Söder unter Druck: Inzidenz von Ungeimpften manipuliert

Die bayerische Staatsregierung hat offenbar die Inzidenz-Zahlen von Ungeimpften und Personen mit unbekanntem Impftstatus vermischt. Die zuständige Landesbehörde hat nunmehr die Rohdaten veröffentlicht, die diesen Verdacht bestätigen. Erste Rücktrittsrufe gegen Makrus Söder werden laut.

picture alliance/dpa | Peter Kneffel

Die Vorwürfe gegen die bayerische Staatsregierung, die Corona-Inzidenzen im Bundesland falsch darzustellen, haben sich erhärtet. Am Freitagmorgen veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Rohdaten zu den Inzidenzen der Geimpften und Ungeimpften, auf denen die Einschätzungen der Regierung beruhten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am 18. November 2021 in einem Tweet behauptet, dass die Inzidenz von Geimpften bei 110, die von Ungeimpften bei 1.469 liege.

Die Staatsregierung zog diese Zahlen zur Begründung ihrer Maßnahmenpolitik heran. Die Daten des LGL untermauern diese Darstellung jedoch nicht. Der Welt-Journalist Tim Röhn stellte heraus, dass die Inzidenz der Geimpften (9.320 Fälle) im damaligen Zeitraum bei 109,7 lag, die Inzidenz der Ungeimpften (14.252 Fälle) bei 333,8. Offenbar rechnete man die 62.722 Fälle mit unbekanntem Impftstaus gänzlich den Ungeimpften zu.

— Tim Röhn (@Tim_Roehn) January 7, 2022

Das LGL hatte die Zahlen veröffentlicht, da die Welt angedroht hatte, rechtliche Schritte einzuleiten. Zur Begründung, warum das Amt die Fälle mit unbekanntem Status den Ungeimpften zuteilte, erklärte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek: „Es war sinnvoll, die Meldefälle mit unbekanntem Impfstatus gemeinsam mit der Gruppe der Ungeimpften auszuweisen. Auf diese Weise konnte das LGL erreichen, dass die Zahlen näher an der Realität lagen, als dies bei einem Weglassen der Gruppe der Unbekannten der Fall gewesen wäre.“

Bayern begründete Corona-Maßnahmen mit Ungeimpften-Inzidienz

Bayern hatte Ende November massive Beschränkungen für Ungeimpfte im Alltag durchgesetzt. SPD und FDP hatten LGL und Staatsregierung vorgeworfen, mit verzerrten Inzidenzen unter Geimpften eine trügerische Sicherheit vermittelt und die Öffentlichkeit getäuscht zu haben. Gegenüber der Nachrichtenagentur DPA verteidigte sich ein Sprecher am Freitag: „Auch dann, wenn die so ausgewiesene Zahl als reine ‚Ungeimpften-Inzidenz‘ verstanden wurde, war dieses Verfahren dem Weglassen der Unbekannten im gesamten Veröffentlichungszeitraum überlegen.“

Der Bundestagsvizepräsident und stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, forderte aufgrund der bayerischen Zahlenspielereien den Rücktritt des bayerischen Ministerpräsidenten. Gegenüber der Welt am Sonntag sagte er: „Entweder Markus Söder wollte ein schiefes Bild über die von Ungeimpften ausgehende Infektionsgefahr zeichnen und eine Gruppe von Menschen damit amtlich stigmatisieren – oder er hat seinen Laden nicht im Griff. Sowohl das Eine wie auch das Andere sind ausreichende Gründe für einen Rücktritt.“

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