicht. Nun ist es umgekehrt. Vermutung: Die damals an Grippe Verstorbenen wären wohl jetzt in Deutschland gestorben. Im Übrigen verblieb die Anzahl der Toten ohne größeres Aufsehen.

afisch64
4 Jahre her

Was passiert denn eigentlich genau,
wenn wir
„an die Grenzen der Belastbarkeit“ kommen?
Kann das jemand mal klarer ausdrücken?
Werden dann die Sozialleistungen abgesenkt?
Alle gleichzeitig, oder nur bestimmte Bereiche?
Sind auch Rentenzahlungen davon betroffen?
Kann das im Extremfall zur kompletten Abschaffung von Sozialleistungen(Hartz4, u.ö.) führen- ist soetwas tatsächlich möglich? Adhoc?
Oder geht das nur über einen langen und schleichender Prozess?

daldner
4 Jahre her
Antworten an  afisch64

Wollen die Besitzenden riskieren, dass die hungernden Massen durch die Nobelvororte marodieren und die Kühlschränke plündern? Nein. Das Existenzminimum wird weiter ausgezahlt, das Asylrecht bleibt bestehen, wie es ist und jeder, der das Zauberwort nuschelt erhält Einlass ins Paradies der Kartoffelesser.