Explosion und Inferno auf der Krim-Brücke: Fallen bei Putin jetzt alle Hemmungen?

Die dramatischen Bilder von den Feuerwänden auf der 18,1 Kilometer langen Krim-Brücke sind kein Zeichen für eine Deeskalation im Krieg um die Ukraine. Wie wird jetzt Wladimir Putin auf den Anschlag reagieren? Fallen bei ihm alle Hemmungen, nun Kiew oder die West-Ukraine anzugreifen?

IMAGO / ITAR-TASS
Feuer auf einem Abschnitt einer Brücke, die die Krim mit dem russischen Festland verbindet, Kertsch, Russland, 8. Oktober 2022

Eingestürzte Brückenteile, ein brennender Treibstoff-Zug und viele User auf den Social-Media-Plattformen, die dieses Inferno auf der Krim-Brücke bei Kertsch beklatschen – obwohl die Überwachungs-Kameras der Brücke eindeutig zeigen, dass zum Zeitpunkt der Explosion auch zahlreiche Zivilisten auf der Autobahn-Brücke unterwegs waren, die das Feuer und zuvor die Druckwelle nicht überlebt haben dürften. Das berichtet exxpress.at.

Zunächst ging man von einem mit Sprengstoff beladenen LKW und einem Selbstmordattentäter aus. Belastbare Informationen liegen derzeit nicht vor. Die Ukraine bekennt sich bislang nicht zum Angriff. Der New York Times sagte ein Offizier: „Putin sollte dankbar sein. Nicht jeder erhält ein so teures Geburtstagsgeschenk.“ Bekanntlich feiert Putin seinen 70. Geburtstag. Und Oleksiy Danilo, der Sicherheitsberater der Ukraine, hat das Video der brennenden Brücke mit Marilyn Monroes laszivem Geburtstagsgruß an den damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy zusammengeschnitten: „Happy Birthday to you“. Kreml-Sprecher Dmitry Peskov nannte Danilov’s statement  “announcing a possible terrorist attack.”

Tatsächlich ist noch unklar, ob ukrainische Boden-Boden-Raketen oder ein Selbstmord-Attentäter die Brücke über 100 Meter Länge zerstören konnten. Noch vergangene Woche beklagten ukrainische Politiker, dass die von den USA gelieferten HIMARS-Raketen mit eingeschränkter Reichweite geliefert wurden, um Angriffe auf russisches Territorium und damit eine weitere Eskalation zu vermeiden. Die Ukraine kenne die Standorte auf der Krim, von denen aus dem Iran gelieferte Drohnen ihre Angriffe auf die Ukraine starten. Es fehlten aber reichweitenstarke Raketen, um diese Standorte auszuschalten. In den vergangenen Wochen kam es allerdings auf Flughäfen und Tanklagern der Krim zu Anschlägen.

Was zu fürchten ist: Es wird eine Reaktion der Russischen Föderation geben. Und wie diese ausfallen könnte, darüber wird nun ebenfalls schon emotional diskutiert.

Brücke ist ein Symbol für die Annexion der Krim

Dass ausgerechnet einen Tag nach dem Geburtstag des Präsidenten der Russischen Föderation ein absolutes Prestigeprojekt von Wladimir Putin (70) angegriffen worden ist, kann gar nicht ohne Reaktion des Kremls so stehen bleiben. Denn: Die Krim-Brücke bei Kertsch ist eine der wichtigsten Nachschub-Routen für die im südlichen Donbass operierenden russischen Truppen. Damit wird es für die ohnehin vorwärts stürmenden ukrainischen Truppen noch leichter, die vom Nachschub abgeschnittenen Truppen der russischen Föderation zu schlagen. Die Brücke ist zudem ein Symbol für die von Moskau behauptete und damit wirtschaftlich durchsetzte Annexion der Krim, und der Bau der Konstruktion kostete immerhin drei Milliarden Euro.

Die Karte zeigt die Bedeutung der Krim-Brücke

Drei Szenarien einer Reaktion Moskaus sind denkbar:

Wladimir Putin könnte nun einen Vergeltungsschlag gegen das Regierungsviertel von Wolodymyr Selenskyj mit einem Dutzend Marschflugkörpern oder einem massiven Luftangriff befehlen. Bisher wurde die russische Luftwaffe ja ganz bewusst – aus Kostengründen – nicht zu Großangriffen eingesetzt. Zudem hat Russland nicht die Lufthoheit und muss hohe Verluste befürchten. Insbesondere im Vergleich zur Lage am Beginn des russischen Angriffs wurde die Ukraine mit westlicher Luftabwehr ausgestattet, was die Lage für die russische Luftwaffe noch schwieriger macht.

Zweitens wäre auch ein Angriff mit konventionell bestückten 9K720-„Iskander“-Mittelstrecken-Raketen auf Nachschub-Basen der ukrainischen Armee denkbar, auch auf Drehkreuze für die zahlreichen Waffenimporte, wie etwa Lemberg im Westen der Ukraine. Diese russischen Raketen haben eine Reichweite von bis zu 500 Kilometer, es könnten davon auch Einheiten in Weißrussland stationiert sein.

Iskander-Raketen sind auch in Kaliningrad und Weißrussland stationiert

Und drittens könnten jetzt im Kreml auch die Hemmungen fallen, westeuropäische Nationen anzugreifen, die Selenskyj nicht nur mit Waffen, Militärberatern und Ausbildungsprogrammen, aber auch mit Logistik und Aufklärungs-Satelliten unterstützen. Nicht offiziell und auch nicht militärisch, sondern mit folgenschweren Hacker-Attacken auf das Bahnnetz, die Energie-Versorger und die Banken.

Schon die nächsten Stunden werden zeigen, für welche Reaktion sich der Kreml entschieden hat.

Dieser Bericht basiert auf Berichten von exxpress.at und TE-Recherchen.

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