Sumy, Charkiv, Chernigov: Putin will drei weitere Städte

Doch noch kein Frieden? Vor einem Waffenstillstand will Wladimir Putin drei weitere Städte besetzen, um „Pufferzonen zu schaffen, die russische Regionen schützen“. Die Regierung in Kiew dürfte sicher nicht zustimmen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alexander Kazakov

Russlands Präsident Wladimir Putin hat in einem Treffen am 20. Mai mit Vertretern der Region Kursk den Anspruch auf die ukrainische Stadt Sumy und möglicherweise die gesamte gleichnamige Region untermauert. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Institute for the Study of War (ISW) hervor. Der Vorstoß wird als Teil einer Strategie gewertet, weitere ukrainische Gebiete zu annektieren – möglicherweise auch durch künftige Verhandlungen.

Außerdem soll der Kreml die Besetzung von Kharkiv und Chernigov (im Norden Kiews) planen – erst mit der Besetzung dieser Städte soll eine ausreichend große Pufferzone geschaffen sein, um russisches Staatsgebiet „umfassend schützen zu können“.

Die Stadt Sumy, nur 25 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, hat für Moskau eine hohe strategische Bedeutung. Eine von Russland kontrollierte Pufferzone rund um die Stadt würde es der Ukraine erheblich erschweren, Artillerie- oder Drohnenangriffe auf russisches Territorium durchzuführen.

Beim Treffen mit Putin schlug der Verwaltungschef des Grenzraions Gluschkowo, Pawel Solotarew, offen vor, eine solche Zone innerhalb der Ukraine zu schaffen. Auf Putins Nachfrage, wie tief diese Zone reichen solle, antwortete Solotarew: „Mindestens bis Sumy“ – und deutete an, dass Russland darüber hinaus expandieren solle. Auch der amtierende Gouverneur der Region Kursk, Alexander Chinschtein, sprach sich auf Telegram für den Vorstoß aus. Er begründete das mit familiären Wurzeln in Sumy: „Dieses Land ist nicht fremd für uns.“

Politische Inszenierung?

Das ISW wertet das Treffen als gezielte Inszenierung, um Putin als aktiven und entschlossenen Kriegsherrscher darzustellen – und von militärischen Misserfolgen abzulenken. Auch bei den Verhandlungen mit der Ukraine am 16. Mai in Istanbul habe die russische Seite gedroht, das gesamte Gebiet Sumy zu erobern.

Ob Russland aktuell die militärischen Kapazitäten besitzt, um Sumy tatsächlich einzunehmen, wird jedoch bezweifelt. Die Stadt zählte vor dem Krieg etwa 256.000 Einwohner – eine Größe, die russische Truppen seit Beginn der Invasion 2022 nicht erfolgreich einnehmen konnten. Selbst die deutlich kleinere Stadt Lyssytschansk fiel erst nach monatelangen Kämpfen.

Der ukrainische Analyst Kostjantyn Maschowez berichtet, dass in Richtung Sumy derzeit unter anderem die 18. und 72. motorisierte Schützendivision sowie die 83. Luftlande-Brigade aktiv seien. Zusätzlich sollen bis zu fünf mobilisierte Regimenter vor Ort sein. Dennoch hält das ISW diese Kräfte für unzureichend für einen großangelegten Angriff.

Auch aus ukrainischer Sicht erscheint ein Angriff auf Sumy derzeit unwahrscheinlich. Immer wieder äußerten Regierungsvertreter, ein solcher Vorstoß wäre für Russland mit erheblichen Verlusten verbunden und würde sich in die Länge ziehen.

Allerdings: Bereits im April hatte der ukrainische Oberbefehlshaber Oleksandr Syrsky erklärt, dass Russland eine neue Offensive in den Regionen Sumy und Charkiw eingeleitet habe. Ziel sei die Einrichtung einer Pufferzone entlang der Nordgrenze, die sich auch auf die Gebiete Tschernihiw erstrecken könnte.

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Kommentare ( 126 )

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Thorsten
29 Tage her

Die Ukraine treibt den Preis mit ihren Agressionen immer höher. Die ukrainische Armee ist ausgeblutet und muss mit unwilligen Zwangsrekruten (Videos gibt es zuhauf auf X) aufgefüllt werden. Damit nimmt die Kampfkraft noch weiter ab.
Spätestens wenn der Westen keine Waffen oder die Ukraine keine Soldaten mehr hat, ist dort finito. Die Soldaten reichen bei der Ukraine wohl noch 2 Jahre – wobei die Kampfkraft immer weiter abnehmen wird.

andreas
29 Tage her

Die Ukrainer hätten das alles billiger haben können, wenn sie sich nicht von Nuland und anderen us-freunden in den Krieg hätten treiben lassen. Jetzt, wo die Russen, mit ca. 80.000 Gefallenen bezahlt, drei Abwehrlinien durchbrochen haben und nur noch Stacheldraht vor sich haben werden sie sich noch ein Stück holen, schon um die Amis zu demütigen.

Britsch
29 Tage her
Antworten an  andreas

Ja und nun fordert die Ukraine, daß die EU, also Hauptteil wir Deutschland die kompletten Kriegskosten übernehmen bezüglich Übernahme der Wiederaufbaukosten gibt es ja bereits zusagen.

MeHere
29 Tage her

Der Gestörte lügt wenn er das Maul aufmacht. Ein gelungenes Beispiel, dass ein Wechsel nach 8 Jahren Amtszeit immer dringend geboten ist und eine gesetzliche und finanzielle Trennung zwischen Politik und Medien immer grundsätzlich gegeben sein muss (sonst Diktatur).

Caroline Hoelzl
29 Tage her

Ich verstehe nicht, wieso so viele Kommentatoren Putin applaudieren, dem es nur um Macht geht. Genau wie Könige in früheren Zeiten, die das Volk kämpfen und die Leute sich gegenseitig töten ließen, um Land, Macht und Einfluss zu gewinnen. Putin geht sprichwörtlich über Leichen. Man kann doch nicht, nur weil bei uns ein Haufen schiefläuft und wir unfähige Politiker usw. nicht automatisch die Gegenseite hochjubeln! Entweder ist Putins Progaganda wirklich so erfolgreich, ober wir haben viele russische Schreiber hier, ich kann mir ansonsten nicht erklären, dass so viele ihr Hirn ausschalten, wenn es um Putin geht. Klar haben die USA… Mehr

Logiker
29 Tage her
Antworten an  Caroline Hoelzl

Ich sehe keinen Putin-Applaus.

Allerdings massive werte-westliche „Verars….ung“.

Micha ausdenbergen
29 Tage her
Antworten an  Caroline Hoelzl

Das nennt man realpolitisches Denken, würde ich sagen 😉
Zudem Doppelmoral und Heuchelei ( des „Westens“ Paradedisziplin) kommt auch immer weniger gut an.
Man lässt sich nur ungern für völlig dumm verkaufen.

greenout
29 Tage her

Wenn ich mir so die Putin-Bilder anschaue, kann ich mir nicht vorstellen daß dieser so nett dreinschauende Mann ein Land angreift.
Er braucht jetzt den Wirecard Chef für nicht mehr für Scholz. Ist der schon aus dem Fenster gefallen

Zum alten Fritz
29 Tage her

Die Chinesen hatten schon vor langer Zeit vorgeschlagen östlich vom Dnepr eine grüne Zone bis zur russischen Grenze zu bilden. Das passte aber nicht der Ukraine (NATO) ins Konzept. Nun wird halt die Ukraine kleiner. So das die Reichweite erlaubter Raketen nicht bis Moskau reicht.

Kalmus
30 Tage her

Für die Zeit nach dem Krieg wird gegenwärtig kräftig vorgesorgt. Es ist die Zeit vor dem Krieg, denn: Was tun die dann beschäftigungslosen russischen Soldaten? Sie suchen sich das Baltikum, Polen, Finnland. Also nicht nachlassen im Trommelwirbel, erhaltet uns unseren Feind! Alles tun dafür, dass wir Recht behalten! Wir ungedienten Blitzknaller.

Last edited 30 Tage her by Kalmus
Wolfgang
30 Tage her

Warum hätten die USA im zweiten Weltkrieg Großbritannien und der Sowjetunion in Ihrer Not helfen sollen ? Es war doch gar nicht Ihr Krieg. Was ging es dem Ami an ? Rusland hat seine Verbindlichkeiten aus dem Leih-und-Pacht-Gesetz erst 2006 vollständig beglichen. Aber ohne diese Hilfe wäre es für die Sowjetunion eventuell nicht möglich gewesen , gegen Deutschland zu bestehen. Heute kämpfen ukrainische Soldaten äußerst Tapfer und mit großem Geschick für Ihre Heimat. Den meisten der hier schreibenden Kommentatoren sagt der Begriff Heimat anscheinend nicht mehr viel. Der Krieg könnte durch ernstgemeinte Verhandlungen beendet werden , wenn die westlichen Staaten… Mehr

Reinhard Schroeter
29 Tage her
Antworten an  Wolfgang

Deutschland wurde noch niemals von Russland angegriffen Russland von Deutschland allerdings schon und hat damit für 24 Millionen Tote Russen bzw. im Land lebende Minderheiten gesorgt.
Das Versagen der bundesdeutschen Klippschule offenbart sich nicht nur im Wissen um Naturwissenschaft sondern auch im Wissen um die deutsche Geschichte.

Wolfgang
29 Tage her
Antworten an  Reinhard Schroeter

Hier scheint doch einiges durcheinander zu trudeln. Wer will denn Russland angreifen ? Russland hat nun eine carte blanche , der Vergangenheit wegen ? Es darf jeden angreifen auf den es Lust hat ? Ist dann eben so , hat man hinzunehmen. Darf man nichts gegen haben. Warum suchen bestimmte Nationen die Nähe zum Westen ? Warum muß Russland bestimmte Nachbarn mit Zwang in seiner Einflußsphäre halten ? Vom Recht auf Selbstbestimmung der Völker ist bei den Russenfreunden leider nie etwas zu hören und zu lesen. Die Ukraine hat eine komplizierte Geschichte. Anne Applebaumes „Roter Hunger“ und Samuel Huntingtons „Clash… Mehr

Reinhard Schroeter
29 Tage her
Antworten an  Wolfgang

Man unterstellt aus Deutschland den Russen heute das, was man selbst von 39 bis 45 mit dem Großteil der europäischen Nationen gemacht hat und in der Konsequenz zur Teilung von eben diesem Deutschland geführt hat. Ca. ein Drittel, von denen, die in der so entstandenen ,von den Sowjets besetzten Zone , auf uns herumgetrampelt haben waren Ukrainer. Das zu vergessen, hat man hier keinerlei Grund. Im übrigen war nicht die Rede davon, das Deutschland die Absicht hätte, Russland noch einmal anzugreifen. Ein Blick zurück in die Vergangenenheit zeigt, dass es nicht die schlechtesten Zeiten für beide Völker waren,in denen ès… Mehr

Micha ausdenbergen
29 Tage her
Antworten an  Wolfgang

Im Prinzip ist es doch ganz einfach. Mal angenommen, Mexiko würde sich der Russischen Föderation anschließen ( was die ja tun dürften, von wegen „Recht auf Selbstbestimmung der Völker“) und beschließen, dass Russland sich militärisch in Mexiko breit machen darf. Wie würde Washington wohl darauf reagieren, Ihrer Meinung nach ? Glückwunschkarten verschicken ? Frage beantwortet ? Es geht nicht darum, gut zu finden, was Russland macht. Krieg ist grundsätzlich Scheiße. Es geht um Realismus, um Logik. Natürlich kann ich hingehen und jeden Hooligan den ich treffe !ansaugen“ und diesen bedrängen oder einschränken wollen. Könnte ich machen. Mache ich aber nicht.… Mehr

Rasparis
29 Tage her
Antworten an  Reinhard Schroeter

Das ist unzutreffend. Zwar hatte Deutschland am 01.08.1914 Rußland den Krieg erklärt, aber dem vorausgegangen war am 30.07.1914 die offizielle Mobilmachung durch Ukas Zar Nikolaus II und eine verdeckte, russische Mobilmachung seit Mitte Juli 1914. Entsprechend waren zwei russische Armeen an der Grenze von Russisch-Polen zu Ostpreußen aufmarschiert, die 1.Russische Armee unter Rennenkampff gegen nördlichen Teil Ostpreußens etwa bis Lyck und die 2. Russische Armee unter Samsonow gegen den südlichen Teils Ostpreußens südlich der v.g. Stadt. Rennenkampff begann am 17.August 1914 nördlich der Rominter Heide auf einer Breite von ca.40 KM den Angriff auf Ostpreußen. Bis zum 19.07.1914 war Rennenkampff… Mehr

Last edited 29 Tage her by Rasparis
STRichter
29 Tage her
Antworten an  Wolfgang

Ich stimme Ihnen vollständig zu. Leider befinden wir uns hier in der Diaspora. Die meisten möchten gern ihre eigenen Erfahrungen mit den Russen machen. Ich lebe in Frankreich und fühle mich hier ein bisschen sicherer. Man ist hier nicht ganz so naiv, besser bewaffnet und kein Freund des vorauseilenden Unterwerfens.

KorneliaJuliaKoehler
29 Tage her
Antworten an  Wolfgang

Der Hass auf „die Russen“ ist in den ehemaligen Ostblockstaaten besonders verbreitet. Kann man teilweise gut verstehen. Das war aber auch schon vor dem Angriffskrieg Putins nicht anders. Allerdings sollte man Bedenken, dass es die verbrecherische Ideologie des Sozialismus/Kommunismus war, die solche Diktatoren wie Stalin, Mao und Hitler hervorbrachte. Auch „die Russen“ wurden damit mit Gewalt unter der Knute gehalten. Seltsamer Weise ist diese Ideologie im Westen wieder auf dem Vormarsch. In anderer Verkleidung zwar, aber von der Wirkung her dieselbe. Könnte es vielleicht auch die Möglichkeit geben, dass es Interessengruppen gibt, die genau diesen Hass auf Russen für ihre… Mehr

Wolfgang
29 Tage her
Antworten an  KorneliaJuliaKoehler

„…dass es die verbrecherische Ideologie des Sozialismus/Kommunismus war, die solche Diktatoren wie Stalin, Mao und Hitler hervorbrachte.“ Auch wenn es „Nationalsozialismus“ heißt und sich programmatisch gewisse Vergleiche zum Sozialismus herstellen lassen , ist die treibende Ideologische Grundlage für Hitler bestimmt nicht der Sozialismus oder Kommunismus gewesen. Ich habe den Eindruck , daß Russland die Sowjetunion noch lange nicht aus sich hinausbekommen hat. Die breite menschenverachtende Behandlung gegenüber der eigenen Bevölkerung , Solschenizyn hat darüber im „Archipel Gulag“ ausreichend Zeugnis gegeben , scheint immer noch dieser Gesellschaft innewohnend. Die Polen dürfen ja durchaus in Sorge sein. Schließlich haben die Russen einen… Mehr

KorneliaJuliaKoehler
29 Tage her
Antworten an  Wolfgang

Na ja, es wäre schon von Vorteil, auch zusätzliches Wissen über die Geschichte Russlands, Polens und den Sozialismus/Kommunismus zu haben. Mir muss dazu niemand etwas erklären. Die Geschichte Russlands, Polens, Deutschlands und des Sozialismus/ Kommunismus ist meine Familiengeschichte mit samt dem ganzen Elend von Krieg, Vertreibung, Flucht, Unterdrückung, Gefangenschaft, Mord und Totschlag und Enteignung. Von daher bin ich immun gegen jede Art von Totalitarismus, Hass und Hetze, von wem auch immer. Ich habe den Eindruck, dass Deutschland den Sozialismus/Kommunismus noch lange nicht aus sich heraus bekommen hat. Die breite, menschenverachtende Behandlung gegenüber der eigenen Bevölkerung….. Nichts für ungut. Wir diskutieren… Mehr

GermanMichel
29 Tage her
Antworten an  Wolfgang

Dieser Krieg gegen Russland ist immer noch der gleiche Krieg wie gegen Deutschland damals.

Es geht bei all dem um die angelsächsische Weltmacht, wobei ja manche meinen auch die angelsächsischen Länder sind nur Werkzeuge einer anderen sehr geldaffinen Macht …

Nibelung
30 Tage her

Hitler hätte dem Siegerdiktat auch nicht zugestimmt und hat sich vorher noch verabschiedet und ähnliches könnte auch in der Ukraine geschehen, denn mit der Aussicht, die derzeit besteht dürfte es nahezu unmöglich sein weiter in der alten Form zu bestehen und die Russen haben ja schon angedroht, daß aus vier Oblasten auch acht werden könnten und da wäre es doch höchste Zeit sich auf das Unvermeidliche zu besinnen, als auf die Europäer zu warten, die man vergessen kann, wenn es zum Schwur kommt.

DELO
30 Tage her

…Putin als aktiven und entschlossenen Kriegsherrscher darzustellen – und von militärischen Misserfolgen abzulenken…“
Solche deutsch-übliche Berichterstattung erinnert mich immer an meine Großmutter in Berlin, die selbst 1945 noch an den „Endsieg“ glaubte, als der Russe bereits in Berlin einmarschierte.