Großbritanniens Regierung will »volle Kontrolle über seine Grenzen« übernehmen

Nach Dänemark reformiert auch die konservative Regierung in London das Asylrecht: Asylzentren im Ausland sollen möglich und illegalen Migranten der Zugang nach Großbritannien versperrt werden. Daneben soll es hohe Strafen gegen illegale Einreisen und Einschleusungen geben.

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Die britische Innenministerin Pritti Patel

Es ist 7.000 Kilometer von den Britischen Inseln entfernt. Ascension Island liegt mitten im Atlantik, sozusagen vor der Spitze Brasiliens. Doch die Insel gehört noch immer als Überseeterritorium zum Vereinigten Königreich, und ist als solches heute im Gespräch. Auf ihr könnte eines der Offshore-Asylzentren entstehen, die ein neuer Gesetzentwurf der britischen Innenministerin Priti Patel ermöglichen soll. Daneben führt sie angeblich Gespräche mit der dänischen Regierung über die gemeinsame Nutzung eines Zentrums auf Territorium des Commonwealth-Mitglieds Ruanda. Patel spricht von den »radikalsten Änderungen« am »kaputten Asylsystem« ihres Landes seit Jahrzehnten, den ihr »Nationality and Borders Bill« bringen soll.

»Diese Gesetzgebung löst ein, wofür die Briten ein ums andere Mal ihre Stimme abgegeben haben: dass das Vereinigte Königreich die volle Kontrolle über seine Grenzen übernimmt.« So kann man es sagen. Man könnte auch formulieren, dass Patel die Notbremse zieht angesichts einer unkontrollierten Migration, die Großbritannien nicht aus einem Krisengebiet im engeren Sinne erreicht, sondern aus der benachbarten Europäischen Union. Laut dem Telegraph sind im ersten Halbjahr 2021 bereits mehr als 6.000 illegale Migranten über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangt – also doppelt so viele wie letztes Jahr. Eine Vereinbarung mit Frankreich oder der EU glückte nicht.

Boris Johnson unterstützt die Planungen des Home Office angesichts der steigenden Zahlen. Das Vorhaben erscheint insofern auch als Reaktion auf die Unmöglichkeit einer Problemlösung mit den europäischen Partnern. Im Mai hatte es Bürgerproteste in Dover mit Parolen wie »Stoppt die Invasion« gegeben. Dabei wurde teilweise der LKW-Grenzverkehr lahmgelegt.

 Legale und illegale Einwanderung deutlich unterscheiden

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Herzstück der Asylrechtsreform ist die Regel, dass die Einschleusung von Asylbewerbern nach Großbritannien eine strafbare Handlung ist, auch wenn sie unentgeltlich geschieht. Damit geraten auch private Seenotretter ins Visier der Behörden. Die mögliche Haftstrafe soll von 14 Jahren auf lebenslänglich erhöht werden. Zugleich soll auch die illegale Einreise an sich künftig mit Haftstrafen bewehrt sein. Legale und illegale Einwanderung würden so deutlich unterschieden, illegalen Immigranten soll der Zugang zum Land und staatlichen Leistungen deutlich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werden. Wie in Dänemark soll auch bei Annahme des Asylantrags eine Ansiedlung in Großbritannien ausgeschlossen sein.

Detailregelungen betreffen den Status quo: Grenzpolizisten dürfen in die Boote im Ärmelkanal einsteigen, die Insassen festnehmen oder sie direkt zurück nach Frankreich schicken. Ihre Pläne sieht die konservative Innenministerin als »hart, aber fair« an. Ähnlich wie der dänische Ausländerminister Tesfaye verweist sie auf die kriminellen Aspekte der irregulären Migration, namentlich »gemeine Kriminelle«, die den Menschenschmuggel betreiben und davon auch am Ärmelkanal noch profitieren.

 Kritiker sehen Annäherung an europäische Regelungen

Auch Kritiker der Neuregelung kommen nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass die EU-Regularien für die Behandlung von Schleppern sich in nichts von dem Patel-Gesetzentwurf unterscheiden. Es sei doch eine besondere Ironie, dass es erst den Brexit brauchte, um Großbritannien an dieser Stelle auf den Stand der europäischen Nachbarn zu bringen.

Allerdings kann von einer Anwendung dieser allgemein formulierten EU-Regeln  (denn um mehr geht es nicht) oder auch der nationalen Gesetze beispielsweise im zentralen Mittelmeer keine Rede sein. Anders lassen sich die privaten Seenotrettungs-NGOs mit kirchlich-kommunaler Unterstützung nicht erklären. In Deutschland würde laut §96 des Aufenthaltsgesetzes die wiederholte Einschleusung oder auch Einschleusung zugunsten mehrerer Ausländer ausreichen, um eine Verurteilung zu begründen. Die Kritiker befürchten, dass tausende Migranten nicht mehr in der Lage sein könnten, Großbritannien zu erreichen, darunter Personen, die dort ein besseres Leben suchen.

Daneben plant Patel, auch Abschiebungen zu erleichtern, zum Beispiel indem sie nicht-kooperativen Ländern keine britischen Visa mehr ausstellt. Das Innenministerium selbst soll die Möglichkeit haben, Visumsanträge zurückzustellen oder für ungültig zu erklären, wie der Telegraph berichtet. Die Gedanken der britischen Innenministerin, die selbst indische Wurzeln hat, ähneln in vielem dem Plan der dänischen Regierung. Beide Länder nutzen Strecken, die von der EU-Streckenführung abweichen und werden auf diesem Wege langfristig zu anderen Ergebnissen kommen.

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Kommentare ( 124 )

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jorgos48
2 Jahre her

Diesen Weg gehen die Grünen und Parteifuzzis von SPD,CDU,FDP und Kommunisten sicher nicht. Und das Pfaffenregime der Evangelen schon garnicht. Denken sie an unsere Vergangenheit.

Aufgewachter
2 Jahre her

Der Brexit war die beste Entscheidung die Großbritannien jemals getroffen hat, endlich Freiheit für ein freies Volk und nicht mehr Spielball von Investoren und ihren, zum Schein einrichteten NGOs die mittlerweile die gesamte Europäische Gemeinschaft aussaugen und bedrohen.

Felicitas21
2 Jahre her

GB kann machen, was sie wollen. Die sind raus aus der EU. Derweil hat die “ Ocean Viking“ nach tagelanger Suche nun in Sizilien anlegen dürfen mit 570 Migranten an Bord. Es wird immer weiter gehen, solange diese NGO Schlepper nicht gestoppt werden. Und Deutschland wird weiterhin das Traumziel bleiben, da es hier die allerbeste Rundumversorgung und Duldung für alle gibt.

PolarisPrime
2 Jahre her
Antworten an  Felicitas21

Rakete und Co. gehören als Schlepper verurteilt. Die Kirchen betreiben auch mind. ein Schiff, da muss eingegriffen werden, indem man das Kirchensteuer- und Finanzierungsapparat abschafft.

GUMBACH
2 Jahre her

Was hier viele nicht verstehen: Die globale sog. Elite und ihre Helfershelfer – nationale Politiker, dann Staatsfunk etc. – arbeiten mit unterschiedlichen Positionen. In der Regel These, Antithese. Es ist aber meist schon vorher klar, welche Synthese man haben will, deshalb werden auch immer wieder künstliche Gegenpositionen aufgebaut. Das gilt übrigens auch für allseits beliebte Kommentatoren wie Broder, Streeck oder Merz. Auf der anderen Seite dann eben Spahn, Lauterbach oder Wieler.

GUMBACH
2 Jahre her

Das sind erst einmal nur Worte – so wie es in der EU und Deutschland nur Worte sind. In der EU und Deutschland steckt nichts, gar nichts hinter diesen Worten – die Grenzen sind offen wie riesengroße Scheunentore. Im Gegenteil, die illegale (und höchst umstrittene legale) Migration nach Deutschland/EU befördert jedes Jahr mehrere Hunderttausende in die EU, die meisten landen in Deutschland. Letzteres wird dafür sorgen, dass der Staat über kurz oder lang implodiert, was ja offensichtlich das Ziel ist. Großbritannien ist, wie die EU und Deutschland, ein artiger Lakai der globalen sog. Elite, die die Marionette Johnson in GB… Mehr

Last edited 2 Jahre her by GUMBACH
November Man
2 Jahre her

Deutschland bräuchte nur seine Verordnungen und eigenen Gesetze einhalten.
Dann hätten wir keinen einzigen illegalen Migranten hier und einige links/rot/grüne Politiker, der Merkel-Clan und die Schlepperbanden der NGOs säßen im Gefängnis.  

Kuno.2
2 Jahre her

Deswegen wird es England auch noch dann geben, wenn Deutschland als Nationalstaat längst Geschichte ist.

199 Luftballon
2 Jahre her
Antworten an  Kuno.2

Gibt es ein Deutschland überhaupt noch?
Schon einmal die Reden von Lindner und Buschbaum beide FDP, gehört die für die Vereinigten Staaten der Schulden EU eintreten?

GUMBACH
2 Jahre her
Antworten an  199 Luftballon

Als Siedlungsgebiet, ja.

honky tonk
2 Jahre her
Antworten an  Kuno.2

England geht doch fast den gleichen demographischen Pfad wie Deutschland vielleicht bald nur etwas langsamer.

Mazarine Perigord
2 Jahre her

Nettes Vorhaben aber leider kommt es um Jahrzehnte zu spät… Wer das Vereinigte Königreich gut kennt oder öfters dort ist, weiß dass die dortige Gesellschaft mit den gleichen oder sogar größeren Problemen kämpft wie die deutsche Gesellschaft. Problemviertel oder sog. „autonome Gebiete“ wie die Franzosen es nennen, gibt es bereits zu viele… Dazu kommt, dass „woke trends“ meist zuerst in GB oder den USA aufschlagen, bevor sie nach Europa „überschwappen“. Dazu gehören auch kultursensible und gendergerechte Gerichtsurteile oder beispielsweise angepasste Historienfilme wie zuletzt die Anne Boleyn Verfilmung mit Jodie Turner-Smith. Mir bleibt leider nur zu sagen: „Die Botschaft hör ich… Mehr

W aus der Diaspora
2 Jahre her

Auch Dänemark hat nach wie vor seine eigeene Währung. Ich denke es ist nur noch eine Frage der Zeit wann der Däxit kommt ….

kasimir
2 Jahre her
Antworten an  W aus der Diaspora

Und in Finnland geht das Thema Fixit auch seit mind. 2 Jahren regelmässig durch die Medien…