Warum sexualisiert die WHO Kinder?

Globale Institutionen wie die Weltgesundheitsorganisation führen einen stillen Kulturkrieg im Klassenzimmer. „Sexualerziehung“ bereits ganz junger Kinder dient der Indoktrination. Von Frank Furedi

IMAGO/Zuma Wire
Symbolbild

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beabsichtigt anscheinend seit über einem Jahrzehnt, Kinder zu sexualisieren. Ein WHO-Leitfaden zur „Sexualerziehung“ (im Original: „Sexuality Education“), der erstmals 2010 an politische Entscheidungsträger und andere Bildungsexperten in Europa herausgegeben wurde, hat sich als sehr einflussreich erwiesen. In dem Dokument wird behauptet, dass „Sexualaufklärung mit der Geburt beginnt“. In ihm wird behauptet, dass sogar sehr junge Kinder dazu ermutigt werden sollten, „Fragen zur Sexualität zu stellen“ und ihre „Geschlechtsidentitäten zu erkunden“. Teile des Textes sind geradezu gruselig. So heißt es beispielsweise, dass Kinder bis zum Alter von vier Jahren über „Vergnügen und Lust, den eigenen Körper zu berühren“ und über „frühkindliche Masturbation“ unterrichtet werden sollten.

Wie die britische Tageszeitung Telegraph kürzlich berichtete, wurde der Leitfaden in mehrere europäische Sprachen übersetzt und auf nationalen und internationalen Veranstaltungen beworben. Die walisische Regierung berief sich direkt auf den Leitfaden, bevor sie im vergangenen Jahr ihren obligatorischen Lehrplan für den Sexualkundeunterricht in den Schulen einführte.

The World Health Organisation (WHO) is under pressure to withdraw guidance for schools recommending that toddlers “ask questions about sexuality” and “explore gender identities”.https://t.co/moWNoPFtnnpic.twitter.com/uHgMU3pI5e

— Dr. Anastasia Maria Loupis (@DrLoupis) May 16, 2023

In Deutschland fungiert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) seit 2003 als WHO-Kollaborationszentrum und bewirbt den Leitfaden „Standards für die Sexualaufklärung in Europa“ bei politischen Entscheidungsträgern, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsbehörden und Experten. Die Pädagogin Prof. Dr. Karla Etschenberg kritisiert den Leitfaden als „nicht mit den für Bildung und Erziehung an Schulen zuständigen (demokratisch etablierten) Institutionen abgestimmt bzw. öffentlich diskutiert“. Zudem werde nicht „ganzheitliche Sexualaufklärung“ betrieben, sondern unter diesem Begriff auch „Sexualerziehung“ subsumiert, so dass „die Grenze von der informativen Sexualaufklärung zur Sexualerziehung mit ihren Zielen und den damit verbundenen Wertentscheidungen überschritten“ werde.

Der Zweck der WHO-Leitlinien, die von den Bildungs- und Gesundheitsbehörden in den letzten zehn Jahren eifrig aufgegriffen wurden, ist nicht Bildung – ihr Zweck ist Indoktrination. Dies wird deutlich, wenn die WHO den Schwerpunkt auf „Sexualerziehung“ („sexuality education“) legt und nicht auf das, was früher als „Sexualaufklärung“ („sex education“) bezeichnet wurde – und in der BzgA-Übersetzung des WHO-Dokuments (s.o.) immer noch so bezeichnet wird. Zwischen diesen beiden Begriffen gibt es einen wichtigen Unterschied. Während es bei der Sexualaufklärung darum geht, Kinder über Sex und die menschliche Fortpflanzung aufzuklären, konzentriert sich die „Sexualerziehung“ auf das Geschlecht und die sexuelle Identität. Im Rahmen der „Sexualerziehung“ werden den Kindern nicht die Gegebenheiten des Lebens vermittelt. Es wird ihnen eine höchst umstrittene Ideologie vermittelt.

In den WHO-Leitlinien heißt es, dass die Identität eines Kindes durch seine Sexualität definiert wird. Dies ist im Grunde eine Projektion der Obsessionen von Erwachsenen über Sex und Gender auf Kinder. Der Versuch der WHO, kleine Kinder zu sexualisieren, wäre an sich schon schlimm genug. Noch schlimmer ist jedoch, dass er hinter dem Rücken der Eltern vorangetrieben wird. Die Expertenklasse findet das anscheinend gut so. Der Sexualpädagoge Evert Ketting bezeichnete 2018 in einer wissenschaftlichen Abhandlung das Aufkommen der „Sexualerziehung“ in Europa als eine „stille Revolution“. Er feierte die Tatsache, dass „dieser wichtige und ziemlich revolutionäre Wandel“ „größtenteils unbemerkt und meist undokumentiert“ stattfinde.

Vertun Sie sich nicht: Die WHO, verschiedene NGOs und eine ganze Reihe von politischen Entscheidungsträgern indoktrinieren heimlich junge Menschen. Sie führen hinter den Kulissen einen Kulturkrieg. So hat eine NGO, die die „Sexualerziehung“ fördert, diese sogar als „Mittel zum sozialen Wandel“ bezeichnet. Sie behauptet, dass wir durch die Verbreitung der Gender-Ideologie in den Schulen „die einmalige Gelegenheit haben, einen Kulturwandel herbeizuführen“ und „Systeme der Macht, Unterdrückung und Fehlinformation“ abzubauen. Es heißt sogar, dass „Sexualerziehung“ dazu beitragen kann, die „weiße Vorherrschaft“ zu überwinden.

Es ist klar, dass diese stille Revolution nicht von der Sorge um die Bildung und das Wohlergehen der Kinder getrieben wird. Sie wird stattdessen von dem Wunsch getrieben, die Einstellungen und Werte der Gesellschaft zu ändern, und sie benutzt Kinder, um dies zu erreichen.

Diese Ausbeutung junger Menschen zu politischen Zwecken hat bereits schweren Schaden angerichtet. Die Befürworter der Sexualerziehung verwirren und verunsichern die Kinder. Sie stürzen sie von frühester Kindheit an in eine Identitätskrise. Die erwachsene Gesellschaft muss sich gegen diese stille Indoktrinationskampagne zur Wehr setzen.


Dieser Artikel ist zuerst beim britischen Online-Magazin spiked erschienen.
Frank Furedi ist geschäftsführender Direktor des Think-Tanks MCC-Brussels, Autor zahlreicher Bücher und politischer Kommentator der Gegenwart. Mehr von Frank Furedi lesen Sie in den aktuellen Büchern „Die sortierte Gesellschaft- Zur Kritik der Identitätspolitik“ und „Sag was du denkst! Meinungsfreiheit in Zeiten der Cancel Culture“.

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