Italien: Prozess gegen Salvini von Gericht in Catania abgelehnt

Der frühere Innenminister Matteo Salvini erringt einen Sieg im Kampf um die nachträgliche Rechtfertigung seiner Politik der für Migranten geschlossenen Häfen. Und er geht gleich wieder zum Angriff über in der Migrationsfrage.

picture alliance / ANSA | Orietta Scardino

In den letzten Tagen konnte der frühere italienische Innenminister und Chef der Lega Matteo Salvini juristische Erfolge für sich verbuchen. Richter Nunzio Sarpietro in Catania auf Sizilien hat ein Verfahren gegen Salvini abgewiesen. Salvini, der für seine „Italiener zuerst“-Politik bekannt ist, wurde im Juli 2019, zu diesem Zeitpunkt Innenminister, beschuldigt, seine Befugnisse zu missbrauchen, indem er 116 Migranten daran hinderte, von Bord des italienischen Küstenwachenschiffs „Gregoretti“ und in Italien an Land zu gehen.

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Salvini sagte, er habe das Land verteidigt, während er seine Politik der „geschlossenen Häfen“ inmitten einer starken Migrationswelle an Italiens Küsten durchsetzte. Sowohl die Verteidigung Salvinis als auch die Anklage plädierten für die Einstellung, auch mit der Begründung, dass der Minister nicht gegen internationale Konventionen verstoßen habe. Salvini habe hierbei im Interesse des italienischen Volkes verfügt. „Ich habe es mit Stolz und als Innenminister getan, um unsere Grenzen zu schützen und unser Land zu verteidigen“, so Salvini, und dies nicht allein, sondern stets in Absprache und Übereinstimmung mit dem damaligen Premier Conte und Mitgliedern des Kabinetts, der damaligen Koalition.

Nachdem er den Gerichtssaal zusammen mit seiner Anwältin Giulia Bongiorno verlassen hatte, richtete Salvini sich mit diesen ersten Worten an die Medien: „Ich widme diesen Freispruch meinen Kindern und den Italienern, den ehrbaren Ausländern und der Polizei, die jeden Tag dafür kämpfen, Italien sicher zu machen“. Zwei Polizisten zählten zu den ersten, die Salvini nach der Anordnung des Richters gratulierten. Für den ehemaligen Minister ist der Sieg aber nicht nur juristisch. Matteo Salvini wäre nicht auch der bei der italienischen Bevölkerung so beliebte und kampfeslustige Parteivorsitzende, wenn er nicht gleich auch wieder Pfeile in Richtung der sozialistischen PD sowie der Fünfsterne-Bewegung richten würde, die die Prozesse gegen Salvini durch Aufhebung seiner Immunität erst möglich machten. Direkt und unmittelbar geht Salvini in der Einwanderungsfrage also gleich wieder zum Frontalangriff gegen die Kabinettsparteien über: „Ich wiederhole, dass ich genau das Gleiche tun werde, wenn die Italiener wieder zur Wahl gehen und mir die Regierungsverantwortung zurückgeben“, sagte er der Tageszeitung La Repubblica. Seine Forderung: Aufnahme von illegalen Migranten erst dann, wenn deren Verteilung innerhalb der EU klar geregelt sei.

Dann sprach sich einen Tag zuvor noch die Staatsanwaltschaft in Mailand wegen des Vorwurfs der Aufstachelung zu einer Gewalttat Salvinis für die Einstellung eines Verfahrens aus, das Carola Rackete angestrengt hat. Über diesen Antrag wird zu einem späteren Zeitpunkt von der mit dem Fall betrauten Richterin entschieden.

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Hierbei geht es um den Fall der deutschen Aktivistin und Kapitänin des sogenannten ‚Seenotrettungsschiffs‘ Sea Watch 3, Carola Rackete, die im Juni 2019 ohne Genehmigung in den Hafen von Lampedusa eingefahren war und damals auch ein Motorboot der Zollfahnder und Küstenwache rammte, also italienische Staatsbedienstete in Gefahr brachte. Rackete möchte gegen Salvini nicht nur wegen mehrfacher Beleidigungen und Verleumdung vor Gericht prozessieren, auch wegen Anstachlung zu einer möglichen Gewalttat.

Offen ist damit nur noch der Fall des spanischen Schiffs ‚Open Arms‘, der Mitte September in Palermo verhandelt werden soll – mit ähnlichen Inhalten wie beim nun eingestellten Verfahren in Catania. In Italien ist darüber eine Diskussion über eine mögliche Voreingenommenheit der Gerichte bzw. der verschiedenen Gerichtsorte entbrannt.


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Kommentare ( 13 )

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MeHere
2 Jahre her

Die Schleusung von Migranten als angebliche Seenotflüchtlinge ist illegal und nicht weiter duldbar … alle Akteure müssen vor Gericht …

Kokoschka
2 Jahre her

Allein die Anstrengung des Strafprozesses gegen Salvini ist doch ein Stück aus dem
Tollhaus! Einem Innenminister soll der (politische) Prozess gemacht werden, weil er seine Aufgabe erfüllt und Straftaten VERHINDERN will (illegaler Grenzübertritt). Allein dass solche politischen Prozesse angestrengt werden, ist eines Rechtsstaats nicht würdig. Entsprechende Staatsanwälte sind umgehend aus ihren Ämtern zu entfernen!

ketzerlehrling
2 Jahre her

Einige Richter*innen in Italien haben noch den Kopf richtig herum aufgeschraubt und machen ihren Job, so wie man es von ihnen verlangen kann. Wie sich das auf deren Karriere auswirkt, lassen wir einmal dahingestellt. Möglicherweise weniger verheerend als hierzulande, denn in Italien wechseln die Regierungen wie andere die Hemden. Da ist heute dies und morgen jenes angesagt.

Evero
2 Jahre her

Beispiel? Merkel? Niemals. Sie setzt ja die linken Duftmarken.

IDa1
2 Jahre her

In Italien scheint es tatsächlich noch eine Rechtsprechung zu geben die nicht den regierungspolitischen Strömungen folgt, sondern die sich tatsächlich mit einer Rechtsprechung im Rahmen der italienischen Gesetze und der Verfassung bewegt.
Welch fundamentaler Unterschied zu deutschen politisch-ideologisch motivierten Rechtsprechung!

fatherted
2 Jahre her

Die nächsten Wahlen in Italien sind im Mai 2023….wenn nicht vorgezogen. Mal sehen ob Salvini bis dahin seinen Kurs durchhält. Wenn in Frankreich Le Pen und in Italien Salvini Mehrheiten bekommen könnten…wäre evtl. auf EU Ebene noch nicht alles verloren….aber ich bin da mittlerweile Hoffnungslos….immerhin in den USA schließen sich die Reihen der Reps wieder hinter Trump….Biden wird wohl kaum die nächsten Wahlen gewinnen können….übrigens….was hat der denn zwischenzeitlich für seine „Wählerklientel“ getan? Außer einem Scheck für jeden, hat sich da bisher ja nicht gerade viel getan.

Tacitus
2 Jahre her

Signiore Salvini ist ein Mensch, mit dem man nicht schnell warm werden will. Dennoch trifft er heute den ‚Nagel auf den Kopf‘.
Die Themen der Zuwanderung bzw. der Bedeutung des Staates Israels sind wegweisend. Hoffentlich unterstützen ihn nicht nur wenige, sondern sehr viele Demokraten.

Leonor
2 Jahre her

Ich bin eine Bewunderin von Salvini. Er ist ständig unterwegs, trifft einfache Bürger und scheint unendlich viel Energie zu haben. Zu verfolgen z.B.auf Instagram.
Er bleibt seinen Prinzipien treu, obwohl ihn kein Wohlfühljouernalismus begleitet,wie die Grünen in DE, im Gegenteil, ihm entgegen heftige Attacken. Es ist sein Charakter,der ihn zu einem guten Politiker mit Zukunft macht.

Pauline G.
2 Jahre her

Auf dem Schiff Racketes (auf das sie sogar das ZDF eingeladen hatte – es gibt einen Film darüber), befanden sich auch 3 Folterer, Vergewaltiger u. Schleuser unter den „Geflüchteten“ – sie wurden nach der Landung von ihren Mitgeflüchteten den italienischen Behörden gemeldet u. in einem Gerichtsprozess zu hohen Haftstrafen verurteilt – weder Rackete noch die anderen deutschen Ideologen auf dem Schiff hat das gestört. Sie fühlten sich nicht betroffen oder schuldig!

DELO
2 Jahre her
Antworten an  Pauline G.

Rackete versteht das doch alles gar nicht. Eine Motzerin, die Aufsehen erregen will. Von Politik nicht die geringste Ahnung.

Michael Mueller nicht Berlins OB
2 Jahre her

„Sowohl die Verteidigung Salvinis als auch die Anklage plädierten für die Einstellung,…“ Ich dachte immer, irgendwelche Staatsanwälte hätten das iniiert? Aber wenn sogar sie für die Einstellung sind (?), wer hat das Verfahren dann überhaupt eingeleitet?