Erster Abend im Stammwirtshaus

Nichts ist so fremd wie diese Maskerade, aber wo man sich kennt, ist alles überwindbar.

Du wirst’s nicht glauben, sagt der Nachbar, ich hab‘ heut‘ zum ersten Mal wieder richtig g’lacht. Am 15. Mai sperrte unser Stammwirtshaus, der Hirschen auf. Es kommt uns vor wie ein hoher Feiertag.

Am Eingang die Info-Tafel der Wirtschaftskammer, worauf zu achten ist.

Die Treppe hinauf zur Station für Hände-Desinfektion.

Der Baby-Elefant ist in Österreich als Abstandsmaßstab zum Corona-Maskottchen geworden. Jeder kennt ihn aus Regierungsspots im Fernsehen.

Kathi, Tochter und rechte Hand des Wirtes begleitet uns an den reservierten Tisch, an dem wir in der mehrere hundert Jahre alten Stube meist sitzen. Dort kommt die langgediente Kellnerin Anni hinzu. Sie geht in ein paar Monaten in Pension, für die sie in der Quarantänezeit üben konnte. Schlecht war, ihr Lebensgefährte wohnt in Sölden im Ötztal, das wie das ganze Paznauntal, St. Anton und andere Arlbergorte isoliert war, so dass sie sich wochenlang nicht sehen konnten. Sie trägt ein Visier, weil sie es unter der MNS-Maske einfach nicht aushält.

Die Speisekarte ist seitenweise auf eine Tafel geklebt, darüber eine abwaschbare Folie. Sie lehnt an der in die Täfelung eingebauten Pendeluhr mit den wohllautenden Glockenschlägen.

Am Tisch dürfen wir unsere Masken ablegen, den Tag, an dem wir keine mehr tragen müssen, werden wir feiern. Im Hirschen, versteht sich!

Wirt Hannes schaut vorbei, danach kennen wir den aktuell neuesten Stand der Nöte und Sorgen von Gastronomie, Hotellerie und Tourismus. Damit wir sehen, dass er wieder lächelt, hat er die Maske weggelegt – bei vorbildlichem Abstand von zwei Baby-Elefanten. Einer wie Wirt Hannes schafft es in die Zeit nach Corona, wenn wir wieder ganz frei sein werden. Er führt nicht nur Hotel und Gastwirtschaft, er versteht es zu wirtschaften.

Das Essen war excellent wie eh und je, der Wein aus dem Kamptal auch. Und durch’s Glaserl g’schaut, verliert die Maske ihren Schrecken.

h

Bis demnächst, Kathi, Hannes, Anni und alle anderen im Hirschen. Endlich im Leben wieder. Hollareituliö.

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Kommentare ( 52 )

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Menschenrespekt
3 Jahre her

Am Sonntag wollte ich mir ansehen, wie es nun in der Gastronomie zugeht. Ich war bei zwei Lokalen mit Außengastronomie und war entsetzt über die Bedingungen. Bei einem Biergarten stand eine Schlange mit vermummten Menschen. Sie bekamen Formulare zum Ausfüllen und warteten auf die Zuteilung eines Platzes. Das hat für mich nichts mehr mit Wohlfühlen und sich verwöhnen lassen zu tun. Ich habe kein Interesse, diese menschenverachtenden realitätsfremden Verordnungen mitzumachen. Es tut mir leid für Gastronomen, dem Handel und Friseurwesen. Ich kann aus Gesundheitsgründen keine Masken tragen. Das interessiert aber oft nicht. Es wird erwartet, dass man „freiwillig“ seine Gesundheit… Mehr

Albert Pflueger
3 Jahre her

Gestern habe ich das auch gemacht, lange hatte ich mich schon darauf gefreut: In einer ganz normalen Kneipe ein schönes Bier am Tresen trinken! Leider war die Kneipe nur ein Schatten ihrer selbst, an größeren Tischen waren Markierungen aufgeklebt, die Sperrzonen auswiesen, manche kleineren waren auch markiert, weil sie zu dich beieinander stehen. Tresen ging gar nicht, da gab es genau einen Platz, den sich schon einer hatte reservieren lassen, der dort wirklich täglich sitzt und etwas autistisch veranlagt ist. So kam es, daß ich als Dritter an das Kopfende eines langen Tisches eingeladen wurde, wo ein Paar am anderen… Mehr

Schonclode
3 Jahre her

Gestern war mein erster Tag das ich wieder nach dem ganzen Corona Theater wieder in die Wirtschaft gehen konnte – mein Gott, wie traurig. Neben einen Anmeldetisch und Desinfektionsmittelchen gab es da noch reichlich Verbotshinweise und Absperrungen. Vor dem Gang zur Toilette und danach – Bitte Hände desinfizieren. Ja, war richtig gemütlich. Da stellt sich doch die Frage, wie lange können die Gastronomen das noch überleben, und mit ihr das ganze deutsche Rest“Volk“?

Der Winzer
3 Jahre her

Gut, wer einen „Hirschen“ in der Nähe hat, Herr Goergen – oder einen gut-bestückten Keller.
Ich jedenfalls erhebe heute Abend auf der Terrasse ein gutes Glas auf Sie, Ihre Kollegen von TE & der Achse. Ein langer & schöner Abend – schön, dass es „alternative“ Medien gibt … .

Nibelung
3 Jahre her

Alles nett angedacht und der verzweifelte Versuch wenigsten einen Teil des früheren Umsatzes wieder herein zu holen, damit man finanziell nicht ganz absäuft. Für die Bürger und die betroffenen Unternehmer wäre es weit besser, die Verursacher zum Teufel zu jagen, denn zum ersten nehmen sie an dieser Parodie teil, die jenseits jeden Humors liegt und zum zweiten verteidigen sie noch nicht mal ihre Rechte der freien Ausübung ihres Gewerbes, was ihnen per Gesetz zusteht und durch niemand behindert werden darf, solange es sich im gesetzlichen Rahmen bewegt und was die treiben ist ist das Allerletzte, andere würden auch sagen staatszersetzend… Mehr

Porcelain by Nocken-Welle
3 Jahre her

*

ich fordere Solidarität mit Stammtisch-Gesellen!

denn

– alle, die weiter eingesperrt sein wollen und kein Verständnis für die Stammtischler haben, sind scheinbar vom finanziellen Fiasko, ausgelöst durch den Shutdown nicht betroffen. Ich fordere Solidarität von denjenigen. Zwei Monatsgehälter als Beitrag für die arbeitslosen Kellner, die Kurzarbeiter, die Selbständigen, die schließen mussten. Mal sehen, ob sie dann immer noch die verzweifelten Demonstranten als dumm oder rechts oder Verschwörungstheoretiker beschimpfen.

Beamte voran – Solidarität zeigen!

Gruß aus der Staats-Apotheke vom *Wirrologen und dessen Spät-Folgen

***

Beobachterin
3 Jahre her

… was halten sie von der Idee Atemmasken mit Kwarovski-Steinen zu besticken?
Wer was auf sich hält möchte sich schließlich von der Masse mit edleren Accessoires abheben. Natürlich passend zum Anlass und dem jeweiligen Typ. Als Einstiegspreis denke ich so an 79,90 …pro Stück ?

Mein Name ist Lohse
3 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Ist das nicht dennoch eine Unterwerfung unter die „neue Normalität“ unter der nicht nur der Wirt und auch sie leiden werden? Ich werde das nicht tun. So leid es mir um viele anständige Wirte tut. Und wenn ich niemals mehr in ein Wirtshaus gehe…..nicht ich bin derjenige, der dem Wirten was Böses tut, sondern derjenige der mich zwingt…..

bkkopp
3 Jahre her

Ich kann mir gut vorstellen dass ein Visier für Servicepersonal in Gastronomie und Handel, aber nicht ausschließlich dort, weniger unbequem ist als eine MNS-Maske. Mein erster Besuch am Freitag im Straßencafe‘ war weniger emotional. Das geforderte Eintragen in eine ausliegende Liste : Namen, Adresse, Telefonnummer, Uhrzeit, für eine Tasse Kaffee und ein Franzbrötchen, für den Fall dass das Gesundheitsamt die Kontaktdaten braucht, erscheint problematischer. Ich weiß nicht ob ich, und viele andere, oft Lust dazu haben. Wenn der Konsum nicht zurückkehrt wird sich die Wiedereröffnung vieler Gastronomiebetriebe nicht lohnen.

h.milde
3 Jahre her

Hier im Land der Alternativlosigkeit werden ab heute Abend auch wieder Gäste bedient, die sich auf „Listen“, zwecks Nachverfolgung einzutragen haben. Werden sich Harry Dirt, H.Ulk, die Brüder Bob, Bill, Grat, und Dick Dalton, Karl Kater, Michael und Minnie Maus, Donald und Daisy Anatinus samt Kinderschar, wohnhaft in Duckdorf, Entenstrasse 9,75, da auch alle brav eintragen?

Unterfranken-Pommer aus Bayern
3 Jahre her

Der große ostpreußische Autor Arno Surminski hat mir die Tage geschrieben. Ich zitiere daraus, was mich dann doch ob seines Pessimismus‘ nachdenklich gemacht hat:

„Eine Rückkehr zum Status quo ante kann ich mir nicht vorstellen, dafür haben wir uns zu sehr voneinander entfernt. Durch Abstandsregeln und Maskenpflicht sind die Menschen sich fremd geworden; Umarmungen wird es nicht mehr geben.“

Hm. Vorstellen kann und wünschen tue ich mir das nicht, kann aber das teilweise irrationale Verhalten und Anpassungs(un)vermögen meiner Mitbürger nicht zur Gänze ignorieren. Daher meine altbekannte Frage: und nu‘?

Albert Pflueger
3 Jahre her

Verstehe ich nicht. Ich habe auch vor Corona nur Leute umarmt, die mir nahestehen. Und daran hat sich nichts geändert.