Die Hochwasserkatastrophe fand ohne den WDR statt

In der Nacht, als die Wassermassen zahlreiche Gemeinden im Westen Deutschlands verheerten, sendete der Westdeutsche Rundfunk Unterhaltung aus der Retorte.

imago Images/Horst Galuschka

Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, so lautet eines der Argumente zu ihrer Rechtfertigung, seien auch darum besonders wichtig und notwendig, weil sie Bürger in Krisen und Katastrophen mit verlässlichen Informationen versorgen. Das zumindest hat der WDR, in dessen Sendegebiet gerade eine der schlimmsten Überschwemmungskatastrophen der jüngeren Zeit stattfindet, nicht bestätigt.

Der per Zwangsgebühren finanzierte WDR war eben kein nachrichtliches Alarmsystem für die Leute in Westdeutschland. Diesen schweren Vorwurf macht auch das Medien-Portal DWDL mit der anklagenden Headline: „Unterlassene Hilfeleistung: WDR lässt den Westen im Stich“ Der Kommentar wurde vom Betreiber des Portals Thomas Lückerath selbst geschrieben. Wenn der finanziell großzügig ausgestattete WDR es in akuten Krisensituationen nicht schaffe, ein verlässliches Informationsangebot für das Sendegebiet zu liefern, „dann wird bei all den Sparbemühungen der Häuser an den falschen Stellen gespart“.

Private Sender machten pausenlos Sondersendungen, der WDR hingegen lieferte die Aufzeichung einer Olympia-Doku. Das brachte später auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland auf den Plan, das ebenfalls nach Erklärungen dafür gesucht hatte, warum der WDR seinen Bürgern in dieser akuten Notsituation nicht entsprechend seines Auftrages beisteht.

Der auch von den Menschen in den bedrohten Häusern zwangsfinanzierte Sender blieb stumm, als sich die Hochwasserlage in NRW und Rheinland-Pfalz am Mittwochabend dramatisch zuspitzte.

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Tatsächlich hatte der Starkregen über NRW zwar nachgelassen, aber die Talsperren drohten akut überzulaufen, die Sirenen des Katastrophenalarms heulten und viele Stadt- und Landbewohner hatten in Nordrhein-Westfalen eine schlaflose Nacht. Wie bedrohlich die Lage wurde, kann man daran ermessen, dass nicht nur besagte Sirenen heulten, sondern Warnfahrzeuge durch die Straßen fuhren, so lange das noch ging, und amtliche Warnmeldungen per Außenlautsprecher verbreiteten.

Wer die Bilder beispielsweise aus Euskirchen gesehen hat, ahnt allenfalls, was da los war. Um Mitternacht teilte zudem die Stadt Wuppertal per Twitter mit, dass eine Talsperre die Wassermassen nicht mehr fassen könne: „Die Talsperre läuft über!“, hieß es da.

Welche Bedrohungslage sich daraus für die in Tälern lebenden Menschen ergeben würde, war zu dem Zeitpunkt noch vollkommen unklar. Wenn die Wassermassen aber vor der Haustür stehen, dann geht alles sehr schnell und Wege zur Flucht vor der Katastrophe sind allesamt verstellt. Die Anwohner wurden also teils vorsorglich evakuiert oder aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen.

Das Drama – ohne WDR – hätte kaum schlimmer verlaufen können, als die Steinbachtalsperre sogar zu brechen drohte und Anwohner aus dem Schlaf gerissen und notevakuiert werden mussten.

Und was passierte beim WDR? Besagtes Redaktionsnetzwerk formuliert es so: „In den Programmen der Anstalt bekommt man lange Zeit nur unregelmäßig von der Hochwasserlage mit – und auch am Donnerstagmorgen hat sich daran nicht allzu viel geändert. Neben einigen Spezialsendungen sendet das Fernsehprogramm Tiermagazine und Reiseformate.“ Auch das Redaktionsnetzwerk infomiert sich bei Thomas Lückerath, der den Totalausfall des WDR „akribisch dokumentiert“ hätte.

Irgendwann nach ein Uhr sei dann unter den Sendungen des ARD-Gemeinschaftsprogramms immerhin noch ein NRW-spezifisches Laufband zur Katastrophe erschienen. Davor drei Stunden lang Totalausfall des WDR.

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Klar, der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten, in den sozialen Netzwerken war die Empörung über diese Unterlassung besonders groß. Unter anderem lief im Programm des WDR eine Sendung mit dem Titel „Schönes Zypern“, eine Reisedokumentation! Ihnen steht als WDR-Zuschauer in Kürze das Wasser bis zum Hals und sie sollen einfach weiter entspannen bei Bildern von einer Insel im Mittelmeer aus der Konserve, während die WDR-Mitarbeiter ihre Füße in die Hand nehmen.

Erwähnenswert übrigens die Leistung des regionalen Senders Radio Wuppertal: Wo sonst schon vor 20 Uhr auf Automatik umgestellt und sogar Formate des WDR übernommen werden, machte der kleine Sender, was eigentlich Aufgabe des WDR gewesen wäre, und sendete die ganz Nacht durch eine Marathonsendung zur Notlage.

Das RND wollte vom WDR Genaueres wissen. „Wir teilen die Einschätzung, dass der WDR noch umfangreicher aus Wuppertal hätte berichten müssen“, sagt eine Sprecherin daraufhin fast so, als wäre man selbst fein außen vor und könne sich auf die Seite der Kritiker des eigenen Tuns – oder präziser Nichttuns – stellen.

Ein weitere Ausrede lautete, das Studio selbst sei etwa ab drei Uhr vom Hochwasser betroffen gewesen. Das wäre genauer zu überprüfen. Aber selbst, wenn es um drei Uhr wirklich nass geworden wäre in den Kellern oder der Tiefgarage des WDR, was war davor? Verließen hier die Nachrichten-Offiziere das Schiff noch vor der Mannschaft?

Was ihre Verantwortung betrifft, muss man solche öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ganz sicher auf einer Ebene sehen mit den Sicherheitskräften, der Polizei, der Feuerwehr und dem THW. Der WDR kann von Glück sagen, dass couragierte Journalisten und verantwortungsbewusste private Sender diese klaffende Lücke ausgefüllt haben. Einer Aufarbeitung entgeht der Sender damit aber keineswegs.

Und insbesondere auch was Thomas Lückerath mit seinem Portal ablieferte, verdient den Respekt der schwerfälligen WDR-Führung und ihres schwerfälligen Personals. Hier würde dem WDR ein Gespräch des Intendanten mit Lückerath sicher gut zu Gesicht stehen.

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Kommentare ( 66 )

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fatherted
2 Jahre her

Das muss man verstehen….der WDR war wahrscheinlich gerade dabei ein neues Spott-Lied auf Senioren oder alte weiße Männer einzuspielen. Aber was will man erwarten…das Sendehaus des WDR liegt ja bekanntlich nur wenige Meter von der Kölner Domplatte weit weg…trotzdem hat der WDR 2015/16 nichts von den Übergriffen in der Sylvesternacht mitbekommen…wahrscheinlich warnt der WDR erst vor Hochwasser wenn Herr Buhrow mit einem Privat-ÖR-Rettungsfloss aus dem Sendehaus zu seinem Dienstwagen gerudert wird.

H. Meier
2 Jahre her

Die Aufräumarbeiten in den Katastrophen-Regionen sind angelaufen. Zum Glück sind keine E-Fahrzeuge im Einsatz, sondern können noch zuverlässig Baumaschinen und Fahrzeuge mit konventionellen Motoren eingesetzt werden. Diese abzuschaffen, wie die verrückte EU-Kommission beschlossen hat, kann nur eine eitle Sabotage-Politik gegen die Sicherheit der Bevölkerung sein. In dieser Katastrophe zeigt sich die praktische Intelligenz derer die aufräumen und die abgrundtiefe Verschlagenheit der Klimazuhälterei. Dass die Mainstream-Medien die Helfer und ihren Einsatz, als die wahren praktischen Helden nicht präsentieren, sondern die Galerie-Politiker, empfinden sehr viele Zeitzeugen als Skandal. Weil Überschwemmungen lebensgefährliche/tödliche Stromschläge verursachen zeigen die Abschaltungen der Netzbetreiber wo die Realisten am… Mehr

Stefan A. Hagen
2 Jahre her

Welche überregionale Sendeanstalt, wenn nicht der WDR, sollte verpflichtet sein, oder sich verpflichtet fühlen, über die katastrophalen Hochwasserereignisse im Westen unseres Landes zu berichten? Irgendwie drängt sich mir das „W“ in WDR als das verpflichtende Element einer umfassenden Berichterstattung auf. Das ich jedoch die über die GEZ finanzierten Sender in Sachen Berichterstattung meide, kann ich aktuell darüber keine Aussage treffen. Stattdessen wird fast durchgehend auf WELT (N24) berichtet. Und das nicht nur aus NRW und RP, sondern auch aus Luxemburg, den Niederlanden und Belgien Das sollte eigentlich Aufgabe des WDR sein. Doch wenn die in ihrem „Führerbunker“ mehr mit Arbeitszeiten,… Mehr

Chlorhahn
2 Jahre her

WDR-Chef Buhrow hat uns doch darauf vorbereitet, dass das Programm ohne Gebührungserhöhung schlechter wird.
q.e.d

Bummi
2 Jahre her

Die können nur Propaganda und Gender. Abschalten und das Geld für den Hochwasserschutz einsetzen.

giesemann
2 Jahre her

Gottseidank – die hätten mir gerade noch gefehlt. Die hätten uns garantiert verklamüsert, warum wir mehr Zuzug brauchen, lauter Fachleute zum Schutz der Bevölkerung.

Martin Mueller
2 Jahre her

Der WDR ist fast schon auf DDR-Rundfunk-Niveau angekommen…

Das sind keine Journalisten, das sind zuhauf politische Agitatoren.

GNaB
2 Jahre her

Das ist jetzt scho a bissl gemein. Es geht halt nicht alles zur selben Zeit; so ein WDR kann halt nicht alles leisten; entweder ACAB retten durch Kommentare ihre Böll-Vertreterin oder sich um das Hochwasser kümmern. Wollte man beides, müsste sich endlich mal jemand um die Beseitigung der chronischen Unterfinanzierung des WDR kümmern.

badmoon
2 Jahre her

Das beste an der Aktuellen Stunde des WDR war der Reporter. Da stand ein bunter Mensch vor der Kamera und redete was von der Klimakatastrophe. Ich dachte der berichtet live aus Indien oder sonst wo. Bei der Sprecherin Stunden später dachte ich auch sie sei aus Afrika. Beim WDR ist die Quote übererfüllt.

T. Ruebsal
2 Jahre her

Burow hatte seinen monatlichen Scheck bekommen und dann war leider das Geld des Senders alle. Im Ernst: Wieviele Argumente benötigt es noch, damit die Zwangsgebühren mit sofortiger Wirkung abgeschafft werden? Die ÖR halten sich weder an die Vorgaben der Gerichte noch an ihre eigenen Regeln. Schafft diese Propagandainstitute endlich ab!!!