Die Deutsche Bank und ihr Müllmann

Wer ist der Neue an der Spitze der Deutschen Bank? John Cryan schrumpft die Deutsche Bank und bringt den Müll weg. Damit vollendet sich der Niedergang einer Branche, der die großen Köpfe fehlen.

Blick von der Deutschen Bank auf Frankfurt: Eine Bank schrumpft.

Die Chefs der Deutschen Bank – sie gelten vielen als so mächtig wie die Bundeskanzler. Hermann Josef Abs war der Wirtschaftsberater des ersten Bundeskanzlers, Konrad Adenauers. Abs hat für Adenauer die Schulden Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg kleinverhandelt. Ohne Abs wäre Deutschland, was Griechenland nach dem Aufschneider Yanis Varoufakis heute ist: pleite. Seither gilt die Deutsche Bank als die Gegenregierung des Geldes zur politischen Macht. „An jedem Krieg in jedem Land, verdient die Deutsche Bank“, skandierten die Demonstranten noch auf dem G7-Treffen in Elmau im Frühsommer. Ach, wenn es denn so wäre, wie es sich linke Verschwörungstheoretiker so vorstellen. Die Bank ist ziemlich unten, schon länger.

Keine großen Köpfe mehr – Peanuts

Alfred Herrhausen war als Chef ein brillanter Denker und Moralist. Er hat die globale Expansion eingeleitet und den Umbau zur Investmentbank – die jetzt verkleinert wird.

Er wollte den Hungerländern der Dritten Welt die Schulden erlassen, wollte dem Kapitalismus ein menschliches Gesicht geben. Dafür wurde er von linksradikalen Terroristen  von der RAF ermordet. Mit ihm ging die Reihe der Großen an der Spitze der Bank zu Ende. Nach ihm kam Hilmar Kopper. Der ging fast jeden Tag an einer Einkaufszeile an der Frankfurter Zeil vorbei, die seine Bank finanzierte. Dass die Verkaufsfläche viel kleiner war, als auf den Schwindelunterlagen für die Kreditvergabe – das ist ihm nicht aufgefallen (und machte den Immobilien-Betrüger Jürgen Schneider reich). Am Sonntag ging er im Taunus spazieren, den Dackel im Rucksack. Der lange, gewundene Abstieg der Bank beschleunigte sich. 50 Millionen für ausstehende Handwerker-Rechnungen nannte er „Peanuts“. Aus Sicht der Bank hatte er Recht, die Wirklichkeit aber aus dem Blick verloren.

Die Peanuts werden immer fetter

Sein Nachfolger Rolf Breuer verplapperte sich vor der Kamera auch; ihm wird wohl nicht zu Unrecht vorgeworfen, dass er den Kirch-Konzern so in die Pleite geredet hat, um daran zu verdienen. Peanuts waren das nicht mehr. Ewige Gerichtsverfahren, das kostete 800 Millionen und Ansehen. Aber die Bank ist immer noch grandios. Für Josef Ackermann richtete Angela Merkel die Geburtstagsfeier zum 60. Geburtstag aus. Ackermann war eitel: Er erzählte mir, dass Frauen eine Zeitungsseite besonders intensiv lesen, wenn darauf ein Foto von ihm ist. Das macht blind, die Bank selbstgefällig.

Finanzkrise? Der Staat muss einspringen und Ackermann tut so, als hätte das nichts mit ihm zu tun. Seinen Nachfolger  Anshu Jain nannten sie den Tiger, der rausreißen sollte, was auch er verspekuliert hatte. Er war an fast jedem schmutzigen Deal beteiligt; wer sollte besser geeignet sein, den Sumpf trockenzulegen? Das war die seltsame Argumentation. Deutsch lernte er nie. Über „Guten Tag, sehr verehrte Damen und Herren“  und weitere 28 Wörter in Hindu-Englisch kam er nicht hinaus, obwohl er als intellektueller Überflieger verkauft wurde. Allein die Schadensersatzprozesse addieren sich auf an die 5 Milliarden. Bei der Deutschen Bank werden nun die Peanuts richtig fett.

Nur noch Peanuts für den Müllmann

Und jetzt kommt John Cryan. Was heißt kommt? Er muss buchstäblich vor die Presse geschleppt werden, weil er nicht reden, sondern arbeiten will: grauer Anzug, graues Gesicht, Tränensäcke, er ward noch nie auf einer Party gesehen, fliegt Linie. Demonstrativ. Aber immerhin.

Verkündet ein Blutbad: 25.000 Jobs weg, davon 9.000 in Deutschland. 200 Filialen in Deutschland geschlossen, kein Geld für die Aktionäre, Boni gekürzt. Die Banken werden die Stahlindustrie der 90er, hatte der frühere Vorstand Ulrich Cartellieri in den 80er verkündet. Mit etwas Zeitverzögerung erhält er jetzt im eigenen Haus Recht. Neue Start-Ups der Digitalen Welt reissen immer neue Funktionen aus den Bankengewebe heraus. Dieser Prozess wird sich erst so richtig beschleunigen.

Aber Cryan geht noch weiter, tiefer. Die Deutsche beherrscht schon die Gegenwart kaum. Seine Analyse zeigt brutalstmöglich unglaublichen Schlendrian: Computer aus der EDV-Steinzeit. Viele Häuptlinge, langes Palaver, große Versprechungen, kaum etwas gehalten. Cryan will die Bank schrumpfen, beendet sofort Ackermanns Führungsstruktur, die schon damals nur schwer mit dem Aktienrecht vereinbar war. Cryan spricht Deutsch, ziemlich gut sogar. Er wirkt nicht brillant, aber bieder: Die Bank soll wieder der Industrie dienen, nicht umgekehrt, und sie auf den Weg in die Globalisierung begleiten. Das klingt gut – aber das machen längst auch andere Banken. Fakt ist: Auch eben wegen der Regulierungsfehler sind die deutschen Banken schwach. Die Landesbanken der Sparkassen nach irrsinnigen Milliardenverlusten praktisch von der Bildschwäche verschwunden, die verbliebenen bessere Regionalbanken. Die einst große Dresdner Bank ist untergegangen in der Commerzbank, und die nach der Fusion ebenfalls nur noch eine größere Sparkasse ohne Anspruch. Deutschland hat wohl den Anschluß im Bankgeschäft verloren. Da wird nicht mehr viel zu machen sein; London und New York sind unangefochten jetzt.

Vor diesem Geschehen wirkt Cryan wie der Abteilungsleiter von der Müllabfuhr. Aber er weiß, wo der Müll liegt und wo die Tonnen stehen. Wenn du ganz weit unten bist, brauchst du so einen.

Dieser Beitrag ist kürzer auch in  Bild am Sonntag erschienen.

Unterstützung
oder

Kommentare ( 0 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

0 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen