Steuergeld für „Seenotretter“ mit Stimmen der CDU

Friedrich Merz und die Union kommen auf keinen grünen Zweig. Statt die heftig angezählte Ampelregierung vor sich herzutreiben, macht die CDU jetzt dem Kanzler dabei Konkurrenz, wer sich am wenigsten daran erinnern kann, was man selbst getan.

IMAGO

„Alles, was du kannst, das kann ich viel besser. Ja, ich kann alles viel besser als du.“ Das trällert die Kunstschützin Annie Oakley ihrem ewigen Konkurrenten Frank Butler entgegen: in dem wundervollen Wildwest-Musical „Annie Get Your Gun“ von Irving Berlin.

Man stelle sich nun bitte Friedrich Merz vor, wie er diese Textzeile im Bundestag Olaf Scholz vorsingt. Denn der Wettbewerb zwischen Annie und Frank ist dem zwischen Friedrich und Olaf durchaus ähnlich. Im Duell mit einem Bundeskanzler muss ein Oppositionsführer zeigen, dass er mit dem Amtsinhaber nicht nur mithalten kann, sondern dass er dessen Job sogar besser machen würde – wenn doch die Wähler ihn nur ließen.

Unser real existierender Oppositionsführer Friedrich hat allerdings kein glückliches Händchen bei der Auswahl der Felder, auf denen er dem Publikum zeigen will, dass er sie besser beackern könnte als Titelverteidiger Olaf. Jüngstes Beispiel: die staatliche Unterstützung der Bundesrepublik für Schleuser im Mittelmeer.

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Die Bundesbürger und die Italiener sind derzeit fraglos mehrheitlich vereint in der Empörung darüber, dass das grün-linke Kartell in Deutschland darauf besteht, hohe Steuergeldzuschüsse an die „privaten Seenotretter“ im Mittelmeer zu überweisen (die im Kern kaum etwas anderes sind als organisierte Menschenhändler zur See).

Acht Boote aus Deutschland suchen derzeit vor der Küste Nordafrikas nach illegalen Flüchtlingen, nehmen sie an Bord und bringen sie nach Lampedusa und Sizilien. Dafür erhalten die Betreiber der Schiffe Fördergelder der Bundesregierung. Natürlich hat sich das bei den Schleppern längst herumgesprochen. Seit langem besteht der Verdacht, dass die Menschenschleuser Flüchtlinge sehr absichtlich auf Booten in der Nähe der deutschen „Seenotretter“ aussetzen. Auch direkte Kommunikation zwischen Schleppern und deutschen Helfern wurde dokumentiert.

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat einen gänzlich undiplomatisch geharnischten Protestbrief an Kanzler Scholz (SPD) geschickt. Tesla-Gründer Elon Musk warf der Bundesregierung, durchaus nachvollziehbar, Schlepperei vor. Etwas spät, aber immerhin wachte nun auch die Union auf – und sah in dem Streit ein geeignetes Thema, um sich den Deutschen als die bessere Alternative anzubieten.

Das ist, man kann es nicht anders sagen, gründlich misslungen.

Friedrich Merz ließ ein paar Getreue ausschwärmen, die der Ampel-Regierung am vergangenen Wochenende mit theatralischer Geste vorwarfen, Schlepper und illegale Migration zu unterstützen. Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble kritisierte die deutschen NGO-Schiffe im Mittelmeer: Die würden Flüchtlinge eben nicht nur retten, sondern auch nach Europa bringen. Das aber sei die „Geschäftsgrundlage für die Schlepperkriminalität“.

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Und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johannes Wadepuhl schimpfte, die Rettungsorganisationen „ermöglichen (…) den menschenverachtenden Schleuserbanden deren Geschäft. Dafür sollte kein deutsches Steuergeld verwendet werden.“

Das hätte ein kleiner Coup und ein gelungener Schlag gegen die Bundesregierung werden können. Hätte.

Denn es ist etwas anders, als die CDU-Propagandisten es dem Publikum weismachen wollten: Die Verantwortung dafür, dass Asyl-Lobbyisten auf dem Wasser mit deutschem Steuergeld unterstützt werden, liegt nicht allein bei SPD, Grünen und FDP.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat der höchst umstrittenen Förderung im Haushaltsausschuss zugestimmt.

Unverkennbar genüsslich hat das der Grünen-Abgeordnete Julian Pahlke nun der staunenden Öffentlichkeit enthüllt. Und Pahlke ließ es sich nicht nehmen, noch den Satz hinterher zu schicken: „Dass die Union die Förderung mitträgt, zeigt, dass christliche Werte für einige Abgeordnete auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.“

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Ausgerechnet von einem Vertreter des linksradikalen Flügels der Grünen so vorgeführt zu werden, ist ein PR-Super-GAU für die Union. Pahlke war selbst für die NGOs „Jugend rettet“ und „Sea-Eye“ tätig und steht demnächst in Italien wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung vor Gericht. Und so einem hat die CDU jetzt die Möglichkeit, sie amtlich lächerlich zu machen, auf dem Silbertablett serviert

Was machen die Polit-Strategen bei der Union eigentlich so beruflich? Gibt es im Adenauer-Haus eine Medienabteilung? Oder zumindest in der Bundestagsfraktion? Weiß bei der CDU die linke Hand, was die rechte tut? Weiß die linke Hand zumindest, was sie selbst tut?

Und erinnert sich irgendwer daran, wie man vor gar nicht allzu langer Zeit selbst abgestimmt hat? Denn im Moment sieht es danach aus, als wolle Friedrich Merz aller Welt zeigen, dass er sich an mindestens genauso viele Dinge nicht erinnern kann wie Olaf Scholz. Aber ob man damit wirklich ins Kanzleramt kommt?

Das ganz am Anfang erwähnte Liedchen ist übrigens ein Duett. Nachdem Annie gesungen hat: „Ja, ich kann alles viel besser als du“ – da antwortet Frank ungerührt:

„Kannst du nicht.“

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Kommentare ( 52 )

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Niklas
7 Monate her

Die Unions-Politiker machen längst alle, was sie wollen. Was sie wollen, ist, in der linksgrün-versifften Presse gut dazustehen. Da kann Friedrich Merz fuchteln und fordern, zetern und zurechtweisen, das ist denen einfach wurscht. Sie wissen, dass er keine Hausmacht hat – das Votum der CDU-Mitglieder zählt nicht. Merz hat einfach nie verstanden, dass diese seine Partei eine feindliche Übernahme durch das Merkel-Gesocks erfahren hat und es seine allererste Pflicht gewesen wäre, die CDU davon zu reinigen, zu heilen. Das hätte er mit eiserner Hand beginnen müssen, so lange sein Sieg bei der Mitgliederbefragung noch frisch war. Ich wette, ein nicht… Mehr

Max und Moritz
7 Monate her

Das lustigste ist, weswegen die CDU im Haushaltsausschuss zugestimmt hat. Da geht es zu wie auf dem Basar. Stimmst du bei dem und dem zu, mach ich das auch bei dem und dem. Die CDU wollte die Finanzierung für irgendeinen internationalen Kirchentag in Berlin. Den hat sie auch gekriegt. Ob der CDU-Politiker bei seiner Unterschrift geleimt wurde oder ob er ein Merkelist war, der Merz eins auswischen wollte, steht dahin. Fest steht jedenfalls, dass ich vor Hohn lachen werde, wenn auf DIESEM Kirchentag Plakate pro „Seenotrettung“ auftauchen werden. Tichy, bleibt dran und legt es auf Wiedervorlage. Solche Fotos kann man… Mehr

barbara-luise
7 Monate her

So geht Volksverar…..ung 2.0.

Leider, leider ist dieses Abstimmungsverfahren kein Thema im Tagesschau & Co. Deshalb denken viele Konservative immer noch, die CDU sei eine Alternative zu Alternative.

CIVIS
7 Monate her

Das nennt man dann, wie es Merz vor einiger Zeit nannte, „konstruktive Zusammenarbeit“ mit der Ampel.

Also z.B.

  • Die Zustimmung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Förderung der sog. Seenotrettung im Mittelmeer durch links-grüne NGOs
  • Das Durchwinken des habeckschen „Heizgesetzes“ im Bundesrat mit den Stimmen der CDU/CSU-geführten Länder
  • Die konstruktive Zusammenarbeit auf fast allen Politikfeldern, insbesondere aber wenn es um die Zerschlagung von und der Brandmauer vor der AfD geht

Mittlerweile hat der Igel AfD aber alle konstruktiv zu beackernden Politikfelder für sich entdeckt und vor lauter Brandmauergeschwafel stellt sich der Hase CDU/CSU selbst ein Bein bei der Aufarbeitung dieser Themen.

Last edited 7 Monate her by CIVIS
Stefan Z
7 Monate her

Alles nur Show und sicher abgesprochen. Der Herr Pahlke war wohl nicht in die Posse eingeweiht. Der Ampel kann es ja auch egal sein. Nach den steigenden Umfragewerten für die AFD, müssen die „echten Demokraten“ ja etwas Regierung und Opposition spielen. Die Rolle der Opposition ist ja derzeit nunmal für die CDU vorgesehen. Das so eine Aktion bei einer ausgewiesenen Laienschautruppe wie der CDU in die Hose geht, war ja abzusehen. Macht aber nichts. Die Botschaft ist beim ÖRR-Publikum angekommen und die Werte der CDU steigen wieder.

Michael W.
7 Monate her

Früher ar die Einheit für den Abstand zweier Fettnäpfchen der „Kohl“. Heute ist es wohl der „Merz“. Und diese Einheit ist noch viel kleiner, denn bei dem gibt es gar keinen Abstand mehr.
Übrigens: Die AfD freut sich mal wieder über die Wahlkampfhilfe!

Waehler 21
7 Monate her

Mich würde einmal die Begründung von den Abgeordneten der cdu interessieren, die für die Pseudorettung gestimmt haben.
Vermutlich bekommt man aber die Antwort , dass eine Beantwortung die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden würde.
Wenn solche Leute nicht namentlich gemacht werden, wird sich nichts ändern.

hoffnungstirbtzuletzt
7 Monate her

CDU ist Etikettenschwindel, Angie hat diese Partei getötet und zersetzt und die CDU ist nicht mehr wählbar, ohne sich zu belügen und die Ampel profitiert und ätzt gegen die AfD, aber worum? Würden die Ampel Parteien anständige Politik machen, müssten sie keine Wählerverluste befürchten. Die Grünen haben sich durch übelste Methoden gegen die CDU nach vorne gebracht und jetzt sind sie noch unverschämter in der Wahl ihrer Mittel, ihre Nichtbefürworter vernichten zu lassen, Oligarchen unter sich.

J.Thielemann
7 Monate her

Ich bin auch für Seenotrettung. Ertrinken lassen geht nicht. Seit Jahren ist bekannt, dass so viele Menschen vor der afrikanischen Küste in Seenot geraten. Sogar bei blendendem Wetter. Klimafolge vermutlich. Dann muss man auch DORT retten, wo die Seenot beginnt- und nicht erst unmenschlichh nach dutzenden Kilometern im offenen Meer! Liebe EU – endlich mal die Rettung koordinieren! Frontex gibt die Positionen an die Retter. Die Leute aufnehmen. Und dann – wegen Klima – Dieselverbrauch und so- den nächst gelegenen(!) Hafen ansteuern. Außerdem kann man bei den dann eher kurzen Wegen mit viel weniger Schiffen viel mehr Touren machen. Wieso… Mehr

Franz Grossmann
7 Monate her

Ich denke über die CDU ist bereits alles gesagt. Merkel hat diese Partei und auch die CSU in eine links-grüne Kopie der Grünen und der SPD transformiert. Es gibt nur einen Ausweg aus der ganzen Misere, die AfD bei den nächsten Wahlen so stark zu machen, dass ohne die AfD nicht mehr regiert werden kann. Wahrscheinlich begreifen dies die Wähler erst 2024 bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die Hessen und Bayern wählen am Sonntag wieder ihre Versager von den Altparteien.