Die Funktionsweise eines Weizenkorns ist ein Wunderwerk der Natur. Mit den Fortschritten in Züchtung, Düngung, Mechanisierung, Sensorik und grüner Gentechnik wird es gelingen, bis zu 15 Milliarden Menschen auf dem Globus zu ernähren

Ein Weizenkorn – das Korn, das die Welt in Gang hält. Präzisionsmaschinen haben den Sämann abgelöst und drillen die Körner gleich mäßig in den Boden. Diese Wunder der Technik haben die Ernteergebnisse aus dem Vorjahr im Steuercomputer, um die Korndichte den Bodenverhältnissen angepasst dosieren zu können. Precision Farming heißt das. In bis zu 40 Reihen nebeneinander ziehen die größten Einzelkornsämaschinen eine Furche, legen Saatkörner hinein und decken die Furche wieder mit Erde zu.
Mit zehn Kilometern pro Stunde donnern die 18 Meter breiten Kolosse über die Äcker und bereiten das ideale Saatbett. Sie berücksichtigen sogar unterschiedliche Verhältnisse auf einem Ackerschlag – in der einen Ecke eher feucht, in der anderen trocken und sandig. Jedes Saatkorn soll später ausreichend Wasser und Nährstoffe aus dem Boden bekommen. Zwischen 250 und 300 keimende Körner sollen pro Quadratmeter in den Boden gelegt werden – je nach Qualität der Standorte.
Die Samen sind so etwas wie Lebewesen in Ruhestellung. Ihre Stoffwechselaktivität ist auf ein Minimum beschränkt. Erst wenn Wasser aufgenommen wird, wacht der Samen auf, die Keimruhe wird beendet. Bereits 1865 hat der Botaniker Julius Sachs gezeigt, dass neben dem Licht auch die Temperatur eine entscheidende Rolle spielt, um die Keimruhe zu stoppen und den Samen gewissermaßen zu aktivieren.
Ausreichende Wasserversorgung und geeignete Temperatur, das sind wichtige anregende Faktoren. Den entscheidenden allerdings liefert die Sonne. Bereits eine sehr kurze Bestrahlung reicht aus, um die Keimung anzuregen. Bei einer ganzen Reihe von Pflanzenarten ist übrigens eine Brandkatastrophe vonnöten, um den Prozess in Gang zu setzen.
Erstaunlich hoch kann der mechanische Druck werden, wenn Samen Wasser aufnehmen, denn sie haben eine bemerkenswerte Saugkraft. Trockene Erbsensamen können sogar einen Glasbehälter zerspringen lassen. In früheren Jahrhunderten stachen Schiffe mit trockenen Getreidesorten in See. Geriet
ein Schiff in einen heftigen Sturm, so konnte es geschehen, dass Wasser in die Lagerräume mit dem Getreide ein drang. Das Getreide quoll auf, und dies manchmal so stark, dass sogar der hölzerne Schiffskörper zerbrach und das Schiff mit Mann und Maus absoff.
Ohne Quelldruck kein Wachstum
Die Bedeutung des hohen Quelldrucks ist offensichtlich: Die Samen in der Erde müssen große mechanische Widerstände überwinden, um die Bodenpartikel auseinanderzuschieben und Raum für ihr Wachstum zu schaffen. Die nächste Phase tritt ein, wenn die Quellung beendet ist und das Wachstum beginnt. Der Mehlkörper ist der mit Stärke gut gefüllte Energietank der künftigen Pflanze – das, was wir als Mehl benutzen. Doch die Stärke im Korn muss erst in Zucker umgewandelt werden, diesen Prozess setzt ein Biokatalysator in Gang.
Die Zellen nehmen immer mehr Wasser auf, das Volumen wird erhöht, die Zellen strecken sich – in Längsrichtung stärker als in Querrichtung. So wachsen die Stängel und werden zu mechanischen Wunderwerken: Sie sind elastisch und lassen sich biegen. Gleichwohl bauen sie Sekundärwände an, um die Konstruktion mechanisch zu stabilisieren. Denn oben an der Spitze bildet der Keimling Ähren, wird schwerer und droht umzukippen.
Welche Kräfte wachsende Wurzeln ausüben können, lässt sich angesichts von Durchbrüchen von Wurzelwerk durch zum Beispiel dicke Asphaltdecken ermessen. Es handelt sich um außergewöhnlich hohe hydrostatische Drücke in den Zellen, die enorme Widerstände überwinden können. Doch die exakten physikalischen Prozesse derartiger pflanzlicher Kraftakte sind noch nicht in allen Details geklärt.
In den Wurzelspitzen sitzen Sensoren für ein ganzes Arsenal an Größen wie mechanischer Druck, Feuchtigkeit und sogar für die Schwerkraft. So fallen in der sogenannten Wurzelhaube schwere Partikel (Statolithen) aus Stärke oder
Kalk immer nach unten und lösen einen mechanischen Reiz aus. So wissen die Wurzeln, wo oben und unten ist, wohin sie wachsen müssen. Die Wurzelspitzen leisten Schwerarbeit, wenn sie das Erdreich durchbohren. Sie ölen daher ihre Spitze mit einem Schleim und ersetzen die abgenutzten Zellen innerhalb weniger Tage. Sie ändern erstaunlicherweise ihre Wuchsrichtung bereits, bevor sie auf ein Hindernis stoßen. Sie prallen also nicht auf ein Hindernis, sondern umgehen es frühzeitig.
Wurzelspitze das Gehirn der Pflanze
Die Wurzelspitzen bezeichnete bereits Charles Darwin als „Gehirn“ der Pflanzen. Und der italienische Biologe Stefano Mancuso weiß: „Automatische Reiz-Reaktions-Schemata können den widersprüchlichen Anforderungen, die an die Wurzelspitze gestellt werden, nicht gerecht werden. Doch jede Wurzelspitze allein ist schon ein Datenverarbeitungszentrum und arbeitet dazu nicht isoliert, sondern in einem Netz aus Millionen anderer Wurzelspitzen, die zur Community des Wurzelwerks gehören.“ Offen ist allerdings, wie die Wurzelspitzen zusammenarbeiten.
Weizen ist, wie der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera betont, ein „genetisches Monster aus der Steinzeitära“, das in der freien Natur nicht entstanden wäre und ohne die Hilfe des Menschen im Freiland auch nicht überlebensfähig wäre. Dies gilt insbesondere für die durch klassische Züchtung generierten Hochertragssorten der 1960er-Jahre.
Fatal wird sich allerdings die neue Düngeverordnung auswirken. Rund 15 Prozent des in Deutschland verbrauchten Weizens werden heute importiert. Diese Menge dürfte sich erhöhen, weil die Düngemengen drastisch reduziert werden müssen. Das lässt die Erträge sinken. Weizen droht knapp zu werden.
Zurück zur reinen, ursprünglichen Natur des Weizenkorns? Nein, wir könnten die Weltbevölkerung allein mit Wildgewächsen nicht ernähren. Fachleute gehen davon aus, dass mit Einsatz der grünen Gentechnik sogar 15 Milliarden Menschen auf der Welt satt würden. Als Folge moderner Technik stehen heute also so vielen Menschen wie noch nie saubere, gesundheitlich unbedenkliche und preiswerte Lebensmittel zur Verfügung. So hängen Lebensmittelreichtum oder Hunger auf der Welt von dem kleinen Wunderwerk Weizenkorn ab.
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Da bin ich ja mal froh, das ich zu meinem Dasein kein Weizen mehr brauche, und das funktioniert sogar prächtig seit über 15 Jahre. Damals hatte ich ganz leichte beginnende Endzündungserscheinungen (Multiple Sklerose). Sofort diesen Weizen (alle glutenhaltige Produkte) aus meiner Ernährung gestrichen, zusammen mit allen Milchprodukten und Zucker. Und siehe da, seit dem nichts mehr. Völlig Gesund und auch noch körperlich stark geblieben. Aber ich verzehre seit dem täglich (mind. 500 g) dieses von allen Seiten verteufelte, extrem schädliche Nahrungsprodukt Namens Fleisch. Genauer gesagt fettiges Lamm und Weiderindfleisch, dazu Bioschwein, Bioinnereien und Fisch in allen Variationen. Lecker und wahnsinnig… Mehr
Ohne Co2 gibt es keine Nahrung für Menschen mehr.
Mal richtig nachdenken und nicht nachplappern.
Das mit dem unermesslichen Schäden ist doch klar einfach dumme unbegründete Ökopropaganda. Solange der Getreideanbau nicht an ungeeigneten Standorten erfolgt, halten sich die Umweltschäden doch sehr in Grenzen. Die waren im Mittelalter weit schlimmer als heute. Unabhängig davon hat die Weidehaltung an vieln Standorten allerdings auch ihre Berechtigung. Beides kann sich gut ergänzen.
Ihr Wert kommt schon ganz gut hin. In den 70ern war der Einfluß von 3 Milliarden Menschen auf Biosphäre, Atmosphäre und Lithosphäre schon deutlich spür- und meßbar. Und da waren 3/4 noch nicht einmal entwickelt. Der Maximalwert muß sich ohnehin dynamisch verringern, da der spezifische Energie- und Ressourcenverbrauch beständig steigen wird. Dies wird allein durch Fortschritt und Technologie bewirkt. Anzahl, Komplexität und Energieverbrauch der Maschinen werden stetig steigen. Das können Sie anhand ihrer eigenen Familiengeschichte gut verifizieren. Astronomen gehen davon aus, daß weit fortgeschrittene Zivilisationen ihren Stern direkt abernten, durch Umhüllen mit einer sogenannten Dysonsphäre. Ich selbst habe mal in… Mehr
Getreide erst hat den Menschen zum Menschen gemacht, nicht großes Gehirn, aufrechter Gang, oder besonders fähige Hände.
Es ist das Getreide, das die nötige Dichte an Menschen ermöglicht, die Interaktion, die Spezialisierung.
Malthus ist immer noch nicht tot. Das war allerdings schon 1798 und formulierte den Widerwillen der Oberschicht gegen die Unterschicht. Mittlerweile hat sich doch vieles entscheidend verändert. Es gab Liebig, Borlaug – und Lanz nicht zu vergessen mit seinen Traktoren. Es sind Kreisläufe, kein Verbrauch von irgendetwas. So lange die Energie von der Sonne kommt, ist alles gut.
Auch das ist eine Tatsache die niemand zur Kenntnis nimmt da sie nicht dem PC entspricht. In der Südsahara wächst das Grün und mit ihm kommen die Tiere und wo Tiere hingehen gehen auch Menschen hin. Das bleibt aber unter uns denn subversive Ansichten können Folgen haben.
Fachleute gehen davon aus, dass mit Einsatz der grünen Gentechnik sogar 15 Milliarden Menschen auf der Welt satt würden. Nun ja, satt aber fehlernährt. Also Theoretisch ist das möglich aber ich möchte darauf verweisen, daß von der gesamten Erdoberfläche nur 5-6% für eine Besiedlung von Menschen geeignet und nutzbar für sie da sind. Da die Erderwärmung wie vorausgesagt voran schreitet wird der Meeresspiegel steigen und die Fläche gerade in den dicht besiedelten Teile abnehmen. Wenn man die natürliche Zucht als Mutationen ansieht essen wir schon lange gentechnisch veränderte Lebensmittel, wir haben uns daran gewöhnt nicht mehr zu fragen wie das… Mehr
Fehlernährt? Dem Organismus ist egal, ob Fett, Eiweiss und Kohlehydrate vom Bioacker oder sonstwoher kommen. Die Moleküle werden in sehr komplizierten Prozessen zerhackt und die Energie allen Zellen angeliefert. Im Augenblick wird die Erde deutlich grüner. Grund: der leicht gestiegene CO2 Gehalt. Dazu mehr demnächst hier in diesem Theater…
Und was machen jetzt alle, die Gluten „nicht vertragen“, verhungern die freiwillig, oder überlegen die es sich noch mal mit der Unverträglichkeit…
also ich behaupte nicht, dass ich eine Glutenunverträglichkeit habe. ABER: die heutigen Backwaren, Brot, Semmeln, Brezen usw. bescheren mir heftige Bauchschmerzen. Ich weiß nicht, ob es am modernen Weizen liegt oder der beschleunigten, verkürzten Produktionszeiten. Ich esse einfach keine Backwaren mehr. Deswegen verhungere ich aber noch lange nicht 🙂 Keine Ahnung worunter das jetzt fällt: Gluten, Reizdarm und was es sonst so noch gibt oder ist es einfach nur das Alter
Probieren Sie es doch mal mit selber backen mit Bio Dinkel Mehl, Salz, Wasser und bio Trockenhefe im Römertopf. Geht ganz einfach. Wenn der Teig lange genug steht (6-7 Stunden) verliert er viel Gluten
Meine Tochter hatte schon als Kind immer leicht ein Blähbäuchlein.
Da half immer Dinkelbrei mit Butter, wusste schon die Hl. Hildegard von Bingen. Meiner Meinung nach hat das aber mit dem Weizen an sich meistens nichts zu tun.
Das Mehl für die großen Bäckereien muß immer die gleichen Eigenschaften haben, darum wird es „vorbehandelt“ für das immer gleiche Backergebnis. Es gibt ja noch Getreidemühlen, die das Getreide jeweils frisch mahlen zum Selbstbacken.
Bei angeborener Zöliakie muß man aber auf jeden Fall Weizen vermeiden.
„Gluten“ ist, wie so vieles heute, zum multiplen Projektionsobjekt geworden, das nur noch eine lockere Beziehung zum medizinisch Nachweisbaren (das es eher selten gibt) hat. Wer eine fachlich fundierte Übersicht zur Problematik haben möchte, sollte z.B. lesen (beide Publikationen sollten frei zugänglich sein): „Non-celiac gluten/wheat sensitivity (NCGS)—a currently undefined disorder without validated diagnostic criteria and of unknown prevalence. Position statement of the task force on food allergy of the German Society of Allergology and Clinical Immunology (DGAKI)”, Allergo J Int (2018) 27:147–151. Daraus: ”Validated diagnostic criteria and/or reliable biomarkers are still required. Currently, this condition is frequently self-diagnosed, of unknown… Mehr
Ernährungshysterie ist inzwischen auch weit verbreitet.
Hauptsache es steht vegan und glutenfrei auf der Olivenölflasche.
Davon lebt schon eine ganze Industrie.
Die Spitze war gestern der „völlig vegane“ Innenraum des Elektroautos Polestar 2.
Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen.
So gut wie alle Religionen sind durch Ernährungstabus oder -gebote gekennzeichnet, vom Verbot des freitäglichen Fleischgenusses für Katholiken bis hin zum Kannibalismus bei anderen Kulten. Ingestion wird oft mit mentalen oder spirituellen Effekten assoziiert. Etwas schadet, etwas stärkt, indem man es in sich aufnimmt. Wir leben in einer säkularen Zeit, aber die religiösen Konnotationen sind geblieben und nur auf anderes projiziert. Hinzu kommt der Distinktionsgewinn durch Erwähltheit&Bessersein, schön bei Veganern zu beobachten, die Angabe „Sojamilch bitte“ wird oft im Tone eines Bekenntnisses vorgetragen, mit wohlgefälligem Blick auf das Bemerktwerden. Ferner sehen wir die Umpolung von einem Kosmos, dessen Teil man… Mehr
Stimme Ihrer Erläuterung vollkommen zu.
Noch gibt es bei besagtem Karren – habe in meiner Jugend E-Karren in der Werkhalle fahren dürfen und die wurden auch genau so bezeichnet – auch auf Wunsch noch Lederausstattung. Wie lange es wegen Ihrer zutreffenden Analyse noch solche geben wird, sehe ich allerdings skeptisch. Nicht auszuschließen ist inzwischen sogar das „abfackeln“ von Autos mit Lederbezügen durch militante „Tierschützer“!
Viel deutet daraufhin, dass dies an veränderten Zubereitungsmethoden liegt. Nicht umsonst wurden Pflanzen in jahrhundertelang entwickelten Methoden Back- und Gärprozesse so behandelt, dass wir sie essen können. Meist ist der Hintergrund, Abwehrstoffe der Pflanzen unschädlich zu machen. Fermentationsprozesse spielen eine wichtige Rolle, für die allerdings in moderner Backtechnik kaum noch Zeit bleibt.
Möge Gott uns davor bewahren, daß wir einmal 15 Milliarden Menschen auf diesem Planet werden.
Jedoch, ich befürchte, er wird es nicht tun.
Oh , das konnte Gott sehr leicht tun. Er bräuchte nur die Eigenschaften von Ebola und Corona in einem neuen Virus vereinen, und schon waren wir wieder bei 4 oder gar 2 Milliarden.