Bundesländer wollen bei der Freigabe von Cannabis mitreden

Die „Ampel“-Pläne drohen von Heranwachsenden als Bagatellisierung des Cannabiskonsums wahrgenommen zu werden. Kinder- und Jugendärzte warnen denn auch vor gravierenden gesundheitlichen Risiken.

IMAGO
Die Bundesregierung, hier angeführt von „Gesundheits“-Minister Dr. med. Karl Lauterbach, will mit unvermindert großem Trara ein Gesetz zur Freigabe von Cannabis im Alleingang durchziehen. Unterstützung hat der SPD-Mann dabei aus den anderen „Ampel“-Fraktionen, denen alles nicht schnell genug gehen kann: namentlich vom „grünen“, hascherfahrenen Ernährungsminister Cem Özdemir und vom „gelben“ Justizminister Marco Buschmann. Letzterer hatte bereits im Mai 2022 eine Cannabis-Legalisierung für „Frühjahr 2023“ versprochen. Hintergrund: Im „Ampel“-Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 waren inklusive „Modelle zum Drugchecking“ vorgesehen. Was immer das heißen mag. Und dass der Entwurf des Cannabisgesetzes nach wie vor mit EU- und UN-Recht kollidiert? „So what“, scheint Lauterbach zu denken.

Einen „Königsweg“ (sic!) beschreite das neue Gesetz, so heißt es seit langem. Es sei ein „Fortschrittsprojekt“, mit dem angeblich eine ganze Menge an Problemen aus der Welt geschafft werden könne. So Lauterbach am 12. April vor der Bundespresse: Es werde mehr Sicherheit geschaffen, gegen die Verunreinigung von Cannabisprodukten vorgehen, die Jugend „maximal“ (sic!) zu schützen und die Schwarzmarktkriminalität zu bekämpfen.

Die „Ampel“ will Cannabis also für Erwachsene legalisieren. So sieht es der vom Bundeskabinett am 16. August 2023 verabschiedete, 183 (!!!) Seiten umfassende Gesetzentwurf mit folgendem Namen vor: „Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG)“ Merke: 183 Seiten; die Bundesbeamten und die „Fach“-Politiker haben ja nichts anderes zu tun.

Nun will man es ab 18 Jahren erlauben, bis zu drei weiblich blühende Hanfpflanzen zum Eigenbedarf anzubauen und bis zu 25 Gramm zu besitzen. Auch könnten so genannte Cannabis-Clubs zugelassen werden. Diese dürfen Cannabis anbauen und ihren erwachsenen Mitgliedern täglich bis zu 25 Gramm und monatlich bis zu 50 Gramm Cannabis abgeben. Bei 18- bis 21-Jährigen sollen es bis zu 30 Gramm im Monat sein. Die Mitglieder dürfen den Joint nicht in den Räumen des Clubs und auch nicht im Umkreis von 200 Metern vom Club rauchen. Dasselbe soll für Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze und öffentlich zugängliche Sportstätten gelten. Für Minderjährige, die beim Kiffen erwischt werden, soll es verbindliche Präventivprogramme geben. Der „kontrollierte“ Kauf der Droge für den Eigenkonsum soll in speziellen Vereinen möglich sein. Wer kontrolliert, wird nicht gesagt, denn die Polizei soll durch die Liberalisierung und Entkriminalisierung von Cannabis ja entlastet werden.

Und dann noch das: Die „Ampel“-Pläne seien eine Gelegenheit, die europäische Cannabis-Politik auf einer „evidenzbasierten Basis“ weiterzubringen, sagte Lauterbach. Am deutschen Wesen …?

Jetzt geht der Bundesrat dazwischen

Allerdings pocht der Bundesrat auf „Zustimmungsbedürftigkeit“, zumal das Cannabisgesetz Auswirkungen auf vier andere Gesetze habe, bei denen völlig unstrittig sei, dass sie „zustimmungsbedürftig“ sind. Also gelte dies auch für Änderungen an diesen vier Gesetzen. Kurz: Der Bundesrat will mitbestimmen, weil er – zu Recht – erhebliche verfassungsrechtliche und medizinische Bedenken wegen der Freigabe hat. Auf 89 Seiten haben sechs Ausschüsse der Länderkammer angemahnt, dass der Bundesrat mitbestimmen müsse, denn mit einem Gesetz zur Freigabe von Cannabis würden den Ländern neue Aufgaben übertragen.

Landesminister aus den unterschiedlichen politischen Lagern üben öffentlich Kritik an Lauterbachs Vorschlag. So fragt Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU), wie die Polizei überprüfen solle, dass jemand nur drei Cannabis-Pflanzen zu Hause hat. Nach Ansicht von Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) führt das Gesetz nicht dazu, dass „der illegale Handel mit seinen zum Teil schwerstkriminellen Strukturen“ eingedämmt wird. Denn legal hergestelltes Cannabis werde wegen der vielen gesetzlichen Vorgaben in Lauterbachs Konzept teurer sein als illegales.

Zudem müssten die Länder die Anträge auf Einrichtung eines Cannabis-Clubs prüfen und die Clubs mindestens einmal im Jahr kontrollieren. Weiter kritisieren die Ausschüsse des Bundesrates, dass mit dem Lauterbach-Entwurf über die gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums hinweggesehen werde. Vor allem wenn der Cannabiskonsum vor dem 25. Lebensjahr einsetze. Die Begrenzung auf 25 Gramm sei zu hoch angesetzt. Zudem begünstige Cannabis Erkrankungen wie Hodenkrebs und Atemwegserkrankungen und stehe im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Psychosen.

FDP will es noch „liberaler“

Weil man das FDP-Anhängsel der „Ampel“ recht selten wahrnimmt, poltert eine FDP-Fachfrau ebenfalls heftig gegen den Gesetzentwurf. Aber in eine andere Richtung. Der sucht- und drogenpolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Kristine Lütke, geht die Freigabe nämlich nicht weit genug. Sie will eine weitergehende Liberalisierung. Die im Entwurf vorgesehenen Obergrenzen in den „Cannabis-Clubs“ müsse entfallen, sagte Lütke dem Tagesspiegel. Lütke weiter: „Es reguliert auch niemand, wie viele Flaschen Wein jemand im Keller lagert. Wieso sollten wir das bei Cannabis tun?“ Lütke ist sich außerdem sicher, dass die mündigen Konsumenten Cannabis zu Hause so verwahren würden, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang dazu hätten. Bei ätzenden Putzmitteln oder Arzneimitteln gelinge dies schließlich auch. Welch umwerfend lebenstüchtige Einstellung! Lütke noch mal weiter: Eine THC-Obergrenze von zehn Prozent für junge Erwachsene würde dem Jugend-, Gesundheits- und Verbraucherschutz einen Bärendienst erweisen. Denn: „Der Dealer wird sich dann genau auf die Cannabis-Produkte spezialisieren, die nicht legal angeboten werden. Konsumentinnen und Konsumenten werden sich dann weiter mit Schwarzmarkt-Cannabis eindecken – das kann niemand wollen.“ So Lütke. Man merkt: Die FDP gibt es noch in homöopathischer Dosis.

Klipp und klar: Mit dem Cannabisprojekt wird der Drogenkonsum bagatellisiert

Die „Ampel“-Pläne drohen von Heranwachsenden als Bagatellisierung des Cannabiskonsums wahrgenommen zu werden. Kinder- und Jugendärzte warnen denn auch vor gravierenden gesundheitlichen Risiken. Würde der Cannabiskonsum unter Heranwachsenden um sich greifen, würde dies deren Gehirnreifung mit lebenslangen Folgen stören. Dabei gibt es jetzt schon zu viele Kinder und Jugendliche, die zu Cannabis – auch als Einstiegsdroge – greifen. Nach einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist der Anteil der 12- bis 17-Jährigen, die Cannabis konsumiert haben, von 4,6 Prozent im Jahr 2011 auf 7,6 Prozent im Jahr 2021 angestiegen. Bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahre verdoppelte sich der Anstieg. Während 2010 noch 12,7 Prozent angaben, gekifft zu haben, waren es 2021 rund 25 Prozent.

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Kommentare ( 19 )

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19 Comments
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BoomSlang
7 Monate her

Politisch gesehen stehe ich rechts von der CDU und dennoch bin ich für eine Legalisierung von Cannabis obwohl ich selbst kein Konsument bin und auch äußerst selten Alkohol trinke. Gut 50% aller Betäubungsmittelverstöße stehen im Zusammenhang mit Cannabis und die allermeisten Verfahren werden ohnehin bereits fallen gelassen. Die Ressourcen der Polizei, Staatsanwälte und Gerichte müssen endlich auf die wirklich wichtigen Dinge gelenkt werden. Der Cannabiskonsum ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und nach allen Zahlen, Daten und Fakten bei weitem nicht so schädlich wie der Konsum von Alkohol. Hier sind die Argumente unzählbar oft ausgetauscht worden. Natürlich wird… Mehr

Hosenmatz
7 Monate her

Die Vorstellung, dass man mit der Legalisierung von Cannabis die Kriminalität senken könnte, ist irgendwie so: „Hey, ich kann kein Gras mehr verticken? Ach, dann werde ich eben Elektroinstallateur oder Bankkaufmann.“

Franjo
7 Monate her

Jeder der hier gegen die Legalisierung ist sollte sich einmal an die eigene Nase fassen!
Warum sollten ausgerechnet Menschen die höchstwahrscheinlich Alkohol konsumieren und evtl. auch rauchen über andere Bestimmen dürfen ob Sie einen Joint rauchen? Bier und Wein sind ab 16 Jahren erlaubt und nur vom Alkohol sterben weltweit, laut WHO, 2,8 Millionen Menschen jedes Jahr!! In Deutschland ca. 74000 laut Bundesregierung…also was soll die Scheindebatte? WIR HABEN IN DEUTSCHLAND ANDERE PROBLEME ALS DAS!!!
Das ist in höchstem Maße scheinheilig.

Michael M.
7 Monate her
Antworten an  Franjo

Da ist gar nichts scheinheilig, denn der Mist ist eine Einstiegsdroge (der eine gibt ja ganz offensiv zu das Zeug selber konsumiert zu haben und geholfen hat es dem ganz sicher nicht) und mit Alkohol in keinster weise zu vergleichen. Eben weil wir viele andere Probleme haben ist dieses Thema irrelevant. Es kann alles so bleiben wie es ist und zwar ganz ohne diesen Aufriss für einen Minderheiten-Schmarrn.

Last edited 7 Monate her by Michael M.
steto123
7 Monate her

Früher hieß es mal, je besch… der Staat um so länger das Schnapsregal. Aber wenn dessen Länge dann auch nicht mehr ausreicht oder man zuwenig Bürger damit zugedröhnt bekommt, dann kann man ja noch Hasch oben drauf legen. Wer besoffen oder/ und bekifft ist, der geht nicht demonstrieren. Das ist der Sinn der Übung. Das zeitgleich über das Verbot von Alkoholwerbung diskutiert wird, ist genau mein Humor.

hoffnungstirbtzuletzt
7 Monate her

Hast du Haschisch in den Taschen, hast du immer was zu naschen. Mit Politiker Vorbildern Cem und Karl ist das ein politisch gewolltes Thema für die deutsche Bevölkerung, Erlaubnis von höchster Ebene, und nicht vergessen, diese Herrschaften zur Party einzuladen, die kommen bestimmt gerne, wenn der Termin Kalender es zulässt, um sich feiern zu lassen.

Gabriele Kremmel
7 Monate her

Die Jugend schützen? Die Jugend fangen – als Wähler – schon eher.

Michael M.
7 Monate her

Könnte es nicht vielleicht sein, dass Karl der Impfexperte himself das beste Beispiel dafür ist, dass sich das Zeug möglicherweise nachteilig auf die geistige Gesundheit auswirken kann? Ich frage für eine Freundin 😉.

Last edited 7 Monate her by Michael M.
alter weisser Mann
7 Monate her

Schon wenn die sich hier nur angedeutete Regelwust anschaut, dann zweifelt man am Geisteszustand der Verfasser. Und dann erinnert man sich, dass das zumindest zum Teil Profis sind, die damit ihr Geld verdienen. Unglaublich!

Karl Schmidt
7 Monate her

Fleisch: schädlich; Zucker schädlich; Cannabis eine Wohltat. So ist die Linie von Cem Özdemir. Wozu sollen Bauern eigentlich das Wasser mit absurd niedrigen Rückstandswerten sauber halten, wenn derselbe Minister die Bürger gleichzeitig mit Drogen versorgt? Es ist offensichtlich, dass hier nichts zusammenpasst – wie bei Grünen üblich besitzt ihre Politik, glaubt man die Narrative, keine Logik. Aber die Erzählung ist eine Lüge. Es geht darum, grüne Wähler und grüne Drogenbosse im Kleingartenformat zufrieden zu stellen. Nur in solchen Fällen zeigen sich Grüne nämlich flexibel und kompromissbereit. Der „Gesundheits“minister hat schon hauptwirkungsfreie Medikamente mit tödlichen Nebenwirkungen unter das Volk gebracht. Er… Mehr

Gabriele Kremmel
7 Monate her
Antworten an  Karl Schmidt

Derlei Prioritäten könnten durchaus erklären, warum es in unserer Regierung mit dem Verstand, der Vernunft und der Verantwortung so bestellt ist, wie es ist und kein Ende nimmt.

Dieter Rose
7 Monate her

Die da oben sind doch alle schon stoned, die brauchen doch keine Freigabe. Der Bürger vielleicht, um den den ganzen ReGIERungswahnsinn nicht mitzubekommen?