Merkel offenbart ihre Vorstellungen vom neuen Deutschland

Merkel in der Bundespressekonferenz: Eiskalte Ablehnung gegenüber den Berliner Demonstranten, Unterwürfigkeit gegenüber Putin bezüglich Weißrussland und ein fehlendes Bekenntnis zur westlichen Führungsmacht USA in deren Konflikt mit China.

imago Images/photothek

Zwischen vielen belanglosen, ehrerbietigen bis liebedienerischen Fragen der Journalisten an Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer heutigen, alljährlichen Sommerpressekonferenz stachen drei Fragen und Merkels Antworten darauf ein wenig hervor.

Nachdem Merkel gerade im Bezug auf Weißrussland von dort fehlenden „Freiheitsmöglichkeiten“ sprach („…was wir für uns als selbstverständlich annehmen können, Demonstrationsfreiheit, Meinungsfreiheit…“), wagte es ein Journalist der amerikanischen Agentur AP, Merkel zu fragen, ob es nicht ein Widerspruch sei, wenn „die Bundesregierung weltweit auf die Einhaltung der Versammlungsfreiheit pocht, während hier in Berlin Demonstrationen von möglicherweise Zehntausenden verboten werden“ und sie dies „respektiere“. Und er fragte auch, ob sie bereit wäre, sich mit Vertretern „dieser recht heterogenen Bewegung zu treffen, wie Sie es mit Klimaaktivisten oder Bauernverbänden getan haben“.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Während dieser Frage verschwand jegliches Lächeln aus Merkels Gesicht. Ihre Antwort: „Also ich habe noch hinzugefügt, dass Deutschland ja ein Rechtsstaat ist und dass selbstverständlich diejenigen, die jetzt die Demonstration angemeldet haben, den Rechtsweg gehen können. Das gehört für mich dazu zur Demonstrationsfreiheit.“ Für diesen Weg bedarf es allerdings nicht einer solchen Aussage der Kanzlerin, das Recht ist nicht von ihrer Gnade abhängig. Merkel jedoch scheint diese Selbstverständlichkeit für besonders betonenswert zu halten. Einem Treffen mit den Demonstranten erteilte sie eine überdeutliche Absage: „Und ansonsten entscheide ich immer dann, wenn Menschen sich an mich wenden, ob ich mit ihnen das Gespräch suche, oder nicht.“ Die Botschaft ist klar: Da steht der Feind, kein Gesprächspartner.

Die zweite verschlüsselte, aber doch recht eindeutige Ansage kam von Merkel in Richtung der demonstrierenden Opposition in Weißrussland und in Richtung Kreml gleichzeitig. Einerseits fühle sie sich erinnert an die Lage in der DDR vor Honeckers Sturz, aber „andererseits weiß ich, dass die Umstände jetzt ganz andere sind“. Die Wende in der DDR habe geschehen könne, weil die Sowjetunion, Gorbatschow, es habe „geschehen lassen“. Sie sagte, sie könne sich „gut reinversetzen“ in die Lage der Demonstrierenden in Minsk (hier tat sie so, als habe sie selbst 1989 gegen das Honecker-Regime demonstriert, was nachweislich nicht der Fall war). Aber der Gesamterfolg „solcher Bewegungen“ hänge eben davon ab, „wie die gesamte geopolitische Lage ist“. Aus dem Merkelschen übersetzt heißt das: Ich akzeptiere das Einspruchsrecht des russischen Regimes in Weißrussland, so wie einst die Breschnew-Doktrin akzeptiert wurde. Putin wird es mit Genugtuung registrieren.

Übrigens: Was sie den Demonstranten in Berlin nicht anbietet, nämlich ein Gespräch, hat sie beim weißrussischen Noch-Machthaber Lukaschenko aktiv gesucht, wies sie selbst sagt. Er habe es aber abgelehnt, mit ihr zu telefonieren.

Die dritte bemerkenswerte Offenbarung aus diesem Merkel-Auftritt betraf das Verhältnis Deutschlands zu den USA und China. In Anwesenheit eines so genannten Journalisten der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua gab die Kanzlerin des NATO-Mitgliedsstaates Deutschland zu Protokoll: „Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, uns zwischen China und den USA zu entscheiden, wäre das nicht gut.“ Da folgte kein Bekenntnis zur transatlantischen Allianz, zur deutsch-amerikanischen Freundschaft. Diese Ungeheuerlichkeit schien keinem im Raum der Bundespressekonferenz aufzustoßen. Jedenfalls gab es keine Nachfrage, ob sie sich nicht doch zur Nato und deren Führungsmacht USA bekenne.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 190 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

190 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Peter Pascht
3 Jahre her

„Merkel offenbart ihre Vorstellungen vom neuen Deutschland“ ??? In China ist ein Sack Reis umgefallen. Sorry, habe ich da etwas nicht verstanden? Selbst in den ÖRR geht es rauf und runter in Talk-Gesprächen: „Was kommt nach der nun beendeten Ära Merkel? Was bleibt von der Ära Merkel?“ Merkel ist keine CDU Vorsitzende mehr und hat erklärt zur nächsten BTW nicht mehr anzutreten. Also eine „lame duk“ auf Abruf. Wenn erst demnächst die längste Führungslosigkeit der CDU beendet sein wird spätestens im Herbst, dann wird der/die neue Vorsitzende/Kanzlerkandidat nicht umhin können, in gewohnter politischer Tradition der CDU, den Amtsbonus für sich… Mehr

Michel.M.
3 Jahre her
Antworten an  Peter Pascht

Es wird noch Schlimmer,wenn erst mal der GrüneJunng dran ist!

Sven F.
3 Jahre her

Nun ja, wer sich in innenpolitische Belange anderer Staaten einmischen will,der sollte schon seine eigenen innenpolitischen Hausaufgaben gemacht und den Dreck vor seiner eigenen Haustür beseitigt haben. In anbetracht des Ist – Zustandes von Deutschland heisst das jedoch, die deutsche Regierung sollte sich tunlichst hüten anderen Vorschriften machen oder Empfehlungen geben zu wollen.

Sven F.
3 Jahre her

Pro Jahr kostet uns der Spaß seit 2015 rund 21 Mrd Euro, allerdings bezieht diese Summe sich nur auf offizielle Zahlen die die Bundesregierung ad hoc zusammen kratzen konnte,genau beziffern ließe sich das nicht,da dafür zu viele Stellen (Fördertöpfe) zuständig sind…ich denke mal die 21 Mille ist die untere Spitze des Eisberges,die wahre Summe dürfte ein Vielfaches pro Jahr betragen. Damit aber nicht bekannt wird was uns das „Wir schaffen das“ wirklich kostet,hat die Regierung in weiser Voraussicht alle Ausgaben schön versteckt.

Sven F.
3 Jahre her

„Eiskalte Ablehnung gegenüber den Berliner Demonstranten…die Wende in der DDR habe geschehen könne, weil die Sowjetunion, Gorbatschow, es habe „geschehen lassen“. Na ja, dazu gibt es ja auch ein alles sagendes Video bei Youtube mit dem Titel“ Merkel verplappert sich“, wo sie so richtig verächtlich über jene her zog die ihr 1989 die schöne DDR kaputt gemacht haben…das tollste bei dieser Aussage ist jedoch der dabei neben ihr stehende und die Augen verdrehende Obama,ein Bild für die Götter. Merkel hält absolut gar nichts von Demokratie,Grundrechten und Mitbestimmungsrecht der Bevölkerung, wenns nur nach ihr ginge,hätten wir längst Verhältnisse wie in China… Mehr

Cenuit
3 Jahre her

Im Gegensatz zu vielen Vermutungen,gestellten und tatsächlichen Wochenschaubildern aus dieser Zeit habe ich die Möglichkeit mit meinem 95 jh. Vater darüber zu sprechen. Der heutigen Meinung völlig abhanden gekommen bzw. außer Acht gelassen ist die damalige starke Verehrung sowie Heroisierung des Kaiserreiches. Die Menschen waren es gewöhnt ; Der Kaiser sprach , es wurde pariert ! Zur WREP geschah ähnliches wie wir es heute kennen, reden, reden, reeden ………. Dies wiederrum kannte man nicht….während wir heute im warmen Wohnzimmer die Lückenpresse verfolgen – hat man zu dieser Zeit gehungert & gefroren. Als sich dann Hitler als starker Mann präsentierte ,… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Merkel „dankt“ ja ziemlich oft irgendwelchen Einrichtungen (z.B. dem THW). Dagegen ist nichts einzuwenden. Immer aber, wenn sie den „Bürgerinnen und Bürgern“ oder auch nur den „Älteren“ dankt (weil sie sich an die Corona-Auflagen halten), kommt die unausrottbare Sicht auf die , die schon länger hier leben, hervor. Merkel glaubt wohl tatsächlich, ich und Millionen anderer trügen eine alberne Maske, um ihr persönlich zu gefallen. Merkel kann sich Politik gar nicht anders als auf ihre höchst unbedeutende Person bezogen vorstellen. Die Nicht-Politikerin Merkel ist das eigentliche Verhängnis für Deutschland. Es ist die Hybris (nach F. Knauß), die sie schließlich zu… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Wie wird man Merkel los ? Es geht nur über ihre eigene Partei. Das ist bitter, denn da ist kein Hoffnungsträger in Sicht. Aber vielleicht geschieht ja noch ein Wunder…

Anti-Merkel
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Es geht nur, indem man ihre Partei unter 5% drängt — sie hat längst jede parteiinterne Opposition ausgeschaltet.

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  Anti-Merkel

Da können wir bis zum St.Nimmerleins-Tag warten…

Es muß einfach die – rätselhafte – Lähmung parteiinterner Gegenkräfte überwunden werden.
„Ausgeschaltet“ hat sie ihre Gegner nur vordergründig. Es ist die Selbstentmachtung, die vor jeder Wende zum besseren im Wege steht.

bfwied
3 Jahre her

Entweder man wehrt sich gegen die Anfänge einer Fehlentwicklung – der sozialistische Weg führt immer in die Diktatur – oder es kommt grundsätzlich zum schlimmstmöglichen Fall. Merkel ist eine Kommunistin, dies kommt zunehmend deutlich zum Vorschein. Das Volk, insbesondere die Jungen, noch Unerfahrenen und leider immer weniger Gebildeten, nimmt dies nicht zur Kenntnis, es interessiert sich kaum für Politik. Aber nach der Wahl, wenn das Kurzarbeitergeld ausgeht – jeder 3. Betrieb in D. hatte im Mai Kurzarbeit angemeldet – und die Betriebe ihre Produkte weiterhin nicht mehr im erforderlichen Maß absetzen können, viele Zulieferer, etwa für Autos, nicht mehr existieren,… Mehr

Boris G
3 Jahre her

Vielleicht wechselt Angela Merkel ja doch noch die Partei. Als Kanzlerkandidatin der Grünen könnte sie diese zu einem Erdrutschsieg führen. Habeck würde sicher sofort für diese in der Wolle gefärbte Linke seinen Platz räumen.

Bernd Simonis
3 Jahre her

Egal, sie ist gewählt, und sie hat heute noch die Mehrheit hinter sich, wetten dass?

Anti-Merkel
3 Jahre her
Antworten an  Bernd Simonis

Ja, aber nur, weil die Propagandamedien nicht die Wahrheit berichten und die Mehrheit das nicht merkt.
Die Propagandamedien müssen weg – Merkel erledigt sich dann von selbst.

Sonja Dengler
3 Jahre her
Antworten an  Bernd Simonis

sie hat KEINE Mehrheit hinter sich – an der Macht ist sie doch nur, weil sie sich mit den anderen Verlieren zusammengetan hat. Erst DAS und das Fehlen der Opposition macht sie mächtig. Aber Mehrheiten im Volk hat sie nicht. Das ist ein wichtiger Unterschied