Gericht widerruft Waffenverbot für AfD-Mitglied

In mehreren Bundesländern haben Landratsämter Jägern und Sammlern die Waffen entzogen. Grund: Die Betroffenen sind Mitglieder der AfD. In Nordrhein-Westfalen hat das Oberverwaltungsgericht die Behörden jetzt zurückgepfiffen.

Imago/ Leitenberger/ Andia

Das ist der Kernsatz aus der Urteilsbegründung des OVG Münster (20 A 1506/24):

„Die bloße Mitgliedschaft in einer zwar verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Vereinigung genügte und genügt hingegen für die Verwirklichung des Regeltatbestands waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit (…) nicht.“

Darum geht es: Das Landratsamt Rhein-Neuss hatte einem Waffensammler aus Rommerskirchen die sogenannte Waffenbesitzkarte entzogen und ihn zur Abgabe aller Schusswaffen aufgefordert, die sich seit Jahren legal und ordnungsgemäß registriert in dessen Besitz befanden.

Grund für den Sinneswandel der Behörde: Der Waffensammler ist Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD) und hat für die Partei auch bei Kommunalwahlen kandidiert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz BfV hatte die Partei dann seinerzeit zum „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ erklärt. Die Mitgliedschaft in der AfD begründe die „Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit“ nach dem Waffengesetz.

Legaler Waffenbesitz ist in Deutschland, oh Wunder, an viel größere Voraussetzungen gebunden als in anderen Ländern. Um eine sogenannte „Waffenbesitzkarte“ zu erhalten, muss man zum Beispiel ein großes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Seit der Verschärfung des Waffenrechts kommt noch eine Standardabfrage beim Verfassungsschutz dazu, im Zweifel redet inzwischen auch das Finanzamt ein Wörtchen mit.

All dies dient dem Zweck, die „waffenrechtliche Zuverlässigkeit“ nachzuweisen – ohne die darf man keine Waffe besitzen. Die für unseren Fall relevante Regelung im Waffengesetz lautet (§ 5 Abs. 2 Satz 3):

Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, (…) bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben. (…)

Die Schlussfolgerung des Landratsamts ging nun wie folgt:

1. Die AfD ist ein rechtsextremistischer Verdachtsfall.
2. Unser Sammler ist Mitglied der AfD.
3. Also ist auch der Sammler mindestens des Rechtsextremismus verdächtig.
4. Deshalb fehlt ihm die waffenrechtliche Zuverlässigkeit.

Diesen Gedankengang hat das OVG Münster jetzt kassiert.

Bedeutsam ist dabei, dass das Urteil (jedenfalls in NRW) auch vollumfänglich anwendbar ist, nachdem das BfV jüngst die AfD vom Verdachtsfall zu „gesichert rechtsextremistisch“ hochgestuft hat. Denn die Richter in Münster machen mit ihrer am Anfang zitierten Formulierung klar, dass Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit eines AfD-Mitglieds erst dann in Frage kommen, wenn die Partei verboten werden sollte.

Das macht in Deutschland aber nicht der Verfassungsschutz, sondern allein das Bundesverfassungsgericht.

In eine ähnliche Richtung ging auch schon ein Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus (VG 3 L 98/23). Der Fall war praktisch identisch: Das Landratsamt hatte einem Jäger und AfD-Mitglied die Waffenbesitzkarte und die Waffen wegen fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit entzogen.

Daraus, dass der Jäger aus Brandenburg als aktives Mitglied der AfD eine Partei unterstütze, „bei der hinreichend gewichtige Anhaltspunkte vorlägen, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, namentlich gegen den Grundsatz der Menschenwürde und gegen das Demokratieprinzip verfolge“, lasse sich keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit ableiten, urteilten die Richter in Cottbus.

Ganz anders sieht das Verwaltungsgericht Magdeburg die Sache. Auch in Sachsen-Anhalt waren zwei aktuellen und einem ehemaligen AfD-Mitglied die Waffenbesitzkarten entzogen worden. Klagen daqegen haben die Richter in Magdeburg aber abgewiesen: „Dass die Kläger seit Jahren über waffenrechtliche Erlaubnisse verfügten, ohne waffenrechtlich auffällig geworden zu sein, genügt (für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit, Red.) nicht.“

Dieses Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.

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Kommentare ( 62 )

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verblichene Rose
9 Tage her

„…dass Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit eines AfD-Mitglieds erst dann in Frage kommen, wenn die Partei verboten werden sollte…“

Aber wenn diese Partei verboten und dann quasi nicht mehr vorhanden ist, dann kann man doch auch kaum noch als Parteimitglied gelten, oder?
Fragen über Fragen 😉


Edmund
9 Tage her

Bei den Reichsbürgern hat es verständlicherweise geklappt – nun wird es also auch bei der AfD versucht.
„Frisch geklagt ist halb gewonnen“ ist das Credo der Juristen. Besonders Faeser wollte sich mit ihrem Aktionismus „gegen rechts“ profilieren. Peinlich wird es natürlich, wenn dann alles gerichtlich kassiert wird und damit entlarvt als reiner Populismus und Schikane.
Das bezeichnet Ulrike Guérot als „lawfare“, also der Kampf gegen den politischen Gegner mittels überbordender Anklagen auf tönernen Füßen, von denen dann schon irgendwas hängen bleibt – und wenn auch nur in den Köpfen der Wähler.

Last edited 9 Tage her by Edmund
ketzerlehrling
9 Tage her

Ein kleines Wunder, der Rechtstaat zuckt wieder.

John Beaufort
9 Tage her

„Wer friedlichen Protest unmöglich macht, macht gewalttätigen Protest unvermeidlich“. Ich frage mich, ob unsere politisch-juristischen Eliten es darauf anlegen, dass es hier zum Bürgerkrieg kommt. Der ein oder andere Bundeskanzler, der dem ein oder anderen Rüstungsunternehmen (an dem sein früherer Arbeitgeber BlackRock Anteile hält) Geld in die Taschen spült, könnte davon vielleicht profitieren. Nur so eine Theorie von Verschwörungstheoretikern, nicht meine!

Talleyrand
9 Tage her

Na dann. Es gibt sporadisch doch noch nachvollziehbare Urteile von Richtern, die das Jurastudium so ernsthaft betrieben haben, dass sie sich an das gelernte erinnern können.

Juergen Waldmann
9 Tage her

In der “ sogenannten Deutschen Demokratie “ ist bald alles erlaubt , was der Opposition schadet . Die Geheimhaltung des Verfassungsschutz Berichtes , war nicht gegen die Süddeutsche SD Zeitung gerichtet , die den Bericht schon im Januar bekam , was dem Niedergang der SD nicht aufhalten wird . Die staatliche Diskiminierung der AfD wird sie zum Märtyrer erheben !

Rasparis
9 Tage her

Nun war die Situation im notorischen „Nazi-Reich“ nicht lediglich mit Blick auf das sog.WaffR nicht annaehernd von der gleichen ideologischen Willkuer und Gesinnungsschnueffelei v.a. durch die „Verwaltung“ getragen wie hierzulande nach 50 Jahren des „kulturmarxistischen ‚Gesellschaftsumbaus'“ durch die „68er“ und deren Eleven, nach 1989 noch entscheidend radikalisiert durch den Zustrom von DDR-Kadern der „zweiten Reihe“ wie Gysi, Merkel und Kahane, die weit ueberwiegend durch die im offiziellen Sozialismus der DDR unterdrueckte, trotzkistische Ideologie gepraegt waren und auf diese Weise umgehend den Schulterschluss mit den radikalsten Elementen der westdeutschen Linken wie Trittin, Kretschmann oder Kretschmann fanden. Zum einen hat das NS-Regime… Mehr

Last edited 9 Tage her by Rasparis
Regenpfeifer
9 Tage her

Oh, da habe ich noch ein passendes Zitat, das tief blicken lässt:
»Ein Staat ist nur immer so frei wie sein Waffengesetz«
-Gustav Heinemann (deutscher Bundespräsident 1969-1974)

Regenpfeifer
9 Tage her

„Es lief´re seine Waffen aus / Ein jeder bei dem Gildenhaus. Wer auf der Straße räsoniert / Wird unverzüglich füsiliert. Vertrauet Eurem Magistrat, / Der fromm und liebend schützt den Staat / Euch ziemt es, stets das Maul zu halten!“
-Heinrich Heine wusste schon 1854, wie der Hase läuft..

Evero
9 Tage her

Ein braver Bürger darf in Deutschland mit Linksextremistenregierung kaum noch atmen – schadet ja der Umwelt. Aber ein asylsuchender Terrorist, gleich woher, bekommt den roten Teppich ausgelegt. Selbst wenn er Gewaltverbrechen begeht, kann das nicht mehr sein als eine psychische Störung und wird von den schleimigen Staatsmedien medial wegretuschiert.
Der Deutsche in Deutschland wird heute vom eigenen Staat rassistisch verfolgt.

Ironie aus (sonst bräuchte ich vermutlich einen Bademantel).