Die Politiker der „demokratischen Mitte“ haben über „unsere Verhältnisse“ gelebt

Friedrich Merz sagte beim CDU-Landesparteitag: „Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse.“ Die Wahrheit ist: Nicht „wir“, sondern die Politiker leben über unsere Verhältnisse. Es wurde nur umverteilt, die Wirtschaft durch Interventionen und Subventionen zerstört.

picture alliance/dpa | Thomas Banneyer
Bundeskanzler Friedrich Merz beim Landesparteitag der CDU Nordrhein-Westfalen, Bonn, 30.08 2025

Friedrich Merz hat einen Posten ergattert, den des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland. Damit mag er sich einen Lebenstraum erfüllt haben, der allerdings für Deutschland ein Albtraum zu werden droht. Vor der Wirklichkeit schützt er sich mit Rhetorik. Zum Landesparteitag der CDU in NRW dürften die Funktionäre der Wüst-CDU, tief westdeutsch, hoffnungslos dekadent, geglaubt haben, dass Friedrich Merz Klartext redete. Fast mag man es dem Manne sogar gönnen, sich einmal Luft zu machen, wenn er für ein paar Stunden dem Kanzleramt und Lars Klingbeils Kontrolle entronnen ist.

Doch nicht nur, dass das Reden und das Handeln des Friedrich Merz oft nichts miteinander zu tun haben, demonstrierte der Bundeskanzler in seiner Rede, wie weit er von der Wirklichkeit entfernt ist, bald soweit wie weiland Erich Honecker, als er formulierte: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.“

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Zwar ist es richtig, dass mit Blick auf die Sozialausgaben Merz resümierte, dass „wir … dieses System, das wir heute so haben“, uns „einfach nicht mehr leisten“ können. Doch auch das ist nicht die ganze Wahrheit, denn leisten konnten wir uns dieses System der Veruntreuung von Steuergeldern – seit 10 Jahren im großen Stil – eigentlich noch nie. Doch Merz stellt die Wahrheit auf den Kopf, wenn er weiter sagt: „Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse.“ Nicht „wir“ leben über unsere Verhältnisse, sondern die Politiker der „demokratischen Mitte” leben über unsere Verhältnisse. Man muss es klar und deutlich formulieren: Die Bürger, die Steuerzahler leben unter unseren Verhältnissen, weil die Politiker der demokratischen Mitte über unsere Verhältnisse leben, genauer gesagt leben sie sogar davon, über unsere Verhältnisse zu leben. Politik reduzierte sich in den letzten Jahren auf Umverteilung – wenn nicht die Wirtschaft durch Interventionen und Subventionen geschreddert wird.

Merz barmt, dass die junge Generation überhaupt keine Chance mehr hat, wenn nicht das Sozialsystem geändert wird – und insinuiert damit, dass es an den Babyboomern liegt, wenn die Jungen keine Chance mehr bekommen. Kein Wort von der Billion Euro an Schulden, die Merz der jungen Generation aufbürdet. Kein Wort davon!

Sind es nicht die Funktionäre der Brandmauer-Parteien, die jeden, der die Realität anspricht, einen Spalter nennen? Oh, sie kennen sich mit dem Spalten gut aus, es ist ihr politisches Geschäft: divide et impera. Alt gegen jung, Mann gegen Frau, Heterosexuelle gegen „Transmenschen“, Deutscher gegen „Geflüchteter“, die „demokratische Mitte“ gegen Rechts. Dass, wenn die „demokratische Mitte“ sich gegen rechts positioniert, sie links ist, erfreut die Politiker der Linken, der SPD und der Grünen – und entgeht den Herrschaften der Union, denen Merkel die Benutzung des Kompasses verboten hat und die in einer von rotgrünen Medien und Kulturschaffenden inszenierten Truman-Show leben.

Klausurtagung von CDU/CSU und SPD
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Dass die Union nicht in der Lage ist, etwas anderes zu tun, als den Fensterplatz, den ihr die SPD zugewiesen hat, zu genießen und sich die unschöne Aussicht mit Pril-Blumen zu verkleben, belegt das kürzliche Treffen der Fraktionsspitze von CDU/CSU und SPD, das im anscheinend KI generierten Phrasenpapier „Beschlusspapier der gemeinsamen Klausurtagung der Geschäftsführenden Vorstände von CDU/CSU und SPD“ (liegt TE vor) nur die Flucht vor der Wirklichkeit dokumentiert. Wie weit die Regierung von der Realität entfernt ist, belegen folgende Phrasen: „Die Wertschätzung jedes Menschen und ein funktionierender Sozialstaat stärken den Zusammenhalt in unserer Demokratie. Das setzt auch voraus, dass diejenigen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, auch im Alter finanziell gut zurechtkommen und gleichzeitig die nachfolgenden Generationen nicht überfordert werden.“

Übrigens ist Zusammenhalt nur ein anderes Wort für den Zusammenhalt der Regierung gegen die Bürger. Union und SPD sprechen über den Sozialstaat, als seien wir in der Vor-Merkel-Zeit, Migranten kommen in dem Poesiealben-Text der Regierung gar nicht erst vor, sie scheinen nicht zu existieren. „Flüchtlinge“ oder „Geflüchtete“ übrigens auch nicht. Die Regierung – und Friedrich Merz auf dem Landesparteitag der NRW-CDU erst recht – kommen die versicherungsfremden Leistungen gar nicht erst in den Sinn, nicht der Fakt, dass Ansprüche an das Sozialsystem für Menschen geschaffen wurden, die niemals in das Sozialsystem eingezahlt haben – und es wohl auch nicht tun werden.

Wenn Merz davon spricht, dass „das schmerzhafte Entscheidungen bedeuten, das … Einschnitte bedeuten“ wird, Lars Klingbeil in sozialdemokratischer Raub- und Umverteilungsmanier, für diejenigen, die noch arbeiten und Steuern bezahlen müssen trotz einer Mega-Verschuldung von ca. 1 Billion Euro, die Steuer- und Abgabenlast noch erhöhen will und die Union wie üblich schon Signale der Unterwerfung funkt, wird klar, dass Merzens Fiktion des Sozialstaates mit Blick auf die Einnahmenseite eine rein deutsche Veranstaltung ist.

Zeit für Klarheit:
Greift die Ukraine Deutschlands Energiesicherheit an?
50,5 Milliarden Euro gab die Bundesregierung seit 2022 für die zivile und militärische Hilfe der Ukraine aus, wie TE durch Anfrage beim Bundesministerium der Finanzen erfuhr. Während das Bürgergeld 2024 mit ca. 48 Milliarden 2024 zu Buche schlug, kalkuliert die Bundesregierung 2025 mit 54 Milliarden Euro, Tendenz weiter steigend. In den Kommunen und den Ländern laufen die Kosten für Migration aus dem Ruder – und der Rechtsrahmen scheint für sogenannte Flüchtlinge kaum noch zu gelten. Staatsanwaltschaft und Gerichte demonstrieren Härte im Kampf „gegen Rechts“, gegen die freie Meinungsäußerung, während sich bei Gericht 950.000 unerledigte Fälle ansammeln, 240.000 mehr als 2020. Kam 2014 noch jeder zehnte Fall zur Anklage, dann 2024 nur noch jeder 16. Fall. Die Statistik dürfte sich sogar noch verschlechtern, wenn man die Fälle politischer Justiz rausrechnet.

Doch die triste Realität ist weder dem Bundeskanzler von der CDU noch seinen Parteigenossen in Wüsts Meldestellenland zuzumuten. Also bläst Merz die Backen auf und blamiert sich mit dem Spruch, dass wir nicht nur in einer Zeitenwende leben, sondern in einem „tiefen Epochenbruch“. Das ist zwar richtig – und wird von mir seit nunmehr fast zehn Jahren als Paradigmenwechsel analysiert, doch verkennt Merz, Dilettant der Geschichte, wie er ist, vollkommen die Dimension, denn es handelt sich beim Paradigmenwechsel um einen großen Wechsel gesellschaftlicher Paradigmen, wie wir ihn im Übergang von der Spätantike zum Mittelalter und vom Spätmittelalter zur Neuzeit erlebten. Es zeigt, wie sehr aus der Zeit gefallen Merz ist, wie sehr er der Wirklichkeit hinterherhinkt, wenn ihm im Jahr 2025 endlich auffällt: „Die Zeiten, die wir mit der Bonner Republik verbinden, sind für alle Zeit vorbei.“ Diese Zeiten sind seit 1990 vorbei. Merz wirkt, als sei er mit der Flucht aus der Politik und vor Angela Merkel eingefroren und kurz vor der Bundestagswahl wieder aufgetaut worden, sich nun verwundert die Augen reibt und feststellen muss, dass die Bonner Republik passé ist.

Der Tiefe Staat:
Errichtet Karin Prien ein „Ministerium für Demokratiesicherheit“?
Nun hat es Friedrich Merz selbst eingestanden, dass er der Mann von gestern ist. Genau dafür haben ihn viele in der CDU geliebt, weil sie gehofft haben, er könne die Zeit zurückdrehen in die märchenhafte Ära vor Angela Merkel, in die Bonner Republik. War der zahme und verschämte Widerstand gegen Merkels Politik am Ende nur rückwärtsgewandt, nostalgisch? Die Union ist weit davon entfernt, eine moderne Partei zu werden, eine Partei, die die Interessen der deutschen Bürger vertritt, sie hinkt jetzt der rotgrünen Reaktion hinterher – in den Bankrott.

Merz ist „fest entschlossen, diesen Weg zu gehen“. Welchen Weg? Den am Gängelband der SPD? Übrigens auch ungeachtet aller politischen Widerstände. Was das wirklich meint, erklärt sich aus dem Fakt, dass Merz die Finanzierung der NGOs, jener Kampfgruppen gegen die Wirklichkeit, nicht einstellen, sondern sogar noch erhöhen will. Allen Anschein nach hat Karin Prien Vollmacht, dass Frauen- und Jugendministerium, das jetzt irgendwie noch eine Kompetenz für Bildung, die eigentlich Ländersache ist, dazu bekommen hat, in ein Ministerium für Demokratiesicherheit umzubauen.

Wenn die Wirklichkeit eine Bedrohung unserer Demokratie ist und die Wirklichkeit bekämpft werden muss, dann ist man hinter der Brandmauer angekommen und beruhigt seine angegriffenen Nerven damit, dass auf den Wehrgängen der Brandmauer die NGOs patrouillieren – und zunehmend auch Staatsanwälte, die dafür bei der Strafverfolgung krimineller Delikte nicht vorankommen.


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Kommentare ( 73 )

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Phil
3 Monate her

Ein sozialer Staat ist kein Sozialstaat, was für die Politik ab 1957, seit Einführung der Rente, keine Rolle mehr gespielt hat. Adenauer sagte zu diesem Zeitpunkt, als der soziale Staat schrittweise zum Sozialstaat gemacht wurde, auf die Einwände Ludwig Erhards, dass ein Umlageverfahren nicht nachhaltig sei: „Kinder bekommen sie immer.“ Wer in dieser, wie auch in jeder anderen für die Nationalökonomie und Gesellschaft fundamental wichtigen Frage post mortem recht bekommen sollte, wissen wir jetzt. Ein Tipp für alle die es noch nicht wissen, Adenauer oder die ihm nachfolgenden Politiker waren es nicht. Es ging auch bereits 1957 nicht eigentlich um… Mehr

Waehler 21
3 Monate her

Ich frage mich warum der Pinocchio der Politik nicht vor der Wahl gesagt hat, dass wir übermorgen überrollt werden. Von der russischen Armee!

Das wäre dann zumindest eine Abstimmung gewesen. Es ist erstaunlich was man alles machen kann, wenn man an der Macht ist, auch wenn sie zweifelhaft erworben wurde.

man without opinion
3 Monate her

Moin,
„Die Bürger, die Steuerzahler leben unter unseren Verhältnissen, weil die Politiker der demokratischen Mitte über unsere Verhältnisse leben, genauer gesagt leben sie sogar davon, über unsere Verhältnisse zu leben.“
Was für ein schöner Satz zum Nachdenken. Versteht man besser, als die ominöse Umverteilung von unten nach oben.
Übrigens nur von Kohl gecovert. Irgendwas mit Gürtel enger schnallen.
Sehr guter Artikel!
LG

Joerg Gerhard
3 Monate her

D&UK marschieren seit 10 Jahren im Gleichschritt in die Katastrophe. Nachdem Osborne & Schaeuble die Staatsfinanzen wieder halbwegs in Ordnung gebracht hatten, schlugen die Parasiten, denen das schon viel zu weit ging, zurueck und setzten und setzen dabei taeglich noch einen drauf.
Saemtlicher sonstiger selbstzerstoererischer Unfug (Ukraine, Israel, Energie, Klima, Gender, Freedom of Speech etc.) wird ebenfalls besonders konsequent oder sogar ausschliesslich in diesen beiden Laendern gegen die Interessen der nativen Bevoelkerung umgesetzt.

Joerg Gerhard
3 Monate her

Die Parasiten fressen nun seit einiger Zeit das und immer mehr vom Fleisch des Wirtes.
Und ein paar besonders irre Wirte bejubeln das sogar und/oder lassen sich das mit ein paar Fleischbrocken der anderen Wirte die die Parasiten ihnen gnaedig abgeben ausgleichen.

Rob Roy
3 Monate her

Unfassbar, was sich unsere Politiker herausnehmen. In anderen Ländern würden sie für solche Sprüche aus dem Amt gejagt werden. Aber hier wissen sie, dass sie immer wieder gewählt werden, selbst wenn sie die eigenen Wähler hinterher veräppeln und verhöhnen.
Die meisten meiner Mitbürger sind entweder abgrundtief dumm und naiv oder gleichgültig und resigniert. Sie haben kein Gespür mehr dafür, wie ein Land, eine Nation, eine Gesellschaft in Frieden und Ordnung aussehen könnte.

Abraxas1609
3 Monate her

Die 50 Mrd., die Deutschland direkt an die Ukraine gezahlt hat, sind ja nur ein Teil. Über unseren Beitrag zur EU, die ihrerseits eigene Zahlungen an die Ukraine leistet, gaben wir anteilig mind. nochmal die gleiche Summe gezahlt. Bitte mal nachprüfen!

humerd
3 Monate her

und der Spalter Marcel Fratzscher macht immer weiter
Fratzscher fordert Soli für Babyboomer: „Müssen endlich Verantwortung übernehmen“https://www.focus.de/finanzen/news/fratzscher-fordert-soli-fuer-babyboomer-muessen-endlich-verantwortung-fuer-uebernehmen_2ad17302-d511-4cb4-bb28-9d7014538e26.html

Britsch
3 Monate her

Man sollte nicht vergessen wie lange schon „unsere Politiker“ über die Verhältnisse gelebt haben. Zu früheren Zeiten wurden zumindest die Einnahmen auzs mineralöl und KFZ steuer für bau von Straßen verwendet, den Ausbau von Infrastruktur. Dann wurde diesbezüglich fast gar nichts mehr sinnvolles ausgebaut. Das Gebaute und vorhandene wurde auch nicht gewartet und in Stand gehalten. Es als ganz selbstverständlich da. Da? Alles ständige Wartung und in Standhaltung bedarf wurde vergessen: Z.Teil im Gegenteil wurde so manches bekämpft. Stellvertretend nenne ich da z.B häuser die an eine vorhandene Straße gebaut werden, oder Menschen die dort hin ziehen und dann sdoll… Mehr

Buck Fiden
3 Monate her

„Unseredemokratie“… „Unsereverhältnisse“… CDUSPDGRÜNE waren in den letzten 25, 30 Jahren in den verschiedensten Koalitionen an der Macht. Und sie haben es versaut. Nicht Putin hat uns die Migrantenbelastung, die Kriminalitätsrate, die Messermänner oder Gruppenvergewaltiger, die krachend gescheiterte Energiewende, den Exodus unserer Intelligenz, die Bildungsmisere oder die Masseninsolvenzen beschert.

Nein, das waren Merkel, Scholz und Merz.

Wer glaubt, mit Steuererhöhungen oder massiven Schulden ein Staat sanieren zu können, der löscht auch Feuer mit Benzin.