Tichys Einblick
Hanf statt Weizen

Deutschland auf dem Weg in die Ernährungskrise

Was jeder bis auf die Bundesregierung weiß, ist, dass jedes Land bis auf Deutschland zuerst an sich denken wird und die Preise für die Länder, die nicht zuerst an sich denken, durch die „Decke gehen werden“.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Während Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sich mit Foodwatch oder mit der Betriebssportgruppe seines Ministeriums trifft, aber keine Zeit für Bauern hat, geht Deutschland der heftigen Verteuerung und Verknappung von Lebensmitteln mit Siebenmeilenstiefeln entgegen. Die Preise für Essen und Tabakwaren stiegen um 56,8 Prozent. In den nächsten drei Wochen wird eine Preissteigerung um weitere 78,6 Prozent erwartet.

Dass die Verteuerung, die Deutschland bis jetzt erlebt, noch nicht mit dem Krieg zu tun hat, sondern Folge der schon von der Merkel-Regierung eingeleiteten „Großen Transformation” zu einer grünen Kommandowirtschaft ist, veranschaulicht das Statement der Bierbrauer, die ebenfalls Preiserhöhungen ankündigen: „Lieferengpässe und Kostensteigerungen sind wir leider gewohnt – bereits die Corona-Krise hat der Braubranche schwer zugesetzt. Aber was gerade passiert, sprengt alle Dimensionen: Wir sehen bei Rohstoffen, Verpackungen, Energie und Logistik nie gekannte Preiserhöhungen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Bei Braumalz und Neuglas gingen die Preise durch die Decke. Neuglas wird durch die hohen und sich steigernden Energiekosten wesentlich teurer.

Durch den Ausfall der Ukraine und Russlands als Getreideexporteur geht Deutschland nicht nur hohen Preissteigerungen entgegen, sondern einem Nahrungsmittelnotstand, wie Lebensmittel- und Bauernverbände prognostizieren. Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, Christian von Boetticher, warnt deshalb: „Irgendwann ist nicht mehr die Frage, wie viel Rohstoffe für unser Essen auf dem Weltmarkt kosten, sondern ob wir überhaupt noch welche bekommen.“

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Eigentlich wäre Deutschland in der Lage, sich selbst zu versorgen, aber die drohende Knappheit bei Stickstoffdünger, der Kampf gegen das Glyphosat, die Stilllegung von Ackerflächen und andere Behinderungen der deutschen Landwirtschaft verhindern das. So sollen 20 Prozent der Anbauflächen lediglich „biologisch bewirtschaftet“, weitere 10 Prozent der Anbaufläche sollen als ökologisches Brachland stillgelegt werden. Özdemir will Blühwiesen statt Weizenfelder. Er lässt sein Ministerium verkünden, dass die Versorgung mit Nahrungsmitteln in Deutschland und in der EU aufgrund des hohen Selbstversorgungsgrades sicher sei.

Özdemir hofft auf die teuerste Variante, dass im Notfall andere europäische Länder Deutschland mit Nahrungsmitteln aushelfen, wie es bereits auf dem Energiesektor geschieht. Doch da könnte sich Özdemir verrechnen. So hat beispielsweise Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bereits erklärt, dass Ungarn in der Lage sei, sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Es werde Nahrungsmittel nur exportieren, nachdem der einheimische Markt abgedeckt ist. Die ungarische Regierung wird zuerst an die ungarische Bevölkerung denken und Ausfuhrbeschränkungen einführen. Andere europäische Länder werden ähnlich handeln, ohne es allerdings vorher anzukündigen.

Deshalb fordern nicht nur die Ernährungs- und die Bauernverbände, dass sich Özdemir rund um die Uhr mit der deutschen Ernährungslage beschäftigt, anstatt abwiegeln zu lassen. Die Chefin der Mittelstandsvereinigung der CDU, Gitta Connemann, kritisiert daher völlig zurecht, vergisst aber, dass es ihre Partei war, die dafür die Weichen stellte: „Er (gemeint ist Özdemir) müsste sich von morgens bis abends um nichts anderes kümmern als die #Lebensmittelkrise. Stattdessen leere Terminkalender, ab und an ein Treffen mit Öko-Aktivisten und Social-Media-Filmchen für Warnwesten für Hühner – verantwortungslos.“ Niemand in Özdemirs Ministerium scheint den Mut zu besitzen, den Minister darüber aufzuklären, dass Brot und Fleisch nicht im Supermarkt wachsen und dass eben das, was im Frühjahr nicht in den Boden gebracht wird, im Sommer nicht geerntet werden kann.

Inzwischen drohen in Ostdeutschland ohnehin empfindliche Ernteausfälle durch Trockenheit, die zumindest zum Teil wirklich vom Menschen verursacht wird. Die gerade im Norden und im Westen, aber auch in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg massenhaft- und flächendeckend aufgestellten Windräder führen zur Windabschwächung und mithin zur Schwächung von Regenbildung und in letzter Konsequenz auch zu Regenausfällen. Dass die Windkraftlobby alle Hebel in Gang setzt, um die Erforschung der schädlichen Nebenwirkungen der sogenannten Erneuerbaren Energien zu verhindern bzw. zu diskreditieren, dürfte sich mit Blick auf die Gewinne und auf das übergeordnete Ziel der Großen Transformation erklären.

Helds Ausblick – 2022/4
Die verheerende Preis-Revolution
Statt sich um die bevorstehende Nahrungsmittelverteuerung und -verknappung zu kümmern, widmete sich die Bundesregierung bei ihrer Klausur in Meseberg so wichtigen Projekten wie der Legalisierung von Cannabis. Auf den Tweet von Bundesjustizminister Marco Buschmann: „Die Legalisierung von #Cannabis kommt. In Meseberg habe ich mit Cem Özdemir und Karl Lauterbach dazu beraten. Der Bundesdrogenbeauftragte plant nun bereits eine umfassende Vorbereitung der Freigabe und Karl Lauterbach hat einen ersten Gesetzentwurf noch für 2022 angekündigt“, antwortete der Landwirtschaftsprofi aus Stuttgart auf seine reiche Erfahrung als Betreiber einer Terrassenplantage anspielend gutgelaunt: „We legalize! Und danach lade ich die beiden Kollegen auf meine Terrasse ein.“

Dass es der Bundesregierung nicht um die Ernährungssicherheit der Deutschen geht, bestätigte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann: „‚Wenn in dieser Situation jeder nur an sich selbst denkt, wird das die Krise nur verschärfen und dafür sorgen, dass die Preise durch die Decke gehen‘, so @cem_oezdemir – in der wachsenden Unsicherheit um die angespannte Lage des Welternährungsmarkts“.

Was jeder bis auf die Bundesregierung weiß, ist, dass jedes Land bis auf Deutschland zuerst an sich denken wird und die Preise für die Länder, die nicht zuerst an sich denken, durch die „Decke gehen werden“.

Nach Habecks Eingeständnis
Die Bundesregierung führt das Land sehenden Auges in die Benzin-Knappheit
Auch Robert Habeck sprach in seinem Statement nach der Klausur der Bundesregierung in Meseberg nur davon, dass die Lebensmittelverknappung dramatische Folgen haben könnte – und zwar für Länder mit instabilen politischen Verhältnissen – und dass es daher die Pflicht der Bundesregierung wäre, dafür zu sorgen, die Lebensmittelversorgung dieser Länder sicherzustellen. Die Aufgabe besteht laut Habeck also nicht darin, in Deutschland die Nahrungsmittelversorgung zu sichern, sondern stattdessen in allen Ländern der Welt mit unruhigen politischen Verhältnissen. Zu diesem Zweck müssen das Entwicklungshilfeministerium, das Außenministerium und das Landwirtschaftsministerium eng zusammenarbeiten.

Wie schrieb Robert Habeck einst: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht.“

Es mag sein, dass eine „planetarisch“ agierende Bundesregierung, die Außenpolitik als feministische Weltinnenpolitik betreibt, die Nöte in der Welt im Blick hat – die Krisen, die Nöte in Deutschland, die von Tag zu Tag dramatischer werden, hat diese Bundesregierung nicht auf der Agenda.

Sowohl der Bundeskanzler als auch die Minister Habeck und Lindner lobten den guten Geist, der in Meseberg geherrscht habe, zeigten sich sehr erfreut darüber, wie sehr man sich in der Regierung menschlich näher gekommen sei – vielleicht hat ja auch die Freigabe von Cannabis die gruppendynamischen Prozesse im Bundeskabinett beflügelt. Eine Antwort auf die dramatischen Ereignisse, die Deutschland im Herbst erleben wird, hat die Bundesregierung in Meseberg nicht gefunden, sie hat wohl nicht einmal die Frage gestellt.