Karl Lauterbach – der Teuermacher

Karl Lauterbach hat ein denkbar einfaches Reformkonzept. Es lautet: Ihr zahlt mehr und bekommt weniger - sonst ändert sich nichts. Etwa bei den Kassenbeiträgen. Als Gesundheitsminister kommt er die Deutschen teuer zu stehen.

IMAGO / Jürgen Heinrich

Karl Lauterbach (SPD) steht vor einem Sommer der Reformen. So hieß es im Winter. Die Pflegeversicherung muss reformiert werden. Die Krankenversicherung auch. Für die Krankenhäuser hat der Gesundheitsminister persönlich nichts weniger als eine „Revolution“ angekündigt. Und Gesundheitskioske will er nebenbei auch noch flächendeckend aufbauen. Werden der Minister und sein Haus auf all die anstehenden Fragen eine Antwort finden, hieß es im Winter. Nun wissen wir: Ja, tun sie. Und die Antwort ist so unterkomplex, wie nur irgend möglich: Es ändert sich nichts – außer dass die Deutschen mehr zahlen müssen und weniger dafür bekommen.

Die Pflegeversicherung wird jetzt teurer. Die Krankenkassenbeiträge steigen zum Jahreswechsel, wie der Sozialdemokrat exklusiv dem RND mitgeteilt hat. In der Pflegeversicherung änderte Lauterbachs Haus – außer den Beiträgen – nur das, wozu das Bundesverfassungsgericht es verdonnert hat. In der Krankenversicherung macht sich das Gesundheitsministerium noch weniger Arbeit: Alle zahlen mehr. Händeabwischen. In den Urlaub fahren. Die Kosten anderer haben den Corona-Minister noch nie viel gekümmert.

Bürger verlieren ein Prozent ihres Lohns

Die Kassen rechneten mit einem Defizit um die 5 Milliarden Euro, verriet Lauterbach dem RND. Das entspräche einer Erhöhung des Beitrags um 0,2 bis 0,4 Prozentpunkte. Zusammen mit der Erhöhung der Kosten für die Pflegeversicherung müssen zum Jahreswechsel dann manche Arbeitnehmer ein Prozent mehr von ihrem Gehalt an die Sozialkassen abführen. „Mit mir wird es keine Leistungskürzungen geben“, verspricht Lauterbach im Gegenzug. Doch es ist damit wie so oft bei dem Mann aus Leverkusen: Klingt gut, hält aber einem Praxistest nicht stand.

Gesundheitskioske
Karl Lauterbachs Liebling schwächelt in der Praxis
Denn die deutsche Gesundheitsversorgung ist reformbedürftig. Einfach nur mehr vom Geld anderer Leute reinzupumpen, wie es Lauterbach tut, reicht da nicht. Zwar mag der Leistungskatalog der Kassen vorerst unberührt bleiben. Doch aufgrund der fehlenden Bereitschaft des Talkshowpolitikers, echte Reformen anzupacken, müssen die Deutschen künftig mit einer faktisch schlechteren Gesundheitsversorgung rechnen.

So haben die Länder in den vergangenen Jahren zu wenig in ihre Krankenhäuser investiert. Diese mussten daher notwendige Investitionen verschieben. Das macht sich nun in der Bausubstanz bemerkbar. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordert daher „zügige Maßnahmen, um die Kliniken für zunehmende extreme Wetterlagen vorzubereiten.“ Die Kliniken seien „schon aus baulichen Gründen oft nicht in der Lage, ohne größeren Aufwand nachhaltige Kühlungskonzepte umzusetzen“, sagt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG, Professor Henriette Neumeyer. Die Gebäude stammten oft aus dem 19. Jahrhundert und seien nur schlecht gedämmt: „Für energetische Sanierung mit optimaler Gebäudeisolierung, effizienten Kühlungssystemen, Verschattung und Begrünung fehlen oftmals die Mittel.“ Die Arbeitnehmer zahlen also über den Sommer weiter in die Krankenversicherung ein – sollten aber einen Klinikaufenthalt schon aus Eigennutz tunlichst vermeiden. Lauterbach verspricht für den Sommer ein Hitzekonzept. Wie immer bei ihm: Hört sich gut an.

Dringender Arzneimittelmangel

Die nächste vernachlässigte Baustelle Lauterbachs: die Versorgung mit Arznei. Am kommenden Dienstag demonstrieren in Berlin die Apotheker. „Wenn es Apothekerinnen und Apotheker in den Streik und zum Protest auf die Straße treibt, ist das ein Signal, das niemand mehr ignorieren kann“, haben die Linken erkannt. Der Festbetrag, mit dem die Apotheken ihre laufenden Kosten begleichen sollen, sei trotz drastisch steigender Energiekosten seit zehn Jahren nicht angehoben worden, sagt Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. Im Zusammenspiel mit Personalnot und Lieferengpässen führe das dazu, dass immer mehr Apotheken aufgäben. „Inzwischen schließt alle 19 Stunden eine Apotheke in Deutschland ihre Pforten für immer und fehlt dann in der wohnortnahen Versorgung und Beratung der Bevölkerung“ sagt Vogler.

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Vor allem in den Lieferengpässen sieht die linke Gesundheitspolitikerin ein Problem. Vogler kritisiert die von Lauterbach angedachte Lösung: Die Apotheker „dafür mit 50 Cent pro Lieferengpass vergüten zu wollen, wie Lauterbach es plant, ist nahezu zynisch, denn das deckt den Arbeitsaufwand nicht annähernd ab. Die Empörung der Apothekerinnen und Apotheker über dieses Almosen ist absolut berechtigt.“ Die Honorare müssten sachgerecht sein und die Regeln unbürokratisch. Dafür müssten aber Vorschläge aus dem Hause Lauterbach kommen. Doch die sind nicht in Sicht. Stattdessen wird es bei dessen Standardlösung bleiben: Die Deutschen zahlen mehr und bekommen weniger.

Prestigeobjekte statt Reformen

Zwischen 3,5 und 7 Milliarden Euro liegt das Defizit der Kassen. Im vergangenen Jahr teilten die Kassen durch die Bank mit, dass der Staat ihnen 10 Milliarden Euro zu wenig für die Menschen zahlt, die von seinen Transferleistungen lebten. Also vor allem Empfänger von Bürgergeld. Diese Zahl wiederholen die Kassen nicht mehr. Denn sie ist politisch brisant. Mit der Einwanderung steigen auch die Zahl der Transferempfänger und damit auch der Fehlbetrag, den die Krankenkassen ausgleichen müssen. Arbeitnehmer zahlen also mit ihren Beiträgen die Kosten der Einwanderung mit – zum Jahreswechsel stärker, wie Lauterbach nun angekündigt hat.

Fehlende Arznei, schließende Krankenhäuser
Deutschland wird ärmer – darunter leidet auch die Gesundheit
Trotz steigender Kosten, die Lauterbach nicht in den Griff bekommt, arbeitet er an einem weiteren Prestigeprojekt: den Gesundheitskiosken. Tausend Stück davon soll es nach den Plänen des Ministers bundesweit geben. Sie sind vor allem für Menschen gedacht, die mangelhafte Sprachkenntnisse vom Besuch eines Arztes abhalten. Damit sie ihr Problem fehlender Sprachkenntnisse nicht selbst in den Griff bekommen müssen, möchte Lauterbach zur bestehenden, durchaus teuren ärztlichen Versorgung eine komplett neue Parallelstruktur aufbauen.

Melkkühe der Nation

„Lauterbach betrachtet die gesetzlich Versicherten als Melkkühe der Nation“, kritisiert ihn der Bundestagsabgeordnete Martin Sichert (AfD). Sie zahlten schon jetzt die höchsten Beiträge in der Geschichte der deutschen Krankenversicherung. Im Gegenzug bekämen sie dafür immer geringere Leistungen und hätten teils unzumutbar lange Wartezeiten bis zu einem Arzttermin. Während der Pandemie sei das Geld auf „völlig überzogene“ Weise ausgegeben worden. „Jetzt ist die Party vorbei und das Geld weg“, sagt der Gesundheitspolitiker.

Wie viel der Staat zu wenig für die gesundheitliche Versorgung von Empfängern des Bürgergelds zahlt, daran erinnern die Kassen nicht mehr. Trotzdem kritisieren sie Lauterbachs jüngste Aussagen im RND: „Die Ankündigung des Bundesgesundheitsministers, 2024 die Krankenkassenbeiträge erneut zu erhöhen, zeugt von Plan- und Ideenlosigkeit“, sagt etwa Ulrike Elsner, die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, zu denen unter anderem die TK und die Barmer gehören.

Bereits 2023 wurde der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz um 0,3 Prozentpunkte angehoben, rechnen die Ersatzkassen vor. Nun falle der Bundesregierung nichts anderes ein, als erneut einseitig die Versicherten und Arbeitgeber mit höheren Beiträgen zu belasten, um das erwartete Finanzdefizit aufzufangen. „Damit werden die Probleme einfach nur vertagt, anstatt eine faire Lastenverteilung anzugehen“, warnt Elsner. Ein „nachhaltiges Finanzkonzept“ sei notwendig. „Hierzu gehören Steuerungsinstrumente zur Erschließung der Wirtschaftlichkeitsreserven ebenso wie kostendeckende Beiträge für die Versorgung von Bürgergeldbeziehenden.“ Es gehe darum, den Trend zu brechen, „dass gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu einem immer größeren Anteil über Beitragssatzerhöhungen … geschultert werden.“

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Kommentare ( 61 )

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61 Comments
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Micky Maus
10 Monate her

Erst wurde er vor den Karren der WHO gespannt, ohne zu wissen dass er dafür irgenwann benutzt wird um weitere Interessen dieser weltelitären mafiösen Bande durchzusetzen. Für diese Dumm- und Unwissenheit wird er jetzt genötigt, seinen wahren Charakter preiszugeben. Nur bezahlen wird wie immer das dumme deutsche Volk!

Boris G
10 Monate her

„Mit der Einwanderung steigen auch die Zahl der Transferempfänger und damit auch der Fehlbetrag, den die Krankenkassen ausgleichen müssen.“ Da werden wir noch unserer finanziell blaues Wunder leben. Pro eine Million Zuwanderer aus dem Armutsprekariat der Dritten Welt muss man mit 30 bis 40 000 (!) zusätzlichen Psychotikern rechnen, deren Versorgung extrem kostspielig (und oft gefährlich) ist. Schizophrenie ist eine der teuersten Erkrankungen überhaupt. Dann die Masse der Tuberkulosekranken mit multiresistenten Stämmen (gerne aus Osteuropa): Über 120 000 Euro alleine für Medikamente pro Jahr. Die von Lauterbach kategorisch bestrittene Leistungseinschränkung findet für die Alteingesessenen längst statt, nämlich über Wartelisten, rüde… Mehr

Britsch
10 Monate her

Lauterbach hat bereits als er noch nicht Minister war
als so genannter „Optimierer“ dem Gesundheitssystem enorm geschadet, es verschlechtert.
Anfangen mit ändern sollte man bei den Gesetzlichen Krankenkassen
daß nur Die etwas bekommen die schon eingezahlt haben und deren direkte Angehörig, aber nicht z.B. die ganze Sippe im Ausland.
Weiter sollte es Krankenkassen z.B. untersagt sein Geld der Beitragszahler für Webung auszugeben
Alle die noch nicht eingezahlt haben, für die müßte aus der „Staatskasse“ bezahlt werden aber nicht aus der Krankenkasse die von Beitragszahlern finanziert wird als Solidargemeinschaft aller Einzahler.
Die Krankenkassen werden ausgeplündert um Ideologien zu „Stützen“

Last edited 10 Monate her by Britsch
Caramba108
10 Monate her
Antworten an  Britsch

Sehr gut – die Rente wurde ja auch über Nacht plötzlich besteuert. Das ging natürlich.

feinbein
10 Monate her

Ich möchte keinen einzigen Cent mehr ausgeben, wobei der Hauptgrund für die Erhöhung ja wohl die uferlose Zuwanderung von Flüchtigranten ist. Diese gehen mich nichts an und vor der Aufnahme von auch nur einem einzigen weiteren, müssen alle Unberechtigten abgeschoben werden!

Delegro
10 Monate her

Es sollte nicht Teuermacher heißen, sondern Umsatzbeschaffer. Lauterbach ist doch nicht`s anderes als ein Vertriebsmitarbeiter für die große Pharmaindustrie. Er wurde vor seinem Ministeramt schon sehr gut von dieser Branche bezahlt. Und für die Zeit nach seinem Ministeramt sorgt er ganz sicher auch schon vor. Wir zahlen in Deutschland für identische Medikamente deutlich mehr als in vielen anderen Ländern. Zusätzlich hat er Milliarden bei seiner Corona-Hysterie verbraten (Impfstoffe, Masken, Abrechnungsbetrug bei Testcentren etc.). Warum gibt es überhaupt so viele Krankenkassen? Jeder Apparat will bezahlte werden (Wasserkopf, MA etc.). Lauterbach bringt keinerlei Lösungen für die vorhandenen Probleme. Er ist ein Sozi… Mehr

Michael Palusch
10 Monate her
Antworten an  Delegro

Das der karriereverliebte Parteiwechsler Lauterbach ein Sozi ist bezweifle ich doch stark.
Sein bisheriges „Wirken“ sieht mir so gar nicht danach aus. Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich bei seinem unermüdlichen Einsatz für Krankenhausprivatisierung und der Gewinnmaximierung notleidender Pharmakonzerne eher auf ein gefährliches U-Boot der Gesundheitslobby tippen.
Aber wie gesagt, ich weiß es ja besser, und deswegen glaube ich, dass Karl Lauterbach sein Ministeramt sehr ernst nimmt und nur im Interesse der Solidargemeinschaft handelt.

Last edited 10 Monate her by Michael Palusch
reiner
10 Monate her

es sind wohl eher 9 millionen ,die nichts einzahlen oder denken sie die syrer und afghanen oder ukrainer zahlen ein? habe seit 6 monaten krebs und bekomme eine immuntherapie,die kostet 12000 euro im monat,mein bettnachbar aus kiew bekam das gleiche ,rechnen sie mal hoch.

MarkusF
10 Monate her

Vernichtende Lauterbachkritik auf dem Bundesärztetag; Standing Ovations dafür:
https://twitter.com/Beatrix_vStorch/status/1660618555027607553

Last edited 10 Monate her by MarkusF
Praxisfeh
10 Monate her

Ich bin über 20 Jahre Inhaber einer Arztpraxis in einem sozialen Brennpunkt und kann ein Lied darauf singen, wie fehlende Sprachkenntnisse die medinizische Versorgung behindern oder gar völlig unmöglich machen, weil man sich noch nicht einmal auf einfachstem Niveau miteinander verständigen kann. Es erfordert jeden Tag unendlich viel Zeit und Kraft meiner Mitarbeiter, damit umzugehen, und führt auf Seiten der Patienten immer wieder zu Aggressionen, weil kein konstruktiver Gesprächsaufbau möglich ist. Das ändert sich leider auch nicht, wenn diese Menschen länger hier leben. Ich habe es nicht einmal erlebt, dass Zugewanderte, die wir schon seit Jahren als Patienten in unserer… Mehr

Last edited 10 Monate her by Praxisfeh
Lars Baecker
10 Monate her

Ohne diesen Prof. L. in Schutz nehmen zu wollen, aber kann sich irgendwer noch an eine Reform im Gesundheitswesen erinnern, die nicht darin bestanden hat, einfach nur mehr Geld in ein nicht mehr so gut funktionierendes System zu werfen, in der Hoffnung, dass es wenigstens die eigene Amtszeit übersteht? Das Problem ist auch hier, dass Leute am Werk sind, die von ihren Aufgaben keine Ahnung haben. Ein Dr. med., der nicht einen Tag im Leben als Dr. med. an vorderster Front gekämpft, sondern lieber in hinterster Reihe des Bundestages verbracht hat, bis er, dank seines penetrant in sämtlichen Medien ausgelebten… Mehr

Last edited 10 Monate her by Lars Baecker
ktgund
10 Monate her

Karl Lauterbach ist eben nur ein Hochstapler mit zahlungskräftigen Sponsoren im Hintergrund. Für Talkshows reicht das, aber im Ministeramt werden Inkompetenz und mangelndes Fachwissen zum Problem.
Im Titelhörigen Deutschland genügt das Wiederholen und Insistieren auf irgendwelchen Doktoren und Professoren, um sich Respekt zu verschaffen. Ob die geäußerten Behauptungen auch Substanz haben, wird nicht geprüft.
Darum ist jemand wie Lauterbach Minister.