Alles was rechts ist

Die Einbettung des rechten Spektrums im „bürgerlichen Lager“ tat der politischen Kultur dieses Landes weitaus besser, als die schulterzuckende Ausgliederung in ein Sammelbecken freier Radikaler.

© Sean Gallup/Getty Images

Kurz vor der Wahl ließ die CDU noch eine Umfrage zum internen Dienstgebrauch machen, in der unter anderem gefragt wurde, wo man die Union auf einer Skala von 1 (links) bis 10 (rechts) verorte. Mit einigem Stolz ließen die Strategen aus dem Adenauer-Haus durchsickern, dass die CDU als Partei bei 5,3 landete, die Kanzlerin selbst habe sogar eine Punktlandung in der Mitte mit einer glatten 5,0 hingelegt.

Ein schöner Erfolg für die Kanzlerin, deren Berater Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen bereits 2012 im Präsidium eine Grafik vorlegte, die in der Mitte einen Wählerberg zeigte, den es zu gewinnen gelte. An den Rändern siedeln einfach zu wenige Wähler. Angela Merkel hat es beherzigt und den rechten Flügel der Union von Wirtschaftsliberalen über Nationale bis zu Konservativen mehr und mehr veröden lassen.

Macht zehrt
Frau Merkel, treten Sie zurück. Es wäre besser.
Unschöner Nebeneffekt: In weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit ist heute die von links liebevoll bediente Meinung verbreitet, „Rechts“ beginne etwa bei 6,5 auf der politischen Meinungsskala. Und da der „Kampf gegen rechts“ zum festen, unhinterfragten Bestandteil der politischen Kampagnenkultur geworden ist, bringen auch die Wahlerfolge der AfD mitunter erstaunliche Reaktionen hervor. Von Schlagzeilen über den Einzug von „Nazis“ in den Bundestag bis zur braunen Einfärbung Sachsens auf der politischen Landkarte.

Jetzt rächt sich, dass linke Unsäglichkeiten bis ins extreme Spektrum hinein vielfach als schräg-sympathische subkulturelle Blüten belächelt werden, während der „Kampf gegen rechts“ bewusst diffus gehalten wird und als Sammelbegriff für das gesamte Spektrum zwischen Lebensschützern und überzeugten Nationalsozialisten herhalten darf. Eine „Rote Flora“ ist akzeptiert, eine „Schwarze Flora“ wäre undenkbar.

Kurz gesagt: Deutschland muss wieder „Rechts“ lernen. Wer AfDisten wieder zurückgewinnen will, muss unterscheiden, wo rechts rechtens ist und wo nicht.

Wenn der öffentliche Diskurs nicht nur mit der AfD und ihren Unterstützern, sondern in seiner ganzen Breite nicht unter die Räder schmalspuriger Korrektheit kommen soll, sind gerade auch die tonangebenden und gern „Haltung“ zeigenden Eliten gefordert, wieder unterscheiden zu lernen zwischen tatsächlich inakzeptablen Meinungen und solchen, die sie lediglich nicht teilen.

Rechts ist nicht automatisch Nazi. Rechts ist kein Synonym für Faschismus. Soweit bekannt, plant die AfD weder Angriffskriege noch industriellen Massenmord. Wer vermeintlich noch immer „fruchtbaren Schößen“ tatsächlich und ernsthaft wehren will, sollte eher ein Interesse daran haben, jene, die er für anfällig hält, aus Ecken heraus zu holen, als sie hinein zu stellen.

Es ist erlaubt, eine geregelte und damit begrenzte Einwanderung und sichere, kontrollierte Grenzen zu fordern. Es ist sogar Rechtslage.

Es ist erlaubt, die Probleme muslimischer Migranten zu thematisieren. Dazu wurde eigens eine Islamkonferenz eingesetzt. Und so sehr sich am Buch von Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“ die Geister schieden – rechtlich gab es daran genau so wenig zu deuteln, wie an der Faktenlage.

Es ist erlaubt, gegen Abtreibungen und für mehr Lebensschutz zu demonstrieren. Abtreibung ist auch in Deutschland verboten, wird lediglich nur nicht strafrechtlich verfolgt.

Es ist erlaubt, mit Blick auf die NS-Zeit über die Gedenkkultur zu diskutieren, wie das etwa rund um den Bau des Holocaust-Mahnmals in Berlin jahrelang geschah. Es ist der Ton, den Höcke & Co dabei anschlagen, der gar nicht geht. Wie mit deutscher Schuld umgegangen wird, ist ein Thema und sollte es auch immer wieder sein. Bellende Hinterzimmer-Reden braucht dazu allerdings niemand.

Es ist erlaubt, die Interessen der eigenen Nation zuerst in den Blick zu nehmen. Jeder Staat ist der Interessenvertreter SEINER Bürger. Das kann auch bedeuten, Souveränität abzugeben, aber ein Streit darüber ist völlig legitim und nicht per se schlimmer Nationalismus.

Es ist erlaubt, Gender-Sprech- und –Studien abwegig zu finden, gegen Unisex-Toiletten und sogar gegen die „Ehe für alle“ zu sein. Die Kanzlerin selbst hat gegen die Öffnung der Ehe gestimmt, die sie selbst ermöglichte.

Es ist erlaubt, den Euro als kränkelndes Konstrukt zu sehen, der gerade seinen Kernzweck, das Zusammenwachsen der Völker Europas, NICHT erfüllt, sondern zu Neid, Missgunst und Spaltung zwischen den Ländern beiträgt. Und natürlich darf auch über die Verfasstheit Europas gestritten werden, so, wie es die Briten getan und entschieden haben. Politik ist keine Einbahnstraße und schon gar nicht alternativlos.

Es ist erlaubt, keine „bunte“ Gesellschaft anzustreben. Multikultur ist kein Naturgesetz, sondern gesellschaftlicher Wille. Oder eben nicht. Wenn Ungarn, Slowaken, Polen oder beispielsweise Japan sich anders entscheiden, ist das genauso legitim wie hierzulande. Am Ende entscheidet die Mehrheit.

Kurz: Es ist erlaubt, rechts zu sein, solange man sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt und die rechtsstaatlich-demokratische Ordnung nicht aggressiv-kämpferisch bedroht. Die „Vielfalt“ (Diversity), die viele vor sich her tragen, ist verlogen, wenn sie nur die eigene Weltsicht umfasst. Wer Inklusion predigt, darf auch ihre Gegner nicht ausschließen.

Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag wird vor allem eines deutlich: Die Einbettung des rechten Spektrums im „bürgerlichen Lager“ tat der politischen Kultur dieses Landes weitaus besser, als die schulterzuckende Ausgliederung in ein Sammelbecken freier Radikaler. Wer die Ränder rechts wie links nicht im eigenen Lager hält, muss damit leben, dass die Ausgestoßenen alle Tabus herunterreißen und schwer wieder einzufangen sind.

Und: Enttäuschte Stammwähler, die man einmal verloren hat, kehren selten zurück und werden ihre neue Freiheit auch in Zukunft genießen …


Der Beitrag von Ralf Schuler ist zuerst hier erschienen.

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Kommentare ( 16 )

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16 Comments
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banana republic
6 Jahre her

Mich fragt auch keiner. Das sich viele nicht mit wichtigen Themen tiefer beschäftigen, sehe ich auch so. Das Denken beginnt erst dann wieder wenn sie selber akut von Armut, Kriminalität usw. betroffen sein werden. Bis dahin ist es wichtiger zu erfahren wer das nächste Curvy Model wird, wer GSDS gewinnt oder wer demnächst den FC Bayern trainiert.

banana republic
6 Jahre her

Danke. Das es diese Unterlassungserklärung gibt, war mir nicht bekannt. Danke für diese Info.

Dirk Pescht
6 Jahre her

Nationalsozialismus wurde als Gegenentwurf zum Internationalen Sozialismus, der als Vorstufe zum Kommunismus gesehen würde, propagiert.
Er sollte die SOZIALE Komponente nach der Wirtschaftskrise betonen und war als Politik für den „kleinen Mann“ natürlich „links“. Die Umdeutung erfolgte erst im Nachgang.

KoelnerJeck
6 Jahre her

Wie wäre es mit diesem Zitat von Goebbels nebst Quellenangabe: „Woher aber wollen wir die sittliche Berechtigung nehmen, gegen den proletarischen Klassenkamgedanken anzurennen, wenn nicht zuerst der bürgerliche Klassenstaat gundsätzlich zertrümmert und abgelöst wird durch eine neue sozialistische Gliederung der deutschen Gesellschaft? […] Der Nationalsozialist ist ein Antisemit, weil er ein Sozialist ist.“ Joseph Geobbels, 1932 Der Nazi-Sozi: Fragen und Antworten für den Nationalsozialisten. München; Eher, S. 5. Zitiert in: Rahim Taghizadegan: Linke & Rechte, Ein ideengeschichtlicher Kompass für die ideologischen Minenfelder der Neuzeit, S. 78

Fritz Goergen
6 Jahre her

Die beiden ersten, Herr Reichert, waren anders formuliert …

Armin Reichert
6 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Klare Ansagen sind ja hier leider nicht immer erwünscht, Herr Görgen.

Darf man das, was sich die BILD gegenüber der AfD erlaubt, nicht mit dem Wort „Hetze“ bezeichnen? Ich bin ja gespannt, wann die BILD wieder den Begriff „Hetzer Hohmann“ reaktiviert. Die Älteren erinnern sich vielleicht…

Fritz Goergen
6 Jahre her
Antworten an  Armin Reichert

Dem Maas’schen Syndrom mit Maas’scher Methode begegnen?

Ordoliberal
6 Jahre her

„Bellende Hinterzimmer-Reden“ – meinen Sie damit z.B. wie Wehner seine Fraktion seinerzeit zusammengestaucht hat? Oder hatten Sie eher Franz Josef Strauß selig im Wildbad Kreuth vor dem inneren Auge? Ach so, es geht um deutsche Schuld! Da wird natürlich nicht gebellt. Da heißt es: Helm ab zum Gebet!

Sagittarius A *
6 Jahre her

Sie sprechen mit den Interessen der eigenen Nation einen extrem wichtigen Punkt an. Unsere heutige „Politik“ kann man auf den Punkt reduzieren: Garantiert gegen die Interessen der Deutschen. Inklusive moralischer Abwertung von Leuten, die ein Mindestmaß an Vernunft (Interessen) einfordern. Der schöne Schein scheint wichtiger als alle Vernunft. „Bellende Hinterzimmer-Reden braucht dazu allerdings niemand.“ Das ist alles relativ. Systematisches sozialistisches Dauer Dreck schmeißen ist gesellschaftlich anerkannt. Pack, Dunkeldeutsche, Ewiggestirige, Nazis, Nazis, Nazis. Die jahrzehntelange Zurückhaltung der Konservativen, als man sich mit Dreck übergießen lies und das Bild des verstaubten, antiquierten Ewiggestrigen anhängen ließ, hat doch zum Zurückdrängen des Konservativen massiv… Mehr

Katharina
6 Jahre her
Antworten an  Sagittarius A *

Kürzlich las ich hier bei TE/Autor den Satz “ Ein bischen rechts kann nicht schaden!“ Ja, natürlich auch Zustimmung von mir wobei ich bei dem Autor glaube das gleiche Empfinden vorzufinden wie bei vielen TE-Lesern. Doch ein viel größeres Fiasko sehe ich in der Auslegung von „rechtem Empfinden“als Großes Ganzes. Durch jahrelange Umerziehung linkslastiger Vorsprecher , sprachliche Verwahrlosung( und genau dazu zählen solche Subjekte wie eine C. Roth) die zu einer totalen Falschinterpretation geführt hat und nicht zuletzt unsere historisch zum katzbuckelnden, mit sträflicher Schande beladenen deutschen Seelenlandschaft , immer wieder werbewirksam zur Schau gestellt, ist uns jedes ureigene Gefühl… Mehr

Bambu
6 Jahre her

Sehr gute Beschreibung des derzeitigen Zustands. Ich möchte hierzu noch ergänzen, dass es nicht Aufgabe des Bundestags ist, sich fast ausschließlich mit der Bekämpfung unliebsamer Meinungen zu beschäftigen und dabei die wirklich wichtigen Themen im Land unter den Tisch fallen zu lassen. Wenn eine Claudia Roth sich erdreistet zu behaupten im Bundestag säßen jetzt Holocaust Leugner, dann ist das eine Verleumdung übelster Art. Sie scheint offenbar nicht einmal zu wissen, dass die Verleugnung des Holocausts ein Straftatbestand ist, welcher mit Gefängnisstrafen geahndet wird. Da muss man sich schon fragen, warum stellt diese Frau nicht eine Strafanzeige, wenn sie der Meinung… Mehr

Ad Min
6 Jahre her

Sehr guter Beitrag! Vielen Dank für die Zu-„recht“-rückung der in den letzten Jahren extrem verkommenen Bedeutung der ursprünglichen Begrifflichkeiten.

banana republic
6 Jahre her

Sie haben mit dem was Sie schreiben recht. Rechte Ansichten zu haben, also rechts zu sein, heisst für die Mehrheit der hier lebenden leider Nazi, rechtsradikal, Rassist ect. Wenn ich sehe, lese und höre was die MSM für einen Bohei machen das nun eine „populistische“, „rechtsradikale“ AfD in den BT eingezogen ist, könnte man meinen das die Welt unter geht. Dabei geht „nur“ unser Land den Bach runter, und das nicht wegen der AfD, sondern wegen zahlreicher Fehlleistungen der politischen „Grössen“ der Altparteien. Eine Korrektur vergangener Fehler wird wohl nicht stattfinden. Bis die Mehrheit der hiesigen Bevölkerung aber merkt was… Mehr