Schöne Slogans und trügerisch schöne Wirtschaftslage

Wenn jemand behauptet, es mangele an Themen, über die sich zu diskutieren und zu streiten lohne – die Wirtschafts- und Finanzpolitik böte ein weites Feld.

Kein Wahlkampf ohne Slogans. Die sollen auf den Punkt bringen, was Partei A will oder wie gefährlich Partei B ist – kurz und prägnant, klar und verständlich, eventuell auch witzig, aber auf keinen Fall ironisch. Denn Ironie wird, sofern nicht „Vorsicht: Ironie!“ daneben steht, gerne missverstanden.

Auch jetzt werben die aussichtsreichen Parteien – CDU, SPD, Grünen, Linke, FDP und AfD – mit allerlei Parolen. Wobei man nicht immer weiß, worum es geht. Zudem sind sich viele Aussagen so ähnlich, dass man nicht auf Anhieb erkennen könnte, wer da für was einsteht, stünde nicht der Parteiname darüber oder darunter. Generell lassen sich die Werbesprüche der Parteien in zwei große Kategorien einteilen: austauschbare Slogans und solche ohne Sinn – und manchmal auch ohne Verstand.

Slogans für All-Parteien-Plakate

Was ließe sich an Kosten sparen, wenn das, was ohnehin alle Parteien wollen, auf All-Parteien-Plakaten verkündet würde. Hier ein paar Beispiele:

  • Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben (CDU)
  • Für gute Arbeit und gute Löhne (CDU)
  • Sicherer Job, planbares Leben (Linke)
  • Zum Land der Dichter und der Denker passt eine Politik, die in Ideen investiert. (SPD)
  • Eine Gesellschaft ist nur dann gerecht, wenn alle die gleichen Chancen haben. (SPD)
  • Nur wer Chancen bekommt, kann Chancen nutzen. (Grüne)
  • Kinder fordern Eltern. Wir fördern Eltern. (SPD)
  • Die Digitalisierung ändert alles. Wann ändert sich die Politik? (FDP)
  • Damit die Rente nicht klein ist, wenn die Kinder groß sind. (SPD)
  • Renten mit Niveau (Linke)
  • Wer als Frau 100 % leistet, darf nicht 21 Prozent weniger verdienen. (SPD)
  • Wenn man gleichviel leistet, sollte Frau auch gleichviel verdienen. (Grüne)
  • Kinder vor Armut schützen (Linke)
  • Kinderarmut kann man kleinreden oder gross bekämpfen. (Grüne)
  • Mehr Personal in Pflege und Gesundheit. (Linke)
  • Mieten müssen bezahlbar sein (Linke)

Wenn diese „Claims“ von allen sechs Parteien auf ihre jeweiligen Plakate gedruckt werden könnten – warum dann nicht gleich alle auf ein gemeinsames?

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Schöne, heile Wirtschaftswelt

Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit sinkt, in vielen Regionen herrscht Vollbeschäftigung, die Steuereinnahmen sprudeln, die öffentlichen Haushalte sind teilweise im Plus, die Menschen sind zufrieden. Eine geradezu ideale Ausgangsbasis für die Wahlkämpfer von CDU/CSU und SPD.

In dieser Lage reden die Regierenden nicht gerne darüber, dass die gute konjunkturelle Lage mit vielen Risiken behaftet ist:

  • Wenn die Zinsen wieder ansteigen, was sie in absehbarer Zeit tun werden, dann wird aus der schwarzen Null im Bundeshaushalt schnell ein Minus.
  • Wenn der Euro noch stärker wird, schlägt das auf unsere Exporte durch – und zwar negativ.
  • Wenn es beim Brexit zu keiner vernünftigen Regelung kommt und Trump mit „America first“ Ernst macht, bekommt unsere exportorientierte Wirtschaft das ebenfalls zu spüren.
  • Wenn der Ölpreis nicht so niedrig bleibt wie zur Zeit, sieht es bei den Energiekosten plötzlich anders aus.
  • Last not least: Wenn die Immigrationszahlen wieder ansteigen sollten, dann führt das zu weiteren eheblichen Kosten beim Staat.

Wenn jemand behauptet, es mangele an Themen, über die sich zu diskutieren und zu streiten lohne – die Wirtschafts- und Finanzpolitik böte ein weites Feld.

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Wahlkampfweisheit zum Tage: „It’s the economy, stupid!“ – „Auf die Wirtschaft kommt es an“. (James Carville, Wahlkampfstratege von Bill Clinton).

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Kommentare ( 23 )

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23 Comments
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Katharina
6 Jahre her

https://youtu.be/SoY0bK4agbg

Die Aufzeichnung besteht aus 2 Teilen, beide absolut sehenswert. Hoffentlich kann ich sie hier einstellen. Wenn ja , DANKE!
Man kann dem Glauben schenken oder nicht, etwas Wahrheit wird immer damit transportiert!

Sören Hader
6 Jahre her

Der Punkt ist doch der, für Wohlstand, Arbeitsplätze, Umweltschutz, Sicherheit, Gesundheit, weniger Armut, Bildung ist doch jeder. Selbst die AfD. Aber wie man das erreichen will ist sehr unterschiedlich. Von daher wäre es mir auch lieber, auf Plakaten würden nicht Ziele, sondern Wege stehen.

Rolf
6 Jahre her
Antworten an  Sören Hader

Vollkommen richtig, der Weg ist entscheidend. Die Ziele sind zweitrangig, erst recht, wenn sie wachsweich – fabuliert – werden.

Diese Vorgehensweise ist in der freien Wirtschaft üblich, inclusive Zeitvorgabe und Kosten!

Vorraussetzung: Konkrete Ziele!!!!

…aber dann bin ich kontrollierbar!

Gruss

Pe Wi
6 Jahre her

Ich habe so meine Zweifel, ob die Wirtschaft wirklich brummt. Es mag ja sein, dass in einigen Regionen so etwas wie Vollbeschäftigung herrschen soll. Wir müssten uns dann nur darüber einig werden, wer alles als beschäftigt zählt. Ich fürchte, dass das Wort nach „Voll“ also Beschäftigung im Wortsinne das aussagt, was am Arbeitsmarkt passiert. Beschäftigung ist nicht unbedingt richtige Arbeit, die auch Werte schafft. Die Asylindustrie mit allen, die davon profitieren, wird schon brummen. Das glaube ich auf’s Wort. Sozialarbeiter und alles in dieser Richtung werden dadurch aus der Langzeitarbeitslosigkeit herausgekommen sein – scheinbar. Nur ist die Asylindustrie linke Tasche,… Mehr

Sören Hader
6 Jahre her
Antworten an  Pe Wi

Sorry, aber ist Arbeit nur das wo etwas „produziert“ wird? Vielleicht nur die Dinge, die man auch anfassen kann? Das ist eine ziemlich eingeschränkte Sichtweise, die pauschal sämtliche Dienstleistungen ausklammert. Ich finde es schon schlimm, dass Arbeit die nicht bezahlt wird, in der Gesellschaft kaum geachtet wird, wie beispielsweise das Ehrenamt oder die Erziehungs- und Pflegearbeit in der Familie.

Luisa
6 Jahre her

Stupid ist m. E. die zunehmende Einflußnahme der Politik in die Wirtschaft. Gesellschaftspolitische Wünsche ja, Intervention nein.

Luisa
6 Jahre her

Warum, Rainer Franzolet, kommt mir das so bekannt vor? Ich bin zu dem Schluß gekommen, dass der gesunde Menschenverstand bei zahlreichen Uni-Absolventen auf der Strecke bleibt. Deutlich kann man es bei Wissenschaftlern aus der ehemaligen UdSSR und USA sehen. Arroganz + Fachidiotie überschatten sehr häufig simples Allgemeinwissen. Besonders auffällig bei sog. AiAgs (auch in Amerika gewesen). Ko-operation selten, Kommunikation kaum mehr möglich. Wieviele Publikationen anstatt wieviel Wissen und praktische Umsetzung. Realitätsferne. Was würde Einstein sagen?

Cornelius Angermann
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Müller-Vogg, mit Ihrer letzten Liste dessen, was unsere Wirtschaft beeinflussen kann, sind Sie sehr an der Oberfläche geblieben, rein deskriptiv. Die Konsequenzen dessen, was Sie da auflisten, sind aber viel wichtiger! Wenn die Zinsen steigen, werden die vielen Haushalte, die jetzt schon überschuldet sind, noch reichlich Zuwachs bekommen, viele Immobilien, die im Vertrauen auf niedrige Zinsen gekauft wurden, werden in die Zwangsversteigerung gehen, die Immobilienblase wird mit einem hässlichen Knall zerplatzen! Wenn der Euro stärker wird, verstärkt sich auch automatisch die Euro- (vulgo „Griechenland“-)krise, denn deren Staatsschuldzinsen gehen entweder durch die Decke oder es wird erhebliche Schuldenschnitte… Mehr

Reinhard Peda
6 Jahre her
Antworten an  Cornelius Angermann

Ich ergänze mal, Herr Angermann. Bei den Staatsschulden wird Draghi seine Geldschleusenschöpfung weiter aufmachen. Von der Seite sehe ich keine Gefahr, aber bei allem anderen haben Sie recht. Wenn der Zusammenbruch da ist, und der wird kommen, dann betrifft dies nicht einzelne Staaten sondern die gesamte globalisierte Welt. Womit sich die Frage stellt, wo es nicht zu sozialen Unruhen kommt, welches auch wieder auswirkungen auf die eigene Wirtschaftsproduktion hat? Gibt es überhaupt noch Produkte welche ohne, Globalisierte, Zuliefer – industrie hergestellt werden kann. Finden sie welche, wo das nicht so ist, und nennen Sie diese, verehrte TE Leser. Und dann… Mehr

Nichtzufassen
6 Jahre her

Tut er doch gar nicht.

Michael Scholz
6 Jahre her

Zitat aus dem Artikel: „Last not least: Wenn die Immigrationszahlen wieder ansteigen sollten, dann führt das zu weiteren erheblichen Kosten beim Staat.“ Ja, da haben Sie zweifellos Recht, Herr Müller-Vogg, denn „Immigrationszahlen“ sind wie Regen oder ansteigende Wasserpegel oder gar Tsunamis, sie sind natürliche oder übernatürliche Erscheinungen, gegen die man, auch als souveräner Staat, NIX tun kann. Den gleichen Gedanken hatte vor Ihnen bereits die Große Staatsratsvorsitzende geäußert (sinngemäß, ‚es liegt nicht in unserer Macht, wie viele zu uns kommen werden‘). Wir können uns also schon jetzt auf „weitere erhebliche Kosten beim Staat“ einstellen. Das macht aber überhaupt nichts, Sie… Mehr

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6 Jahre her

Erinnert mich irgendwie an den Wahlaufruf des Satiremagazins MAD aus dem Jahr 1975:

„Bewahrt das Bewährte – Jupp Zupp muss in den Bundestag“

Nur dass „Jupp Zupp“ jetzt „Angela Merkel“ heisst.

Gerd Dammhirsch
6 Jahre her

Ich stelle fest:

Unter den Plattitüden-Plakaten ist keines von der AfD.

Und Herr Müller-Vogg hätte bestimmt eines gefunden.

Dietmar Schoenvogel
6 Jahre her
Antworten an  Gerd Dammhirsch

Bei der letzten wahl hatten die den slogan: keine einwanderung in die sozialsysteme. Das hatte dann auch pegida sinngemäß in ihrem 19 punktepapier drin.
Der ursprung war aber das parteiprogramm der cdu!
Gruss aus dd bei leichtem regen!