Ampel bügelt kritische Studie zum Atomausstieg als „irrelevant“ ab

Acht Kernkraftwerke könnten laut einer Studie wieder zügig ans Netz gehen. Doch selbst bei einem Blackout würde die Ampel wohl diese Option nicht in Betracht ziehen – eine kritische Anfrage bügelt sie damit ab, die Studie sei „irrelevant“.

IMAGO / imagebroker
Es herrscht Energiekrise und der Bundesregierung ist es egal, wie viel der Strom kostet. So muss man wohl die Antwort auf eine AfD-Anfrage interpretieren. Steffen Kotré, der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, hatte die Bundesregierung mit einer Studie der Radiant Energy Group („Restart of Germany’s Rectors: Can it be Done?“) konfrontiert.

Laut Studie könnten insgesamt acht deutsche Kernkraftwerke wieder ans Netz gehen, sechs davon innerhalb von neun bis zwölf Monaten. „Die Rücknahme des deutschen Atomausstiegs wird von der Öffentlichkeit unterstützt, lohnt sich wirtschaftlich und ist technisch machbar“, so das Urteil der Experten. Sie hatten mit leitenden Mitarbeitern der Kernkraftwerke gesprochen und zugesichert, dass ihre Identitäten vertraulich blieben.

Das Ergebnis bietet reichlich Zündstoff. In den vergangenen Monaten hat Deutschland mehr Strom importiert als üblich. Eine mediale Debatte dreht sich um das Thema, wie stark der Atomausstieg im April damit zusammenhängt. Fakt bleibt: Die Energiekrise ist in voller Fahrt, begleitet von Inflation und ungelösten internationalen Krisenherden. Deutschland muss keine Atomkraftwerke bauen und kann ohne Not seine Meiler wieder ans Netz stecken.

Angesichts der Situation drängen sich Fragen auf. Stimmen die Ergebnisse der Studie mit denen der Bundesregierung überein? Und in welchen „rein (sicherheits-)technischen“ Gründen weicht die Einschätzung der Bundesregierung ab? Genau das wollte Kotré wissen. Es ging demnach nicht einmal um eine politische Frage denn vielmehr eine fachliche Bewertung.

Das Bundesumweltministerium setzt die Latte für Antworten auf parlamentarische Anfragen auf ein neues Minimum. Gerade einmal fünf Zeilen ist dem Parlamentarischen Staatssekretär Christian Kühn die Antwort wert. Die Studie sei der Bundesregierung „bekannt“. Und: „Eine Bewertung der Ergebnisse ist jedoch vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung zur Beendigung der Nutzung der Atomenergie zur gewerblichen Stromerzeugung und des mit dem 15. April 2023 gemäß des Atomgesetzes vollzogenen Ausstiegs irrelevant.“

Mit welcher Eile und Nonchalance die Antwort an die AfD ergeht, erkennt man daran, dass man es nicht einmal für nötig hielt zu prüfen, mit welchem Casus „gemäß“ üblicherweise gebildet wird. Im Zuge der „großen Transformation“ hat sich bekanntlich die schlechte Gewohnheit durchgesetzt, „Denkverbote“ für jeden Bereich des Lebens aufzulösen, wenn sie der Transformation in eine öko-soziale Gesellschaft oder der Bekämpfung des Klimawandels entgegenstehen; ansonsten sind Denkverbote – vulgo Dogmen – auf jeden anderen Lebensbereich auszudehnen, wenn sie der Regierungslosung entgegenstehen.

Diese Dogmen beherrschen mittlerweile den Alltag mal auf subtile, mal auf plumpe Weise, ob nun im Bereich der LGBT-Beglückung, bei der Migrationsfrage oder eben auch beim Atomausstieg. Letzteres Dogma manifestiert sich im kleinen Wort „irrelevant“. Wenn das Grundgesetz den fantastischen Projekten der Koalitionen der letzten 25 Jahre im Weg stand, lautete die erste Reaktion nicht etwa, dass das Grundgesetz solchen Begehren im Weg stünde; vielmehr lautete die erste Forderung, dass das Grundgesetz geändert werden müsse. Und während in den letzten Jahren selbst Grundrechte ausgesetzt werden konnten, gilt das Atomausstiegsgesetz als unverhandelbar. Man wünschte sich, das Rechtsbewusstsein der Bundesregierung stünde überall so fest wie bei diesem Gesetz.

Dass dieses Dogma allerdings in eine Energiekrise fällt, die den Wohlstand des Landes bedroht, die Abwanderung der Industrie befördert und den Lebensstandard der Bevölkerung senkt, fügt der Arroganz noch jene besondere Würze hinzu, bei der man nicht weiß, ob es sich um Verantwortungslosigkeit oder bewusste Inkaufnahme handelt, um den Standort Deutschland endgültig abzuwickeln.

Kotré kritisiert die Aussage der Bundesregierung, demnach die Ergebnisse als „irrelevant“ eingestuft würden, scharf. „Die Hütte brennt bereits. Die künstliche Energieverknappung treibt die Strompreise unsozial in die Höhe, bringt uns dem Blackout näher und treibt die Industrie außen Landes. Längst hat die grüne Wirtschaftskatastrophe begonnen, vor der wir immer gewarnt haben.“ Der schuldenfinanzierte Industriestrompreis sei sinnlos, wenn die Energieversorgung aus ideologischen Gründen eingeschränkt würde. Zugleich missachte die Bundesregierung das Fragerecht und damit die Kontrollfunktion der Opposition: „Mit Demokratie hat das nichts zu tun. Sie will durchregieren.“

In Kanada ist man da ein Stück weiter. Zehn Jahre nach Stilllegung des Kernkraftwerks Gentilly prüft der Betreiber, dieses wegen der aktuellen Energiekrise wieder in Betrieb zu nehmen. Angesichts der Energiesituation sei es unverantwortlich, bestimmte Energiequellen auszuschließen. Was heißt das im Umkehrschluss für die Ampel?

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Kommentare ( 74 )

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horrex
8 Monate her

In einem Satz: „Die Diktatur einer – inzwischen offensichtlich – Minderheit“. Weit entfernt inzwischen von einem „freiheitlich-demokratisch geprägten Grundgesetz. – Stellt sich die Frage, wann wohl von dieser Regierung selbst das Grundgesetz als „irrelevant“ bezeichnet werden wird. – (Steinmeier hat sich kürzlich erkennbar „in diese Richtung“ geäussert.) Selbstverständlich im Namen – angeblicher – „Weltenrettung“!!! (Ironie OFF!) Und die – erkennbare – Mehrheit motzt ein wenig rum, hält aber weitestgend den Mund. Bzw. wird von Staatssendern – „a la Schnitzeler“, falls sich jemand noch erinnert – längst quasi als „Systemfeind“ dargestellt, und von einer längst unterwanderten Justiz, siehe die jüngste Äusserung… Mehr

Siggi
8 Monate her

Man sieht es immer wieder. Lügen, Schönfärben, Manipulieren, die Kernkompetenzen dieser Regierung, die unser Land in der ganzen Welt auf Kosten der Bürger zur Lachnummer macht.

flozn
8 Monate her

Anteil der Erneuerbaren am Bruttoendenergieverbrauch in 2022: 20,4% und am Bruttostromverbrauch auch nur 46,2%. Ziel für 2030: 30% bzw. 80%.
Energieverbrauch nach Energieträgern und Sektoren | Umweltbundesamt

Damit kann man sich – speziell in Hinblick auf die bereits getätigten gigantischen Investitionen – ungefähr ausmalen, welche Hirngespinste Energiewende und „Klimaneutralität“ ohne Atomkraft in einer Industrienation sind, zumal die Speicherfrage nicht einmal annähernd gelöst ist.

Sehr bezeichnend auch der Satz: „Auch die Auslagerung von energieintensiven Prozessen ins Ausland spielt bei der Stabilisierung des Energieverbrauchs der Industrie eine Rolle.“

„Die Industrie ist nicht weg, sie produziert nur nicht mehr hier.“

Rob Roy
8 Monate her

zugesichert, dass ihre Identitäten vertraulich blieben

Man muss sich das mal vorstellen: Jemand, der sich für Nuklearkraft ausspricht, wird zum Staatsfeind erklärt, daher muss seine Identität geschützt bleiben.
Feige finde ich auch, wie sich die Energiekonzerne verhalten haben. Vermutlich haben sie ausgerechnet, dass sie mit den Subventionen für den Rückbau der AKWs, den Subventionen für „erneuerbare“ Energie und der Erhöhung der Strompreise viel mehr Kasse machen als mit günstigem Atomstrom. Ob die Verbraucher die Preise zahlen können, ob alles hier zum Teufel geht, ist ihnen schnuppe.

Johann P.
8 Monate her

Diese „Antwort“ aus dem Irrenhaus Ampelkoalition zeigt doch klar auf, worauf es den unfähigen Trotteln in der Regierung einzig und allein ankommt: Vorsätzlich und wider besseres Wissen größtmöglichen Schaden im Land anzurichten! Daß auch sämtliche Kontrollorgane und Gerichte diese Sabotage einfach ignorieren, ist der definitive Beweis dafür, daß wir uns in einer Diktatur des Unrechts befinden, die obendrein noch freiwillig gewählt wurde. Völlig unfassbar…

Grumpler
8 Monate her

Jetzt mal Butter bei die Fische: Was könnten Sinn und Zweck des gegenwärtigen Runterwirtschaftens Deutschlands sein?
Grüne und rote Parteiidiotieideologie einmal außen vor gelassen!

Wer profitiert davon? Könnte es mit dem Plan der BRICS-Staaten (plus Venezuela, Indonesien etc.) zusammenhängen, in zehn Tagen Gespräche über eine rohstoffgedeckte Handelswährung zu beginnen oder diese tatsächlich bereits einzuführen bzw. offiziell anzukündigen?
Worin könnte der makroökonomische Sinn einer Verringerung der deutschen wirtschatlichen Leistungsfähigkeit liegen — mit einem Vorteil für Deutschland?
Ich frage für einen Mitfahrer in der Straßenbahn.

Jan Frisch
8 Monate her

Zitat: „… bei der man nicht weiß, ob es sich um Verantwortungslosigkeit oder bewusste Inkaufnahme handelt, um den Standort Deutschland endgültig abzuwickeln.“
Mit absoluter Sicherheit letzteres.

mr.kruck
8 Monate her

Die Grünen werden alles dagegen tun, auch gegen jede Realität, dass die AKW hierzulande wieder in Betrieb gehen. Wäre es doch der für jeden sichtbare Beleg, dass ihre „Energiewende“ krachend gescheitert ist. Das wäre wohl der Anfang vom Ende ihrer Schreckensherrschaft. Also sollte man alles tun, um die Atommeiler wieder hochzufahren.

ketzerlehrling
8 Monate her

Den Weltenrettern widerspricht man nicht. So einfach ist das. Diejenigen, die widersprechen, sind entweder hirnbefreite bildungsferne Bürger, oder unseriöse Wissenschaftlicher. Punkt. Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.

Arndt Schuster
8 Monate her

Beim Bürgerdialog am Freitag in Erfurt hat der Herr Kanzler Scholz gemessen an der Aussage von Platon „Das Weglassen der anderen Hälfte der Wahrheit, dass ist die größte der Lügen!“ offensichtlich gelogen. Angesprochen auf den Atomausstieg behauptete er, dass er nach seinen Gesprächen „mit allen, wirklich allen, Experten“ (ganz davon abgesehen, dass die angeblichen „Experten“ oder die „Wissenschaft“ von der Politik missbraucht werden) zum Schluss gekommen sei, man könne die abgeschalteten KKW „nicht einfach reaktivieren, das ist dann wie ein Neubau und würde zehn Jahre dauern“. Herrr Scholz muss die Studie gekannt haben, denn sie sei der Bundesregierung „bekannt“. Die… Mehr

Grumpler
8 Monate her
Antworten an  Arndt Schuster

Vielleicht hat er die andere Hälfte der Wahrheit nur vergessen? 😀