„Bildungsgouvernante Bund“ – die letzte (Platz-)Patrone des Martin Schulz?

Schulz wie Merkel wissen wohl gar nicht, warum wir keine Bildungsnation mehr sind. Z.B. weil SPD und Grüne die Spaßschule mit Abiturvollkaskoanspruch für alle inszenierten. Und weil die Merkel-CDU das meiste dieser Politik widerstandslos mitmacht.

© Sean Gallup/Getty Images

Wenn es früher mit der Jugend nicht so recht klappen wollte, dann richteten unsere Großeltern und Urgroßeltern den Blick gen Himmel und stießen den Seufzer aus: „Jetzt hilft nur noch Beten“. Wenn es heutzutage mit der Jugend nicht so recht passt, dann kommen Leute wie Martin Schulz und seufzen: „Da hilft nur noch eine Bildungsreform und noch eine Bildungsreform und noch eine Bildungsreform.“ Bestückt mit zehn oder zwölf oder dreißig Milliarden? Oder was? So genau wollte sich „der Martin“ da bei einer Veranstaltung in einer Berliner Schulbibliothek nicht festlegen.

Nun ist es ja eigentlich schön, wenn Schulz als Kanzlerkandidat die Bildung entdeckt. Das hat seine Konkurrentin Merkel auch schon mal getan. Sie rief 2008 die „Bildungsrepublik“ aus. Was immer das ist. Weil sie bestimmte Begriffe nicht mag, wollte sie den Begriff „Bildungsnation“ nicht in den Mund nehmen. Und wahrscheinlich weiß die in der DDR sozialisierte Physikerin Merkel gar nicht, dass und warum wir einmal eine führende Bildungsnation waren.

Und beide wissen wohl auch nicht oder sie wollen es gar nicht wissen, warum wir nun keine Bildungsnation mehr sind. Zum Beispiel weil SPD sowie Grüninnen und Grüne die Spaßschule mit Abiturvollkaskoanspruch für alle inszenierten. Aber auch weil die Merkel-CDU das meiste an dieser Politik widerstandslos mitmachte. Das geschah nicht in allen deutschen Ländern gleichermaßen anspruchslos, aber immerhin so weit, dass wir unter den 16 deutschen Ländern bereits bei Fünfzehnjährigen ein Leistungsgefälle von bis zu zwei Jahren haben.

Nun also will Schulz einen nationalen Bildungspakt mit Milliardeninvestitionen. Und er will mehr Zuständigkeit für den Bund. Das klingt nach mehr Einheitlichkeit, nach mehr Gerechtigkeit. Womit Schulz wieder bei seinen Sprechblasen angelangt wäre, mit denen er als Kandidat ein erstes Strohfeuer entfacht hatte.

Wer freilich ein wenig Ahnung von jüngster deutscher Bildungsgeschichte hat, muss angesichts solch zentralistischer Bildungsvorstellungen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Mehr Bildungskompetenz beim Bund? Das wollten SPD und FDP beim Start in die sozialliberale Koalition im Jahr 1969 schon einmal haben. Für eine entsprechende Verfassungsänderung fehlte ihnen aber gottlob die Mehrheit, denn sonst hätten wir heute quer durch die ganze Republik, auch in Bayern und Sachsen, Pisa-Ergebnisse wie in Bremen und Berlin.

Nein, das ist das Letzte, was uns voranbringt. Aber clever ist „der Martin“ schon. Wenn sich alle deutschen Länder auf das Niveau einer krachend gescheiterten SPD-Bildungspolitik begeben, dann ist alles wieder „gerecht“. Oder? Nein, wir brauchen in Sachen Bildung einen kompetitiven Föderalismus. Das ist ein Föderalismus des Wettbewerbs. Will sagen: Die 16 deutschen Länder müssen endlich in einen Wettbewerb um das beste Bildungssystem eintreten, anstatt sich ständig auf der nach unten offenen Anspruchsskala zu unterbieten. Dazu bräuchten wir mal das eine oder andere deutsche Land, das auf den Tisch haut und sagt: „Ihr da, in Bremen oder Berlin, wenn ihr nicht endlich euer Niveau hebt, erkennen wir eure Zeugnisse bei uns nicht mehr an!“ Aber dafür wiederum bräuchten wir Minister (m/w), die schlicht Mumm haben, statt immer nur zu jammern und zu sagen: „Meine Landeskinder dürfen doch nicht strenger gemessen werden als die in Bremen, Berlin, Hamburg, Brandenburg oder NRW!“

Wie man eine Bildungsnation noch weiter an die Wand fahren kann, das hat zuletzt eine SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gezeigt, als sie die wohl bundesweit höchstideologisierte Schulministerin Löhrmann (Grüne) schalten und walten ließ, wie letztere wollte.

Also, lieber Martin, fang mal in deiner eigenen Partei zu kehren an. Und hör bitte auf, von skandinavischen Schulverhältnissen zu träumen. Schweden, Dänemark und Norwegen liegen bei „Pisa“ sogar noch hinter Deutschland. Und das, obwohl bei „Pisa“ bekanntermaßen ja auch die Ergebnisse SPD-geführter Länder mitzählen. Und fang nicht an, von Finnland zu träumen; Finnland ist zurückgefallen, seit es in den „nuller“ Jahren seinen Unterricht begonnen hat zu „reformieren.“

Im Patronengürtel des Martin Schulz scheinen jedenfalls nur noch Platzpatronen zu stecken. Aber vielleicht sollte er es mal mit dem Thema versuchen, das die Menschen am meisten bewegt: die innere Sicherheit.

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Kommentare ( 49 )

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Eysel
6 Jahre her

Vorbilder?
Schauen sie sich mal an,
was für „Figuren“ heute längst massenweise als Leitfiguren dienen!!!
Betrachten sie rückblickend einmal wie „alte Vorbilder“ demontiert wurden.
– Derart niedere Instinkte quasi zur „Norm“ erhoben wurden. –
Und völlig zeitgemäß „Geiz als geil“ definiert wurde.
„Tatsächliche Elite“ so(!) um-definiert, dass Bildung, heute längst jegliches Streben negativ konnotiert wird. (Davon ganz abgesehen, dass kaum noch eine Person den gewaltigen Unterschied zwischen Ausbildung und Bildung begreift.) Und „akademisches Proletariat“ seit spätestens den frühen 80ern regelrecht gezüchtet wurde. –

Jens Frisch
6 Jahre her

Ich habe einen eineiigen Zwillingsbruder.
Nach der 11 Klasse ist er nach NRW, ich bin in Bayern geblieben.
Ich habe allein auf meine Physik Abiprüpfung 60-70 Stunden gelernt: Ergebnis 3,0.
Mein Bruder hat nichts getan – keinen Strich, nach eigener Aussage:
Ergebnis 2,0.

Ernst-Fr. Siebert
6 Jahre her

Widerspruch!
Wer Nachhilfe braucht, gehört nicht auf´s Gymnasium! So einfach ist das.
Übrigens: So war das damals im angeblich bildungsfernen Dunkelstdeutschland.
Schiller (Jena), Goethe (Weimar), um nur zwei aus dem näheren Umfeld zu nennen und auch Caesar und Shakespeare aus der Ferne wurden uns zugemutet. Mit Messer und Gabel essen konnten wir auch, außer, wie Kohl bemerkt haben soll, Frau Merkel. Die aber ist in einer „Westpartei“ groß geworden.

tc
6 Jahre her
Antworten an  Ernst-Fr. Siebert

Oh habe ich da in ein Wespennest gestochen? Doch! Mit Nachhilfeunterricht kann man schon einen Anstoß geben. Mal ganz ehrlich, es sind auch nicht unbedingt alle Lehrkräfte geeignet, auf junge heranwachsende Kinder/ Jugendliche losgelassen zu werden. Ich habe mich auch nicht negativ gegen den Osten geäußert. Sicherlich haben Sie noch einige vergessen, was ist mit Martin Luther z. B. ( und das im Lutherjahr) Was meinen Sie, und die Leute immer mit“ Dunkel Deutschland“? damit kann ich gar nichts anfangen. Dunkel Deutschland, Mh? Meinen Sie vielleicht unseren wunderschönen Schwarzwald mit seinen dunklen Tannenwälden? Zu Frau Dr. Merkel und sie ist… Mehr

Ernst-Fr. Siebert
6 Jahre her

„Und wahrscheinlich weiß die in der DDR sozialisierte Physikerin Merkel gar nicht, dass und warum wir einmal eine führende Bildungsnation waren.“
Den Satz nehme ich Ihnen übel!
Die Unbildung geht von den 68igern aus, und die gab es bei uns nicht.

Marcel Börger
6 Jahre her

Der Partei als politische Heimat mag er sich stark verbunden fühlen, daß glaube ich sofort, da ich ihm auch viel Idealismus unterstelle. An Personen, die derzeit in der Partei eine maßgebliche Rolle spielen, denke ich allerdings nicht, daß er sich denen irgendwie verbunden fühlt oder sich an die krallt. Seine Veröffentlichungen sehe ich zum erheblichen Teil eher als Mahnung an die SPD-Führer, wo man eigentlich herkommt oder derzeit steht und wohin die aktuelle Politik führt, eben oft in die falsche Richtungen. Ich sehe darin auch keinen Widerspruch oder gar etwas verrücktes. Nur weil eine Parteiführung (meist nur vorübergehend) personell nicht… Mehr

Eysel
6 Jahre her

Und wieder:
Mehr Einheitlichkeit = mehr Gerechtigkeit.
Man muss Denkentwöhnten das nur oft genug vorbeten,
dann glauben sie es und beten sie es im Chor nach. –
Bloß nicht für 5 Pfennige den Grips einschalten.
Das könnte die Demokratie gefährden.
Jedenfalls DIE Demokratie die die „Berliner Eliten“ sich wünschen.

Böse_Wicht
6 Jahre her

Man muss einfach einmal darauf hinweisen, was „DDR-Sozialisation“ oder Sozialisation in Ostblockländern generell bedeutete:
Keinerlei Zugang – selbst bei größtem Interesse nicht – zu Druckerzeugnissen, deren Inhalt die Aneignung und nach Belieben mögliche Vertiefung eines systemwidrigen, realistischen Weltbildes und den Erwerb einer – zumindest leidlich zu nennenden – bürgerlichen Bildung gestattet hätte.
Statt dessen unablässige Indoktrinierung im Sinne des Marxismus-Leninismus (der Stalinismus war zu Merkels Zeit bereits obsolet).
Diese systembedingten Defizite auch auf dem Gebiet der durch eine gediegene Bildung bewirkten Persönlichkeitsformung hat Merkel auszugleichen versäumt.

Ernst-Fr. Siebert
6 Jahre her
Antworten an  Böse_Wicht

So ein Quatsch, was Sie da von sich geben!
Ich wage einmal einen anderen Vergleich:
„Fräulein Kastner, heute Frau Merkel wurde in einem Pastorenhaushalt sozialisiert. Was soll da schon heraus kommen?“
Wie würden Sie diese Verallgemeinerung bewerten?
Mit Ihrer Wertung oben setzen Sie Millionen Deutsche herab. Schämen Sie sich!
Halten Sie beispielweise Klonovsky und Zeller auch für bildungsmäßig unterbelichtet. Denen wurden übrigens ebendort mit ebendergleichen Weise, der Erwerb einer – zumindest leidlich zu nennenden – bürgerlichen Bildung gestattet.

Nico Laus
6 Jahre her

Es gab doch die Vorschläge, unser Niveau abzusenken, damit unsere „Neubürger“ nicht demotiviert oder gar provoziert werden und keine Lust mehr auf Integration haben. Aber warum aufregen: Es kommen doch so viele „Fachkräfte“ ins Land und deren Familien packen schon die Koffer … also nicht über unser Bildungsniveau mehr nachdenken! Rohstoff Geist … wird also nachgefüllt?

tc
6 Jahre her
Antworten an  Nico Laus

In Massen!

SMelanie
6 Jahre her

Die Schuldbildung ist unterirdisch, das merke ich bei vielen Mitarbeitern der jüngeren „Generation“ (80er und 90er Jahrgänge). Dazu kommt noch die Einstellung: Rechtschreibung scheint egal zu sein, es gibt ja Autokorrektur. Bei der (geistigen!) Arbeit hört man Musik. Die Aufmerksamkeitsspanne liegt bei max. 2 Minuten. Ein Thema mal komplett zu durchdringen und sich hierfür auch mal zu „Quälen“, also Durchhaltevermögen zu zeigen, ist auch nicht mehr en vorgue. Muss ja alles intrinsisch motiviert sein und einem höheren Sinn dienen, in einer Dekadenz-Gesellschaft mit ausschließlich First Wortd Problems. Letzteres liegt mit Sicherheit auch am Internet, dass alle Probleme vermeintlich beschreibt und… Mehr

Marcel Börger
6 Jahre her

Nein, schon lange nicht mehr.

Er wird nach all den Kränkungen der letzten Jahre keinen Finger für Schulz oder diese SPD krumm machen.