Der Ex-Bundesfinanzminister wird berufstätig – und er geht nicht in den Staatsdienst. Allein das ist schon eine gute Nachricht. Denn sonst geben Ex-Politiker den Zugang zu den Geldtrögen des Steuerzahlers praktisch nie auf.
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„Würden Sie von diesem Mann ein Auto kaufen?“ Das ist ein geflügeltes Wort – ein Test, wie sehr man jemandem traut. Oder eben auch nicht. Bei Christian Lindner kann man sich diese Frage künftig nicht nur im übertragenen Sinn stellen, sondern wortwörtlich. Der 46-jährige ehemalige Bundesfinanzminister und Ex-Chef der FDP wird… Trommelwirbel… Gebrauchtwagenhändler.
Ja, ja, ist ja schon gut: Das ist polemisch verkürzt. Exakt muss es heißen: Lindner heuert ab dem kommenden Januar als Vize-Chef bei der Autoland AG an. Das ist „Deutschlands größter Autodiscounter“ (Eigenwerbung) für Neu- und Gebrauchtwagen. Das Unternehmen sitzt im sachsen-anhaltinischen Brehna, hat etwa 1.500 Mitarbeiter, ist vor allem in Ostdeutschland aktiv und setzt rund eine Milliarde Euro um.
Vor ziemlich genau einem Jahr, am 6. November 2024, hatte der damalige Kanzler Olaf Scholz von der SPD Christian Lindner aus dem Bundeskabinett gefeuert und die FDP aus der Regierung geworfen. Bei der vorgezogenen Neuwahl im Februar bekamen die Liberalen nur 4,3 Prozent der Stimmen und verpassten damit den Wiedereinzug in den Bundestag. Lindner zog sich aus der Politik zurück.
Danach machte er mit wechselnden Berufsplänen Schlagzeilen: Vor einem Monat erhielt Lindners Hamburger Beteiligungsgesellschaft die Genehmigung, in Unternehmen zu investieren. Er wolle als sogenannter „Business Angel“ vor allem Start-ups in frühen und in Wachstumsphasen mit Rat und mit Kapital unterstützen, ließ der Ex-Finanzminister seinerzeit wissen.
Erst vor drei Wochen gab dann die US-Beratungsfirma Teneo bekannt, dass Lindner für sie als „Senior Advisor“ künftig Kunden in den USA, Deutschland und anderen EU-Ländern bei Wachstumsstrategien auf europäischen und weltweiten Märkten beraten soll.
Was angesichts von Lindners neuem Engagement bei Autoland aus seiner Hilfe für Start-ups und seiner Beratungstätigkeit bei dem US-Lobbyisten wird, ist im Moment unklar. Es wäre etwas überraschend, wenn der Liberale als Vorstandsmitglied einer großen Aktiengesellschaft für solche Nebentätigkeiten noch Zeit finden sollte.
Egal, was man von Lindner als FDP-Chef und als Finanzminister gehalten haben mag: Grundsätzlich ist es ja zu begrüßen, dass der Mann sein Geld künftig am freien Markt verdienen will. Die Beispiele von Berufspolitikern, die nach dem Ende ihrer Minister- oder Abgeordneten-Karriere weiter – und nicht selten lebenslang – nur Jobs auf Kosten des Steuerzahlers erbeuten, sind Legion.
• Ex-SPD-Chefin Andrea Nahles wurde von ihrer Partei weggemobbt und mit dem hochdotierten Posten als Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit entschädigt.
• Ex-Bauministerin Klara Geywitz, ebenfalls Sozialdemokratin, wurde vom Bundesrechnungshof mehrfach wegen Verschwendung in ihrem Ministerium scharf kritisiert. Ministerin ist sie jetzt nicht mehr – dafür macht die SPD die Dame nun ausgerechnet zur Vize-Chefin des Rechnungshofs.
• Ex-Bundesfamilienministerin Anne Spiegel von den Grünen musste wegen ihres eklatanten Versagens während der Flutkatastrophe im Ahrtal zurücktreten. Auch sie wird künftig weiter vom Steuerzahler durchgefüttert: Im Mai 2026 tritt sie ihre neue Stelle als Dezernentin für Soziales, Familie und Jugend der Region Hannover an.
Die Liste ließe sich buchstäblich endlos fortsetzen. Da ist man sogar durchaus etwas dankbar, dass Christian Lindner in die Privatwirtschaft wechselt.
Freilich ist es ein offenes Geheimnis, dass abgewählte Berufspolitiker so gut wie nie wegen ihrer Fähigkeiten als Manager von Unternehmen der Privatwirtschaft unter Vertrag genommen werden. Die Ex-Abgeordneten oder Ex-Minister bekommen zwar wohlklingende Titel wie Aufsichtsrat, Vorstand, Geschäftsführer oder Berater – doch wirklich interessant sind sie für ihre neuen Arbeitgeber in Wahrheit nur wegen ihrer Adressbücher.
Oder anders: Die Geldgeber versprechen sich von den neuen Mitarbeitern einen einfachen und direkten Zugang zur Politik. De facto kaufen sie Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern ein.
Wie viel Gehalt der Autoland AG die Dienste von Christian Lindner wert sind, ist nicht bekannt. Aber das kann dem deutschen Steuerzahler auch egal sein. Und das ist ja auch schon mal was.


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Berechtigte Fragen über Fragen. Die wichtigste ist aber doch: wer zur Hölle ist Christian genannt Lindner?
„Lindner heuert ab dem kommenden Januar als Vize-Chef bei der Autoland AG an.“ – Hieß es nicht vor kurzem noch, er heuert bei einem „Abrißunternehmen“ an? – Jetzt also Gebrauchtwagen? Aber hoffentlich doch politisch korrekt nur „Stromer“.
Und die Autos werden nur an die neue Frauen (geboren als Mann also) und an die Neuen verkauft.
Für jemanden, der Politikwissenschaften, Philosophie und sonstiges nutzloses Gedöns studiert hat, in der Bundeswehr war und danach in der Politik war, ist die Übernahme einer Geschäftsführungsaufgabe mit dem Ressort Vertrieb und Marketing in der freien Wirtschaft doch eine erstaunliche Karriere!
Ich versetze mich mal in die Rolle eines Recruiters. Welche fachlichen und sozialen Kompetenzen bringt er für diese Position mit?
Bei mir haben Abweichungen von weniger als 5% i.d.R. zu Absagen geführt. Und meine Kompetenzen sind tiefer und breiter angelegt.
Moment, hat er als FDP-Parteichef nicht für Klimaneutralität, eAutos und Verbrenner-Aus gestimmt ?
Bei den Gebrauchtwagen wird es sich meines WIssens doch 95% um Verbrenner handeln – wie kommt nun der SInneswandel zustande? Cash nun doch wichtiger als „Klimamoral“ ?
Sei es , wie es sei.
Auch diese Branche ist eine zwielichtige – so, wie die Politik.
Wo Lindner herkommt.
Es ist Zeit, dass dem autosout24 / mobile.de / wirkaufendeinAuto.de – Kartell etwas bundesweit anderes entgegengestellt wird.
Wenn schon das Kartellamt nicht eingreift.
Ich kann das tatsächlich nicht nachvollziehen, wie solche Vögel, die offen ihre hochgradige Inkompetenz und charakterlichen Abgründe offenbart haben, immer noch zu solchen Posten kommen. Lindner kann außer sich selbst nichts verkaufen, bewerben und erfolgreich machen. Er ist so ein rückgratloser Molch wie Merz und seine Union oder der Antifanten-Lars und seine SPD. Nein, das sind alles „Persönlichkeiten“, die eigentlich für ihre antideutsche und uns alle schädigende Politik in uneingeschränkte Haftung (sämtliches Vermögen/Besitz weg!) genommen werden und nicht mehr wie Straßenkehrer werden dürften. Bettelarm und abgeschnitten. Aber das? Nein, dass zeigt wie falsch und kaputt unser System ist und wenn… Mehr
Wenn sie das nicht nachvollziehen können oder wollen, dann verstehen sie Deutschland nicht
Ich finde hier die vielen hämischen Kommentare einfach nur dumm. Angestellte oder gar Beamte mit einem sicheren Job im warmen Büro haben meist nicht verstanden, dass Leute die selbstständig oder als Freiberufler ihr Geld verdienen, ein hohes persönliches Risiko tragen. Da gehört die Möglichkeit des Scheiterns mit einer Geschäftsidee immer dazu und daran ist überhaupt nichts ehrenrühriges. Und sich zu mukieren, dass Lindner sein Geld künftig in der freien Wirtschaft verdient, statt sich einen überbezahlten Vorstandsposten bei einem Staatskonzern zu sichern, ist für einen Ex Politiker auch nicht selbstverständlich. Also bitte mal halblang!
Er hilft nun, die „Produkte“ abzuverkaufen, deren Industrie er zerstört hat.
Wer es geschafft hat, die Wähler der FDP drei Jahre lang für dumm zu verkaufen, ist bestimmt ein Naturtalent um fahrende Altbatterien zu verhökern. Ich werde einen weiten Bogen um.den Laden machen. Danke für den Warnhinweis.