Lauterbach dirigiert sein Panikorchester weiter

Angesichts fallender Zahlen und Lockerungen in Nachbarländern sollte Lauterbachs Panikstimmung nicht mehr verfangen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Gesundheitsminister dreht auf – und schreibt seine Panikmusik im Infektionsschutzgesetz fest.

IMAGO / Jens Schicke

Für Karl Lauterbach spielt das Panikorchester auf der Corona-Titanic weiter. Fast hat man den Eindruck, dass der Bundesgesundheitsminister dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Aufmerksamkeit neidet und sich in den Vordergrund spielen muss.

Die erste Konteraktion Lauterbachs: die Hypothese. Die Hypothese über die Vergangenheit ist bereits bekannt: eine drohende Sommerwelle, eine Überbelastung im Herbst. Es läuft alles nur scheinbar gut, und wenn nicht dringend Maßnahmen getroffen werden, wird es dafür umso schlimmer. Obwohl in der Vergangenheit nahezu alle Modellrechnungen danebenlagen – insbesondere bei den Todeszahlen –, bemüht der SPD-Politiker die Glaskugel.

— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) March 6, 2022

Neu hingegen ist dagegen die Hypothese über die Vergangenheit. Wenn Omikron die erste Variante gewesen wäre im Frühjahr 2020, so Lauterbach, dann wäre Omikron eine „Katastrophe“ gewesen. Eine nicht-existente Bedrohung in der Gegenwart hätte eine in der Vergangenheit sein können – nur die Impfung habe das verhindert. Ob Omikron mit seinen milden Symptomen allerdings überhaupt in der Form bemerkt worden wäre, steht dabei nicht zur Debatte.

Die zweite Konteraktion Lauterbachs: Long Covid. Immer wieder betont der Gesundheitsminister die schweren möglichen Folgen nach einer Krankheit mit einem angeblich milden Verlauf. Jüngstes Beispiel: der Verlust von grauer Hirnsubstanz „nach relativ leichtem Covid“. „Fast alle Experten sehen bei Infekt trotz Impfung geringeres LongCovid Risiko“, sagt Lauterbach. Wer sich nicht impfen lässt, dem drohen also Hirnschäden.

Die dritte Konteraktion: Zahlenspiele sind nur erlaubt, wenn sie nützlich sind. So bemüht Lauterbach immer die Zahlen und Statistiken, die für ihn nützlich sind, immer mit dem Hinweis auf die Wissenschaft. Wie diese Zahlen angesichts der Schwächen in der Erfassung durch das Robert-Koch-Institut zustande kommen – etwa die 200 Omikron-Toten am Tag –, bleiben nebulös. Wenn selbst im ZDF diese Widersprüche aufgelistet werden, sollte es für den letzten offensichtlich werden, dass die vermeintliche Studienschau des Professors der Rosinenpickerei eines Erstsemesters ähnelt.

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Den neuesten Clou hat Lauterbach bei der gestrigen Pressekonferenz geliefert. Da sagt der Gesundheitsminister ganz offen: „Wir haben ausdrücklich keine Ziffern genannt, weil aus medizinischer Sicht machen die keinen Sinn.“ Gemeint sind damit die vagen Kriterien, die die Anerkennung von „Hotspots“ und die Durchsetzung von Corona-Maßnahmen in der Zukunft betrifft.

Heißt: Inzidenzen, Krankenbettenbelegung, Todeszahlen, alle Werte, mit denen in der Vergangenheit gespielt wurde – spielen keine Rolle mehr. Es reicht nun die blanke Willkür, die man hinter dieser Phantomwand bisher versteckt hatte. Damit offenbart Lauterbach einerseits das Kalkül, als allmächtiger Kontrolleur in das Geschehen eingreifen zu können, wenn es passt. Andererseits ist damit gesichert: Die Panikstimmung bleibt erhalten, angezettelt von der Verwaltung, die selbst bestimmen kann, wann das Orchester auf der Titanic weiterspielt. Auch, wenn Lauterbachs Schiff vielleicht schon längst abgesoffen ist – die Musikauswahl des Dirigenten bleibt erhalten.

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