EU-Internet-Zensurgesetz – Breton: Kommission kann Zugang zu sozialen Netzwerken nun vollständig sperren lassen

Ab heute unterstehen Plattformen wie Twitter, Facebook und Google der Zensur der EU. Eine besonders unselige Rolle spielt dabei Thierry Breton: Die EU-Kommission könne den Zugang zu sozialen Netzwerken auf der Grundlage dieses neuen Zensurgesetzes vollständig sperren, so der EU-Kommissar in einem Interview.

IMAGO / ABACAPRESS
EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton, 15.06.2023
Spätestens ab heute sollten es sich TE-Leser angewöhnen, nicht länger auf Algorithmen zur Verbreitung von Nachrichten zu vertrauen, sondern stattdessen proaktiv Quellen wie TE selbst aufsuchen, da sie nur so sichergehen können, dass Brüssel nicht womöglich einen Artikel vor ihnen versteckt. So schreibt TE-Autor David Boos. Denn heute tritt der Digital Services Act der EU, das gefürchtete Zensurgesetz, in Kraft und verleiht damit zukünftig staatlichen und überstaatlichen Organen offiziellen Zugriff auf die Diskurshoheit im Internet Europas – ein Schritt von vielen in Richtung internetbasierter Dystopie.

Unternehmen, so heißt es von der EU, die sogenannte Hassrede und Desinformation nicht zufriedenstellend bekämpfen, müssen mit Strafzahlungen von bis zu 6 Prozent des Jahresumsatzes rechnen. Für Facebook mit einem Umsatz von 116 Milliarden US-Dollar würde das 7 Milliarden US-Dollar Strafzahlung bedeuten.

Von heute an müssen die großen Digital-Firmen wie der Facebook-Konzern Meta, Twitter und andere gegenüber der EU-Kommission „nachweisen, dass sie Schritte unternommen haben, um das Gesetz durchzusetzen“. Zuckerbergs Meta-Konzern soll dafür bereits die zusätzliche Einstellung von 1.000 Personen angekündigt haben. TikTok und Snapchat seien im Vergleich noch nicht so weit, so der derzeitige EU-Kommissar Breton. TikTok soll nächste Woche einem sogenannten EU-Stresstest unterzogen werden, den Twitter schon durchlaufen hat.

Das alles sieht das wohlmeinend formulierte EU-Gesetz über digitale Dienste (GdD) vor. Eine besonders unselige Rolle spielt dabei Breton. So wollte Breton dem Twitter-Chef Elon Musk drohen, der sich nicht dem sogenannten freiwilligen EU-Abkommen gegen die Verbreitung von Falschinformationen anschließen wollte. Breton schrieb auf Twitter auf Elon Musk gemünzt: »Du kannst weglaufen, aber du kannst dich nicht verstecken.« Das sei ein Satz, der die autokratische Fratze der EU schön offenlege, so hieß es von Nutzern auf Twitter. Musk scheint immerhin die Zensur transparent zu machen – sehr zum Ärger der EU.

Breton sagte in einem Interview mit dem französischen Nachrichtensender France Info, die EU-Kommission könne den Zugang zu sozialen Netzwerken wie TikTok, Twitter, Facebook, Instagram, YouTube und Snapchat auf der Grundlage dieses neuen Zensurgesetzes vollständig sperren lassen. Dies könne dann der Fall sein, wenn die Betreiber nicht gegen rechtswidrige Inhalte bei sozialen Unruhen vorgingen – und was rechtswidrig ist, bestimmt im Zweifel die EU.

»Wir hätten Teams, die sofort eingreifen könnten«, fuhr der Franzose fort. »Wenn die Verantwortlichen nicht sofort handelten, könnten wir nicht nur eine Geldstrafe verhängen, sondern auch den Betrieb der Plattformen auf unserem Territorium verbieten.« Die Kommission werde prinzipiell eine zentrale Aufsicht führen, um einen sogenannten Durchsetzungsstau in einzelnen Ländern zu verhindern.

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Er hat bisher allerdings noch nicht seine demokratische Legitimation erklärt. Das verzweifelte Rezept der EU und Bretons: Bürger mundtot zu machen. Aber im Zeitalter von VPN und Proxy-Servern ein vergebliches Unterfangen. Eine neue Kommission wird viel aufzuräumen haben.

Breton war früher Chef des IT-Konzerns Atos und führt jetzt die EU ins technologische Hintertreffen. Als er von Atos wegging, habe sich das große Unternehmen als fragiles Kartenhaus entpuppt, so schrieb die französische Zeitung Le Monde. Eine Finanzfachzeitschrift formulierte: »Durch eine Vielzahl von Übernahmen verschleierte er die unterdurchschnittliche operative Leistung des Konzerns, dass interne Innovationsdefizit und den Niedergang traditioneller Geschäftsbereiche wie Outsourcing.«

Breton versucht, wie in einer Planwirtschaft mit Steuergeldern Industriepolitik zu machen. So will er vorgeben, welche Chips eine neue Chipindustrie in der EU produzieren soll – unabhängig davon, ob die in der von der EU vorgegebenen Technologie auch überall benötigt werden. Denn die sind unterschiedlich.

So gefiel sich Breton auch darin, zu warnen, eigene Ladestecker für Handys anzubieten. Er setzte mit der EU-Kommission durch, dass ab Ende des nächsten Jahres alle Handys einheitliche Ladegeräte nach dem sogenannten USB C Standard haben müssen. Damit wird Fortschritt behindert. Während künftig fortgeschrittene Industrieländer nächste technisch bessere Standards nutzen, wird innerhalb der EU immer noch der USB-C Standard genutzt werden müssen. Der allerdings dann völlig veraltet sein wird.

Die technologische Musik wird weiterhin in den USA und Südkorea spielen – während die EU weiter ins Hintertreffen gerät. Breton spielt dabei eine entscheidende Rolle.

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Kommentare ( 118 )

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8 Monate her

Die EU verstößt damit gegen sich selber Lol. Ab nun wird weich gewaschen. Was „Hate“ ist oder nicht, wird jetzt in Zukunft irgendeine KI bestimmen. Zu irgendwas muss der Mist ja gut sein.
Menschen selber haben gar keine Chance, die Flut an Meldungen zu sichten.
Was ja auch nicht beabsichtigt ist. Die Terminator Saga hat uns tatsächlich heute schon eingeholt. Zwar flippen noch keine Maschinen durch die Straßen, aber das kann nicht mehr lange dauern, wenn man solchen Mist beschließt

Andy Malinski
8 Monate her

VPN ist quasi ein Tunnel … dessen Ein- und Ausgänge mit ziemlicher Sicherheit längst kontrolliert werden – oder glauben Sie ernsthaft, dass die IT-Spezialisten der „Dienste“ die letzten Jahre nur die Webseiten ab 18 angeguckt haben?

Ulrich
8 Monate her

Kurze Frage am Rande: bei VPN-Nutzung mit einer israelischen IP-Adresse sollten doch die EU-Regeln nicht gelten. Ich komme mir im Übrigen wieder wie in der DDR der 60er Jahre vor: Order von den Eltern, nichts in der Schule vom letzten TV-Abend erzählen. Und im letzten ewigen Reich war das Hören von Feindsendern nur unter einer Decke möglich.

niezeit
8 Monate her

Die EU ist eine kriminelle Vereinigung von Kostgängern, die unsere Freiheit und unser Eigentum bedrohen.

MichaelR
8 Monate her

Sie haben das Prinzip nicht verstanden, wie mir scheint. Ein VPN ist nur dazu gedacht, ihren Standort zu verschleiern; allerdings ist das auch nicht sicher, denn sobald ein Server, der in den USA steht, angewählt wird, kann man blitzartig ihren Standort feststellen, wenn man wollte.
Der Aufwand sie zu sperren, ist viel zu groß; da sperrt man doch dann ganz einfach die ganze Seite. Denn es geht ja nun einmal darum, dass sich Menschen wie sie sich auf diesen Seiten aufhalten, also jemand er Informationen haben möchte die anderswo vielleicht gar nicht zu finden sind.

P. Wegner
8 Monate her

Der Digital Services Act der EU (Internet-Zensurgesetz) tritt also in Kraft. Das korrespondiert doch geradezu ideal mit dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz der BRD. Spitzeln und Denunzianten wird der rote Teppich ausgerollt. Wer einen von ihnen enttarnen sollte und öffentlich namhaft macht, kann mit hohen Geldstrafen bestraft werden. Wo sind EU und BRD in den letzten 30 Jahren hingeraten? Warum glaubt sich der Apparat der Instrumente aus zwei Diktaturen bedienen zu müssen? Dazu zitiere ich Bärbel Bohley (1945-2010) Mitbegründerin des Neuen Forum: „Alle diese Untersuchungen, die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all… Mehr

Friedrich Reuter
8 Monate her

Die Drangsalierung, Entmündigung, Bevormundung, Verdummung und die Einschränkung von Freiheitsrechten, einschließlich der Meinungsfreiheit, die als Hetze abgetan wird, kennt weder auf EU Ebene noch in Deutschland Grenzen; es bleibt daher nur zu hoffen, dass es zu einem radikalen politischen Umschwung mit neuen politischen Kräften in Deutschland kommt, der sich gegen die Mitgliedschaft Deutschland in der EU richtet und der Zwangsbevormundung seiner mündigen Bürger ein Ende setzt.

Sozia
8 Monate her

Als gäbe es nur soziale Netzwerke, um die Menschen zu informieren. Wir werden immer Wege finden, uns auf dem Laufenden zu halten. Die EU zeigt hier nur ihr autoritäres und totalitäres Gesicht. Die EU hat jeglichen demokratischen Charakter abgelegt, die EU, sie kann weg.

MichaelR
8 Monate her
Antworten an  Sozia

Dann bleiben ihnen lediglich Nachrichten in Fernsehen und Rundfunk sowie Zeitungen. Doch genau diesen Quellen wird nachgesagt, dass sie manipulativ sind und es nicht so ganz genau halten, wenn es um die Informationen geht.
Wollten sich also glaubwürdige Informationen beschaffen, müssten sie sich eine Menge ausländischer Zeitungen beschaffen. Vor einigen Jahren war die NZZ eine gute Quelle, wenn man etwas über die Deutsche Politik erfahren wollte; seit dem da auch deutsche Journalisten schreiben ist die Neutralität weitestgehend verschwunden.
Wie also wollen sie sich ohne die sozialen Medien denn informieren?

Lana S.
8 Monate her

Warum wurde Stoppschild-Ursel wohl in Brüssel installiert? Mit Breton an ihrer Seite werden ihre feuchten Zensur- und Überwachungsträume wahr. Der nächste logische Schritt: Die Nutzung von VPN und Proxy-Servern wird illegal. Mein Vorschlag für die sozialen Netzwerke, um gegen diese Zensur zu protestieren: Schaltet gleichzeitig alle Eure Dienste in Europa für eine Woche ab. Dann würde, speziell durch die jungen Leuten, die Hölle losbrechen, und auch ein Betonkopf wie Breton müsste dann den Schwanz einziehen. Aber dazu brächte man Eier, und die habt ihr, wie auch schon die Automobilindustrie, nicht.

MichaelR
8 Monate her
Antworten an  Lana S.

Ursula von der Leyen wurde nach Brüssel geschickt, weil man sie hier nach ihren vielen Fehlschlägen nicht mehr für vertretbar hielt, sie also auf eine gut bezahlte Position schob. Das hat man mit Günther Verheugen, Martin Schulz, Hans Olaf Henkel, David McAllister, Günther Oettinger und andere ganz genauso gemacht. Gerade Leute wie Henkel, McAllister und Oettinger haben nur einen passenden Abschluss gesucht und bekommen. Keine Partei dieser Politiker wollten ihn zurückhaben, als die letzte Position praktisch das Karriereende bedeutet hat. McAllister war einst Ministerpräsident in Niedersachsen, Oettinger war Ministerpräsident in Baden-Württemberg: Früher war Henkel BDI-Präsident, dann baute er die AfD… Mehr

Nibelung
8 Monate her

Diese Herrschaften in Brüssel werden noch über ihr eigenes Stöckchen stolpern, denn sie werden schon lange nicht mehr als Demokraten gesehen und wer gegen die Interessen der eigenen Bürger handelt, wie in totalitären Staaten wird auf Dauer verlieren, daß ist ein Naturgesetz und macht auch vor ihnen nich hlat, wenn die Zeit gekommen ist. LIncoln sagte einmal, wer anderen die Freiheit verweigert verdient sie nicht für sich selbst und so wird es kommen, auch wenn sie derzeit noch glauben, mit ihren Maßnahmen die Zügel im Griff zu haben, was ein Irrtum ist, denn das ist noch lange keine Garantie, daß… Mehr